OLG Hamburg: Zu den Anforderungen an die Auflösung eines Sternchenhinweises per verlinkter Seite

veröffentlicht am 30. September 2019

OLG Hamburg, Urteil vom 09.05.2019, Az. 3 U 150/18
§ 3 UWG, § 5 Abs. 1 S. 1 UWG

Das OLG Hamburg hat darauf hingewiesen, dass der Verkehr daran gewöhnt ist, dass ein Preis mit einer Fußnote oder einem Sternchenhinweis eingeschränkt werde. Es sei sodann ausreichend, wenn dem Verkehr die einschränkenden Bedingungen auf einer verlinkten Seite genannt würden. Das müsse indes in einer Weise geschehen, die alle einschränkenden Bedingungen des Angebots für den Verkehr hinreichend deutlich machen würde und einzelne Bedingungen in der Gesamtheit der weiteren Preisbestandteile und Bedingungen nicht untergehen lasse, so dass diese vom angelockten Verkehr leicht übersehen werden könnten (vorliegend bejaht). Zum Volltext der Entscheidung:


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Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Urteil

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 01.08.2018 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, geschäftlich handelnd gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss von Mobilfunkverträgen mit einer monatlichen Grundgebühr zu werben, ohne dabei klar und deutlich auf die Bedingungen der Inanspruchnahme hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in Anlage 1 i.V.m. Anlage 2 dargestellt.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen fallen der Antragstellerin zu 1/3 und der Antragsgegnerin zu 2/3 zur Last.

Das Urteil ist vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, die wie die Antragsgegnerin über das Internet Mobilfunktelefone und Mobilfunkverträge anbietet, begehrt mit ihrem Verfügungsantrag vom 01.06.2018 von der Antragsgegnerin Unterlassung einer nach Ansicht der Antragstellerin irreführenden Werbung für ein Kopplungsangebot, das aus einem Mobilfunktarif (O2 Free M mit 15 GB) einschließlich eines Handys (Huawei P20) besteht und monatlich € 29,99 kosten soll. Schon am 15.05.2018 hatte sie gegen die Antragsgegnerin im Verfügungswege ein Verbot der aus den Anlagen 3a – 3c ersichtlichen Werbung erwirkt (406 HKO 73/18).

Bei der angegriffenen Werbung gemäß der Anlage 1 zum Verfügungsantrag handelt es sich – wie der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Termin klar gestellt hat – nicht (wie ursprünglich vorgetragen) um eine Google-Adwords-Werbung, sondern um eine sogenannte Bannerwerbung, die auf der Internetseite www.t. -handel.de erschienen ist. Jene Bannerwerbung ist gesondert in Anlage 1a dargestellt. Klickte man darauf, gelangte man zu der Werbung (Landingpage) gemäß der Anlage 2. Dort sind u.a. – kleine – Kästchen vorgesehen, die angeklickt werden können mit der Folge, dass für verschiedene Personengruppen unterschiedliche Preise angeführt werden. Eines der Kästchen, das sich neben der Angabe „Junge Leute“ findet, ist zum Zeitpunkt der Weiterleitung bereits angeklickt (Häkchen). Rechts neben der Angabe „Junge Leute“ befindet sich ein „i“ im Kreis. Führte man den Mauszeiger darüber (mouse-over), erscheint ein Fenster gemäß der Anlage 2a. Danach betrifft das „Junge Leute Angebot“ Schüler, Azubis, Studenten und alle Personen unter 28 Jahre. Entfernte man das Häkchen bei „Junge Leute“, erhöhte sich der Preis für das Angebot auf € 34,99 (zuzüglich der jeweils angegebenen Einmalkosten von € 1,00 und des Anschlusspreises von € 29,99).

