OLG Hamm: Von zu hohen Streitwerten und überhöhten Vertragsstrafen / Weitere Entscheidung des Hammer Senats zur Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung

veröffentlicht am 14. Dezember 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Hamm, Urteil vom 26.07.2011, Az. I-4 U 49/11
§ 8 Abs. 4 UWG

Das OLG Hamm hat erneut zum Thema „Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung“ entschieden und unter anderem die Indizien „zu hoher Streitwert“ und „zu hohe Vertragsstrafenforderung“ berücksichtigt. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Hamm

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.01.2011 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 110 % der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe

A.
Wegen des Sachverhalts in erster Instanz wird gemäß § 540 I ZPO zunächst auf den auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Dem vorliegenden Hauptsacheverfahren war das vor dem Senat geführte Verfügungsverfahren 4 U 225/09 vorausgegangen. Dort hatte der Senat dem Kläger mit Urteil vom 20.05.2010 (MMR 2010, 693) die zuletzt begehrten Unterlassungsansprüche zugesprochen. Wegen des dortigen Sachverhalts wird wiederum auch Bezug genommen auf den Tatbestand des Senatsurteils, das auch Bestandteil der hiesigen Akte ist (Anl. K 8).

Im damaligen Urteil sind bereits auch umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, ob der Kläger im Hinblick auf die Abmahnung vom 09.09.2009 (Anl. K 5) rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 IV UWG gehandelt hat. Der Senat hat damals einen Rechtsmissbrauch verneint und dabei entscheidend darauf abgestellt, dass die Parteien am 16.09.2007 eine Vereinbarung geschlossen hatten, in der unter Punkt 3 geregelt war.

„Die Parteien verpflichten sich, bei künftigen Wettbewerbsverstößen der jeweils anderen Partei diese auf den Wettbewerbsverstoß konkret hinzuweisen und ihn unter Setzung einer Frist von zwei Wochen aufzufordern, das wettbewerbswidrige Verhalten einzustellen. Die Parteien sind sich einig, dass vor Ablauf dieser Frist begründete Kosten, insbesondere Rechtsverfolgungskosten von der jeweils anderen Partei nicht ersetzt werden müssen.“

Die Beklagte hat am 08.06.2010 (Anl. K 9) erklärt, dass sie die Senatsentscheidung vom 20.05.2010 nicht als endgültige Regelung der Angelegenheit anerkenne.

Die im Verfügungsverfahren ausgeurteilten Unterlassungsansprüche werden im hiesigen Klageverfahren im Wesentlichen unverändert weiterverfolgt. Über die Anlage K 1 wird die konkrete Verletzungshandlung weiter in den Antrag mit einbezogen.

Die Parteien haben in erster Instanz im Einzelnen darüber gestritten, ob die einheitlich zu betrachtende Rechtsverfolgung im vorliegenden Fall angesichts des in zwei anderen Entscheidungen des Landgerichts Bochum angenommenen Rechtsmissbrauchs von Abmahnungen des Klägers gegen andere Wettbewerber wiederum auch rechtsmissbräuchlich sei. Weiterhin haben sie zur Begründetheit der Unterlassungsansprüche entsprechend unterschiedliche Rechtsstandpunkte eingenommen.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren an Verbraucher im Fernabsatz auf der Internethandelsplattform eBay, dort über das von eBay bereitgestellte Programm „eBay Mobile“ für Mobilgeräte der Fa. Apple, Kirschkerne anzubieten, 1. ohne rechtzeitig vor Abschluss klar und verständlich auf das Bestehen eines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausführung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, demgegenüber der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe hinzuweisen, und/oder 2. ohne den Preisen räumlich zugeordnet anzugeben, dass die genannten Preise die Mehrwertsteuer enthalten,

und/oder 3. ohne den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen ist, und ohne Angaben, die eine schnelle elektronische Kommunikation mit ihr ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post (eMail-Adresse) so anzugeben, dass deutlich erkennbar ist, wo diese Informationen abgerufen werden können, wenn dies wie in Anl. K 1 ersichtlich geschieht.

