OLG Hamburg: Niedervoltlampen sind nicht nach der Energiekennzeichnungsverordnung (EnVKV) zu kennzeichnen

veröffentlicht am 6. Oktober 2011

OLG Hamburg, Beschluss vom 19.09.2011, Az. 3 W 71/11
§ 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG, § 3 Abs. 1 EnVKV, § 3 Abs. 5 EnVKV, Anlage 1 zur EnVKV

Das OLG Hamburg hat entschieden, dass sog. Niedervoltlampen nicht nach der Energiekennzeichnungsverordnung (EnVKV) gekennzeichnet werden müssen. Wenn in der auch in der EnVKV übernommenen deutschsprachigen Fassung der Richtlinie von „mit Netzspannung betriebenen Haushaltslampen“die Rede sei, seien damit nur unmittelbar an das Stromnetz angeschlossene Lampen angesprochen, nicht jedoch solche, die – wie Niedervoltlampen – mittels eines an das Stromnetz angeschlossenen Transformators, der die Netzspannung in einen Niedervoltbereich von 12 V und 24 V umwandelt, betrieben werden können. Zum Volltext der Entscheidung:

Hanseatisches Oberlandesgericht

Beschluss

In Sachen

gegen

erlässt das Hanseatische Oberlandesgericht – 3. Zivilsenat – durch … am 19.09.2011 folgenden Beschluss:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, 8.Kammer für Handelssachen, vom 07.07.2011 wird auf Kosten der Antragstellerin nach einem Beschwerdewert von 5.000,00 EUR zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 15.07.2011 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, 8. Kammer für Handelssachen, vom 07.07.2011 ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das Landgericht den Verfügungsantrag der Antragstellerin vom 28.06.2011 zurückgewiesen und seine Auffassung auch im Nichtabhilfebeschluss vom 06.09.2011 zutreffend verteidigt. Die dagegen von der Antragstellerin vorgebrachten Einwendungen haben keinen Erfolg.

Die Antragsgegnerin hat nicht gegen §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG i.V. mit §§ 3 Abs. 1, 5 EnVKV und Anlage 1 zur EnVKV verstoßen, denn die angegriffene Werbung für Niedervolt-Lampen … erfordert für die beworbenen Leuchtmittel nicht die von der Antragstellerin vermissten Angaben, weil jene Leuchtmittel von den angeführten Vorschriften der EnVKV nicht erfasst werden. Damit fehlt es an einer die Wiederholungsgefahr begründenden Verletzungshandlung, die geeignet sein könnte, die geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin auszulösen.

Zutreffend geht die Antragstellerin davon aus, dass sich die Kennzeichnungspflicht für die streitgegenständlichen Lampen im Ergebnis nach Zeile 6 der Anlage 1 zur EnVKV i.V. mit Anhang 1 der Richtlinie 98/11/EG vom 27.01.1998 betreffend die Etikettierung für Haushaltslampen richtet. Die der Kennzeichnungspflicht unterliegenden Lampen sind dort definiert als

„mit Netzspannung betriebene Haushaltslampen (Glühlampen und Leuchtstofflampen mit integriertem Vorschaltgerät) und Haushaltsleuchtstofflampen (einschl. ein-und zweiseitig gesockelte Lampen und Lampen ohne integriertes Vorschaltgerät).

Die EnVKV setzt die Richtlinie uneingeschränkt um. Beide Rechtsakte enthalten die nämliche Definition. Die EnVKV ist richtlinienkonform auszulegen.