Die Antragstellerin hält bereits die Werbung gemäß der Anlage 1 trotz des dortigen Sternchens hinter der Preisangabe für irreführend, weil sie meint, der Verkehr erwarte nicht, dass der angegebene Preis nur für eine bestimmte Personengruppe – noch dazu für einen überschaubaren Personenkreis – gelten solle, weshalb die Aufklärung über diesen Umstand bereits im Rahmen der Banner-Werbung erfolgen müsse. Der Hauptantrag der Klägerin ist deshalb bereits auf das Verbot der Werbung gemäß der Anlage 1 gerichtet.

Jedenfalls aber – so die Antragstellerin – werde der Verkehr durch die grafische Darstellung auf der Landingpage (Anlage 2) in die Irre geführt, weil das vorangeklickte Kästchen „Junge Leute“ übersehen werde. Auf das Verbot der konkreten Verletzungsformen gemäß der Anlage 1 iVm der Anlage 2 ist der Hilfsantrag gerichtet.

Das Landgericht hat zunächst eine einstweilige Verfügung vom 08.06.2018 nach dem Hilfsantrag erlassen. Dagegen hat die Antragstellerin am 15.06.2018 sofortige Beschwerde eingelegt, über die das Landgericht indes nicht im Beschlusswege im Abhilfeverfahren entschieden hat. Nach Erhebung des Widerspruchs vom 02.07.2018 gegen die nach dem Hilfsantrag erlassene und zugestellte einstweilige Verfügung hat es vielmehr auf den 31.07.2018 terminiert und durch das angegriffene Urteil vom 01.08.2018 sowohl die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden Antrags aufgehoben als auch die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, dass die mit dem Hauptantrag angegriffene Werbung mit Blick auf den Sternchenhinweis, hinter dem der Verkehr weitere Angaben zu weiteren Bedingungen des Angebots erwarte, nicht irreführend sei und es dem Begehren nach dem Hilfsantrag angesichts einer schon am 15.05.2018 verbotenen kerngleichen Werbung (406 HKO 73/18 = Anlage 3a – 3c) an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Auf das angegriffene Urteil wird verwiesen.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass schon die Werbung gemäß der Anlage 1 nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UWG irreführend sei. Der Verkehr erwarte wegen des Sternchens hinter der Preisangabe wohl weitere Preisbestandteile, nicht aber eine Beschränkung des Angebotes auf einen bestimmten Personenkreis. Das sei auch eine i.S. des § 5a Abs. 2 UWG wesentliche Information, die der Verkehr für seine geschäftliche Entscheidung benötige (§ 5a Abs. 3 UWG). Die in der Sache 406 HKO 73/18 verbotene Werbung sei mit der vorliegend streitigen Werbung nicht kerngleich. Es handele sich nicht um eine Google-Adwords-Werbung, sondern um eine Werbung bei facebook. Dort sei zudem auch die aus der Anlage 3b ersichtliche Seite mitverboten worden. Bei dieser handele es sich entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht nur um eine unbedeutende Zwischendarstellung, denn es gebe dort zusätzlich zur Anlage 3a nicht nur den vom Landgericht angeführten Balken „Über die Webseite kaufen“, sondern es fänden sich dort unter dem Stickwort Produktdetails u.a. weitere Preisinformationen zum Einmalbetrag und zum Anschlusspreis. Die Werbung habe eine eigene Verletzungs- bzw. Verbotsqualität.

Die Antragstellerin beantragt,

1.
Unter Abänderung des am 01.08.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 416 HKO 71/18, wird der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss von Mobilfunkverträgen mit einer monatlichen Grundgebühr zu werben, ohne dabei klar und deutlich auf die Bedingungen der Inanspruchnahme hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in Anlage 1 dargestellt;