Das Landgericht hat unter Verweis auch auf das Senatsurteil vom 20.05.2010 in der zugrundeliegenden Verfügungssache 4 U 225/09 die streitgegenständlichen Wettbewerbsverstöße bejaht, weil die Darstellung über eBay Mobile auf den Endgeräten iPhone und iPod Touch wettbewerblich fehlerhaft gewesen sei. Es hat alsdann weiter ausgeführt, dass ein Rechtsmissbrauch des Klägers gemäß § 8 IV UWG auch unter Berücksichtigung des vom Landgericht in den Verfahren 12 O 101/10 und 12 O 114/10 festgestellten Missbrauchs nicht anzunehmen sei. Ein ganz wesentliches Element sei dort ein eindeutig überwiegendes Gebührenerzielungsinteresse gewesen. Dieses sei vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil die Parteien vereinbart hätten, bei festgestellten Verstößen sich zunächst kostenneutral abzumahnen. Dies bedeute, dass der Gegner die Chance erhalte, seine Verstöße abzustellen, ohne in ein Verfahren gezwungen zu werden und ohne dem Gegner die Anwaltskosten zu erstatten. Der Einwand der Beklagten, sie habe gar nichts anderes machen können, als die gerichtliche Inanspruchnahme abzuwarten, da sie sich sonst einem Vertragsstrafeanspruch ausgesetzt hätte, sei nicht überzeugend. Denn die aufgrund der Abmahnung abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung solle den Gegner gerade dazu anhalten, keine gleichartigen Verstöße mehr zu begehen, so dass das Risiko, wenn die Beklagte gewillt sei, sich vertragstreu zu verhalten, nicht vorliege. Auch sonstige Umstände, die in dem besonderen Verhältnis der Parteien ein überwiegendes Interesse begründen könnten, seien weder ersichtlich noch dargelegt.

Die Beklagte wehrt sich hiergegen mit ihrer Berufung. Sie hält ihren Missbrauchsvorwurf gegen den Kläger aufrecht. Sie verweist auf diesbezügliche rechtskräftige Entscheidungen des Landgerichts Bochum, in welchen ein rechtsmissbräuchliches Handeln des Klägers festgestellt worden sei, ferner auf eine erstinstanzlich bereits vorgetragene Vielzahl von Abmahnungen gegen die Beklagte und weitere Mitbewerber. Die Beklagte hält weiterhin auch die vorgetragenen Äußerungen des Klägers über dessen Verhältnis zu Abmahnungen in dessen Spitzen gegen die Beklagte auf verschiedenen Foren und Blogs für ein nicht zu unterschätzendes Indiz des rechtsmissbräuchlichen Handelns gerade auch gegen sie. Im Gegensatz zu der Entscheidung des Senats in der Sache 4 U 225/09 lägen mittlerweile gerichtsbekannte Urteile gegen den Kläger vor, in welchem ihm rechtskräftig ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werde. Wenn der Kläger nun gegenüber anderen Mitbewerbern rechtsmissbräuchlich vorgegangen sei, könne die Inanspruchnahme der Beklagten unter den hier gegebenen Umständen ebenfalls nur aus sachfremden Motiven heraus erfolgt sein. Daran könne auch und gerade die Vereinbarung zwischen den Parteien nichts ändern, wonach der Kläger von ihr keine Abmahnkosten verlangen könne. Allerdings stünde ihm offen, gegebenenfalls Vertragsstrafen geltend zu machen, die ihm zugute kämen, wie es auch das KG mit Beschluss vom 21.05.2005, Az. 5 U 285/03, entschieden habe. Dies sei vorliegend nicht anders. Der Kläger versuche sie mit Vertragsstrafenverpflichtungen insbesondere in Fällen zu belangen, in denen es auch auf das Verhalten Dritter, wie eBay, Yatego oder DaWanda, ankomme, auch dann, wenn die Unterlassungserklärung bezüglich der einen Plattform (Yatego) abgegeben worden sei und auf einer anderen (DaWanda) ein angeblicher Verstoß entdeckt worden sei. Würde sie sich insoweit unterwerfen, wäre sie Dritten, wie hier bei eBay, ausgeliefert. Sobald es über eBay oder die anderen Plattformen zu angeblichen neuerlichen Verstößen kommen, müsste sie eine Vertragsstrafe leisten, ohne Kenntnis von den Verstößen gehabt zu haben oder gar auf die jeweilige Handlung Einfluss nehmen zu können. Soweit vorliegend vermeintlich keine Abmahnungen in Wellen ausgesprochen und keine Spezialisierung auf „sichere Bänke“ erfolgen würde, sei zu berücksichtigen, dass die fraglichen Verfahren nur gegenüber einer einzigen Partei, der hiesigen Beklagten, geführt würden. Gegenüber einem Gegner könnten weder Abmahnwellen ausgesprochen werden, noch könne immer der identische Verstoß abgemahnt werden. Dennoch habe der Kläger Verstöße gegen gesetzliche Informationspflichten jedenfalls auf so vielen Wegen wie möglich (mobile.ebay.de, wap, Apple) abgemahnt.

