OLG Hamm, Urteil vom 27.02.2014, Az. 4 U 144/13
§ 5a Abs. 2 UWG, § 5a Abs. 3 UWG
Nunmehr hat auch das OLG Hamm entschieden, dass in einer Zeitungswerbung die Identität des werbenden Unternehmens vollständig angegeben werden muss. Der Hinweis auf eine Webseite genüge nicht, auch nicht im Fall einer landesweit bekannten Tankstellenkette. Ähnlich entschieden haben bereits eine Reihe anderer Oberlandesgerichte, z.B. OLG München (hier), OLG Schleswig (hier) oder OLG Celle (hier). Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Hamm
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das am 11. September 2013 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität (vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz) und die Anschrift des Unternehmens (Sitz des Unternehmens) oder die Identität und Anschrift des Unternehmens, für das sie handelt, anzugeben, wenn dies geschieht wie in der Zeitschrift „X“, Heft 7, vom 21. März 2013, auf Seite 11 gemäß Anlage K 6 zur Klageschrift vom 25.06.2013 (Bl. 59 d. A.).
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf und an den gesetzlichen Vertretern (Vorstandsmitgliedern) der Beklagten zu vollziehen ist.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 20.07.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A.
Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben nach seinen Angaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, hierbei insbesondere die Sorge dafür, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte handelt insbesondere mit Mineralölprodukten und verfügt über ein bundesweites Netz von mehr als 2.000 Tankstellen. Viele dieser Tankstellen verfügen über einen als „Petit Bistro“ bezeichneten Verkaufsbereich, in dem diverse Getränke und Lebensmittel zum Verkauf angeboten werden.
In dem am 21.03.2013 erschienenen Heft 7 der Zeitschrift „auto motor und sport“ ließ die Beklagte auf Seite 11 eine ganzseitige Werbeanzeige veröffentlichen, in der die zumindest in einer Vielzahl der „Petit Bistros“ zum Verkauf angebotene Produktreihe „Crossinos“ beworben wurde. Die obere Hälfte der Werbeanzeige besteht aus einer Abbildung von drei unterschiedlich belegten Baguette-Broten, über denen sich die Schriftzüge „Crossinos – Unsere Genießer-Baguettes“ (links oben auf der Seite) und „www.aral.de“ (rechts oben auf der Seite) befinden. Unter der Abbildung befindet sich folgender Text:
„Die neuen Crossinos !
Unsere Besten zum Probierpreis von nur 1,99 €*.
Für alle, die unterwegs nicht irgendwas wollen: Die neuen Crossinos sind da – unsere Genießer-Baguettes. In 6 köstlichen Varianten und nur aus besten Zutaten. Knusprig-lecker, frisch für Sie gemacht und jetzt im März zum einmaligen Probierpreis von nur 1,99 €*.
*unverbindliche Preisempfehlung, nur in teilnehmenden Petit Bistros“
Am unteren linken Seitenrand befindet sich der Schriftzug „Petit Bistro – So genießt man bei Aral.“ Am unteren rechten Seitenrand befinden sich das Unternehmenssymbol der Beklagten mit dem Schriftzug „Aral“ und darunter die Worte „Alles super.“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte und diesem Urteil als Urteilsbestandteil beigefügte farbige Ablichtung der Werbeanzeige (Anlage K6 zur Klageschrift vom 25.06.2013 = Blatt 59 der Gerichtsakte) verwiesen.
Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.
Der Kläger mahnte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 05.04.2013 unter Hinweis auf § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG ab, weil sie es unterlassen habe, in der Werbeanzeige die vollständige Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den die Beklagte handele, anzugeben.
Die Abmahnung wies die Beklagte mit Schreiben vom 11.04.2013 zurück. Die beanstandete Werbeanzeige erfülle zum einen nicht die Anforderungen an ein Angebot im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG. Zum anderen seien die Identität und Anschrift des Unternehmers klar und deutlich auf der Internetseite der Beklagten genannt. Auf diese Internetseite werde in der Werbeanzeige durch den Schriftzug rechts oben auf der Seite auch konkret Bezug genommen.
