OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2010, Az. I-4 U 150/09
§ 8 Abs. 4 UWG
Das OLG Hamm hat entschieden, dass – neben weiteren Indizien – unter anderem das sofortige Verlangen einer Vertragsstrafe nach Abgabe einer Unterlassungserklärung ein Hinweis auf eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sein kann. Der Abmahner zeige durch dieses Verhalten, dass durch die Abmahnung lediglich eine neue Einkommensquelle durch Geltendmachung von Vertragsstrafen eröffnet werden solle. Der Schuldner habe bei einem solchem Verhalten kaum eine Chance, die zuvor beanstandete Werbung (vollständig) umzustellen, ihm werde gewissermaßen die Luft abgeschnitten. Das Gericht machte jedoch deutlich, dass dieses Verhalten allein nicht zwangsläufig einen Rechtsmissbrauch bedeute. Es müssten noch andere Umstände hinzutreten, z.B. eine hohe Anzahl von Abmahnungen in einem kurzem Zeitraum, die in keinem Verhältnis mehr zur Umsatz- und Gewinnsituation des Abmahners stünden. Andererseites könne ein Rechtsmissbrauch jedoch nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil es sich bei den abgemahnten Verstößen nicht um Bagatellen, sondern ernsthafte Wettbewerbsstörungen handele.
Oberlandesgericht Hamm
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. Juli 2009 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagte sind Wettbewerber; beide bieten über das Internet Endverbrauchern Matratzen zum Verkauf an. Im vorliegenden Rechtsstreit klagt die Klägerin Kosten zweier Abmahnungen sowie eine Vertragsstrafe ein.
Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 07.01.2009 ab, weil sie eine Matratze G des Herstellers G2 in den Härtegraden 2 und 3 mit einem Testurteil der Stiftung Warentest aus 10/2007 bewerbe, obwohl die Matratze nur im Härtegrad 2 getestet worden sei. Eine Matratze mit Härtegrad 3 habe andere Liegeeigenschaften als eine solche mit Härtegrad 2. Da die Liegeeigenschaft mit 35 % in die Gesamtnote der Stiftung Warentest einfließe, sei das Testergebnis auf eine Matratze mit Härtegrad 3 nicht übertragbar.
Die Beklagte unterwarf sich mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2009, weigerte sich aber, die Klägerin von der Kostenforderung ihrer Anwälte in Höhe von 911,80 Euro wegen der Abmahnung vom 7. Januar 2009 freizustellen.
Wegen einer Werbung vom 3. Februar 2009 verlangte die Klägerin aufgrund der Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 Euro.
Ferner verlangte die Klägerin von der Beklagten wiederum Freistellung von ihren Anwaltskosten in Höhe von 911,80 Euro wegen der Abmahnung aufgrund des weiteren Verstoßes.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.823,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Klägerin handele rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 IV UWG.
Die Klägerin und ihre „Konzernschwester“, die Firma C3 GmbH, hätten in der Zeit vom 06.02.2008 bis zum 07.05.2009 mindestens 175 Abmahnungen ausgesprochen, die die Beklagte alle im Einzelnen aufführt und die wohl nur die Spitze eines Eisberges seien. Zur Begründung dafür, dass ein Rechtsmissbrauch vorliege, führt die Beklagte im Wesentlichen folgende Umstände auf:
Die Abmahntätigkeit erfolge durch zwei rechtlich selbständige, aber unter einheitlicher Leitung stehende Konzernunternehmen, die sich von derselben Rechtsanwaltskanzlei vertreten ließen. Gesellschafter beider Gesellschaften, die im Wesentlichen dieselben Waren anböten, seien die Herren T und T2; letzterer sei auch Geschäftsführer der Schwestergesellschaft; die Geschäftsführerin der Klägerin, Frau Q, sei zugleich Mitarbeiterin der Schwestergesellschaft. Beide Gesellschaften betrieben ein gemeinsames Call-Center. Die Klägerin habe an ihrer Geschäftsadresse auch gar kein tatsächliches, sondern nur ein „virtuelles“ Büro. Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft sprächen abwechselnd Abmahnungen zu verschiedenen Abmahnthemen aus. Die Abmahnungen würden ungefähr gleichmäßig auf beide Gesellschaften verteilt, was offenbar den Sinn habe, dem Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit entgegenzuwirken. Bei gleichen Verstößen verwendeten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft dieselben Textbausteine, was die Beklagte näher darstellt und belegt.
Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft durchkämmten offenbar systematisch Anzeigen und Internetauftritte nach Wettbewerbsverstößen. In bestimmten Perioden werde das Internet nach bestimmten Abmahnthemen durchkämmt. So sei die Bewerbung von Matratzen mit Einzeltestergebnissen der Stiftung Warentest im Zeitraum zwischen Juli 2008 und November 2009 abgemahnt worden; die Aussage „Auf U schlafen neun von zehn Menschen erheblich besser“ sei zwischen Mitte September 2008 und Mitte Oktober 2008 abgemahnt worden; Abmahnungen wegen der Bewerbung der Matratze N3 der Firma E2 mit dem Testergebnis der Matratze „E3“ seien im Jahr 2009 ausgesprochen worden; die Bewerbung von Matratzen der Firma N mit der Äußerung, sie bestünden gänzlich oder überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen bzw. Pflanzenöl, werde seit Anfang März 2009 abgemahnt; Verstöße gegen das Textilkennzeichnungsgesetz seien das neueste Abmahnthema, sie würden seit Ende März 2009 abgemahnt. Hingegen würden Bewerbungen von Matratzen in verschiedenen Härtegradausführungen mit einem Testergebnis, das nur einen Härtegrad betraf, regelmäßig abgemahnt; offenbar werde insoweit das Internet regelmäßig durchkämmt. Beide Gesellschaften mahnten die genannten Probleme in „Abmahnwellen“ ab; so seien in der Zeit vom 07.01. bis 20.01.2009 neun solche Abmahnungen ausgesprochen worden. Nicht nur die Werbeauftritte der Händler, sondern auch verschiedene Internetplattformen, Werbungen in Tageszeitungen und Versandhauskataloge würden nach Produktwerbung und nach Händleräußerungen hierzu untersucht. Ziel der Klägerin sei es dabei nicht nur, viele Abmahnungen aussprechen zu können, sondern auch Vertragsstrafen geltend zu machen, was die Beklagte näher ausführt.
Ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch sei es auch, wenn ein Rechtsanwalt den Auftraggeber ganz oder teilweise vom Kostenrisiko freistelle. Das sei bei der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft bislang der Fall; bemerkenswert sei insofern auch, dass die Klägerin bei der Geltendmachung ihrer Abmahnkosten in den letzten Monaten immer zur Freistellung auffordere.