Zudem stehe dem Kläger in der Sache kein Anspruch gegen sie zu. Es fehle jedenfalls zum Zeitpunkt der Abmahnung an der für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Sie sei weder für die veränderte Darstellung der grundsätzlich über Webbrowser ordnungsgemäß dargestellten Angebote im Rahmen des Programms eBay Mobile verantwortlich, noch habe sie Kenntnis hiervon gehabt. Eine Prüfungs- oder Einstandspflicht für die von eBay offenbar eigenständig geänderte Darstellung könne es für sie nicht ohne Weiteres geben. Nachdem sie Kenntnis von der unzureichenden Darstellung erlangt habe und dies habe prüfen können, habe sie die Angebote bei eBay vollständig entfernt. Zuvor habe eine solche Verpflichtung nicht bestehen können. Eine Begehungsgefahr könne erst nach Weiternutzung und Kenntnis bestehen. EBay habe ohne ihre Kenntnis ein Programm für die Apple Endgeräte bereitgehalten, welches nicht allen Informationspflichten gerecht worden sei. Insoweit müssten die Grundsätze der Rechtsprechung zu den Internetversteigerungen (BGH Urt. v. 19.04.2007, Az. I ZR 35/04) herangezogen werden. Sie, die Beklagte, könne aufgrund der geschilderten Umstände kein Täter sein. Eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, sämtliche denkbare Darstellungsformen auf allen Endgeräten mit allen denkbaren Programmen zu prüfen, könne nicht ernsthaft verlangt werden.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dieser hat im Berufungsverfahren nicht mehr erwidert.

Die Akten 14 O 187/09 LG Bochum = 4 U 225/09 OLG Hamm, 14 O 110/10 LG Bochum = 4 U 55/11 OLG Hamm, 12 O 101/10 LG Bochum = 4 U 145/10 OLG Hamm, 14 O 212/09 LG Bochum = 4 U 137/10 OLG Hamm, 12 O 235/09 LG Bochum = 4 U 141/10 OLG Hamm, 12 O 114/10 LG Bochum = 4 U 149/10 OLG Hamm, 17 O 114/09 LG Bochum = 4 U 208/09 OLG Hamm, 13 O 277/08 LG Bochum = 4 U 51/09 OLG Hamm lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger kann von ihr nicht die streitgegenständlichen Unterlassungen von Angeboten von Kirschkernen über das von eBay bereitgestellte Programm „eBay Mobile“ für Mobilgeräte der Fa. Apple ohne die betreffenden Informationen über die gesetzlichen Widerrufs- und Rückgaberechte, die Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und die Impressumdaten verlangen.

Die Klage des Klägers ist unzulässig, da er mit seiner Rechtsverfolgung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 IV UWG gehandelt hat. Auf die Beurteilung der geltend gemachten Unterlassungsansprüche in der Sache kommt es nicht mehr an.

I.

1.
Der Senat hat im Verfügungsverfahren bereits ausgeführt, dass von einem Rechtsmissbrauch im Sinne von § 8 IV UWG auszugehen ist, wenn bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele eindeutig überwiegen. Als ein solches Ziel kommt das im Gesetz ausdrücklich als Beispielsfall genannte Gebührenerzielungsinteresse ebenso in Betracht wie ein besonderes Kostenbelastungsinteresse. Von letzterem ist auszugehen, wenn es dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs in erster Linie darum geht, einen bestimmten oder mehrere Wettbewerber mit Kosten und Risiken zu belasten, die geeignet sind, seine personellen und finanziellen Kräfte zu binden (vgl. BGH GRUR 2001, 82, 83 – Neu in Bielefeld I; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, 29. Aufl. 2011, § 8 Rn. 4.13). Ob die Anspruchsverfolgung überwiegend von sachfremden Erwägungen bestimmt ist, ist im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände bestimmen. Um sich ein Bild von den Motiven des Anspruchstellers zu machen, muss auf wahrnehmbare Tatsachen abgestellt werden, die den Schluss auf die Motivation als innere Tatsache zulassen. Anhaltspunkte hierfür sind insoweit die Art und Schwere der Zuwiderhandlung wie auch das Verhalten des Anspruchstellers bei der Rechtsverfolgung etwa in früheren und späteren Fällen. In diesem Zusammenhang ist noch einmal klarzustellen, dass das Gesetz der Abmahnung grundsätzlich positiv gegenübersteht, gerade weil die Abmahnpraxis von Mitbewerbern und Verbänden und die gerichtliche Inanspruchnahme auch dem Interesse der Allgemeinheit an einem lauteren Wettbewerb dienen.