Der Kläger hat gegenüber dem Landgericht vorgetragen, er sei nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt, den sich aus der Wettbewerbswidrigkeit der beanstandeten Werbeanzeige ergebenden Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG im Klagewege geltend zu machen. Zu seinen Mitgliedern gehöre eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden, die Waren gleicher oder verwandter Art wie diejenigen der Beklagten vertrieben, u.a.
• die Tchibo GmbH, die bundesweit rund 800 Filialen betreibe, in denen sie Kaffee und Speisen anbiete;
• die Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG, die in ihren Filialen u.a. Brötchen und sonstige Backwaren zum sofortigen Verzehr anbiete und im Jahre 2011 damit begonnen habe, in größeren Filialen eine Selbstbedienungstheke mit einem erweiterten Sortiment frischer Backwaren einzurichten;
• die Bäcker-Innung Berlin, der wiederum 187 handwerklich arbeitende Bäckereien in Berlin angehörten.
Der Kläger hat hierzu eine Mitgliederliste (Blatt 21-43 der Gerichtsakte), auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, sowie eine schriftliche Erklärung seiner Geschäftsführerin B, in der die inhaltliche Richtigkeit dieser Mitgliederliste versichert wird, vorgelegt.
Er, der Kläger, sei nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung auch in der Lage, seine satzungsmäßigen Aufgaben tatsächlich wahrzunehmen.
Die Werbeanzeige erfülle die Anforderungen eines Angebotes im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG. Die Anzeige gebe die konkret beworbenen Produkte sowie den Verkaufspreis bekannt. Der Verbraucher könne der Anzeige entnehmen, dass es sich bei den beworbenen „Crossinos“ um belegte Baguettes handele. Auf der den oberen Teil der Werbeanzeige einnehmenden Abbildung sei wiederum zu erkennen, dass das vordere Baguette mit Gouda-Käse, einer Tomatenscheibe und einem Salatblatt belegt sei und es sich um Mehrkornbrot handele. Zu erkennen sei ferner, dass das mittlere Baguette mit Hähnchenfleisch, Salat, Tomate und weiterem Gemüse und das hintere Baguette mit Schinken, Ei und Salat belegt seien. Diese Informationen zusammen mit der Angabe des Preises seien ausreichend, um einen Verbraucher zu verleiten, sein Frühstück oder eine Zwischenmahlzeit in einem „Petit Bistro“ einzunehmen.
Die beanstandete Werbeanzeige enthalte entgegen §§ 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG keine Angaben zur Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls desjenigen Unternehmers, für den gehandelt werde. Durch den bloßen Abdruck ihrer Internetadresse – ohne weitere Hinweise – könne die Beklagte ihre Informationspflichten nicht erfüllen.
