OLG Hamm: Nutzung des Amazon Infringement Verfahrens für Beschwerde ist nicht unlauter

veröffentlicht am 18. August 2022

OLG Hamm, Urteil vom 08.10.2020, Az. 4 U 7/20
§ 4 UWG, § 4a UWG

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Nutzung des Amazon Infringement Verfahren gegen einen Mitbewerber keine „aggressive geschäftliche Handlung“ im Sinne des § 4a UWG darstellt und auch keine Anschwärzung gem. § 4 Nr. 2 UWG und auch keine unzulässige Beeinflussung nach § 4a Abs. 1 S. 3 UWG. Für eine aggressive geschäftliche Handlung sei eine Belästigung (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG), eine Nötigung (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG) oder eine unzulässige Beeinflussung (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG) notwendig. Dass die Klägerin den Plattformbetreiber Amazon mit ihrer Beschwerde belästigt oder genötigt habe, ist nicht ersichtlich.  Auch eine unzulässige Beeinflussung liege nicht vor. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutze, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränke. Hierfür fehlten aber jegliche Anhaltspunkte. Die Beschwerde beinhaltete auch keine „Anschwärzung“ im Sinne des § 4 Nr. 2 UWG. Eine solche Anschwärzung setze, so die Kammer, nach dem Wortlaut der vorbezeichneten Vorschrift die Behauptung oder Verbreitung falscher oder nicht erweislich wahrer Tatsachen voraus. Im vorliegenden Fall sei aber nur eine Vermutung geäußert worden. Dass die Klägerin über die Produktangebote falsche oder nicht erweislich wahre Tatsachen behauptet habe, sei nicht ersichtlich. Es wäre ohnehin unsinnig, gegenüber dem Plattformbetreiber unrichtige Tatsachen über den Wortlaut oder die sonstige Gestaltung von Produktangeboten auf seiner eigenen Internetplattform zu behaupten. Zum Volltext der Entscheidung:


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Oberlandesgericht Hamm

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.11.2019 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte zu 1) keinen Anspruch gegen die Klägerin hat, dass diese es unterlässt, sie bei „B“ anzuschwärzen oder durch aggressive geschäftliche Handlungen zu belasten, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;

2. die Beklagte zu 1) keinen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;

3. die Beklagte zu 1) keinen Auskunftsanspruch gegen die Klägerin in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet;

4. die Beklagte zu 1) keinen Anwaltsgebührenersatzanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 3.652,71 € hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 9% ihrer eigenen erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten, 9% der erst- und zweitinstanzlichen gerichtlichen Kosten sowie die erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 1) trägt 91% der erst- und zweitinstanzlichen gerichtlichen Kosten, 91% der erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sowie ihre eigenen erst- und zweitinstanzlichen außergerichtlichen Kosten.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

1Gründe

2A.

3Die Klägerin vertreibt Lampen und Leuchten auf dem deutschen Markt. Die Beklagte zu 1), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vertreibt ebenfalls Lampen und Leuchten auf dem deutschen Markt, die Beklagten zu 2) und 3) sind die Gesellschafter der Beklagten zu 1).

4Anfang Juni 2019 unterhielt die Beklagte zu 1) auf der Internetplattform „B“ u.a. unter der B SIN #00#0#####1 das Produktangebot „LED Einbaustrahler schwenkbar flach 3000K warmweiß 230V dimmbar Deckenstrahler Einbauleuchte Einbauspot, Farbe:Weiß, Einheit:1 Stück [Energieklasse A+++]“ (Internetausdruck Anlage F1b = Blatt 10-13 der Gerichtsakte) und unter der B SIN #00#0#####2 das Produktangebot „LED Einbaustrahler schwenkbar flach 3000K warmweiß 230V dimmbar Deckenstrahler Einbauleuchte Einbauspot, Farbe:Weiß, Einheit:6 Stück [Energieklasse A+++]“ (Internetausdruck Anlage F1c = Blatt 14-17 der Gerichtsakte).