Deshalb kann auch eine umfangreichere Abmahntätigkeit, wie sie hier angesichts der gerichtsbekannten 37 Gerichtsverfahren allein vor dem Landgericht Bochum gegeben ist, für sich allein noch keinen Rechtsmissbrauch begründen, wenn und soweit entsprechend auch umfangreiche Verletzungen in Betracht kommen (BGH GRUR 2005, 433, 434 – Telekanzlei; OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 56; Köhler, a.a.O. § 8 Rn. 4.12). Es müssen dann weitere Umstände hinzutreten, die die Missbräuchlichkeit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs begründen können.

Solch ein Umstand kann ein Missverhältnis zwischen der Zahl der Abmahnungen und dem Umfang des Geschäftsbetriebs sein ebenso wie die Art und Weise der Rechtsverfolgung (vgl. Senat, MMR 2009, 865). Ob und wann sich die Abmahntätigkeit verselbständigt hat, ist unter Berücksichtigung der grundsätzlich von der Beklagten vorzutragenden Begleitumstände der Verletzungshandlung, des Wettbewerbsverhältnisses und der sonstigen Umstände wie der wirtschaftlichen Bedeutung des Gläubigers und sein Verhalten bei der Verfolgung des konkreten, aber auch anderer Wettbewerbsverstöße (vgl. BGH GRUR 2000, 1089 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung) im Rahmen des Freibeweises zu würdigen.

Dass die bloße Anzahl der verfolgten Verstöße allein nicht maßgeblich sein kann, gilt hier umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Kläger als Mitbewerber der Beklagten auf einem relativ begrenzten und überschaubaren Markt ein berechtigtes Interesse daran haben kann, dass unlautere Wettbewerbshandlungen unterbleiben, die ihn beeinträchtigen können. Solche Beeinträchtigungen sind bei den hier gerügten Verstößen grundsätzlich möglich, zumal vorliegend Informationspflichten im Rahmen der Widerrufsbelehrung, der Preisangaben und der Anbieterkennzeichnung verletzt waren, die der Kläger selbst auch erfüllen muss. Das gilt umso mehr, als solche gesetzwidrigen Angebote wegen der eBay-Vorgaben schwer zu beeinflussen sind und deshalb zu der wirtschaftlich erheblichen Maßnahme zwingen können, die Angebote bei eBay insgesamt zurückzuziehen. Wenn der Kläger selbst diesen sichersten Weg gegangen ist, hat er sogar ein gesteigertes Interesse daran, dass Mitbewerber wie die Beklagte gleichfalls auf das alle Anbieter betreffende Problem reagieren und ihre Angebote nicht weiterhin bei eBay teilweise ohne die erforderlichen Informationen über Apple Endgeräte aufzurufen sind. Wenn tatsächlich nur der Weg geblieben wäre, zeitweise über eBay keine Waren mehr anzubieten, ist der Konkurrent im Vorteil, der sich nicht daran stört und weiter umfassend anbietet, selbst wenn ihm das Problem vor einer Abmahnung gar nicht bewusst sein sollte. Es müssen deshalb zu der Vielzahl der Abmahnungen und gerichtlichen Verfahren noch weitere Umstände hinzutreten, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen (verkürzt nach der Formel „Vielfachabmahnungen + x“).