Der Kläger hat schließlich behauptet, ihm seien durch die Abmahnung der Beklagten Kosten in Höhe von 166,60 € (140,00 € netto zuzüglich 19% Umsatzsteuer) entstanden. Bei dem Betrag von 140,00 € handele es sich um eine Kostenpauschale, die sich aus der Kostenermittlung für Abmahnungen im Jahre 2011 ergebe. Der Anteil der durch Abmahnungen verursachten Kosten an den Gesamtkosten des Klägers habe im Jahre 2011 310.689,84 € betragen, bei insgesamt 1.816 ausgesprochenen Abmahnungen im Jahre 2011 errechne sich ein Kostenbetrag von 171,08 € pro Abmahnung; diesen Betrag habe er, der Kläger, dann auf 140,00 € abgerundet.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität (vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz) und die Anschrift des Unternehmens (Sitz des Unternehmens) oder die Identität und Anschrift des Unternehmens, für das sie handelt, anzugeben, wenn dies geschieht wie in der Zeitschrift „X“, Heft 7 vom 21. März 2013, auf Seite 11 gemäß Anlage K6 [zur Klageschrift vom 25.06.2013],
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit der Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, sie betreibe die zu ihrem Tankstellennetz gehörenden Tankstellen nicht selbst. Betreiber der Tankstellen seien vielmehr die sogenannten „Tankstellenpartner“. Hierbei handele es sich in der Regel um Einzelkaufleute, die die Tankstellen selbstständig führten. Über 1.200 Tankstellen verfügten über ein „Petit Bistro“, in denen Kaffeespezialitäten sowie herzhafte und süße Snacks verkauft würden. Sie, die Beklagte, stelle für diese Produkte ihre Marke sowie Rezepte zur Verfügung. Beim Verkauf von Kraftstoffen agierten die Tankstellenpartner als Handelsvertreter in ihrem, der Beklagten, Namen, während der Verkauf im Tankstellen-Shop sowie im „Petit Bistro“ im Namen und auf Rechnung des jeweiligen Tankstellenpartners erfolge. Die beanstandete Werbeanzeige individualisiere die beworbenen „Crossinos“ nicht hinreichend, um als Angebot im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG eingestuft werden zu können. Sie enthalte weder die wesentlichen Produktmerkmale, noch gebe sie den (verbindlichen) Preis an. Die in der Werbeanzeige enthaltene Abbildung sei nicht geeignet, dem Verbraucher die erforderlichen Informationen über den Belag der Baguette-Brote zu vermitteln. So enthalte z.B. ihr, der Beklagten, Internetauftritt detaillierte Informationen über den Belag der Brote, die der Betrachtung der Abbildung in der streitgegenständlichen Werbeanzeige keinesfalls entnommen werden könnten. Im Übrigen werde die Werbeanzeige den Anforderungen nach §§ 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG sogar durch den Abdruck der Internetadresse ihres, der Beklagten, Internetauftrittes gerecht. Dort könne sich der Verbraucher leicht verständlich und einfach über ihre, der Beklagten, Identität und Anschrift sowie über die Identitäten und Anschriften sämtlicher Tankstellenpartner informieren.
Die 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum hat die Klage abgewiesen. Bei der beanstandeten Werbeanzeige handele es sich nicht um ein Angebot im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG. Die Werbung sei vielmehr so allgemein gehalten, dass kein Kunde aufgrund dieser Werbung eine konkrete Kaufentscheidung treffen könne. Auf der Abbildung in der Werbeanzeige seien nur drei Varianten zu sehen, wobei auch nur das vordere Baguette scharf abgebildet sei. Den Fotos sei auch nicht die genaue Art des Belages, insbesondere nicht die genaue Käse- oder Fleischsorte zu entnehmen. Angesichts der angebotenen Vielfalt an „Crossinos“ werde sich der von der Anzeige angesprochene Verbraucher vor einer Kaufentscheidung noch im Einzelnen darüber informieren, welche „Crossino“-Variante aus welchem Brot, welchem Fleisch und welchen weiteren Belagbestandteilen bestehe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität (vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz) und die Anschrift des Unternehmens (Sitz des Unternehmens) oder die Identität und Anschrift des Unternehmens, für das sie handelt, anzugeben, wenn dies geschieht wie in der Zeitschrift „X“, Heft 7 vom 21. März 2013, auf Seite 11 gemäß Anlage K6 [zur Klageschrift vom 25.06.2013],
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit der Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.
B.
Die – form- und fristgerecht eingelegte und begründete – Berufung hat Erfolg. Die – zulässige – Klage ist in vollem Umfang begründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
1.
Der Unterlassungsantrag ist durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform hinreichend bestimmt (BGH, GRUR 2011, 82).
2.