hilfsweise

2.
Unter Abänderung des am 01.08.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg, Az. 416 HKO 71/18, wird der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern im Internet für den Abschluss von Mobilfunkverträgen mit einer monatlichen Grundgebühr zu werben, ohne dabei klar und deutlich auf die Bedingungen der Inanspruchnahme hinzuweisen, wenn dies geschieht wie in Anlage 1 i.V.m. Anlage 2 dargestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Berufung sei wegen des weiter verfolgten Hauptbegehrens bereits unzulässig, weil die Antragstellerin insoweit Beschwerde eingelegt habe, weshalb es sich bei der darauf bezogenen Entscheidung des Landgerichts um eine Nichtabhilfeentscheidung handele und das Beschwerdeverfahren durch Vorlage der Sache beim OLG fortzusetzen sei. Insoweit sei auch der Verfügungsgrund entfallen, weil sich die Antragstellerin nicht – wie es der Bundesgerichtshof fordere (BGH, GRUR-RR 2000, 151 – Späte Urteilsbegründung) – bemüht habe, das Landgericht mit Nachdruck auf die Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens hinzuweisen. Im Übrigen sei die Werbung gemäß der Anlage 1 vom Landgericht zu Recht als nicht irreführend beurteilt worden. Wegen des Hilfsbegehrens fehle es aus den vom Landgericht genannten Gründen an einem Rechtsschutzbedürfnis, denn die in der Sache 406 HKO 73/18 verbotene Werbung sei der vorliegend streitigen Werbung kerngleich. Die auf der Zwischendarstellung (Anlage 3b) gegebenen zusätzlichen Preisinformationen seien für den damaligen wie für den vorliegend begehrten Verbotsausspruch ohne Bedeutung. Es sei in beiden Verfahren nur um die Gültigkeit des Hinweises auf die Geltung des Angebots nur für „Junge Leute“ gegangen.

II.
Die Berufung ist insgesamt zulässig, aber nur zum Teil, nämlich wegen des mit dem Hilfsantrag verfolgten Unterlassungsanspruches, begründet.

1.
Die Berufung der Antragstellerin ist ungeachtet des Umstandes, dass das Landgericht im Hinblick auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Abweisung des Hauptantrages das Beschlussverfahren nicht fortgesetzt und keine Abhilfeentscheidung getroffen, sondern Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hat, auch bezogen auf die Entscheidung des Landgerichts über die sofortige Beschwerde zulässig.

Nach der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Magazindienst 2013, 843) wird es für zulässig erachtet, dass auf die sofortige Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluss mündlich über den Verfügungsantrag verhandelt und durch Urteil entschieden werden kann. Die Kommentarliteratur ist dem vorangegangen bzw. gefolgt (Drescher in: MüKo-ZPO, 5. Aufl., § 922 ZPO, Rn. 15; Prütting/Fischer, ZPO, 4. Aufl., § 922 ZPO, Rn. 10). Das OLG Karlsruhe (MDR 2018, 86) hat jüngst eine gegenteilige Auffassung vertreten. Es hat gemeint, die Möglichkeit zur mündlichen Verhandlung des Erstgerichts über die sofortige Beschwerde folge aus § 128 Abs. 4 ZPO, nicht aus § 922 Abs. 1 S. 1 ZPO, weshalb auch nach einer mündlichen Verhandlung über die sofortige Beschwerde – wie dort geschehen – durch Beschluss zu entscheiden und die Sache, falls der Beschwerde nicht abgeholfen werde, dem Beschwerdegericht vorzulegen sei. In einem anderen Fall, in dem mit der Beschwerde neue Hilfsanträge gestellt worden sind und in dem daraufhin mündlich verhandelt worden ist, hat das Kammergericht in der Terminierung eine gleichsam vorläufige Abhilfe gesehen. Es hat gemeint, dass, weil das Landgericht weder der Beschwerde ohne sachliche Prüfung der Hilfsanträge habe abhelfen dürfen noch den Verfahrensstoff in eine Nichtabhilfeentscheidung und eine Entscheidung nach mündlicher Verhandlung über die Hilfsanträge habe aufsplittern dürfen, einheitlich durch Urteil zu entscheiden sei und die ihm vorgelegte Sache an das Landgericht zurückverwiesen (KGR Berlin 2003, 375).