Da im Falle der missbräuchlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen die Antrags- oder Klagebefugnis fehlt, ist die Frage, ob ein missbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 IV UWG vorliegt, von Amts wegen zu prüfen. Das folgt bereits daraus, dass jedenfalls im Wettbewerbsverfahren § 8 IV UWG auch eine Sachurteilsvoraussetzung begründet. Diese Voraussetzung versetzt das Gericht erst in die Lage, sachlich über das Klagebegehren zu verhandeln. Das Gericht hat bei der erforderlichen Amtsprüfung alle ihm vorgetragenen und zugänglichen Tatsachen zu berücksichtigen. Das betrifft nicht nur die unstreitigen, sondern auch sonstige gerichtsbekannte aktenkundige Tatsachen, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen. Somit sind bei der Gesamtwürdigung auch solche Tatsachen zu berücksichtigen, die dem Senat etwa aus den Berufungsverfahren 4 U 137/10, 4 U 141/10, 4 U 145/10 und 4 U 149/10 in Zusammenhang mit dem Abmahnverhalten des Klägers bekannt geworden sind. Diese und weitere Tatsachen waren dem Senat bei der Entscheidung im Verfügungsverfahren noch nicht bekannt.

2.
Auf dieser erweiterten tatsächlichen Grundlage kann es bei der Beurteilung aus dem Verfügungsverfahren 4 U 225/09 nicht verbleiben. Vielmehr erweist sich das Handeln des Klägers im Zusammenhang mit der vorliegenden Abmahnung als rechtsmissbräuchlich, und zwar aufgrund der folgenden Umstände:

a)
Der Kläger ist massiv und konzentriert vor allem gerade gegen die Beklagte vorgegangen, bei der er bis Januar 2005 beschäftigt war und die er mit Beginn seiner eigenen gewerblichen Tätigkeit als seine unmittelbare Mitbewerberin besonders beobachtet. Er hat die Beklagte in der Zeit von September 2007 bis April 2010 insgesamt 15 Mal abgemahnt, wie dies im Schriftsatz der Beklagten vom 10.01.2011 (Bl.137 ff.) im Einzelnen aufgeschlüsselt ist, und in einem Fall Abnehmerverwarnungen angedroht. Es ist deshalb zu jedenfalls 8 Verfahren der Parteien vor den Landgerichten Berlin, Köln, Düsseldorf und Bochum gekommen. Es bleibt zwar entsprechend der Ausführungen des Senats im Urteil des Verfügungsverfahrens dabei, dass der Kläger wiederholte und schwerwiegende Verstöße der Beklagten unterschiedlicher Art und auch in Zusammenhang mit unzutreffenden Werbeaussagen nach und nach gerügt hat. So ging es u.a. um die unzulässige Verwendung eines Bio-Logos, einen Verstoß gegen die Öko-Kennzeichnungsverordnung, um angeblich „behördlich geprüfte und zertifizierte“ Produkte, unzulässige Heilaussagen, die Behauptung „in Deutschland Marktführer“ zu sein, und fehlende Grundpreisangaben im Rahmen ihrer Produktangebote. Das ändert aber nichts daran, dass die Beklagte wiederholt auch bei Verstößen gegen gesetzliche Informationspflichten in Bezug auf die Angebote auf den diversen Verkaufsplattformen massiert und teils gesondert in Anspruch genommen wurde. Dabei ging es im Rahmen der behaupteten Ausnutzung von eBay-Fehlern auch um die neue Präsentation von Angeboten auf mobilen Endgeräten, die für die Plattformbetreiber und sämtliche Anbieter überraschende Probleme mit sich brachten. Nachdem dem Kläger solche Probleme bewusst geworden waren, ging er jeweils gegen die Beklagte vor. Nur im Falle der Angebotsdarstellung bei wap.ebay im Jahre 2008 ging der Kläger auch gegen andere Mitbewerber vor. Es zeigt sich, dass der Kläger im Hinblick auf das hiesige Verhalten der Beklagten, das Teil eines Wettbewerbsverstoßes nahezu aller Mitbewerber im Rahmen von deren gleichlaufender Angebotspräsentation über die Apple-Mobiltelefone war, selektiv nur die Beklagte in Anspruch genommen hat. Im Interesse des Wettbewerbsschutzes hätte es sicher näher gelegen, sich an eBay als die Quelle des Übels zu wenden oder die Mitbewerber allgemein auf die Problematik hinzuweisen. Der Kläger sprach insoweit in einem Internetauftritt zwar einmal von einem solchen Problem bei der problematischen Plattform Amazon, weigerte sich dann aber ausdrücklich, es näher zu beschreiben. Das im Verfügungsverfahren noch nicht bekannte Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf (12 O 528/09) macht außerdem deutlich, dass der Kläger auch dann die Erstattung von Abmahnkosten und die Zahlung von Vertragsstrafe von der Beklagten gefordert hat, wenn die Beklagte wegen einer fehlenden Grundpreisangabe auf der Plattform Yatego eine auf diese Verletzungshandlung bezogene Unterlassungserklärung abgab und dann auf der Plattform DaWanda am 24.09.2009 ein Verstoß entdeckt wurde, bei dem die Grundpreisangabe nicht unmittelbar in der Nähe des Endpreises erfolgt war. Insoweit erscheint das Verhalten des Klägers inkonsequent. Entweder das Charakteristische ist jeweils der Verstoß und nicht die Plattform, auf der er begangen wurde. Dann dürfte die Verfolgung in Bezug auf eine der Plattformen vollauf reichen. Oder man sieht jede Plattform für sich und mahnt denselben Verstoß mehrfach ab; dann dürfte man aber auch wegen unterschiedlicher Verstöße auf den unterschiedlichen Plattformen keine Vertragsstrafe geltend machen.