Der Kläger ist auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Klägers zur Identität seiner Mitglieder. Danach berührt die vom Kläger behauptete Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder, namentlich derjenigen Mitglieder, die sich mit dem Vertrieb von Backwaren, insbesondere fertig belegten Broten und Brötchen, befassen. Senatsbekannt ist der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung auch in der Lage, seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen.
II.
Die Klage ist auch begründet.
1.
Der vom Kläger geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3, 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG.
a)
Die Beklagte hat durch die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Werbeanzeige unlauter im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG gehandelt.
Nach der vorbezeichneten Vorschrift handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG Informationen über die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt, als wesentlich, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben.
aa)
Die streitgegenständliche Werbeanzeige enthält ein Angebot im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG.
(1)
§ 5a UWG dient der Umsetzung von Art. 7 („Irreführende Unterlassungen“) der Richtlinie 2005/29/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken – UGP-Richtlinie) und ist aus diesem Grunde richtlinienkonform auszulegen. Die in Art. 7 Abs. 4 UGP-Richtlinie (entsprechend § 5a Abs. 3 UWG) als Voraussetzung für die Wesentlichkeit von Informationen genannte „Aufforderung zum Kauf“ wird in Art 2 lit. i) der Richtlinie legaldefiniert als „jede kommerzielle Kommunikation, die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen.“
Nur eine nicht restriktive Auslegung des Begriffes der „Aufforderung zum Kauf“ steht mit einem der Ziele der UGP-Richtlinie, nämlich der Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus, im Einklang (EuGH, Urteil vom 12.05.2011 – C-122/10 – ). Eine solche Aufforderung setzt nicht das Vorliegen eines bindenden Vertragsangebotes voraus (BGH, a.a.O.; Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. [2014], § 5a Rdnr. 30a). Sie liegt bereits dann vor, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht (EuGH, a.a.O.). Es reicht aus, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile bekannt sind, so dass ein durchschnittlich informierter Verbraucher das Geschäft abschließen kann (BGH, a.a.O.). Der Rückschluss aus § 5a Abs. 3 Nrn. 1 und 3 UWG (entsprechend Art. 7 Abs. 4 litt. a) und c) UGP-Richtlinie) ergibt, dass ein Angebot bzw. eine Aufforderung zum Kauf nicht erst dann vorliegt, wenn die in § 5a Abs. 3 Nrn. 1 und 3 UWG aufgeführten Merkmale in der kommerziellen Kommunikation enthalten sind. Eine derartige Auslegung wäre sinnwidrig (Harte/Henning/Dreyer, UWG, 3. Aufl. [2013], § 5a Rdnr. 94; i.E. ebenso EuGH, a.a.O.). Es müssen nicht alle Merkmale des beworbenen Produktes und der konkrete Endpreis angegeben sein, um die Rechtsfolge des § 5a Abs. 3 UWG (entsprechend Art. 7 Abs. 4 UGP-Richtlinie) auszulösen (EuGH, a.a.O.). So kann es zur Erfüllung der Voraussetzungen eines Angebotes im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG bereits genügen, dass der Werbende lediglich einen „ab“-Preis nennt, wenn das beworbene Produkt in verschiedenen Ausführungen mit anderen Merkmalen und zu verschiedenen Preisen erhältlich ist (EuGH, a.a.O.). Auch eine bloße bildliche Darstellung des Produktes kann ausreichen, und zwar auch dann, wenn das Produkt in verschiedenen Ausführungen angeboten wird (EuGH, a.a.O.). Entscheidend ist im jeweiligen Einzelfall, ob der Verbraucher unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und der Merkmale des Produkts sowie des verwendeten Kommunikationsmediums hinreichend informiert ist, um das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können (EuGH, a.a.O.).
(2)
Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Werbeanzeige.