Sachfremde Ziele seien ferner anzunehmen, wenn Umfang und Kosten der Abmahntätigkeit außer Verhältnis zur übrigen Geschäftstätigkeit des Abmahnenden stünden und wenn objektiv betrachtet an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen könne. So sei es bei der Klägerin und der C3 GmbH. Die Klägerin habe im Jahre 2006 einen Jahresfehlbetrag von 958,95 Euro erwirtschaftet; neuere Bilanzzahlen fehlten. Die C3 GmbH habe 2006 einen Gewinn von 133.302,18 Euro erzielt. Wenn man die Zahl der Abmahnungen in den vergangenen Monaten betrachte und jeweils 25.000,00 Euro Streitwert annehme, so stehe das Kostenrisiko, das die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft trügen, außer Verhältnis zu ihrer sonstigen geschäftlichen Tätigkeit. Die Beklagte kommt insoweit für 107 Abmahnungen der C3 GmbH auf außergerichtliche und gerichtliche Kosten von 333.187,30 Euro, für 78 Abmahnungen der Klägerin auf solche von 242.812,20 Euro. Oft setzten diese Gesellschaften aber höhere Streitwerte an; das hätten sie insbesondere zu Anfang ihrer Abmahntätigkeit getan. Beide Gesellschaften erzielten nach Angabe ihrer Gesellschafter inanderen Verfahren jährliche Umsätze von ca. zwei Millionen Euro. Am Matratzenverkauf verdienten sie durchschnittlich 26 – 27 %, was die Beklagte näher darzulegen versucht. Daher verbleibe der Klägerin aus dem Umsatz von ca. zwei Millionen Euro jährlich ein Gewinn von ca. 520.000,00 Euro. Abzüglich der Personalkosten für die behaupteten fünfzehn Mitarbeiter in Höhe von ca. 450.000,00 Euro verblieben nur 70.000,00 Euro, die sich um Miet- und Werbekosten verminderten. Damit könne die Klägerin das Kostenrisiko ihrer vielen Abmahnungen nicht tragen. Sie könne nicht einmal die eigenen Anwälte für die ausgesprochenen Abmahnungen bezahlen, geschweige denn die Kosten gerichtlicher Verfahren tragen. Im Durchschnitt gäben deutsche Unternehmen 1 % des Umsatzes für interne und externe Rechtsberatung und -verfolgung aus, bei der Klägerin sei es ein Mehrfaches.
Überdies verfolgten die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft das Ziel, Wettbewerber und Marktteilnehmer unter Druck zu setzen und mundtot zu machen. Diese sollten daran gehindert werden, sich über das wettbewerbswidrige Verhalten der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft zu äußern.
Deren Unternehmenskonzept sei nämlich die wettbewerbswidrige Anlockung von Kunden. Beide böten in ihrer Werbung Markenmatratzen zu konkurrenzlos niedrigen Preisen an. Sie lieferten die bestellten Matratzen aber nicht. Wenn die Kunden ungeduldig würden und die Lieferung anmahnten, dienten sie den Kunden als Ersatz für die nicht lieferbaren Markenmatratzen solche ihrer Schwestergesellschaft E GmbH an, die den Kunden für 800,00 Euro statt zu dem sonstigen angeblichen Angebotspreis von 1.000,00 – 1.300,00 Euro angeboten würden. Damit machten die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft hohe Gewinne, da die E Matratzen im Einkauf nur 190,00 Euro kosteten. Die Beklagte trägt hierzu zahlreiche Beispiele vor. Nachdem diese Masche aufgefallen sei und sich Kundenbeschwerden gehäuft hätten, auch in Internetforen, hätten die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft ihre aggressiven Abmahnaktivitäten begonnen, um bei den von ihrem Vertriebskonzept betroffenen Personen Angst zu verbreiten und negative Äußerungen über das Vertriebskonzept der Klägerin zu unterdrücken. Das sei auch teilweise gelungen; in vielen Internetforen fänden sich keine Äußerungen zur Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft mehr.
Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft hätten sogar versucht, Matratzenhändler zu Äußerungen über sie zu verleiten, um diese Äußerungen alsdann abmahnen zu können. Außer anderen Personen habe auch Herr T2, der Gesellschafter beider Gesellschaften, selber unter dem Pseudonym V am 09.03.2008 bei zwei Matratzenhändlern Matratzen mit dem Bemerken bestellt, die Firma C3 könne diese Matratzen nicht liefern; damit habe er diese Händler zu negativen Äußerungen über die C3 GmbH zu provozieren versucht.
Schließlich verweist die Beklagte darauf, dass die Klägerin nach eigener Angabe bestimmte Wettbewerbsverstöße abmahne, nachdem sie selbst abgemahnt worden sei. Das hält die Beklagte für rechtsmissbräuchlich. Im Übrigen aber ließen sich zahlreiche Abmahnungen der Klägerin nicht durch vorausgegangene gegen die Klägerin ausgesprochene Abmahnungen rechtfertigen, weil solche fehlten. Es gebe auch keine kartellrechtswidrigen Absprachen gegen die Klägerin.
Die Klägerin erwidert, der Vorwurf, sie verfolge sachfremde Ziele, sei schon deshalb falsch, weil das abgemahnte Verhalten ihr selbst mit Beschluss des Landgerichts Köln vom 01.04.2008 untersagt worden sei. Die Klägerin sei dann zunächst nur gegen den Mitbewerber A wegen der gleichen Form der Bewerbung vorgegangen. Nachdem die Hersteller die Bewerbung ihrer Matratzen mit Testergebnissen der Stiftung Warentest angepasst hätten, die Firma G2 KG das aber hinsichtlich einer Matratze versäumt habe, sei die Klägerin insoweit gegen die Herstellerin erfolgreich vorgegangen. Das zeige, dass es der Klägerin nicht darauf ankomme, möglichst viele Mitbewerber abzumahnen; wollte sie das, sei es doch unklug, gegen den Hersteller, der die Werbung seinen Händlern vorgebe, vorzugehen. Vielmehr komme es der Klägerin darauf an, gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen ihr und ihren Mitbewerbern herstellen.
Die Klägerin und die C3 GmbH seien keine konzernmäßig verbundenen Unternehmen und betrieben auch kein gemeinsames Call-Center. Sie durchkämmten nicht systematisch Anzeigen und Internetauftritte von Mitbewerbern.
Sie würden auch nicht von ihren Prozessbevollmächtigten von Kosten freigestellt. Vielmehr rechneten diese ihre Tätigkeit nach den Gebührensätzen des RVG ab und die Klägerin gleiche die Rechnungen auch aus. Dass Gegner oft nur zur Freistellung aufgefordert würden, liege daran, dass diese Aufforderungen kurz nach der Stellung der Rechnung und vor deren Begleichung ergingen. Die der Abmahnung zugrunde gelegten Streitwerte seien nicht überhöht.