Allein schon dieses massive Vorgehen des Klägers gegen die Beklagte birgt ein erhebliches und unverhältnismäßiges Kostenrisiko. Gerade die Verbindung hoher Gegenstandswerte mit einem nicht übermäßig hohen operativen Geschäftsvolumen kann den Verdacht begründen, dass sich die Abmahntätigkeit irgendwann verselbständigt hat und vorrangig Behinderungszwecke verfolgt (vgl. Senatsurteil vom 28.04.2009, Az. 4 U 216 / 08 = MMR 2009, 865). Hier steht dem Kostenrisiko insbesondere der gehäuften Abmahnungen der Beklagten in dem entscheidenden Jahr 2009 jedenfalls ein Umsatz von 200.000,– € entgegen. Für den Vortrag, dass der Umsatz angesichts des gelungenen Vertriebs von Nischenprodukten und der erfolgreichen Verdrängung von Mitbewerbern tatsächlich sogar 490.000,– € betragen haben soll, fehlt bisher jeder Beleg. Wie hoch er tatsächlich war, kann überdies dahinstehen. Denn zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass sich in Zusammenhang mit den mittlerweile bekannt gewordenen Abmahnungen anderer Mitbewerber das Risiko für den Kläger weiter erhöht hat. So sind allein in den Verfahren gegen den Mitbewerber P Kosten von rd. 40.000,– € angefallen, die sich bei einer Anrufung des Bundesgerichtshofes noch erhöhen würden. Der bisherige Betrag erreicht für sich schon 8 % des Umsatzes, auch wenn man von der für den Kläger günstigeren Zahl ausgehen würde. Das Kostenrisiko ist überhaupt bekanntermaßen schwer einzuschätzen und kann sich durch negative Feststellungsklagen noch erhöhen. Außerdem können selbst „sichere Bänke“ ins Wanken geraten, wenn der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs erhoben wird und sich anhand von Gegnerlisten im Internet breit macht. Berücksichtigt man dies alles, erscheinen die Abmahnungen mit einem solchen Kostenrisiko jedenfalls nicht wirtschaftlich vernünftig, auch wenn sie für sich ebenfalls noch nicht zwingend auf einen Rechtsmissbrauch hindeuten.

