OLG Hamburg: Cookie-gesteuerte befristete Rabattwerbung, die allen Erstbenutzern unbefristet eingeblendet wird, ist wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 7. Juli 2022

OLG Hamburg, Urteil vom 02.09.2021, Az. 3 U 99/20
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 UWG

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn auf einer Website mit einem zeitlich befristeten Rabattangebot gewerbogen wird, wenn dies in allenfalls kurzen zeitlichen Abständen von 2-3 Tagen wiederholt unterbreitet wird. Eine solche Verfahrensweise sei auch dann irreführend, wenn das jeweilige Rabattangebot bestimmten Bedingungen – hier: ein Neukundenrabatt – unterliege, der angesprochene Verkehr auf diesen besonderen Umstand aber nicht offen hingewiesen werde. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Hamburg

Urteil

I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.07.2020, Az. 406 HKO 14/20, abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchsten 2 Jahre, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin),

verboten,

im geschäftlichen Verkehr für Bettwaren, insbesondere Matratzen, mit einer vorübergehenden Preisherabsetzung, insbesondere einer Rabattaktion, zu werben, wenn es bereits eine vorherige Rabattaktion gab, nach der keine oder nur eine unangemessen kurze Pause gemacht wurde, wenn dies geschieht wie aus Anlage AS 10 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 9), AS 9 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 8), AS 8 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 7), AS 7 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 6), AS 6 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 5) ersichtlich.

II. Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Berufungswert von € 60.000,00 zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt des Vertriebs von Matratzen. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung von in engem zeitlichem Abstand aufeinanderfolgenden, auf der Internetseite der Antragsgegnerin angekündigten Rabattaktionen für deren „M.“-Matratze, wie sie durch die Anlagen AS 5 bis AS 10 gekennzeichnet sind.

Die Rabattaktionen zeichnen sich teils dadurch aus, dass sie dem Internetnutzer, wenn dieser keine Cookies blockiert, auf dem nämlichen Endgerät nur beim ersten Aufruf der Internetseite präsentiert werden. Jedem Kunden wird dann ein eigener Rabattcode angezeigt. In der Folge sehen Erstkunden unter den genannten Voraussetzungen die Rabattwerbung nur einmal. Die Antragsgegnerin bezeichnet ein derartiges Rabattangebot als cookiebasiertes Neukundenangebot, das sie wiederholend im Internet präsentiert. Die Rabatt-Werbung gemäß den Anlagen AS 6 und AS 10 („Weihnachtszeit30“ und „Wintersale“) wies die vorgenannten cookiebasierten Beschränkungen nicht auf. Zwischen den einzelnen Rabattaktionen lagen maximal 2-3 Tage, an denen keine Rabatte beworben wurden.

Die Antragstellerin hat mit der Antragsschrift zwei Verfügungsanträge gestellt. Den Verfügungsantrag zu lit. 1.a) hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat der Senat zurückgewiesen (3 W 10/20).

Wegen des in der Berufungsinstanz noch streitigen Verfügungsantrages zu lit. 1.b) hat die Antragstellerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2012, 208 – Firmenjubiläum) vorgetragen, dass durch die beworbene zeitliche Befristung des Rabatts beim angesprochenen Verkehr der Eindruck erweckt werde, dass es den Rabatt nur vorübergehend gebe. Dadurch werde eine besondere Sogwirkung und ein besonderer zeitlicher Druck erzeugt, was unzulässig sei, weil tatsächlich zwei Rabattaktionen unmittelbar hintereinander geschaltet würden, ohne dass es dafür einen sachlichen, beim Start der vorangehenden Aktion nicht vorhersehbaren Grund gebe.

Das Landgericht hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 27.01.2020 antragsgemäß verboten,

im geschäftlichen Verkehr für Bettwaren, insbesondere Matratzen, mit einer vorübergehenden Preisherabsetzung, insbesondere einer Rabattaktion, zu werben, wenn es bereits eine vorherige Rabattaktion gab, nach der keine oder nur eine unangemessen kurze Pause gemacht wurde, wenn dies geschieht wie aus Anlage AS 10 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 9), AS 9 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 8), AS 8 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 7), AS 7 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 6), AS 6 (Vorgängerrabattaktion Anlage AS 5) ersichtlich.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass ein rechtfertigender Grund für die aufeinanderfolgenden Rabattaktionen nicht dargelegt sei. Es lasse sich den Unterlagen in der Schutzschrift nicht entnehmen, dass es sich zum Teil um Neukundenrabatte handeln solle. Es sei nicht ersichtlich, dass Cookies wiederholte Anzeigen zuverlässig verhindern könnten.

Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch hat die Antragsgegnerin die Auffassung vertreten, dass die Rabattaktionen deshalb zulässig seien, weil sich die Rabattwerbung, was über die gesetzten Cookies sichergestellt sei, nur an Neukunden richte, so dass sie andere Rabattaktionen nicht wahrnähmen und nicht getäuscht würden. Daher werde keine Rabattaktion verlängert, weil die jeweils individuellen Rabattbanner darauf gerichtet seien, andere Verbraucher, nämlich solche, die die Antragsgegnerin nicht bereits erreicht hätten, zu erreichen. Die Absicht zur Verlängerung der Rabattaktion bestehe nicht. Verbraucher, die Cookies deaktivierten, seien zu vernachlässigen, zumal jene Verbraucher genau wüssten, dass sie beim Surfen auf einer Internetseite als erstmalige Kunden erscheinen. Die Rabattwerbung für die Weihnachtszeit oder für Neujahr sei von der Neukundenwerbung mit individuellem Rabattangebot zu unterscheiden. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin vorgetragen, dass der Antragstellerin die cookiebasierte Rabattwerbung der Antragsgegnerin bereits seit längerem bekannt sei, nämlich aufgrund eines gegen die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin schon im Jahre 2017 geführten Verfahrens (Anlagen B 4 und 5 zur Schutzschrift) und jedenfalls seit November 2019, wie die Abmahnung vom 26.11.2019 in der Sache 406 HKO 214/19 (Anlage B 2 zur Schutzschrift) zeige. Auch seinerzeit sei ein allgemein ausgelobter Rabatt mit einem individuellen Neukundenrabatt vermengt worden.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung durch das angegriffene Urteil vom 21.07.2020 unter Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden Verfügungsantrages aufgehoben. Es hat gemeint, im Regelfall ließen Nutzer Cookies zu. Von Nutzern, die sich anders verhielten, habe die Antragsgegnerin nicht ausgehen müssen, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragsgegnerin von vornherein die Absicht gehabt habe, die streitigen Rabatte jedem Kunden wiederholt anzuzeigen. Eine die Irreführung der Verbraucher begründende Absicht habe die Antragstellerin nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Umstände, aus denen auf eine solche Absicht geschlossen werden könne, seien nicht ausreichend dargelegt.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Berufung. Die Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Antragstellerin verweist darauf, dass Erstbesucher der Internetseite der Antragsgegnerin der absolute Großteil aller Verbraucher seien. Nur 1% der Bevölkerung seien keine Erstbesucher. Der ganz großen Mehrheit der Verbraucher werde durch die Rabattaktionen suggeriert, dass sie bei ihrem jeweiligen Besuch der Internetseite ganz großes Glück hätten und ein besonderes Schnäppchen bekommen könnten, das nur für ganz kurze Zeit angeboten werde. Das sei aber falsch, weil dieses Schnäppchen nahezu allen Verbrauchern nahezu immer angeboten werde. Das Landgericht sei fälschlich davon ausgegangen, dass eine Irreführung nur vorliege, wenn die Verbraucher den Rabattbanner wiederholt gesehen hätten, wenn sie also erkannt hätten, dass es immer wieder neue Rabatte gebe. Die suggerierte Einmaligkeit sei vielmehr ein besonderes Verkaufsargument.

Die Antragstellerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.07.2020 abzuändern und die einstweilige Verfügung wiederherzustellen,

hilfsweise,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 21.07.2020 abzuändern und der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für Bettwaren, insbesondere Matratzen, mit einer vorübergehenden Preisherabsetzung, insbesondere einer Rabattaktion, zu werben, wenn es bereits eine vorherige Rabattaktion gab, wenn das geschieht wie in Anlagen AS 5, 6, 7, 8, 9 und 10.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihren Vortag zur mangelnden Dringlichkeit des Verfügungsantrages und trägt dazu ergänzend zu einer Abmahnung der Antragstellerin vom März 2019 mit anschließendem Verfügungsverfahren beim Landgericht Köln (Anlage BE 1) und zu einer Abmahnung vom 15.10.2019 (Anlage BE 2) vor. Sie verweist darüber hinaus auf eine Protokoll-Äußerung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Termin vom 06.05.2020 in einem vor dem Landgericht Düsseldorf geführten Verfahren (Anlage BE 5), wonach dieser im Hinblick auf die Rabattpraxis der Antragsgegnerin deren Webseite über Wochen kontrolliert habe. Die Antragstellerin und ihr Bevollmächtigter mögen vortragen, welche Überwachung sie bezüglich der Internetseite der Antragsgegnerin konkret durchgeführt hätten.