Die Abmahntätigkeit stehe auch nicht im Missverhältnis zur Geschäftstätigkeit der Klägerin. Die Darlegungen der Beklagten zum Kostenrisiko seien unzutreffend; sie berücksichtigten nicht, dass zahlreiche der von der Beklagten erwähnten Verfahren zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Abmahnung am 07.01.2009 schon abgeschlossen gewesen seien und also kein Risiko mehr beinhaltet hätten, und dass in vielen Fällen der abgemahnte Gegner sich zur Unterlassung verpflichtet habe, so dass ein etwaiger Rechtsstreit sich auf die Kostenerstattung beschränkt habe; dass es überhaupt zu solchen Rechtsstreitigkeiten gekommen sei, dazu trage die Beklagte nichts vor.
Die Beklagte verkenne im Übrigen die Gewinnsituation der Klägerin. Die Gewinnspanne liege bei Matratzenverkäufen im Durchschnitt deutlich über 60 %, was die Klägerin näher darlegt.
Im Übrigen übe die Klägerin keinen Druck auf Mitbewerber aus und locke keine Kunden mit besonders günstigen Preisen an, um ihnen dann Matratzen anderer Hersteller zu verkaufen. Die Klägerin habe auch nicht versucht, Mitbewerber zu herabsetzenden Äußerungen zu provozieren. Sie sei allerdings gegen Hersteller erfolgreich vorgegangen, die vor der Klägerin gewarnt hätten, und habe durch Testkäufer überprüft, ob auch Händler solche Warnungen nicht mehr aussprächen, ferner, ob die Händler kartellrechtswidrige Preisvorgaben von Herstellern bekämen.
Schließlich sei es auch unzutreffend, dass die Abmahnungen der Klägerin ohne Anlass ausgesprochen worden seien, vielmehr sei die Klägerin zuvor selbst abgemahnt worden; das gelte insbesondere für die irreführenden Werbeaussagen über Testergebnisse der Stiftung Warentest.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 14. Juli 2009 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. April 2009 zu zahlen.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits hat es gegeneinander aufgehoben.
Das Landgericht hat ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin bejaht und u.a. ausgeführt, die Abmahnung füge sich ein in einen nahezu flächedeckenden wettbewerbsrechtlichen Feldzug der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft gegen Hersteller und Händler von Markenmatratzen, der teilweise mit unfairen Mitteln geführt werde und von seinem Ausmaß her außer Verhältnis zum Geschäftsumfang der Klägerin stehe. Da die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft bei den Abmahungen eine gemeinsame Strategie verfolgten, sei es gerechtfertigt, bei der Frage des Rechtsmissbrauchs das Verhalten beider Gesellschaften zu betrachten. Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft stünden dadurch in einem Gegensatz zu einigen Herstellern von Markenmatratzen, dass sie von diesen nicht beliefert wurden, dass sie aber gleichwohl deren Matratzen im Internet anböten und diese den Bestellern dann nicht liefern könnten. Mit Erfolg sei der Klägerin ein solches Verhalten untersagt worden. Damit sei nach der Darstellung der Beklagten ein Geschäftsmodell der Klägerin und deren Schwestergesellschaft zerstört worden. Dieses habe darin bestanden, Markenmatratzen ungewöhnlich preiswert anzubieten, diese aber nicht zu liefern und dem Kunden im Einkauf billigere Matratzen z.B. der Schwesterfirma E anzubieten. Die Beklagte habe plausibel und substantiiert dargelegt, dass die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft dieses Geschäftsmodell verfolgten oder verfolgt hätten. Darauf habe die Klägerin nur pauschal geantwortet. Danach sei jedenfalls offensichtich, dass die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft sich die Händler von Markenmatratzen zum Ziel von Abmahnungen gewählt hätten, um deren Geschäft zu stören. Das habe im März 2008 begonnen, als der Gesellschafter T2 bei Testkäufen unter einem Pseudonym versucht habe, die Händler zu negativen Äußerungen über die Lieferfähigkeit der C3 GmbH zu verleiten, um diese dann anschließend abzumahnen. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln offenbar dankbar aufgenommen, um nun eine Vielzahl von Markenhändlern wegen der gleichen Werbung abzumahnen. Trotz der Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen eines Zustellungsmangels habe sich die Klägerin unterworfen und die einstweilige Verfügung nicht inhaltlich überprüfen lassen.
Der Umfang der Abmahnungen der Klägerin und deren Schwestergesellschaft sei auch angesichts des Umsatzes von 2 Millionen Euro außerordentlich groß und stehe außer Verhältnis zu den geschätzten ca. 5.000 verkauften Matratzen. Die vielen Abmahnungen wegen des unzutreffend angegebenen Härtegrades könnten nur mit dem Feldzug der Klägerin gegen die Markenhändler erklärt werden, der als Vergeltung dafür Schaden zufügen sollte, dass die Händler die Klägerin nicht mit ihren Markenmatratzen belieferten. Offenbar suche die Klägerin, auch wenn sie dies bestreite, gezielt alle Werbeauftritte von Händlern bestimmter Markenmatratzen nach bestimmten Verstößen durch. Das Verhalten der Klägerin komme einer Massenabmahnung nahe.
Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 165 ff d.A. verwiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages bestreitet die Klägerin, einen wettbewerbsrechtlichen Feldzug mit unfairen Mitteln zu führen. Es treffe auch nicht zu, dass die Auseinandersetzung mit den Testkäufen ihres damaligen Gesellschafters im März 2008 begonnen hätte. Tatsächlich habe alles damit begonnen, dass es kartellrechtswidrige Preisvorgaben gegeben habe und sich Ende 2007 mehrere Händler bei den marktbeherrschenden Matratzenherstellern über die günstigen Preise der Klägerin beschwert hätten, die sich an die Preisvorgaben der Hersteller nicht habe binden lassen wollen. Auf diese Beschwerden hin sei sie von einigen Herstellern nicht mehr beliefert worden. Ferner habe es die als Anlage K 10 vorgelegten Warnscheiben der Hersteller N4, E2, N und S gegeben. Gegen die Warnhinweise und Warnschreiben sei sie erfolgreich vorgegangen. Daraufhin sei sie von Mitbewerbern wegen vermeintlich oder tatsächlich wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch genommen worden. So habe sie allein der Mitbewerber A 2008 und 2009 24 x abgemahnt. Insgesamt führe sie seit Anfang 2008 auf der Passivseite 45 wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen. Aufgrund der gegen sie gerichteten Abmahnungen habe sie sich genötigt gesehen, ihrerseits die Mitbewerber zu einer wettbewerbskonformen Werbung anzuhalten. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, ihr damaliger Gesellschafter habe bei den Testkäufen versucht, herabsetzende Äußerungen über die Lieferfähigkeit der C3 GmbH zu provozieren. Dies lasse sich auch nicht aus den E-Mails folgern, auf die sich das Landgericht bezogen habe. Mit den Testkundenanfragen sei es ihr darum gegangen, Hinweise über die Preisvorgaben der Hersteller zu erlangen und Beweise für ein Kartellverfahren zu sichern. Nach der Beweissicherung habe sie sich gezwungen gesehen, gegen die Verunglimpfungen und Herabsetzungen vorzugehen, mit denen Mitbewerber sie aus dem Markt hätten ausgrenzen wollen. Selbst wenn unterstellt würde, dass einzelne Abmahnungen rechtsmissbräuchlich seien, treffe das nicht für die streitgegenständliche Abmahnung zu.
Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass sie ein Geschäftsmodell betreibe, nach dem Matratzen günstig angeboten, dann aber nicht geliefert und den Kunden dann billigere Matratzen angedient würden. Verfehlt habe das Landgericht unterstellt, sie habe offensichtlich Händler von Markenmatratzen für ihre Abmahnungen ausgewählt, um deren Geschäfte zu stören.
Das Landgericht habe es unterlassen, ihre erstinstanzlichen Darlegungen zu den Motiven ihrer Abmahnungen zu würdigen und zu Unrecht einen Vergeltungsfeldzug unterstellt. Zutreffend sei von anderen Gerichten festgestellt worden, dass ihr kein rechtsmißbräuchliches Verhalten anzulasten sei. Dass es hier um die Herstellung eines lauteren Wettbewerbs gegangen sei und gehe, zeige sich auch daran, dass sie eine Vielzahl unterschiedlichster Wettbewerbsverstöße abgemahnt habe und dass sie auch gegen Hersteller vorgegangen sei, um Wettbewerbsverstöße effektiv zu unterbinden.
Verfehlt sei auch die Annahme des Landgerichts, ihre Abmahnungen stünden außer Verhältnis zur Geschäftstätigkeit. Zu Unrecht habe das Landgericht nicht nur ihre Abmahnungen, sondern auch die der C3 GmbH betrachtet, ohne aber den Umsatz der C3 GmbH zu berücksichtigen. Keineswegs könne die Unverhältnismäßigkeit allein aus ihren Abmahnungen wegen irreführender Werbung mit Testergebnissen hergeleitet werden. Bis zur streitgegenständlichen Abmahnung habe es lediglich 24 Abmahnungen wegen irreführender Werbung mit Testergebnissen gegeben. Angesichts eines Jahresumsatzes von ca. 2.000.000,– Euro könne keine Unverhältnismäßigkeit festgestellt werden. Selbst wenn man alle 73 von der Beklagten vorgetragenen Abmahnungen zugrunde lege, ergebe sich nichts anderes.
Zu Unrecht habe das Landgericht auch angenommen, eine irreführende Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest stelle einen wirtschaftlich unbedeutenden Verstoß dar. Gute Testergebnisse ersetzten im Online-Handel das im stationären Handel übliche Probeliegen.
Darüber hinaus sei die Beklagte ihrer Darlegungs- und Beweislast für den Rechtsmissbrauch nicht hinreichend nachgekommen. Sie, die Klägerin, habe dagegen ihrer sekundären Darlegungslast genügt. Sie mache im Jahr einen Umsatz von 2.000.000,– Euro und werde als marktstarkes Unternehmen wahrgenommen. Für ihr Abmahnverhalten in den Jahren 2008 und 2009 sei der Jahresabschluss für das Jahr 2007 nicht relevant. Im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses habe sie sämtliche Forderungen, deren Einbringlichkeit fraglich erschienen sei, als uneinbringlich bewertet.
Die Annahme der Beklagten, der Gewinn der Klägerin könne 2008 nicht höher sein als der Gewinn in 2007 mit 1.722,25 Euro, sei haltlos.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Juli 2009, Az. 17 O 63/09 teilweise abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 911,80 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsstz seit dem 17. April 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages meint die Beklagte, dass das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, dass die Klägerin ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend nachgekommen sei. Nachdem die Beklagte die Klagebefugnis der Klägerin mit ihrem Vortrag im Schriftsatz vom 19. Mai 2009 erschüttert habe, sei es Sache der Klägerin gewesen, die Verdachtsgründe zu widerlegen. Ein einfaches Bestreiten reiche, was die finanziellen Mittel der Klägerin angehe, insofern nicht aus. Im Hinblick auf relevante interne Geschehnisse aus der Sphäre der Klägerin treffe diese eine sekundäre Darlegungslast. Im Jahre 2006 habe die Klägerin mit einem Fehlbetrag von 958,95 Euro abgeschlossen. Der Jahresabschluss für 2007 weise nur einen Gewinn von 1.722,25 Euro aus. Angesichts dessen sei bei den von der Klägerin behaupteten gleichen Umsätze in den Jahren 2007 und 2008 nicht nachvollziehbar und gänzlich unwahrscheinlich, dass die Klägerin im Jahre 2008 einen Gewinn von 50.000,– Euro erzielt habe, zumal sich im Jahre 2008 erstmals die Belastung mit Rechtsanwaltskosten für Abmahnungen ausgewirkt habe.
Das Landgericht habe ferner zutreffend festgestellt, dass die Klägerin mit ihrer Abmahntätigkeit keine lauteren Ziele verfolgt habe. Die Abmahntätigkeit habe vielmehr das Ziel verfolgt, Druck auf die Händler und Hersteller auszuüben, damit diese nicht mehr gegen das wettbewerbswidrige Anlockverhalten der Klägerin vorgingen. Es sei gerade das Geschäftsmodell der Klägerin, Matratzen von Markenherstellern anzubieten, ohne diese zum Versand vorrätig zu haben und statt dessen Matratzen der Schwesterfirma E anzubieten. Aus der erforderlichen Gesamtbetrachtung seien auch nicht die Abmahnungen auszuklammern, mit denen sich die Klägerin gegen herabsetzende Äußerungen gewandt habe. Denn diese Äußerungen seien ganz überwiegend von der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft provoziert worden. Die Hersteller hätten den Händlern auch keine Preise aufoktrogiert. Es sei bei den Testkäufen auch nicht um die Überprüfung derartiger Preisabsprachen im Sinne von Mindestverkaufspreisen gegangen. Die vorliegenden schriftlichen Unterlagen sprächen dagegen und stattdessen dafür, dass die angesprochenen Händler sich abfällig über die Klägerin und deren Schwestergesellschaft hätten äußern sollen.