Der dem Kammergericht zur Entscheidung unterbreitete Sachverhalt ist den in der vorliegenden Sache in Rede stehenden Gegebenheiten ähnlich, weil in beiden Fällen über Haupt- und Hilfsanträge zu entscheiden war. Es muss indes nicht entschieden werden, ob insoweit nur eine einheitliche Entscheidung des Landgerichts hätte ergehen können oder ob das Landgericht wegen des Hauptantrages auch eine Nichtabhilfeentscheidung hätte treffen können und die Sache dem Beschwerdegericht hätte vorlegen müssen (§ 572 Abs. 1 ZPO), während es über den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die nach dem Hilfsantrag erlassene einstweilige Verfügung hätte mündlich verhandeln müssen (§ 924f. ZPO). Denn im Streitfall hat das Landgericht gerade nicht nach mündlicher Verhandlung durch Beschluss entschieden und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt, sondern durch Urteil. Es hat dabei der sofortigen Beschwerde nicht nur nicht abgeholfen, sondern die Beschwerde im Urteil selbst zurückgewiesen. Damit war das Beschwerdeverfahren, ohne dass entschieden werden muss, ob das Landgericht befugt war, eine solche Entscheidung zu treffen, beendet, weshalb der Antragsgegnerin nur die Möglichkeit offen stand, die erstinstanzliche Entscheidung wie geschehen mit der Berufung anzugreifen.

Soweit das Landgericht die nach dem Hilfsantrag erlassene einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des ihr zugrundeliegenden Antrags aufgehoben hat, bestehen ohnehin keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung.

2.
Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt.

Der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes „Späte Urteilsbegründung“ (BGH, GRUR-RR 2000, 151) steht dem nicht entgegen. Das prozessuale Verhalten der Antragstellerin lässt nicht erkennen, dass es ihr in der vorliegenden Sache selbst nicht eilig gewesen wäre, ihren Anspruch durchzusetzen. In der vom Bundesgerichtshof entschiedenen und angeführten Sache ging es um die Frage, ob das dort eingelegte Rechtsmittel (außerordentliche Beschwerde gegen einen 91a-Beschluss des OLG) wegen „greifbarer Gesetzeswidrigkeit“ der angegriffenen Entscheidung des OLG zulässig sein könnte. Dort hatte das OLG die Auffassung vertreten, dass die Dringlichkeitsvermutung widerlegt sei, weil der Antragsteller beim Landgericht, das den Verfügungsantrag durch (kurzes) Urteil im Juli abgewiesen hatte, nicht mit dem nötigen Nachdruck die Herausgabe des vollständigen (langen) Urteils verlangt und auch vor Zustellung des langen Urteils im November keine Berufung eingelegt habe. Das hat der BGH als nicht greifbar gesetzeswidrig angesehen, weil das Abstellen des OLG auf die Zeit bis zur Nachfrage durch die Antragstellerin nach dem langen Urteil nicht als mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar angesehen worden war. Der BGH hat allerdings ausgeführt (a.a.O., juris Rn. 13), dass die dortige Auffassung des OLG, die Antragstellerin hätte schon ohne Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe Berufung einlegen müssen, „ganz erheblichen Bedenken“ begegnet.

Im Streitfall hatte die Antragstellerin keine Möglichkeit, das Landgericht mit Aussicht auf Erfolg zu schnellerem Handeln aufzufordern. Denn die schon vorstehend angeführte Rechtsprechung ist sich jedenfalls darin einig, dass die Eingangsinstanz auf die sofortige Beschwerde hin mündliche Verhandlung anberaumen kann – wie im vorliegenden Fall sofort nach Einlegung des Widerspruchs am 06.07.2918 geschehen. Weder in der Zeit zwischen der Einlegung der sofortigen Beschwerde vom 15.06.2018 und der Terminierung durch das Landgericht am 06.07.2018 noch in der Zeit bis zum Termin am 31.07.2018 ist es der Antragstellerin anzulasten, dass sie nicht mit größerem Nachdruck eine schnellere Entscheidung des Landgerichts über die sofortige Beschwerde begehrt hat. Und dass das Landgericht sodann einen Verkündungstermin am 01.08.2018 bestimmt hat, in dem das angegriffene Urteil auch verkündet worden ist, kann der Antragstellerin unter Dringlichkeitsgesichtspunkten ebenfalls nicht zur Last gelegt werden. Ihre Berufung hat sie dann sogleich mit der Berufungsbegründung verbunden.