Der Verfügungsantrag sei unbestimmt, woran auch der Hilfsantrag nichts ändere. Es bleibe im Dunkeln, welche Zeiträume bei „Pausen“ relevant sein sollten und welche nicht. Das Landgericht habe bei Erlass der einstweiligen Verfügung maßgeblich auf die Erkennbarkeit der Individualität des Rabatts abgestellt, nämlich darauf, dass der Neukunde nicht erkennen könne, dass er einen persönlichen Rabattcode erhalte. Das Angebot eines Neukundenrabatts habe die Antragsgegnerin in der Folge deutlich gemacht. Im Streitfall habe der nämliche Verbraucher keine weiteren Neukundenrabatte angezeigt bekommen. Der jeweilige Kunde nehme nur ein Rabattangebot wahr. Es gebe keine fortgesetzte Rabattaktion. Weihnachts- und Neujahrsrabatt wiesen einen hinreichenden Abstand auf. Spezialfälle, wie etwa ein Inkognito-Modus beim Aufruf von Pornoseiten, seien nicht zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin trägt weiter zu diversen Informationen anderer Anbieter zu Cookieeinstellungen vor.

Nach Erlass des angegriffenen Urteils hat das Landgericht Köln die Hauptsacheklage u.a. wegen des im vorliegenden Rechtsstreit noch streitigen Antrags mit Urteil vom 25.03.2021 – nicht rechtskräftig – abgewiesen.
Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist begründet. Der in der Berufungsinstanz noch geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht ihr zu. Die angegriffenen Rabattaktionen der Antragsgegnerin sind irreführend i.S. des § 5 Abs. 1 UWG, denn sie täuschen jedenfalls maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs über die tatsächliche Dauer der potentiellen Kunden der Antragsgegnerin angebotenen Rabatte auf den regulären Kaufpreis der „M.“-Matratze.

1. Der Antrag ist hinreichend bestimmt. Er nimmt auf die konkreten Verletzungsformen Bezug, aus denen sich die Abstände zwischen den Rabattaktionen ergeben. Der Kern des Verbots kann daher trotz der unbestimmten Begriffe („unangemessen kurze Pause“) ermittelt werden.

2. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG ist nicht widerlegt.

Die Entgegenhaltungen der Antragsgegnerin betreffen sämtlich andere Streitgegenstände und Sachverhalte.

a) Ausweislich der Anlage B 2 hatte die Antragstellerin im November 2019 zwei Rabattaktionen der Antragsgegnerin beanstandet, nämlich einmal wegen einer Verkürzung der ursprünglich länger angesetzten Rabattaktion und zum anderen wegen einer länger als eine Woche laufenden „Black-Week“-Werbeaktion. In den aus den Anlagen B 4 und B 5 ersichtlichen Beschlüssen der Kammer 16 für Handelssachen und des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandegerichts (Beschwerdeentscheidung) aus dem Jahre 2017 in einem Verfahren gegen die Muttergesellschaft der Antragsgegnerin (Z. GmbH) ging es ausweislich der Beschlussgründe um einen anderen Streitgegenstand, nämlich um einen nur 24 Stunden gültigen Rabatt.

Soweit die Antragsgegnerin in der Berufungserwiderung zu dem beim 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts geführten Verfahren aus 2017 einen Screenshot der dortigen Anlage AS 6 abgebildet hat, der ebenfalls eine Werbung für einen sogenannten cookiebasierten Neukundenrabatt erkennen lassen soll, berührt dies die Frage der Dringlichkeit im vorliegenden Rechtsstreit erneut nicht. Es fehlt bereits an der Darlegung weiterer mit dem vorliegend maßgeblichen Streitgegenstand im Kern identischen Rabattaktionen, die jener Werbung aus dem Jahre 2017 in entsprechend kurzen zeitlichen Abständen nachfolgten und von denen die Antragstellerin Kenntnis gehabt hätte. Eine etwaige Kenntnis der Muttergesellschaft der Antragstellerin von Vorgängen aus der Vergangenheit kann zudem nicht ohne weiteres der Antragstellerin zugerechnet werden.

b) Auch die Übrigen im Berufungsverfahren vorgelegten Anlagen vermögen die Dringlichkeitsvermutung nicht zu widerlegen.