(a)
Die Anzeige enthält in Form der Abbildung von drei „Crossinos“ hinreichende Informationen über das beworbene Produkt. Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass ihr Internetauftritt detailliertere Informationen über die beworbenen „Crossinos“ im Hinblick auf die Brotsorten und den jeweiligen Belag enthält, die sich der Abbildung nicht entnehmen lassen. Die Abbildung enthält indes bereits eine hinreichende Zahl an Informationen über die Zusammensetzung der Baguettes, die aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise ausreichen, um das Produkt im Hinblick auf eine geschäftliche Entscheidung identifizieren und unterscheiden zu können. So lässt sich der Abbildung entnehmen, dass das vordere „Crossino“ aus einem Mehrkorn- oder Vollkornbrot, belegt mit Tomate, Salat und Käse, besteht (die Auffassung des Klägers, der Abbildung lasse sich sogar entnehmen, dass es sich bei dem Käse um Gouda handelt, ist allerdings zu weitgehend). Das mittlere Baguette lässt einen Belag aus Salat, Tomate und Fleisch (vermutlich Geflügel) erkennen. Das hintere Baguette ist mit Salat, Gurken, Ei und Wurst (oder Schinken) belegt. Diese Informationen sind ausreichend, um dem Verbraucher eine für eine Kaufentscheidung ausreichende Identifizierung und Unterscheidung des beworbenen Produktes zu ermöglichen. Dies gilt in besonderem Maße für den Kunden an einer Tankstelle, der in der Regel an einer möglichst schnellen Abwicklung des Kaufes eines belegten Brotes, das für ihn in den meisten Fällen lediglich eine „Zwischenmahlzeit“ darstellen wird, interessiert ist und sich daher zuvörderst an dem äußeren Erscheinungsbild des Brotes oder – soweit dieses erst noch belegt werden muss – anhand einer Abbildung des Produktes orientieren wird. Dass der Kunde gegebenenfalls vor Ort noch Detailfragen zur Brotsorte oder zum Brotbelag haben mag und dass die beanstandete Werbeanzeige nicht alle angebotenen „Crossino“-Varianten abbildet, ist nach der bereits zitierten Entscheidung des EuGH ohne Belang.
(b)
Angesichts des Schutzzweckes des § 5a Abs. 3 UWG reicht auch die Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung aus, um die Voraussetzungen eines Angebotes im Sinne dieser Vorschrift zu erfüllen (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 30c a.E.), zumal die Erwartung des Verbrauchers – zutreffend – dahin geht, dass sich die weit überwiegende Zahl der Verkaufsstellen auch an diese Preisempfehlung halten wird.
bb)
Die beanstandete Werbeanzeige enthält keine Angaben zu Identität und Anschrift auch nur eines einzigen Unternehmers. Abgesehen davon, dass nicht eine einzige Anschrift eines Unternehmers in der Anzeige angegeben ist, ist die bloße Angabe der Bezeichnung „Aral“ in der Werbeanzeige nicht einmal eine ausreichende Identitätsangabe im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, da hierzu auch die Angabe der Rechtsform gehört (BGH, Urteil vom 18.04.2013 – I ZR 180/12 – [„Brandneu von der IFA“]). Angaben zur Identität und Anschrift von Unternehmern ergeben sich auch nicht „unmittelbar aus den Umständen“ im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG, insbesondere nicht aus der Wiedergabe der Internetadresse der Beklagten im Anzeigentext, über die nach den Angaben der Beklagten entsprechende Informationen abrufbar sein sollen. Über den Internetauftritt werden die Informationen vielmehr lediglich anderweitig zur Verfügung gestellt, sie ergeben sich hierdurch nicht „unmittelbar aus den Umständen“.
