OLG Hamm: Bezahlung von Rechnungen nach Preiserhöhung einer Dauerleistung stellt kein Einverständnis dar

veröffentlicht am 16. Juli 2009

OLG Hamm, Urteil vom 29.05.2009, Az. 19 U 52/08
§§ 398, 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., 818 BGB

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die anstandslose Zahlung auf Rechnungen nach einer Preiserhöhung des Vertragspartners nicht ohne weiteres als stillschweigende Einwilligung in die Preiserhöhung auszulegen sind. Bei den streitgegenständlichen Beträgen habe es sich in keinem Fall um den zwischen den Parteien vereinbarten Ausgangspreis gehandelt. Auch eine Einigung der Parteien auf Preiserhöhungen während der Dauer laufender Verträge habe nicht festgestellt werden können, und zwar unabhängig davon, ob Kunden die erhöhten Preise unter Vorbehalt oder vorbehaltlos gezahlt hätten.
In Vertragsverhältnissen mit Tarifkunden sei eine konkludente Einigung auf erhöhte Tarife anzunehmen, wenn die auf bekannt gegebene Preiserhöhungen basierenden Tarife in den Jahresabrechnungen unbeanstandet hingenommen würden und der Kunde weiter Gas bezogen habe, ohne in angemessener Zeit eine Prüfung der Billigkeit zu verlangen ( BGHZ 172, 315; BGH NJW 2009, 502, OLG Hamm MDR 2007, 452). Im vorliegenden Fall habe es sich jedoch nicht um Tarif-, sondern vielmehr Sonderkunden gehandelt, in denen die allgemeinen Tarife nicht vereinbart seien. Ein einseitiges Tariferhöhungsrecht, welches nur der Billigkeitskontrolle unterliege, gebe es in Sondervertragsverhältnissen grundsätzlich nicht. Wenn nicht rechtswirksame Vertragsklauseln ein einseitiges Erhöhungsrecht des Versorgungsunternehmens vorsehe, bedürfe es vielmehr einer Einigung der Vertragsparteien auf die erhöhten Preise. Hierfür gelte nach Aussicht des Senats wie für andere Vertragsverhältnisse der Grundsatz, dass Schweigen sowie die widerspruchslose Hinnahme und sogar Begleichung von Rechnungen kein darüber hinausgehender Erklärungswille zu entnehmen sei (BGH NJW-RR 2007, 530).

Das Gasversorgungsunternehmen in diesem Fall könne deshalb die Zahlung nicht ohne weiteres als Billigung oder Akzeptanz einer vertragswidrig ohne wirksame Vereinbarung durchgeführten Preiserhöhung verstehen. Zumindest wäre erforderlich gewesen, dass der Kunde nicht nur aus öffentlichen Bekanntmachungen die Erhöhung der allgemeinen Tarife hätte entnehmen können, sondern dass er ganz konkret und hinreichend klar darauf hingewiesen worden sei, ob und wie sich die Erhöhung der allgemeinen Tarife bei der Berechnung der mit ihm vereinbarten Preise ausgewirkt habe. Hierzu habe die Beklagte gegenüber dem ausdrücklichen Bestreiten jeglicher Hinweise duch die Klägerin nichts vorgetragen.

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