aa) In der Berufungserwiderung behauptet die Antragsgegnerin zwar erneut, der Antragstellerin sei der sogenannte cookiebasierte Neukundenrabatt seit Jahr und Tag bekannt gewesen. Die ergänzend vorgelegten Unterlagen betreffen aber erneut andere Sachverhalte. Der Vortrag ist deshalb schon unschlüssig, so dass es nicht darauf ankommt, ob die Antragstellerin die nicht schlüssig untermauerte Behauptung der Antragsgegnerin bestritten hat. Im Übrigen liegt in der Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung, von der cookiebasierten Rabattsteuerung habe er erst im Zuge der Vorbereitung der Abmahnung in der vorliegenden Sache Kenntnis erlangt, nachdem der Geschäftsführer der Antragstellerin ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass es eine Mehrzahl von Rabattaktionen in kurzem zeitlichen Abstand gegeben habe, ein jedenfalls konkludentes Bestreiten der behaupteten langjährigen Kenntnis der Antragstellerin von den sich wiederholenden sog. cookiebasierten Neukunden-Rabattaktionen.

bb) Der als Anlage BE 1 vorgelegte Verfügungsantrag betrifft eine Testsiegerwerbung. Die Abmahnung gemäß der Anlage BE 2 ebenfalls. Zwar sollen sich nach dem Vortrag der Antragsgegnerin auch die dortigen Werbemaßnahmen durch cookiebasierte Werbebanner auszeichnen. Auch insoweit fehlt es aber an der Darlegung einer Abfolge von Werbemaßnahmen, wie sie hier im Streit steht und durch die Anlagen AS 5 – 10 konkretisiert ist.

cc) Für die weiteren Anlagen gilt nichts anderes.

Die Anlage BE 3 soll demonstrieren, dass die Antragstellerin sogar den Quellcode der Werbung der Antragsgegnerin untersucht hat. Es geht dort indes um geschönte Bewertungen. Ein Bezug zum hiesigen Streitgegenstand ist nicht erkennbar.

Die Anlage BE 4 betrifft ein Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf mit einer Abmahnung vom Februar 2020 und einer mündlichen Verhandlung vom Juni 2020. Die Anlage BE 5 ist ein Verhandlungsprotokoll vom Juni 2020, ausweislich dessen der Antragsteller-Vertreter gesagt hat, dass er die Webseite der Antragsgegnerin und ihre dortige Rabattpraxis über Wochen aufgesucht und kontrolliert habe. Beides berührt die Dringlichkeit im Streitfall schon deshalb nicht, weil der Verfügungsantrag in der vorliegenden Sache wie auch die hiesige Abmahnung vom Januar 2020 datiert. Dass die Antragstellerin die Internetauftritte der Antragsgegnerin bereits seit dem Jahre 2017 in gleicher Weise überprüft hat, kann der angeführten Protokollerklärung zudem keinesfalls entnommen werden. Eine Marktbeobachtungspflicht besteht nicht.

3. Der geltend gemachte Anspruch ist auch der Sache nach begründet. Die angegriffene Rabatt-Werbung ist angesichts des Umstandes, dass die Antragsgegnerin die aus den Anlagen AS 5 bis AS 9 ersichtlichen Rabattangebote stets zeitlich befristet, potentiellen Kunden das nämliche Rabattangebot (30% Rabatt) aber mit allenfalls kurzen zeitlichen Abständen von 2-3 Tagen wiederholt unterbreitet (vgl. Anlagen AS 6 bis AS 10), ohne die Bedingungen des Rabattangebotes – wie z.B. eines sogenannten Neukundenrabatts – offen zu legen, irreführend i.S. der §§ 3, 5 Abs. 1 UWG. Das rechtfertigt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch und das antragsgemäß ausgesprochene Verbot (§ 8 Abs. 1 UWG), dessen Kern auf die so charakterisierte Handlung beschränkt ist.

a) Die Antragstellerin hat bereits in der Antragsschrift, mithin in dringlichkeitsunschädlicher Zeit, vorgetragen, dass durch die beworbene zeitliche Befristung des Rabatts beim angesprochenen Verkehr der Eindruck erweckt werde, dass es den Rabatt nur vorübergehend gebe. Dadurch werde eine besondere Sogwirkung und ein besonderer zeitlicher Druck erzeugt, was unzulässig sei, weil tatsächlich zwei Rabattaktionen unmittelbar hintereinander geschaltet würden, ohne dass es dafür einen sachlichen, beim Start der vorangehenden Aktion nicht vorhersehbaren Grund gebe.