3. Ein Verfügungsanspruch steht der Antragstellerin indes nur wegen ihres Unterlassungsbegehrens nach dem Hilfsantrag zu.

a)
Soweit das Landgericht den Hauptantrag zurückgewiesen hat, ist dies zu Recht geschehen.

Zwischen den Parteien besteht zu Recht kein Streit darüber, dass der Verkehr angesichts des in der Banner-Werbung erkennbaren Sternchens damit rechnet, dass die Preisangabe mit € 29,99 noch nicht vollständig ist, sondern es noch weitere Preisbestandteile geben kann, die bei den Gesamtkosten zu berücksichtigen sind und über die er auf einer verlinkten Seite weiter aufgeklärt wird.

Der Verkehr macht sich aber entgegen der Annahme der Antragstellerin weder Vorstellungen davon, dass es Angebote geben könnte, die unterschiedliche Preise für verschiedene Personengruppen enthalten, noch Vorstellungen darüber, dass der beworbene Preis in jedem Fall für alle Menschen gleichermaßen Gültigkeit hat. Denn der Verkehr weiß darum, dass der beworbene Preis nicht der Endpreis ist. Er ist daran gewöhnt, dass eine Fußnote oder ein Sternchenhinweis ein Hinweis auf irgendwelche Einschränkungen oder Bedingungen bedeutet und ihm weitere Preisbestandteile oder Bedingungen auf einer mit der plakativen Eingangswerbung – hier der Bannerwerbung – verlinkten Internetseite mitgeteilt werden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr damit rechnet, dass er das Produkt bzw. die gekoppelten Leistungen in jedem Fall für den beworbenen Preis von € 29,99 und frei von sonstigen Bedingungen erwerben kann. Dass – wie im Streitfall – ein Sonderpreis für „Junge Leute“ angeboten werden könnte, ist jedenfalls nicht so weit außerhalb der vom Verkehr erwarteten möglichen Bedingungen für das Angebot, dass er damit in keinem Fall rechnet und deshalb schon durch die mit einem Sternchenhinweis versehene Preiswerbung in die Irre geführt würde. Die sonstigen Ausnahmen, wie etwa ein Einmalpreis, eine Grundgebühr oder eine Gebühr für Anschlusskosten, von denen die Antragstellerin annimmt, dass der Verkehr (wenn auch nur) mit ihnen rechnet, schränken die Anziehungskraft der „Sternchenpreiswerbung“ nicht weniger ein als die Beschränkung des Angebots auf „Junge Leute“. Es ist ausreichend, dem Verkehr diese Bedingungen auf einer verlinkten Seite zu nennen.

b)
Das muss indes in einer Weise geschehen, die die streitige Bedingung des Angebots für den Verkehr hinreichend deutlich macht und in der Gesamtheit der auf einer mit dem Sternchenhinweis verlinkten Internetseite präsentierten weiteren Preisbestandteile und Bedingungen nicht so untergeht, dass sie vom angesprochenen und durch die Eingangswerbung – hier die Bannerwerbung – angelockten Verkehr leicht übersehen werden kann. So liegt der Fall hier.