Zutreffend weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass mit Blick auf etwa die englische oder französische Fassung der Richtlinie eindeutig nur solche Haushaltslampen von der Kennzeichnungspflicht erfasst sein sollten, die „direkt“ an das Stromnetz angeschlossen werden. Wenn in der auch in der EnVKV übernommenen deutschsprachigen Fassung der Richtlinie von „mit Netzspannung betriebenen Haushaltslampen“die Rede ist, sind damit folglich nur unmittelbar an das Stromnetz angeschlossene Lampen angesprochen, nicht jedoch solche, die – wie Niedervoltlampen – nur mittels eines an das Stromnetz angeschlossenen Transformators, der die Netzspannung in einen Niedervoltbereich von 12 V und 24 V umwandelt, betrieben werden können. Diese Ergebnis wird zusätzlich durch die vom Landgericht angestellte Überlegung gestützt, wonach es der in Tabelle 1 zur Anlage 1 zur EnVKV angeführten Einschränkung „mit Netzspannung betrieben‘ nicht bedürfte, wenn dadurch nicht mehr zum Ausdruck käme als bereits der Regelungin Ziffer 1.1. der Anlage 1 zur EnVKV entnommen werden kann, nämlich die Kennzeichnungspflicht für alle Arten von „netzbetriebenen“ elektrischen Haushaltsgeräten, die in Spalte 1 der Tabelle 1 aufgeführt sind.

Auch die von der Antragstellerin zum Wortlaut der EnVKV und der Richtlinie 98/11/EG im Übrigen angestellten Überlegungen führen zu keinem anderen Ergebnis.

Der Umstand, dass danach auch Lampen mit Vorschaltgeräten der Kennzeichnungspflicht unterfallen und dass Vorschaltgeräte nach der VO (EG) 244/2009 u.a. auch Einrichtungen zur Umwandlung der Versorgungsspannung sind, dehnt den Anwendungsbereich der EnVKV bzw. der Richtlinie 98/11/EG nicht auf Niedervoltlampen aus. Die Richtlinie definiert nämlich in Art. 1 Abs. 1 die „mit Netzspannung betriebenen Haushaltslampe« (1. Alt.) im Klammerzusatz selbst als (Glühlampen und Leuchtstofflampen mit integriertem Vorschaltgerät)“. Bei dem zum Betrieb der Niedervoltlampen erforderlichen Transformator handelt es sich indes entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht um ein in die Lampe integriertes Vorschaltgerät, sondern um eine separat vorzuschaltende Einrichtung. Ob die Annahme der Antragstellerin, die Regelung erfasse auch Glühlampen mit integriertem Vorschaltgerät, also nicht nur entsprechende Leuchtstofflampen, zutreffend ist, muss deshalb nicht entschieden werden.

Soweit die Vorschrift auch Lampen ohne integriertes (möglicherweise aber mit einem separaten) Vorschaltgerät erfasst, sind nur Haushaltsleuchtstofflampen (2. Alt.), zu denen die streitgegenständlichen Niedervoltlampen nicht gehören, wohl aber die von der Antragstellerin ins Feld geführten Energiesparlampen, betroffen. Dass also sogenannte Energiesparlampen der Kennzeichnungspflicht unterliegen, besagt für die streitigen Niedervoltlampen nichts.

Dass die EnVKV nach Maßgabe der Richtlinie Niedervoltlampen nicht in der Liste der von einer Kennzeichnungspflicht ausgenommenen Lampen anführt, lässt auch nicht den Umkehrschluss zu, dass Niedervoltlampen von der Kennzeichnungspflicht erfasst seien. Bei den im Ausnahmekatalog der Tabelle 1 Zeile 6 der Anlage 1 zur EnVKV angeführten Lampen kann es sich entweder um direkt mit Netzstrom betreibbare Lampenoder um Leuchtstofflampen handeln. Die weitere Ausnahme in Art. 1 Abs. 2 lit. d) der Richtlinie 98/11/EG („Lampen, die in erster Linie für den Einsatz mit anderen Energiequellen, z.B. Batterien, vermarktet werden‘) ist für die EnVKV nicht übernommen. Aus dieser Regelung in der Richtlinie kann auch nicht der Schluss gezogen werden, nur batteriebetriebene Lampen seien keine „mit Netzspannung betriebenen“ Lampen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie. Denn die Vorschrift spricht nur von in erster Linie für den Einsatz mit anderen Energiequellen vermarkteten Lampen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sind. Das steht nicht im Widerspruch zu der Annahme, die Richtlinie erfasse nach Art. 1 Abs. 1 1. Alt. der Richtlinie nur – direkt – mit Netzspannung betriebene Haushaltslampen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Auf den Beschluss hingewiesen haben Terhaag & Partner (hier).

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