Insgesamt stünden die ausgesprochenen Massenabmahungen in keinem Verhältnis zur übrigen Geschäftstätigkeit der Klägerin.
Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat am 23. Februar 2010 folgenden Hinweis- und Auflagenbeschluss erlassen:
In dem Rechtsstreit
T3 GmbH ./. L2 GmbH
wird die Klägerin entsprechend den Erörterungen im Senatstermin darauf hingewiesen, dass angesichts der hohen Zahl von Abmahnungen die Frage der Rechtsmißbräuchlichkeit entscheidend davon abhängen wird, inwieweit sich diese Zahl in wirtschaftlich gesehen sinnvoller Weise in ihre finanzielle Geschäftssituation einfügt.
Der Klägerin wird deshalb aufgegeben, ihre wirtschaftliche Situation in 2008 darzustellen, insbesondere was Umsatz und Gewinn betrifft. Soweit möglich soll die Klägerin auch die entsprechende Geschäftssituation bei ihrer Schwesterfirma darstellen.
Frist zur Erfüllung der Auflage: 16.04.2010.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 16. April 2010 als Anlage K 18 ihren Jahresabschluss für das Jahr 2008 vorgelegt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf die Fotokopie Bl. 299 ff. d. A. verwiesen wird.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23. Februar 2010 auch ausdrücklich noch einmal klargestellt worden ist (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 264 ff. d. A.), geht es der Klägerin in der Berufungsinstanz nur noch um die Kosten für die Abmahnung vom 7. Januar 2009 in Höhe von 911,80 Euro.
Das Landgericht hat der Klägerin diese Kosten zu Recht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung aberkannt. Nach § 8 Abs. 4 UWG ist von einer solchen Rechtsmissbräuchlichkeit des geltend gemachten Unterlassungsanspruches auszugehen, wenn dies vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten entstehen zu lassen. Zugunsten der Beklagten muss bei der hier streitgegenständlichen Abmahnung vom 7. Januar 2009 davon ausgegangen werden, dass diese Abmahnung sich in einen weiteren Kreis rechtsmißbräuchlicher Abmahnungen der Klägerin einfügt.
Da es nur um die Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG geht, steht zwar nicht die Klagebefugnis der Klägerin im Streit. Vielmehr geht es allein um die Frage der Berechtigung der Abmahnung im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG als materiell-rechtliche Frage (BGH GRUR 2007, 164 – Telefax-Werbung II). Diese Berechtigung fehlt, wenn die Abmahnung rechtsmißbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG gewesen ist. Es bleibt aber dabei, dass es sich bei der Frage der Berechtigung der Abmahnung als Anspruchsvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG um eine materiell-rechtliche Frage handelt. Die Frage des Rechtsmißbrauches wird so zum materiell-rechtlichen Einwand, für den die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt (Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rz. 4.25).
Dieser Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung ist die Beklagte hier hinreichend nachgekommen.
Allerdings dürfen bei dieser Betrachtungsweise nicht spezielle Wettbewerbsverstöße der Klägerin mit der Frage des Rechtsmissbrauches der Abmahnungen vermengt werden. Wenn die Klägerin wirklich als Geschäftsmodell die Verfahrensweise pflegt, die Kunden durch günstige Markenangebote auf ihre Matratzen der Marke E umzulenken, dann muss der Wettbewerber dieses Geschäftsmodell selbst angreifen. Ein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten des Gläubigers macht dessen Abmahnungen noch nicht rechtsmissbräuchlich.
Gleiches gilt für die vom Geschäftsführer der Klägerin angeblich provozierten Wettbewerbsverstöße. Ein solches Verhalten stellt seinerseits einen Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Ziffer 10 UWG in Form der Behinderung dar. Wird der provozierte Wettbewerbsverstoß gleichwohl abgemahnt, ist die Abmahnung schon wegen der Provokation unberechtigt, ohne dass es des Rückgriffs auf § 8 Abs. 4 UWG bedarf.
Es bleibt damit als Indiz für einen Rechtsmissbrauch hier nur die große Anzahl der Abmahnungen im Verhältnis zum Geschäftsumfang. Dabei ist allerdings, wie schon das Landgericht zutreffend angenommen hat, auch das Abmahnverhalten der Schwestergesellschaft C3 GmbH zu berücksichtigen. Denn auch nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liegt insoweit ein abgestimmtes Abmahnverhalten vor, so dass die Abmahntätigkeit der Schwestergesellschaft auch der Klägerin zugute kommt. Es besteht eben kein Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Unternehmen. Dann muss sich die Klägerin die Abmahntätigkeit der Schwestergesellschaft aber auch zurechnen lassen bei der Rechtsmissbrauchsfrage.
Stimmen sich die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft bei der Abmahnung aber ab, scheidet der Gesichtspunkt der Mehrfachverfolgung („Konzernsalve“) als Indiz für den Rechtsmissbrauch aus. Insoweit hat sich die Klägerin unwiderlegt dahingehend eingelassen, dass es niemals zu einer doppelten Abmahnung durch beide Schwestergesellschaften wegen desselben Wettbewerbsverstoßes gekommen ist.
Ebenso ist die Verwendung gemeinsamer Textbausteine als Indiz für einen Rechtsmissbrauch unergiebig. Das kann nur dann anders sein, wenn es bei dieser Verwendung von Textbausteinen zu einem Durcheinander kommt, das zeigt, dass der Abmahnende die Übersicht verloren hat. Das spricht dann dafür, dass die Abmahnungen nicht mehr gezielt wegen des jeweiligen Wettbewerbsverstoßes verfolgt werden, sondern zum Selbstzweck geworden sind. Davon kann bei der Klägerin nicht ausgegangen werden.
Unerheblich ist auch, dass die Klägerin zunächst immer nur Freistellung von den Anwaltskosten begehrt hat. Solange sie diese Kosten noch nicht selbst ausgeglichen hat, muss sie dies tun. Dass die Anwälte die Klägerin ihrerseits von den Kosten freigestellt hätten, kann nicht angenommen werden. Nur dann, wenn die Anwälte auf eigene Rechnung abmahnen würden, wäre dies ein wohl durchschlagendes Indiz für einen Rechtsmissbrauch.
Es bleibt damit als wichtigstes Indiz für einen Rechtsmissbrauch die Anzahl der Abmahnungen, die mit 175 vom 6. Februar 2008 bis 7. Mai 2009 (vgl. Anlage A 144) von der Beklagten unwidersprochen aufgeführt worden sind (vgl. auch Landgericht Berlin, Anlage K 9 S. 12; Anlage K 11 S. 8; Landgericht Köln, Anlage K 14 S. 8).