5Die Klägerin erhielt spätestens am 03.06.2019 Kenntnis von den beiden vorbezeichneten Produktangeboten. Am 03.06.2019 wandte sich die Klägerin an den Betreiber der Internetplattform „B“ (im Folgenden zur Vereinfachung: Plattformbetreiber) und äußerte, (zumindest) diese beiden Produktangebote entsprächen nicht den Vorgaben der „Delegierten Verordnung (EU) Nr. 874/2012 der Kommission vom 12.07.2012 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energieverbrauchskennzeichnung von elektrischen Lampen und Leuchten“ (im Folgenden: VO (EU) Nr. 874/2012). Der Plattformbetreiber entfernte daraufhin die beiden oben bezeichneten Produktangebote sowie zehn weitere Produktangebote der Beklagten zu 1) von der Internetplattform „B“ und informierte die Beklagte zu 1) hierüber mit E-Mail vom 11.06.2019 (Anlage F4 = Blatt 25 der Gerichtsakte). Die Entfernung der Produktangebote begründete der Plattformbetreiber in dieser E-Mail wie folgt:

6„(…) Das Energieeffizienzlabel wird bei den Angeboten nicht ordnungsgemäß dargestellt (Anhang VIII der Verordnung EU 874/2012). Das Label wird weder unmittelbar neben dem Preis noch mittels einer geschachtelten Anzeige dargestellt. (…)“

7Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 04.07.2019 (Anlage F9 = Blatt 58-64 der Gerichtsakte) mahnte die Beklagte zu 1) die Klägerin ab. Die „Beschwerde“ der Klägerin bei dem Plattformbetreiber sei unlauter gewesen. Sie stelle eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a UWG, eine „Anschwärzung“ im Sinne des § 4 Nr. 2 UWG und eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Ihr, der Beklagten zu 1), stehe daher ein Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu. Die Klägerin sei darüber hinaus zur Auskunftserteilung über den Umfang ihres unlauteren Verhaltens und zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet; sie, die Beklagte zu 1), schätze den entstandenen Schaden überschlägig auf einen Betrag von ca. 191.000,00 €. Schließlich sei die Klägerin verpflichtet, die ihr, der Beklagten zu 1), entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 3.652,71 € (Rechtsanwaltsvergütung, berechnet nach einem Gegenstandswert von 60.000,00 €) zu erstatten.

8Die Klägerin mahnte ihrerseits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.07.2019 (Anlage F5 = Blatt 26-29 der Gerichtsakte) die Beklagte zu 1) ab. Die von der Beklagten zu 1) auf der Internetplattform „B“ unterhaltenen Produktangebote für Leuchten hätten den sich aus Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 ergebenden unionsrechtlichen Anforderungen an die Information über die Energieeffizienzklasse nicht genügt.

9Mit E-Mail vom 26.07.2019 (Anlage BK7) informierte der Plattformbetreiber die Beklagte zu 1) darüber, dass er weitere 29 Produktangebote der Beklagten zu 1) von der Internetplattform „B“ entfernt habe. Die Entfernung der Produktangebote begründete der Plattformbetreiber erneut mit folgender Aussage:

10„(…) Das Energieeffizienzlabel wird bei den Angeboten nicht ordnungsgemäß dargestellt (Anhang VIII der Verordnung EU 874/2012). Das Label wird weder unmittelbar neben dem Preis noch mittels einer geschachtelten Anzeige dargestellt. (…)“

11Zu den vom Plattformbetreiber entfernten Produktangeboten gehörten u.a. das Angebot mit der B SIN #000######3 (Internetausdruck [Stand: 20.07.2019] Anlage F6 = Blatt 30-39 der Gerichtsakte) und das Angebot mit der B SIN #00##00###4 (Internetausdruck [Stand: 20.07.2019] Anlage F8a [= Blatt 49-56 der Gerichtsakte] und Anlage F8b = Blatt 57 der Gerichtsakte]).

12Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Beklagten zu 1) auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 30.07.2019 – 3-10 O 86/19 – (Anlage F12 = Blatt 81-83 der Gerichtsakte) im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln auf, es zu unterlassen,

13„bei Onlineangeboten elektrische Lampen und Leuchten in den Verkehr zu bringen, ohne hierbei im Wege einer verschachtelten Anzeige gemäß Anhang VIII Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 874/2012 das Etikett gemäß Anhang I Absatz 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 874/2012 zu verbinden, wenn dies wie in den Anlagen (…) ersichtlich geschieht.“

14Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von der Beklagten zu 1) in ihrer Abmahnung vom 04.07.2019 genannten Ansprüche bestünden nicht. Gegenstand ihrer, der Klägerin, Eingabe an den Plattformbetreiber vom 03.06.2019 seien lediglich das Produktangebot mit der B SIN #00#0#####1 und das Produktangebot mit der B SIN #00#0#####2 gewesen. Sie, die Klägerin, sei berechtigt gewesen, dem Plattformbetreiber diese beiden Angebote zu melden, weil sie den Vorgaben der VO (EU) Nr. 874/2012 nicht entsprochen hätten. Der Plattformbetreiber stelle sogar ein besonderes Software-„Tool“ zur Verfügung, das es den Anbietern ermögliche, ihre Produktangebote rechtskonform zu gestalten. Dieses „Tool“ ermögliche auch eine sogenannte „geschachtelte Anzeige“ im Sinne der VO (EU) Nr. 874/2012 und stehe allen Anbietern auf der Internetplattform „B“ – unabhängig von ihrer Größe – zur Verfügung. Mit den – nachfolgend wiedergegebenen – Klageanträgen (negativen Feststellungsanträgen) zu 1) bis 4) wende sie, die Klägerin, sich gegen die von der Beklagten zu 1) in ihrer Abmahnung vom 04.07.2019 geltend gemachten Ansprüche, der – nachfolgend wiedergegebene – Klageantrag zu 5) betreffe die „Gesellschafterhaftung der Beklagten zu 2) und 3)“ nach „§ 128 HGB analog“.

15Die Klägerin hat beantragt,

161.       festzustellen, dass die Beklagte zu 1) keinen Anspruch gegen sie, die Klägerin, hat, dass diese es unterlässt, sie bei „B“ anzuschwärzen oder durch aggressive geschäftliche Handlungen zu belasten, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet, sowie insbesondere in Bezug auf Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich;

172.       festzustellen, dass die Beklagte zu 1) keinen Schadensersatzanspruch gegen sie, die Klägerin, in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich, sowie insbesondere nicht in Höhe von ca. 191.000,00 €;

183.       festzustellen, dass die Beklagte zu 1) keinen Auskunftsanspruch gegen sie, die Klägerin, in Bezug auf Handlungen gemäß Ziffer 1. hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet, sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich;

194.       festzustellen, dass die Beklagte zu 1) keinen Anwaltsgebührenersatzanspruch gegen sie, die Klägerin, in Höhe von 3.652,71 € hat, wie mit Schreiben vom 04.07.2019 (Anlage F9) behauptet,

205.       den Beklagten zu 1) bis 3) die Kosten des Rechtsstreits gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.

21Die Beklagten haben beantragt,

22die Klage abzuweisen.

23Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, der Zulässigkeit der Klage stehe angesichts des beim Landgericht Frankfurt am Main anhängigen Verfahrens zum Erlass einer einstweiligen Verfügung der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen. Der negative Feststellungsantrag zu 1) sei zu unbestimmt. Für den negativen Feststellungsantrag zu 2) bestehe kein Feststellungsinteresse: Die Beklagte zu 1) habe in ihrer Abmahnung vom 04.07.2019 lediglich einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht, der eingetretene Schaden sei lediglich erwähnt worden, um den Gegenstandswert der Angelegenheit zu bestimmen. Die Beklagte zu 1) habe im Übrigen einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin. Das Verhalten der Klägerin stelle insbesondere eine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Vor dem 26.07.2019 müsse sich die Klägerin ein weiteres Mal bei dem Plattformbetreiber über Angebote der Beklagten zu 1) beschwert haben. Die Klägerin habe für ihre Beschwerden das für die Meldung von Verletzungen gewerblicher Schutzrechte vorgesehene Verfahren des Plattformbetreibers (sogenanntes „Infringement“-Verfahren) zum Zwecke einer gezielten Absatzbehinderung missbraucht. Die Beschwerden der Klägerin beim Plattformbetreiber sowie die Abmahnung der Klägerin vom 20.07.2019 seien unberechtigt gewesen. Die Produktangebote der Beklagten zu 1) seien rechtskonform gewesen. Im Übrigen sei es für kleine Händler wie die Beklagte zu 1) technisch gar nicht möglich, das vom Plattformbetreiber bereitgestellte „Tool“ für eine sogenannte „geschachtelte Anzeige“ zu nutzen.