aa)
Die angegriffene Werbung ist irreführend, weil jedenfalls auf der verlinkten Seite die Einschränkung des Angebots auf „Junge Leute“ grafisch so zurückhaltend dargestellt ist, dass sie entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin von einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs leicht übersehen werden kann. Daran ändert auch die technische Einrichtung eines mouse-over-Hinweises nichts, denn der Verkehr muss die angeklickte Einschränkung erst einmal bemerken und sich damit befassen, um auf die Idee zu kommen, möglicherweise weitere Informationen zur Definition dessen zu erhalten, was im Sinne des Kopplungsangebotes unter „Junge Leute“ zu verstehen ist. Das kann indes angesichts der grafischen Gestaltung der aus der Anlage 2 ersichtlichen Internetseite nicht angenommen werden. Dort werden einzelne Preisbestandteile und Leistungsmerkmale des Angebots grafisch deutlich hervorgehoben. So wird etwa der schon in der Bannerwerbung angeführte Preis von 29,99 € mtl. im Kopf der Internetseite ebenso fettgedruckt hervorgehoben wie auch ein in einen Kreis eingebettetes Prozent-Zeichen (%) und ein zu zahlender Einmalbetrag von 1,00 €. Ob der unterhalb dieses Einmalbetrages angeführte Anschlusspreis von 29,99 € hinreichend deutlich hervorgehoben ist, muss – weil nicht streitgegenständlich – nicht entschieden werden. Weitere Leistungsmerkmale des Angebots, wie ein zur Verfügung gestelltes Datenvolumen von 15 GB, eine Telefon- und SMS-Flat und vor allem auch der Betrag von 120 €, den der Kunde hier „zusätzlich sparen“ kann, sind ebenfalls im Fettdruck hervorgehoben. Im Vergleich sind die deutlich kleiner und überwiegend blasser gehaltenen Angaben zu den auswählbaren Kundenkreisen so unauffällig, dass sie leicht übersehen werden. Da der Kunde auch nicht gehalten ist, eine aktive Auswahl zu treffen, weil der Kundenkreis der „Jungen Leute“, für den allein das Angebot gelten soll, bereits vorausgewählt ist, läuft der Kunde Gefahr, auf das Angebot einzugehen, ohne die streitige und maßgebliche Einschränkung auf den Personenkreis der „Jungen Leute“ zur Kenntnis genommen zu haben. Er nimmt unter diesen Umständen an, das ihm unterbreitete Angebot gelte für Menschen aller Altersklassen, was indes unzutreffend ist. Daraus ergibt sich der irreführende Gehalt der Werbung (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG). Das rechtfertigt auch das ausgesprochene Verbot (§ 8 Abs. 1 UWG).

bb)
Entgegen der Ansicht des Landgerichts besteht für ein solches Verbot auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Das ist nicht dadurch in Fortfall geraten, dass der Antragsgegnerin in einer anderen Rechtsstreitigkeit auf Antrag der Antragstellerin bereits ein kerngleiches Verbot auferlegt worden wäre, das es der Antragstellerin ermöglicht hätte, wegen des vorliegend streitigen Sachverhalts aus dem dortigen Verfügungstitel zu vollstrecken, indem sie gegen die Antragsgegnerin einen Bestrafungsantrag nach § 890 ZPO gestellt hätte.

Bei dem in der Sache 406 HKO 73/18 ausgesprochenen Verbot handelt es sich nämlich um einen anderen Streitgegenstand, der mit dem Streitgegenstand der vorliegenden Sache nicht – auch nicht im Kern – identisch ist. Zwar unterscheiden sich die erste und letzte Seite der in der Sache 406 HKO 73/18 verbotenen Werbung (dortige Anlagen 3a und 3 c) nicht maßgeblich von dem vorliegend streitigen Sachverhalt. Dass in der dortigen Sache eine Werbung bei facebook streitig war, während es vorliegend um eine Bannerwerbung auf der Internetseite eines sonstigen Dritten geht, ist für das Charakteristische der jeweiligen Verletzungshandlung ebenso unbedeutend wie der Umstand, dass jeweils andere Mobiltelefone und Mobilfunkverträge Gegenstand der Werbung waren. Und auch die Angebotsseite gemäß der Anlage 3c im dortigen Rechtsstreit und der Anlage 2 im vorliegenden Verfahren unterscheiden sich in den für den gerügten Irreführungstatbestand maßgeblichen – auch gestalterischen – Umständen nicht entscheidend. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist allerdings die dem Verbot in der Sache 406 HKO 73/18 unterliegende weitere Internetseite gemäß der Anlage 3b zum dortigen Rechtsstreit für die Beurteilung des Charakteristischen der dortigen Verletzungshandlung keineswegs bedeutungslos.