Allerdings müssen dabei die Abmahnungen herausgenommen werden, mit denen sich die Klägerin und ihre Schwesterfirma gegen Verunglimpfungen gewehrt haben (Anlagen A 7 bis A 10, A 12 bis A 15, A 20 bis A 23, A 25 bis A 28, A 31 bis A 32, A 37), was insgesamt 19 Abmahnungen ausmacht. Denn man kann niemandem verwehren, sich zu verteidigen. Die Grenze ist hierbei allein das Schikaneverbot nach § 226 BGB, das hier nicht eingreift.
Es bleiben damit aber immer noch 156 Abmahnungen für den genannten Zeitraum.
Dieser Anzahl der Abmahnungen sollte in 2008 ein jährlicher Umsatz der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft von insgesamt 4 Millionen Euro und ein Reingewinn der beiden Gesellschaften in Höhe von 100.000,00 Euro gegenüber stehen, wie der Mitgesellschafter der Klägerin T2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln vom 14. Mai 2009 als Prognose angegeben hat (vgl. Anlage B 19, Bl. 134 ff d.A.). Auch eine solche Umsatzzahl und eine solche Gewinnerwartung lassen es zwar generell immer noch nicht zu, 156 Abmahnungen als wirtschaftliche sinnvolle Betätigung in einen solchen Geschäftsbetrieb einzuordnen.
Im Falle der Klägerin wäre dabei aber zu berücksichtigen gewesen, dass die Abmahnungen in einer angespannten Wettbewerbssituation ausgesprochen worden sind. Die Klägerin als Preisunterbieterin wurde von verschiedenen Seiten angegriffen. Namhafte Hersteller belieferten sie nicht mehr. Soweit sie als Retourkutsche ihrerseits mit Abmahnungen die Konkurrenz angegriffen hat, gibt dies als Indiz für einen Klagemissbrauch nichts her. Denn die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der Konkurrenz, um wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, ist nicht unbedingt rechtsmissbräuchlich. Für ein solches Ziel der durch die Klägerin und ihre Schwestergesellschaft ausgelösten Abmahnwelle spricht im gewissen Sinne auch die Art der gerügten Verstöße. Ca. 100 Abmahnungen betreffen falsche Testwerbung. Wie die Klägerin sich unwidersprochen eingelassen hat, kommt der Werbung mit Testergebnissen im Online-Handel mit Matratzen eine besondere Bedeutung zu. Da der Kunde hier nicht probeliegen kann, muss er sich vor allem auf objektive Testergebnisse verlassen können.
Auch die abgemahnten sonstigen Irreführungsfälle betreffen zentrale Werbeargumente, z.B. die Irreführung über antibakterielle Wirkungen von Matratzen (vgl. Anlage A 34 ff).
Auch die Werbung mit Spitzenstellungsbehauptungen ist nicht unwichtig (Anlage A 41, 50 b, 57 a, 62 a, 67 a, 73, 105 a). Schließlich kommt der richtigen Kennzeichnung der Matratze, was ihr Material betrifft, ebenfalls besondere Bedeutung zu. Denn der Kunde kann die Matratze vor der Bestellung ja nicht in Augenschein nehmen (vgl. zu solchen abgemahnten Fällen Anlagen A 83 a, A 85, A 122, A 124 a, A 126 ff, A 131, A 133 ff, A 142).
Auch wenn „neun von zehn Menschen auf U erheblich besser schlafen“ (vgl. Anlage A 38, A 40 a, A 46 ff, A 50 ff, A 53 ff), ist dies ein bedeutsames Werbeargument. Denn Schlafstörungen sind weit verbreitet. Eine Werbung, die eine testmäßig gesicherte Schlafverbesserung verspricht, spricht an.
Insgesamt richten sich die Anmahnungen der Klägerin damit nicht auf Randfragen, sondern sie betreffen gravierende Wettbewerbsverstöße, bei denen die Bagatellgrenze jeweils deutlich überschritten ist. Von daher liegt der Gedanke nicht unbedingt nahe, dass sich die Klägerin mit der Abmahnttätigkeit nur eine Einnahmequelle verschaffen wollte.
Die Klägerin hat diese prognostizierte Umsatzzahl von 4 Millionen Euro zusammen mit ihrer Schwestergesellschaft und den prognostierten Reingewinn von insgesamt 100.000,00 Euro aber nicht wahrhalten können.
Die Beklagte hat unwidersprochen dargetan, dass die Klägerin in 2007 lediglich einen Gewinn in Höhe von 1.722,25 Euro erwirtschaftet hat. Ebenfalls unwidersprochen hatte die Klägerin in 2006 sogar einen Jahresfehlbetrag in Höhe 958,95 Euro (vgl. Anlage B 17). In dieser Situation wäre es Sache der Klägerin gewesen, ihre Behauptungen über den Umsatz und den Reingewinn näher darzulegen. Insoweit greift die sekundäre Darlegungslast der Klägerin ein, als es um Betriebsinterna geht, die einen Rechtsmissbrauch bei der Abmahnung ausschließen können. Der entsprechenden Auflage des Senates vom 23. Februar 2010 ist die Klägerin aber nicht hinreichend nachgekommen. Zum Umsatz in dem fraglichen Zeitraum des Jahres 2008, in den die Abmahnwelle fiel, hat die Klägerin auch nach Erörterung im Senatstermin vom 27. April 2010 nichts vortragen können. Wie die Beklagtenvertreterin im Senatstermin unwiderprochen vorgetragen hat, lässt sich aus dem in Erfüllung des Auflagenbeschlusses des Senats vorgelegten Jahresabschluss zum Umsatz der Klägerin nichts herleiten. Auch im Übrigen hat der Klägervertreter im Senatstermin dazu keine Angaben machen können. Der sich aus dem Jahresüberschuss ergebende Gewinn der Klägerin in 2008 in Höhe von 34.447,42 Euro erreicht ebenfalls nicht die prognostizierten 50.000,00 Euro. Wie sich aus der weiteren Erörterung im Senatstermin ergibt, ergibt sich aus dem vorgelegten Jahresabschluss der Schwestergesellschaft der Klägerin für 2008 ein Gewinn in Form des Jahresüberschusses sogar nur in Höhe von 13.534,21 Euro. Mithin erreichen beide Schwestergesellschaften zusammen nur einen Gewinn, der ursprünglich für jede der beiden Gesellschaften prognostiziert worden war. Mithin stellt sich die wirtschaftliche Entwicklung der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft in 2008 nicht so günstig dar, wie von der Klägerin prognostiziert. Mithin stellt sich die wirtschaftliche Situation der Klägerin in 2008 nicht so günstig dar, dass sich die erhebliche Anzahl von über 150 Abmahnungen sinnvoll in deren Geschäftsbetrieb und der ihrer Schwestergesellschaft einordnen ließe, ohne dass Gebührenerzielungsinteressen im Vordergrund stünden.