24Mit dem angefochtenen, am 27.11.2019 verkündeten Urteil hat die 13. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

25Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

26Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie wiederholen insbesondere den Vorwurf, die Klägerin habe mit ihren Beschwerden das für die Meldung von Verletzungen gewerblicher Schutzrechte vorgesehene Verfahren des Plattformbetreibers („Infringement“-Verfahren) missbraucht.

27Die Beklagten beantragen – nach zunächst anderslautend formulierten Berufungsanträgen – nunmehr (sinngemäß),

28das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

29Die Klägerin beantragt,

30die Berufung zurückzuweisen.

31Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie, die Klägerin, habe für ihre (einzige) Beschwerde nicht das „Infringement“-Verfahren des Plattformbetreibers genutzt, sondern sich direkt an die „B“-Rechtsabteilung gewandt. Der Plattformbetreiber habe aufgrund dieser Beschwerde nicht nur die von ihr, der Klägerin, beanstandeten Produktangebote der Beklagten zu 1), sondern darüber hinaus offenbar auch weitere Produktangebote der Beklagten zu 1) überprüft und von der Internetplattform entfernt.

32Soweit in den Gründen dieses Urteils Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.

33B.

34Die – zulässige – Berufung der Beklagten ist begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 2) und 3) nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 5) richtet; im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

35I. Zulässigkeit der Berufung

36Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 517, 519 ZPO). Die Berufung ist auch form- und fristgerecht begründet worden (§ 520 ZPO). Die Beklagten haben zunächst mit Schriftsatz vom 17.02.2020 (Blatt 223 ff. der Gerichtsakte) – innerhalb der Berufungsbegründungsfrist – als Berufungsanträge positive Feststellungsanträge hinsichtlich der in der Abmahnung der Beklagten zu 1) vom 04.07.2019 genannten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkostenerstattung formuliert und beantragt, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Diese – zumindest bedenkliche – Antragsformulierung sowie der weitere Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 17.02.2020 ließen gleichwohl bereits erkennen, dass die Beklagten sich mit ihrer Berufung (jedenfalls) gegen die Verurteilung nach den erstinstanzlichen Klageanträgen zu 1), 2), 4) und 5) wenden wollten. Nachdem der Senat die Beklagten mit Schreiben vom 09.04.2020 (Blatt 274 der Gerichtsakte) auf Bedenken gegen die Formulierung der Berufungsanträge hingewiesen hatte, haben die Beklagten ihr Berufungsbegehren mit Schriftsatz vom 20.05.2020 (Blatt 312, 315 der Gerichtsakte) klargestellt und nunmehr den oben unter A. wiedergegebenen Berufungsantrag gestellt. Dass diese Klarstellung nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erfolgt ist, ist unschädlich. Ebenso unschädlich ist, dass der nunmehr gestellte Berufungsantrag auch einen Angriff gegen die Verurteilung nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 3) einschließt: Soweit hierin eine nachträgliche Erweiterung des Berufungsangriffes liegen sollte, ist diese zulässig, weil sie hier fraglos auf die bereits zuvor – fristgerecht vorgelegten – Ausführungen zur Begründung der Berufung gestützt werden kann (vgl. Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. [2020], § 520 Rdnr. 10).