In der Eingangswerbung gemäß der dortigen Anlage 3a findet sich nämlich zwar – ebenso wie im hiesigen Streitfall – hinter der Preisangabe ein Sternchenhinweis. Klickt man jene Werbung an, dann öffnet sich aber das in der Anlage 3b dargestellte Fenster, innerhalb dessen nunmehr u.a. weitere Preisbestandteile, nämlich ein einmalig zu zahlender Betrag von 49,00 € und ein Anschlusspreis von 29,99 €, angeführt sind, und zwar in der Form der Auflösung eines Sternchenhinweises. Unabhängig davon, dass es unmittelbar darüber eine weitere Preisangabe von 39,99 € gibt, hinter der sich ebenfalls ein Sternchenhinweis findet, sind die auf der Internetseite gemäß der Anlage 3b zum genannten Parallelverfahren angeführten weiteren Preisangaben deshalb möglicherweise geeignet, vom Verkehr als Auflösung des schon auf der Werbung gemäß der Anlage 3a zu findenden Sternchenhinweises verstanden zu werden. Das kann die Verkehrserwartung vom Inhalt der weiteren Internetseite gemäß der Anlage 3c (Landingpage) zum Verbot vom 15.05.2018 nicht nur unmaßgeblich beeinflussen. Der Irreführungsgehalt der dortigen Werbung unterscheidet sich damit von der vorliegend streitigen Werbung, die den Verkehr unmittelbar von dem Werbebanner (Anlage 1) zur Angebotsseite (Anlage 2) führt. Das macht im Streitfall eine neue und eigenständige Prüfung des durch die Werbung bewirkten maßgeblichen Verkehrsverständnisses erforderlich, mag diese auch – wie hier – die Feststellung zur Folge haben, dass die nunmehr angegriffene neuere Werbung ebenfalls irreführend ist. Diese Prüfung darf nicht ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Die Testfrage, ob wegen der vorliegend streitgegenständlichen neuerlichen Werbung auf der Grundlage eines bereits zur älteren Werbung ergangenen Verbotstitels bestraft werden könnte (vgl. auch Senat, WRP 2015, 906, juris Rn. 14), wäre zu verneinen. Der Antragstellerin steht deshalb für ihr Vorgehen gegen die hier streitgegenständliche Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite.

c)
Vor dem genannten Hintergrund sind auch hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Antragstellerin könnte, weil sie eine Mehrzahl von konkreten Werbungen der Antragsgegnerin angegriffenen und zumeist auch gerichtlich verfolgt hat (siehe Anlagen LSG 5a, LSG 6a (= 406 HKO 73/18) und LSG 9 – 12), rechtsmissbräuchlich gehandelt haben, nicht erkennbar. Die dort von der Antragstellerin jeweils beanstandete Werbung unterscheidet sich stets maßgeblich von der vorliegend streitgegenständlichen Werbung. Ähnlichkeiten bestehen lediglich bezogen auf die in der Sache 406 HKO 73/18 streitige Werbung, zu der auf die obigen Ausführungen verwiesen wird. Gibt aber eine Vielzahl von Werbemaßnahmen des Wettbewerbers Anlass für die Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche, so ist es im Regelfall nicht zu beanstanden, dass auch eine Vielzahl solcher Wettbewerbsverstöße abgemahnt und gegebenenfalls gerichtlich verfolgt wird.

4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus §§ 542 Abs. 2, 929 Abs. 1, 936 ZPO.

I