Da die Werbeanzeige keine Informationen auch nur zu einem einzigen Unternehmer enthält, bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, wer in der vorliegenden Fallkonstellation als „Unternehmer“ bzw. als „Unternehmer, für den gehandelt wird“, im Sinne des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG anzusehen ist, die Beklagte oder (auch) ihre Tankstellenpartner (in einer insoweit vergleichbaren Fallkonstellation im Ergebnis ebenfalls offengelassen vom Senat in seinem Beschluss vom 13.10.2011 – I-4 W 84/11 – ).
cc)
Das Fehlen dieser Informationen stellt zugleich ein Vorenthalten im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG dar.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass bei der Prüfung, ob eine Information vorenthalten wird, auch die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmediums zu berücksichtigen sind. Der – insoweit missglückte – Wortlaut des § 5a Abs. 2 UWG verortet die Frage der Beschränkungen des Kommunikationsmittels nur bei der Prüfung der Wesentlichkeit einer Information, was zur Folge hätte, dass die Beschränkungen des Kommunikationsmittels im Anwendungsbereich des § 5a Abs. 3 UWG keine Rolle mehr spielen könnten. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a UWG führt indes zu einem anderen Ergebnis. Nach der ausdrücklichen Regelung in Art. 7 Abs. 3 UGP-Richtlinie werden räumliche oder zeitliche Beschränkungen, die durch das Kommunikationsmedium auferlegt werden, auch bei der Entscheidung über die Frage, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, berücksichtigt.
Auch im vorliegenden Zusammenhang bedarf es keiner Entscheidung, ob § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG im vorliegenden Falle Informationen zur Identität und Anschrift nur der Beklagten oder (auch) der – nach dem Vorbringen der Beklagten beim Verkauf von „Crossinos“ im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelnden – Tankstellenpartner verlangt. Denn die beanstandete Werbeanzeige enthält die Informationen in jeder Hinsicht vor.
Die Angabe der vollständigen Firma der Beklagten – inklusive Rechtsformzusatz – sowie ihrer Anschrift wäre in der beanstandeten ganzseitigen Werbeanzeige unschwer möglich gewesen.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass der Abdruck der erforderlichen Informationen über (alle) ihre – nach ihrem Vorbringen – selbstständigen Tankstellenbetreiber, die ein „Petit Bistro“ unterhalten, in der beanstandeten Zeitschriftenanzeige aus Platzgründen nicht möglich gewesen wäre. Möglich – und damit zumindest auch erforderlich – wäre es indes gewesen, in der Werbeanzeige einen konkreten und ausdrücklichen Hinweis darauf unterzubringen, über welche Informationsquelle (z.B. über das Internet oder über eine Telefonnummer) die erforderlichen Informationen über die Tankstellenbetreiber erhältlich sind (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013 – 6 U 60/13 – ). Dies ist nicht geschehen. Die bloße Angabe der Internetadresse der Beklagten – kommentarlos und ohne weitere erläuternde Zusätze oder Hinweise – erfüllt diese Anforderungen jedenfalls nicht.
b)
Geschäftliche Relevanz und Spürbarkeit der Beeinträchtigung sind denknotwendig gegeben, wenn im Sinne des § 5a Abs. 2 und 3 UWG „wesentliche“ Informationen vorenthalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 18.04.2013 – I ZR 180/12 – [„Brandneu von der IFA“]).
c)
Umstände, die geeignet sind, die wegen des festgestellten Verstoßes grundsätzlich anzunehmende Wiederholungsgefahr auszuschließen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2.
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Bei Anwendung der Regelung in § 287 Abs. 2 ZPO erscheinen die vom Kläger geltend gemachten Abmahnkosten – auch vor dem Hintergrund der anderen Verbänden in der Rechtsprechung zugebilligten (höheren) Abmahnpauschalen (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rdnr. 1.98) – gerechtfertigt.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Prozesszinsen sind erst ab dem Tag zu zahlen, der auf den Tag der Zustellung der Klage (Zustellung war hier am 19.07.2013) folgt (BAG, NZA 2008, 464; Palandt, BGB, 73. Aufl. [2014], § 291 Rdnr. 6).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Vorinstanz:
LG Bochum, Az. 13 O 132/13