37II. Begründetheit der Berufung

38Die Berufung ist begründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu 2) und 3) nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu 5) richtet; im Übrigen ist sie unbegründet.

391. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 1)

40a) Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag zulässig.

41Der Antrag ist aufgrund der darin enthaltenen Bezugnahme auf die Abmahnung der Beklagten zu 1) vom 04.07.2019 hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; der Senat streicht bei der Neufassung der Urteilsformel allerdings klarstellend den überflüssigen Satzbestandteil „sowie insbesondere in Bezug auf Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich“.

42Der Zulässigkeit der Klage stehen das beim Landgericht Frankfurt am Main anhängige Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung und das – mittlerweile ebenfalls beim Landgericht Frankfurt am Main anhängige – diesbezügliche Hauptsacheklageverfahren zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) (siehe auch das im Hauptsacheklageverfahren am 30.04.2020 verkündete Urteil [Blatt 292-306 der Gerichtsakte]) nicht entgegen. Gegenstand dieser beiden Verfahren ist die Frage, ob der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aufgrund der Gestaltung der Produktangebote der Beklagten zu 1) auf der Internetplattform „B“ (lauterkeitsrechtliche) Ansprüche zustehen. Diese Frage ist im vorliegenden Rechtsstreit allenfalls eine Vorfrage, weshalb der von den Beklagten hier erhobene Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit nicht durchgreift.

43b) Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag auch begründet. Der Beklagten zu 1) steht der mit der Abmahnung vom 04.07.2019 geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu.

44Als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch kommt allenfalls die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 UWG in Betracht. Die „Beschwerde“ der Klägerin bei dem Plattformbetreiber vom 03.06.2019 – nur diese ist Gegenstand der Abmahnung der Beklagten zu 1) vom 04.07.2019 – stellt indes keine unlautere geschäftliche Handlung dar.

45aa) Es handelt sich um keine „aggressive geschäftliche Handlung“ im Sinne des § 4a UWG. Eine solche geschäftliche Handlung setzt nach § 4a Abs. 1 Satz 2 UWG eine Belästigung, eine Nötigung oder eine unzulässige Beeinflussung voraus. Dass die Klägerin den „B“-Plattformbetreiber mit ihrer Beschwerde belästigt oder genötigt hat, ist nicht ersichtlich. Auch eine unzulässige Beeinflussung liegt nicht vor. Nach § 4a Abs. 1 Satz 3 UWG liegt eine unzulässige Beeinflussung vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt. Hierfür fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

46bb) Die Beschwerde vom 03.06.2019 beinhaltete auch keine „Anschwärzung“ im Sinne des § 4 Nr. 2 UWG. Eine solche Anschwärzung setzt nach dem Wortlaut der vorbezeichneten Vorschrift die Behauptung oder Verbreitung falscher oder nicht erweislich wahrer Tatsachen voraus.

47(1) Es liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Klägerin – sei es nun in der Beschwerde vom 03.06.2019 und/oder in einer etwaigen weiteren Beschwerde – dem Plattformbetreiber über das Produktangebot mit der B SIN #00#0#####1 und das Produktangebot mit der B SIN #00#0#####2 hinaus weitere Produktangebote der Beklagten zu 1) gemeldet hat. Die Beklagten haben insofern letztlich nur Vermutungen geäußert. Dass die Beklagten – die Beklagte zu 1) verfügt immerhin über eine eigene vertragliche Beziehung zu dem Plattformbetreiber – nicht in der Lage gewesen wären zu eruieren, wie häufig und mit welchem jeweiligen konkreten Inhalt die Klägerin sich über die Beklagte zu 1) bei dem Plattformbetreiber beschwert hat, und hierzu im vorliegenden Rechtsstreit konkret vorzutragen, ist nicht erkennbar. Der Umstand, dass der Plattformbetreiber sowohl in seiner E-Mail vom 11.06.2019 als auch in seiner E-Mail vom 26.07.2019 auf eine „Beschwerde“ der Klägerin Bezug genommen hat, ist ohne Aussagekraft, weil die – einzige und auf die beiden oben bezeichneten Produktangebote beschränkte – Eingabe der Klägerin als Auslöser für eigene Überprüfungen des Plattformbetreibers gedient haben kann und nur aus diesem Grunde in den E-Mails Erwähnung gefunden haben mag.