Neben der ungewöhnlichen damaligen Konzentrierung der Angriffe des Klägers auf die Beklagte und dem damit verbundenen erheblichen Kostenrisiko sprechen gerade auch die Äußerungen des Klägers in verschiedenen Internetforen für andere Motive als die Reinhaltung des Wettbewerbs. In diesen ist, auch wenn der jeweilige Zusammenhang zu beachten ist und teilweise ironisch auf voraufgegangene Beiträge eingegangen wird, insbesondere am 28. August 2009 unter *Internetadresse* wörtlich die Rede vom „Ausschalten“ der Konkurrenz, auch wenn es in Zusammenhang mit einer Diskussion über das unterschiedliche Abmahnwesen in Deutschland und anderen Ländern geschah. Der Kläger bedauert, dass er immer noch nach einem Trick suche, wie er mittels Abmahnung seine „Konkurrenz ausschalten“ könne. Die Abmahnkosten und die Vertragsstrafenandrohung nach Hamburger Brauch würden insoweit noch nicht als „existenzbedrohend“ für die Konkurrenz ausreichen. Dass dieser Beitrag nicht nur ironisch, sondern durchaus ernst gemeint war, zeigt auch die, wenn auch zeitlich weit frühere Äußerung des Klägers in seinem Internetblog unter „*Internetadresse1*“ aus dem Jahre 2006 dahin, dass es ihm darum gehe, in seiner Nische keinen Wettbewerber mit besonders günstigen Preisen mehr zu dulden, damit er seine Preise erhöhen könne. Er kündigte an, dass er den Hammer heraus holen werde, wenn der letzte Preisbrecher nicht von selber aufgebe. In dieselbe Richtung zielt auch die in Zusammenhang mit einer Abmahnung und einer auf 7.500,– € erhöhten Vertragsstrafe bei twitter.com getätigte Äußerung des Klägers, dass man für diesen Betrag über 8.000 kg Kirschkerne verkaufen müsse. Dieser Bezug macht deutlich, dass der Kläger nach seinem Dafürhalten mit Abmahnungen besser und schneller sein Geld verdienen kann als mit dem Verkauf der hier maßgeblichen Kirschkerne und dass Abmahnungen und Vertragsstrafen der Konkurrenz wirtschaftlich schaden und ihm Vertragsstrafen dann in doppelter Weise nützen können. In einem weiteren Blogbeitrag vom 22. 03.2010 nimmt der Kläger die in einem früheren Beitrag von dritter Seite erfolgte Bezeichnung der Problematik mit der sog. 40-Euro-Klausel als „Kinderkacke“ auf (ähnlich wie beim Streit über Maschendrahtzäune) und betont, dass die diesbezügliche Rechtsprechung für die Praxis keinerlei Gewicht habe. Hieraus ergibt sich, dass die Wettbewerbswidrigkeit als solche für ihn nicht von primärer Bedeutung ist. Der Kläger macht deutlich, dass ihm die geringe wettbewerbliche Bedeutung solcher Verstöße bewusst ist, er aber dennoch auch solche Informationspflichtverletzungen abmahnen lässt, wie es zum Beispiel im Rahmen der Abmahnung der Beklagten vom 9. April 2010 geschehen ist.

b)
Gegen eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung spricht im Ergebnis insbesondere auch nicht die Absprache vom 16. September 2007, sich bei wechselseitig festgestellten Verstößen zunächst kostenneutral abzumahnen. Der Senat verkennt nicht, dass damit der Beklagten die Gelegenheit eingeräumt wird, ihre Verstöße abzustellen, ohne dass sie in ein gerichtliches Verfahren gezwungen wird und ohne dass sie dem Kläger dessen Anwaltskosten erstatten muss. Diese Absprache ist, wie aus dem späteren Verhalten der Parteien ablesbar ist, nicht dahin zu verstehen, dass der jeweils Abmahnende, der nach Abschluss der Vereinbarung hier immer der Kläger gewesen ist, auch auf eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen verzichtet, weil die bloße Beseitigung des wettbewerbswidrigen Zustandes genügen sollte. Es wurde stets und auch im vorliegenden Fall zusätzlich dazu aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In der Abgabe einer solchen Unterlassungserklärung nebst Vertragsstrafeversprechen lag aber in Zusammenhang mit den denkbaren Haftungsfallen und den Abhängigkeiten von den verschiedenen Verkaufsplattformen im Internet ein nicht unbeträchtliches Risiko. Außerdem wird immer dann, wenn absehbar ist, dass es nicht zu einer Unterlassungserklärung kommen wird, sondern ein gerichtliches Verfahren einzuleiten ist, die kostenfreie Abmahnung zu einer durchlaufenden Vorbereitungshandlung, wie es das KG in einer vergleichbaren Fallgestaltung zutreffend im Urteil vom 21.05. 2005, 5 U 285/03 ausgedrückt hat. Wenn sie dieses Risiko nicht eingehen wollte, nutzte der Beklagten die besondere Vereinbarung im Hinblick auf eine nicht unerhebliche Kostenlast, die auf sie zukam, dann auch nichts mehr. Besonders einem Kostenbelastungsinteresse steht deshalb diese Vereinbarung nicht mehr entgegen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Vereinbarung im Jahre 2007 geschlossen worden ist und es nach den Gesamtumständen dann erst später zu einer Verselbständigung der Abmahntätigkeit des Klägers im Sinne der Kostenbelastung der Mitbewerber gekommen ist.