Auch das Abmahnverhalten selbst in verschiedenen Einzelfällen spricht für die Rechtsmissbräuchlichkeit des Abmahnverhaltens der Klägerin.
Zwar ist der regelmäßig angesetzte Streitwert mit 25.000,00 bis 30.000,00 Euro noch nicht übersetzt.
Auch mit den Vertragsstrafen ist die Klägerin zum überwiegenden Teil im Rahmen geblieben. Gegen die Vereinbarung des neuen Hamburger Brauches ist ebenfalls nichts einzuwenden. Wenn die Klägerin im Falle des Verstoßes dann wie im vorliegenden Fall eine Vertragsstrafe in Höhe von 2.000,00 Euro für angemessen erachtet, ist dagegen prinzipiell nichts einzuwenden.
Dass die Klägerin die Einhaltung der Unterwerfungsvereinbarung kontrolliert, ist ebenfalls kein Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Das ist nur dann anders, wenn die Vertragsstrafe gewissermaßen stehenden Fußes verlangt wird, so dass der Schuldner keine Chance hat, die Werbung umzustellen.
Auch eine Abmahntätigkeit in sog. „Wellen“ geben als Indiz für einen Abmahnmissbrauch noch nicht unbedingt etwas her. Dazu muss hinzukommen, dass die beanstandete Werbung auch nach Abebben der jeweiligen Abmahnwellen noch fortgesetzt worden ist. Nur ein solches Abmahnverhalten spricht für eine willkürliche Abmahnauswahl, die gegen ein Interesse an der Sache spricht. Im vorliegenden Fall zieht sich die Abmahnung von falschen Testergebnissen aber von Anfang bis zum Ende durch (vgl. Anlage A 11 bis Anlage A 144). Insgesamt erweckt die Liste der abgemahnten Verstöße noch nicht den Eindruck, als wären sie willkürlich ausgewählt worden, was als Indiz für einen Missbrauch hätte gewertet werden können. Vielmehr fügt sich die Liste der abgemahnten Verstöße auf den ersten Blick durchaus sinnvoll in eine Strategie ein, die durch verstärkte Abmahntätigkeit Marktanteile zurückerobern will, die durch die Lieferblockade einiger Hersteller verloren gegangen sein mögen. In einer Situation, in der auch die Gegenseite sich wettbewerbsmäßig nicht unbedingt zurückhaltend verhält, kann es nicht als missbräuchlich angesehen werden, wenn die Klägerin auch das UWG gewissermaßen als Waffe einsetzt, um ihre Konkurrenten zu wettbewerbsrechtskonformem Werbeverhalten zu bringen. Dass sie dazu das Internet systematisch durchsucht, gebietet die verfolgte Strategie.
All diese Umstände können die Klägerin hier aber angesichts des geringen Gewinns und der unklar gebliebenen Umsatzhöhe nicht entlasten. Wie dargelegt, muss man, wenn man bei der Anzahl der Abmahnungen die der Schwestergesellschaft hinzunimmt, konsequenterweise auch deren Umsatz und Gewinn zu dem der Klägerin hinzurechnen. Für ca. 150 Abmahnungen binnen etwa eines guten Jahres ist diese Umsatz- und Gewinnsituation wie dargelegt aber nicht hinreichend schlagkräftig, um diese hohe Zahl der Abmahnungen als sinnvolle wirtschaftliche Maßnahmen qualifizieren zu können.
Dies gilt auch dann, wenn man hier von einem Additionsverbot ausgeht (vgl. Landgericht Berlin und Landgericht Köln, Anlage K 9 S. 12 ff; Anlage K 11 S. 9; Anlage K 12 S. 17; Anlage K 13 S. 15; Anlage K 14 S. 9). Angesichts des Zeitraums von über einem Jahr, über den sich die Abmahnungen erstrecken, darf man nicht, wie die Beklagte es tut (Klageerwiderung Bl. 102 ff d.A.), den Gesamtbetrag der Abmahnkosten dem Geschäftsvolumen gegenüber stellen. Da es für die hohe Zahl der Abmahnungen der Klägerin auch ein wettbewerbsrechtlich zulässiges Ziel gab, nämlich die Rückgewinnung von Marktanteilen durch den Einsatz des UWG gegenüber den wettbewerbswidrig handelnden Mitbewerbern, muss man auf die jeweilige konkrete finanzielle Situation abstellen, ob danach die hohe Zahl der Abmahnungen noch sinnvoll war. Dann traf das Kostenrisiko die Klägerin zwar nicht mit voller Wucht, sondern nur gewissermaßen „scheibchenweise“. Zugunsten der Klägerin mag davon ausgegangen werden, dass das Kostenrisiko der jüngsten Abmahnung die Klägerin nur auf den Hintergrund der bereits erfolgten Abmahnungen traf. Je weiter die Abmahnwelle „nach vorne schwappte“, entsprechend brach das Kostenrisiko hinten weg, soweit die Abmahnungen zwischenzeitlich abgewickelt waren.
Geht man mit den Parteien von Abmahnkosten in Höhe von 911,80 Euro je Abmahnung aus entsprechend den hier verlangten Abmahnkosten, erscheint auch angesichts des scharfen Konkurrenzverhältnisses eine Kostenbelastung von 30.000,00 bis 50.000,00 Euro nicht mehr hinnehmbar. Das würde den ganzen Gewinn gewissermaßen auffressen. Ein solcher Betrag entspräche 33 bis 55 laufenden Abmahnungen. Das deckte nur einen Abmahnzeitraum von ca. fünf Monaten ab. Auch zugunsten der Klägerin kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass sich sämtliche frühere Abmahnungen jeweils erledigt hätten. Mithin erscheint auch das Kostenrisiko unter den gegebenen wirtschaftlichen Situationen der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft nicht mehr als tragbar, wenn man das genannte „Additionsverbot“ berücksichtigt.