48(2) Dass die Klägerin über die beiden unter (1) genannten Produktangebote falsche oder nicht erweislich wahre Tatsachen behauptet hat, ist nicht ersichtlich. Es wäre ohnehin unsinnig, gegenüber dem „B“-Plattformbetreiber unrichtige Tatsachen über den Wortlaut oder die sonstige Gestaltung von Produktangeboten auf seiner eigenen Internetplattform zu behaupten.

49cc) Die Beschwerde der Klägerin vom 03.06.2019 enthielt auch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Beklagten zu 1) im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG. Die in dieser Beschwerde von der Klägerin geäußerte Rechtsauffassung, die beiden Produktangebote, die Gegenstand der Beschwerde waren und die hier auch nur in Rede stehen, entsprächen nicht den Vorgaben der VO (EU) Nr. 874/2012, war vielmehr zutreffend.

50Gegenstand des Produktangebotes mit der B SIN #00#0#####1 und des Produktangebotes mit der B SIN #00#0#####2 waren jeweils Leuchten mit fest eingebauten LED-Modulen. Art. 4 Abs. 2 lit. d) der VO (EU) Nr. 874/2012 in der bis zum 24.12.2019 geltenden Fassung verpflichtete Händler von Leuchten, die an Endnutzer vermarktet wurden, dafür zu sorgen, dass jedes Modell, das im Internet zum Verkauf, zur Vermietung oder zum Ratenkauf angeboten wurde und für das vom Leuchtenlieferanten ein elektronisches Etikett bereitgestellt wurde, mit diesem Etikett gemäß dem Anhang VIII der Verordnung versehen war.

51Die beiden hier in Rede stehenden „B“-Produktangebote der Beklagten zu 1) richteten sich – jedenfalls auch – an Endnutzer. Dass der Lieferant der Leuchten für diese Produkte kein elektronisches Etikett bereitstellte, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Die beiden Produktangebote genügten den Vorgaben des Anhanges VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 indes nicht. Nach Anhang VIII Nr. 2 Sätze 1 und 2 der VO (EU) Nr. 874/2012 musste das Etikett gut sichtbar und leserlich in der Nähe des Produktpreises dargestellt werden; hilfsweise erlaubte Anhang VIII Nr. 2 Sätze 3 und 4 der VO (EU) Nr. 874/2012 die Anzeige des Etiketts mit Hilfe einer sogenannten „geschachtelten Anzeige“ (Legaldefinition in Anhang VIII Nr. 1 lit. b) der VO (EU) Nr. 874/2012). Nach Anhang VIII Nr. 3 lit. a) der VO (EU) Nr. 874/2012 musste das als „Link“ für den Zugang zum Etikett genutzte Bild bei einer geschachtelten Anzeige ein Pfeil in der Farbe der Energieeffizienzklasse des Produkts auf dem Etikett sein; Anhang VIII Nr. 3 litt. b) und c) der VO (EU) Nr. 874/2012 enthielten weitere Vorgaben für die Gestaltung dieses Pfeils. Dieser Pfeil musste wiederum nach Anhang VIII Nr. 4 lit. a) der VO (EU) Nr. 874/2012 in der Nähe des Produktpreises dargestellt werden. Die beiden hier in Rede stehenden Produktangebote der Beklagten zu 1) enthielten in der Nähe des jeweiligen Produktpreises weder ein den Vorgaben des Anhanges I der VO (EU) Nr. 874/2012 entsprechendes Etikett noch einen den oben dargestellten Vorgaben entsprechenden „Link“ für eine „geschachtelte Anzeige“ des Etiketts.

52dd) Die Beschwerde der Klägerin vom 03.06.2019 ist schließlich auch nicht als gezielte Behinderung der Beklagten zu 1) im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG zu werten.