Nach der Beurteilung durch den Senat wird der von der Antragstellerin behauptete Eindruck tatsächlich erweckt. Der angesprochene Verkehr unterliegt angesichts der jeweiligen Bewerbung einer zeitlich befristeten Rabattaktion, wie sie aus den im Unterlassungsantrag in Bezug genommenen Anlagen (Screenshots) ersichtlich ist, der Verkehrsvorstellung, dass es den beworbenen Rabatt nur vorübergehend gebe, nämlich nur bis zum Ende des in der Werbung angegebenen Zeitraumes von wenigen Tagen.

Daran ändert sich auch durch den Einsatz sogenannter Cookies nichts. Unabhängig davon, ob einem Verbraucher der Rabatt später – etwa weil er Cookies nicht zulässt oder ein anderes Endgerät benutzt – noch einmal angezeigt wird, wird nämlich gerade der nämliche Rabatt, insbesondere der für sogenannte Neukunden oder Neubesucher der Website der Antragsgegnerin angebotene Rabatt unstreitig wiederholt ausgelobt. Der Verbraucher, dem die Rabattaktion der Antragsgegnerin angezeigt wird, weiß aber selbst nichts von den Bedingungen, unter denen ihm das Rabattangebot unterbreitet wird. Der Text der Werbung selbst bietet dafür keine Anhaltspunkte. Auch ist für ihn nicht zuverlässig erkennbar, dass jeweils ein individueller Code angezeigt wird und welche Bedeutung das für die Inanspruchnahme des Angebots haben könnte. Zur Aufklärung ist das auf den konkreten Verletzungsformen nur in der Anlage AS 10 sichtbare Fragezeichen nicht hinreichend, weil nicht sichergestellt ist, dass der Verbraucher es anklickt und eine dahinter stehende Aufklärung wahrnimmt. Selbst wenn er es anklicken sollte, rechnete er nicht damit, dass der Rabatt in Bälde erneut eingeräumt wird, wenn er nur ein anderes Endgerät wählt, um auf die Website der Antragsgegnerin zu gelangen. Er nimmt also in jedem Fall an, dass das Rabattangebot befristet ist und dass es sobald kein neues dieser Angebote geben wird. Das ist aber unrichtig, denn der Neukunden-/Rabatt wiederholt sich ständig auch dann, wenn der Verbraucher ihn nicht angezeigt bekommt.

Das Landgericht hat dies nach der Begründung des Beschlusses vom 27.01.2020 zutreffend ebenso gesehen, wenn es dort ausgeführt hat, dass ein rechtfertigender Grund für die aufeinanderfolgenden Rabattaktionen nicht dargelegt sei und es nicht zu erkennen sei, dass es sich zum Teil um Neukundenrabatte handeln solle.

Maßgeblich ist, dass der Kunde dies nicht erkennen kann und deshalb fälschlich annimmt, dass es sich um eine schlichte kurzfristige Rabattaktion für alle Verbraucher handelt, die sich nicht, jedenfalls nicht alsbald, wiederholt. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass zwei der aus den Anlagen zum Verfügungsantrag ersichtlichen Rabattaktionen nicht cookiegesteuert sind, denn auch diese beiden Rabattaktionen reihen sich in die allenfalls kurzfristig unterbrochenen Rabattaktionen der Antragsgegnerin ein und erlauben die Feststellung sich stetig wiederholender Rabattaktionen, die der Kunde fälschlich dahin wahrnimmt, dass die Rabatte nur kurzfristig gewährt werden, obwohl sie sich innerhalb von nur 2-3 Tagen wiederholen. Dadurch wird ein zeitlicher Entscheidungsdruck für den Matratzenkauf aufgebaut. Wüsste der angesprochene Verkehr, dass teils nur technische Vorrichtungen (Cookies) die erneute Anzeige der nächsten Rabattaktion verhindern, könnte er die Cookies löschen oder ein anderes Endgerät verwenden und würde sich den Rabatt auch zu einem späteren Zeitpunkt sichern können. Damit rechnet der Kunde mangels anderweitiger Aufklärung nicht.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713, 929 Abs. 1, 936 ZPO.

5. Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 1.9.2021 hat vorgelegen. Der Senat folgt der darin vertretenen Ansicht, ein Anerkenntnis könne auch noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung abgegeben werden, nicht. Eine solche Möglichkeit besteht – jedenfalls in der vorliegenden prozessualen Situation – nicht (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Auflage, Rn. 3 zu § 307 ZPO).

I