Das gilt erst recht, wenn es anschließend zu einem Klageverfahren kommt. Dann entstehen noch einmal 2.202,10 Euro Kosten (vgl. Klageerwiderung Bl. 103 ff d.A.). Auch wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die Klägerin in diese Prozesse mit guten Aussichten auf ein Obsiegen hineingehen konnte, vor allem in den Fällen falscher Testwerbung, bleibt immer noch ein erhebliches Kostenrisiko. Greift man etwa 15 Klageverfahren, also etwa 10 % der abgemahnten Fälle, heraus, ergibt sich ein Kostenrisiko von 33.031,50 Euro. Das ist bezogen auf den dargelegten Gesamtgewinn von ca. 50.000,00 Euro unverhältnismäßig hoch. Es wird nahezu 2/3 des Gewinns mit dem Kostenrisiko belastet. Betriebswirtschaftlich gesehen erscheint ein solches Kostenrisiko mit ordentlicher Geschäftsführung nicht mehr vereinbar. Jedenfalls hat die Klägerin bezogen auf ihren Geschäftsbetrieb Gegenteiliges nicht darlegen können.
Das Bild missbräuchlichen Vorgehens bei den Abmahnungen wird weiterhin durch verschiedene Einzelfälle abgerundet.
Wie dargelegt, kann es zwar nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden, wenn die Klägerin Vertragsstrafen in Höhe von 2.000,00 bis 2.500,00 Euro fordert. Denn es lagen jeweils zumindest als durchschnittlich zu bewertende Verstöße vor. Auch die Beklagte hat insoweit kein übermäßiges Vertragsstrafefordern der Klägerin dartun können.
Auch im Falle der Anlage A 104 ist nur eine Vertragsstrafe von 2.000,00 Euro gefordert worden.
Soweit in Anlage A 82 eine Vertragsstrafe von 5.100,00 Euro gefordert worden ist, lagen dem mehrere Verstöße zugrunde.
Soweit in Anlage A 117 eine Vertragsstrafe in Höhe von 6.000,00 Euro gefordert worden ist, muss berücksichtigt werden, dass dem eine falsche Bewerbung von 48 Matratzen zugrunde lag. Allerdings wird in Anlage A 138 eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000,00 Euro gefordert. Dies erscheint auch dann als übersetzt, wenn man berücksichtigt, dass diese einheitlich geforderte Vertragsstrafe in der Sache sieben Verstöße erfasst.
Als Indiz für einen Rechtsmissbrauch ist es auch zu werten, wenn die Vertragsstrafe postwendend nach Abgabe der Unterwerfungserklärung geltend gemacht wird. Denn ein solches Verhalten, das dem Schuldner gewissermaßen die Luft abschneidet, spricht dafür, dass es dem Gläubiger gezielt auf die Vertragsstrafe ankommt und die Abmahnung nur dazu diente, diese Einnahmequelle zu eröffnen.
Der durch Anlage A 72 a dokumentierte Vorfall ist allerdings in diesem Sinne noch nicht zu beanstanden. Denn die erste Abmahnung datierte vom 18. Dezember 2008. Bis zum 30. Dezember 2008 mag der Schuldner ausreichend Zeit gehabt haben, die Werbung anzupassen, was allerdings unter dem Gesichtspunkt fraglich ist, wenn man die in diesen Zeitraum fallenden Weihnachtsfeiertage berücksichtigt.
Gleiches gilt für den durch Anlage A 96 dokumentierten Vorfall. Der erste Verstoß datierte vom 7. Januar nebst Abmahnung; bis zur Geltendmachung der Vertragsstrafe am 21. Januar war für den Schuldner genügend Zeit zur Werbungsumstellung.
Anders dagegen verhält es sich bei dem Vorfall, dem die Abmahnung A 101 zugrunde liegt. Mit Schreiben vom 23. Januar 2009 unterwarf sich der Schuldner. Mit Schreiben vom 27. Januar 2009 wurde bereits die Vertragsstrafe geltend gemacht. Berücksichtigt man, dass der 25. Januar ein Sonntag war, ist hier die Forderung der Vertragsstrafe zu kurzfristig, so dass man hinsichtlich dieser Abmahnung von einem Rechtsmissbrauch ausgehen kann. Gleiches gilt für den Vorfall gemäß Anlage A 117. Die Unterwerfungserklärung datiert vom 18. Februar 2009. Die Vertragsstrafe wurde bereits am 23. Februar 2009 gefordert. Der 22. Februar 2009 war wiederum ein Sonntag.
Auch wenn es sich insoweit nur um zwei Fälle handelt, zeigen diese zumindest, dass das Abmahnverhalten der Klägerin jedenfalls auch von daher nicht über jeden Zweifel erhaben ist.
Auch bei den Streitwerten greifen die Rügen der Beklagten im gewissen Umfange durch.
Wie dargelegt, ist gegen einen Streitwert von 30.000,00 Euro nichts einzuwenden, solange es sich um eine durchschnittliche Wettbewerbsangelegenheit handelt.
Soweit in den Anlagen A 26 und A 31 Streitwerte von 50.000,00 Euro angegeben sind, muss dies hier außer Betracht bleiben. Denn insoweit handelte es sich um Verunglimpfungsfälle, die nicht zum Komplex des Missbrauches wie dargelegt gehören. Gleiches gilt für die Anlagen A 22 ff, A 23, A 25 und A 32.
Die Anlagen A 98, A 107, A 126 ff betrafen jeweils mehrere Verstöße, so dass auch hier 50.000,00 Euro als Gesamtstreitwert noch hinnehmbar erscheinen. Die Anlagen A 19 und A 35 sind aber auf jeden Fall mit 75.000,00 Euro deutlich überhöht.
Die Anlage A 35 vervielfältigt den Streitwert wegen zweier Verstöße in zwei Portalen. Das ist im Ergebnis als sinnvolle Streitwertbildung, die an einer Wahrung des lauteren Wettbewerbs interessiert ist, nicht mehr hinnehmbar.
Die Anlage 67 a schießt auf jeden Fall weit über jedes Ziel hinaus mit einem Streitwert von 100.000,00 Euro, obwohl es nur um zwei Unterlassungsverpflichtungen geht. Auch die Vertragsstrafe mit 10.000,00 Euro ist hier deutlich übersetzt.
Auch bei der Anlage A 73 ist der Wert mit 50.000,00 Euro zu hoch, auch wenn es um eine Spitzenstellungswerbung für U-Matratzen schlechthin geht.
Die Anlage A 68 enthält zwar keine Wertangabe (vgl. Bl. 152 d.A.). Aus der Anlage B 17 a ergibt sich aber, dass die Klägerin ursprünglich 100.000,00 Euro als Wert angesetzt hatte, was ebenfalls überzogen ist.
Die zwei Fälle kurzfristig verlangter Vertragsstrafen und die wenige Fälle überhöhter Wertfestsetzung mögen für sich jeweils nur eine schwache Indizwirkung entfalten, um den Rechtsmissbrauch hinreichend zu belegen. Sie runden aber das Bild rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auf dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Situation der Klägerin ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10 ZPO.
Vorinstanz: Landgericht Bielefeld, Az. 17 O 63/09