53Nicht jede Behinderung eines Wettbewerbers unterfällt der Regelung des § 4 Nr. 4 UWG. Es müssen vielmehr besondere, die Unlauterkeit der Behinderung des Wettbewerbers begründende Umstände hinzutreten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. [2020], § 4 Rdnr. 4.7 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind hier nicht ersichtlich.

54(1) Dass die beiden hier in Rede stehenden Produktangebote den für sie geltenden gesetzlichen Anforderungen nicht genügten und dementsprechend die von der Klägerin gegenüber dem „B“-Plattformbetreiber geäußerte Rechtsauffassung zutreffend war, hat der Senat oben bereits ausgeführt.

55(2) Dass die Klägerin ihre Beschwerde an den Plattformbetreiber aus sachfremden – wettbewerbsfremden – Interessen abgesetzt hat, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin zunächst den Weg der Beschwerde an den Plattformbetreiber gewählt hat, der überdies schnell und effizient zu einer Entfernung der nicht gesetzeskonformen Produktangebote aus dem Internet geführt hat, und nicht sofort eine gegebenenfalls Kostenerstattungsansprüche auslösende Abmahnung ausgesprochen hat, spricht im Gegenteil dafür, dass ihr Vorgehen dem Interesse an einem lauteren, gesetzeskonformen Wettbewerb entsprang.

56(3) Dass die Klägerin das sogenannte „Infringement“-Verfahren des „B“-Plattformbetreibers missbraucht hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe dieses Verfahren nicht genutzt, sondern sich vielmehr direkt an die Rechtsabteilung des Plattformbetreibers gewandt. Hierfür spricht auch der Wortlaut der beiden E-Mails vom 11.06.2019 und vom 26.07.2019, in denen von einer Verletzung gewerblicher Schutzrechte nicht die Rede ist, sondern ausdrücklich auf eine Zuwiderhandlung gegen Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 abgestellt wird. Das Vorbringen der Beklagten zu einem angeblichen Missbrauch des „Infringement“-Verfahrens ist vor diesem Hintergrund substanzlos und geht über bloße Vermutungen nicht hinaus.

57(4) Eine gezielte Behinderung könnte allenfalls dann vorliegen, falls der Klägerin im unmittelbaren Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1) keine (lauterkeitsrechtlichen) Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) wegen der Zuwiderhandlung gegen Anhang VIII der VO (EU) Nr. 874/2012 zustehen, z.B. weil diese Zuwiderhandlungen nicht spürbar im Sinne des § 3a UWG sind. Die von der Klägerin beim Plattformbetreiber erhobene Beschwerde wäre dann mit dem Fall einer unberechtigten „externen“ Abmahnung gegenüber einem für den (vermeintlichen) Wettbewerbsverstoß „Mitverantwortlichen“ vergleichbar (vgl. zu dieser Fallgruppe: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 4 Rdnr. 4.167). Abgesehen davon, dass das Landgericht Frankfurt am Main in den beiden dort anhängigen Verfahren jeweils lauterkeitsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) bejaht hat, wäre eine „gezielte Behinderung“ der Beklagten zu 1) durch die Beschwerde der Klägerin bei dem Plattformbetreiber nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin Kenntnis vom Fehlen (unmittelbarer) lauterkeitsrechtlicher Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) gehabt hätte oder sich dieser Kenntnis bewusst verschlossen hätte (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 4 Rdnr. 4.167). Hierfür fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

582. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 2)

59a) Mit diesem negativen Feststellungsantrag ist die Klage ebenfalls zulässig. Es besteht insbesondere ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Auch wenn die Beklagte zu 1) die Klägerin in ihrer Abmahnung vom 04.07.2019 nicht unmittelbar zu einer Zahlung aufgefordert hat, hat sie sich doch eines Schadensersatzanspruches berühmt, was für die Bejahung eines Feststellungsinteresses ausreicht.

60Bei der Neufassung der Urteilsformel streicht der Senat klarstellend den überflüssigen Satzbestandteil „sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich, sowie insbesondere nicht in Höhe von ca. 191.000,00 €“.

61b) Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag aus den oben unter 1.b) genannten Gründen auch begründet.

623. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 3)

63a) Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag zulässig. Der Senat streicht allerdings bei der Neufassung der Urteilsformel klarstellend den überflüssigen Satzbestandteil „sowie insbesondere nicht in Bezug auf die Vorgänge wie aus der Anlage F4 ersichtlich“.

64b) Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag aus den oben unter 1.b) genannten Gründen auch begründet.

654. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 4)

66Die Klage ist mit diesem negativen Feststellungsantrag zulässig und aus den oben unter 1.b) genannten Gründen auch begründet.

675. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 5)

68Soweit dieser Antrag die Beklagte zu 1) betrifft, handelt es sich nicht um einen Klageantrag im eigentlichen Sinne, sondern nur um eine Anregung für die von Amts wegen zu treffende Entscheidung über den prozessrechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach §§ 91 ff. ZPO.

69Einen „echten“ Klageantrag enthält der erstinstanzliche Antrag zu 5) allerdings, soweit er sich gegen die Beklagten zu 2) und 3) richtet. Insofern macht die Klägerin nämlich nicht den prozessrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, sondern einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch aufgrund der von ihr angenommenen Gesellschafterhaftung der Beklagten zu 2) und 3) geltend.

70Mit diesem Klageantrag ist die Klage unzulässig. Da der Kostenerstattungsanspruch nicht beziffert wird, handelt es sich bei diesem Klageantrag der Sache nach um einen Feststellungsantrag. Für diesen Feststellungsantrag fehlt indes unter dem Gesichtspunkt des „Vorrangs der Leistungsklage“ das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Klägerin ist sofort nach der Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits in der Lage, die ihr entstandenen Kosten genau zu beziffern und sodann unmittelbar eine entsprechende Leistungsklage gegen die Beklagten zu 2) und 3) zu erheben. Für eine vorherige Feststellung der grundsätzlichen Leistungspflicht der Beklagten zu 2) und 3) fehlt jedes Bedürfnis. Eine solche Feststellung wäre auch nicht zur Sicherung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruches der Klägerin geeignet, da die Klägerin aufgrund eines bloßen Feststellungsurteils keine Sicherungsvollstreckung betreiben könnte.

71C.

72Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

73Anlass für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) besteht nicht.

74D.

75I.

76Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird – in Abänderung der vorläufigen Wertfestsetzung durch den Senat – endgültig auf 291.000,00 € festgesetzt. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird – in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung – ebenfalls auf 291.000,00 € festgesetzt.

77Dieser Wert setzt sich aus folgenden Einzel-Streitwerten zusammen:

7879Erstinstanzlicher Klageantrag zu 1):                                          60.000,00 €
80Bei negativen Feststellungsklagen ist der Streitwert mit dem vollen Wert der entsprechenden umgekehrten Leistungsklage gleichzusetzen, weil ein stattgebendes Urteil einer Leistungsklage des Prozessgegners entgegensteht (Senat, Beschluss vom 01.12.2015 – 4 W 97/14 –, juris, Rdnr. 7 m.w.N.). Der genannte Wert entspricht der Wertangabe in der Abmahnung vom 04.07.2019.

8182Erstinstanzlicher Klageantrag zu 2):                                          191.000,00 €
83Die Beklagte zu 1) hat ihre Forderung auf den hier angesetzten Betrag beziffert. Hinreichende Anhaltspunkte für eine höhere Bewertung liegen nicht vor.

8485Erstinstanzlicher Klageantrag zu 3):                                          15.000,00 €
8687Erstinstanzlicher Klageantrag zu 5):                                          25.000,00 €
88II.

89Mit der – auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG gestützten – Neufestsetzung des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren ist die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in eigenem Namen erhobene und hier beim Senat unter dem Aktenzeichen I-4 W 43/20 geführte Streitwertbeschwerde gegen die landgerichtliche Streitwertfestsetzung gegenstandslos geworden.

I