c)
Da (wie oben ausgeführt) auch das sonstige Abmahnverhalten des Klägers in die Gesamtschau einbezogen werden muss, sind überdies weitere aus anderen Verfahren vor dem Senat bekannte Umstände zu berücksichtigen, die in der erforderlichen Gesamtschau für sachfremde Motive des Klägers sprechen:

Der Kläger ist auch und gerade gegen die T GmbH und den P GmbH teils wegen gleichgelagerter Verstöße massiv vorgegangen, obwohl diese nur am Rande Badeenten mit dem Emblem von Fußballvereinen angeboten haben und den Kläger in seiner wirtschaftlichen Entfaltung kaum gestört haben können. Insoweit ging es jeweils um Verstöße wie die fehlende Angabe von Versandkosten, die aufgrund der bestehenden Rechtsprechung als „sichere Bänke“ erschienen. Es wurden bei den Abmahnungen in der Regel Streitwerte von 30.000,– € zugrundegelegt, die sich angesichts solcher Wettbewerbsverstöße am oberen Rand bewegten. Ohne hinreichenden Bezug zum Angriffsfaktor hat der Kläger allerdings bei anderen Abmahnungen auch höhere, teilweise deutlich überhöhte Gegenstandswerte angesetzt. Im Verfahren 13 O 164/08 LG Bochum ist ein Streitwert von 60.000,– € angegeben worden, obwohl nach späterer Auffassung von Landgericht und Senat, der mit der Streitwertbeschwerde des Klägers befasst war, nur 20.000,– € angemessen waren. Im Verfügungsverfahren 12 O 16/10 LG Bochum ist der Streitwert im Verfügungsverfahren mit 30.000,– € angegeben worden, obwohl ein solcher Wert wie auch in dem hiesigen Verfahren bereits bei der Abmahnung zugrunde gelegt worden war. Die Abmahnung musste dabei von dem Wert ausgehen, der sich auf das Hauptsacheverfahren bezog. Für das Verfügungsverfahren hätten dann jedenfalls im hiesigen Bezirk nur 20.000,– € zugrunde gelegt werden können. Bereits in einer Abmahnung vom 17.11.2008, deren Beanstandungen zum Gegenstand des Verfahrens 12 O 317/08 gemacht wurden, hat der Kläger ebenfalls mit 60.000,– € einen völlig überhöhten Streitwert angegeben. Im Verfahren 4 U 12/10 hat der Senat im Urteil vom 04.05.2010 bereits beanstandet, dass der Kläger ein Abschlussschreiben dazu ausnutzen wollte, nach Abrechnung quasi strafweise nach einem völlig überhöhten Streitwert von 90.000,– € überhöhte Gebühren abzurechnen. Das alleine reichte zwar für sich damals noch nicht aus, von einem Rechtsmissbrauch auszugehen. Es fügt sich aber heute als zu berücksichtigender Mosaikstein in die Gesamtbetrachtung ein. Das Verhalten des Klägers macht nämlich deutlich, dass mit überhöhten Streitwerten auch als Druckmittel gearbeitet wird.

Wie vom Senat schon wiederholt entschieden, ist es ein Indiz für Rechtsmissbrauch, wenn die Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung, die der Eilbedürftigkeit geschuldet ist, ohne jede Notwendigkeit mit der Frist für die Zahlung der zu erstattenden Abmahnkosten verknüpft wird. Dieses Verfahren hat auch der Kläger in Verfahren gegenüber Unterlassungsschuldnern, bei denen, anders als im Verhältnis zur Beklagten, die Erstattung der Abmahnkosten verlangt wurde, gewählt. Insbesondere bei der Abmahnung vom 01.07.2009 im Verfahren 4 U 137/10 hat der Kläger Unterwerfung und Kostenerstattung dadurch verquickt, dass er auch für die Zahlung der Gebühren dieselbe kurze Frist gesetzt hat wie für die Abgabe der Unterlassungserklärung (BA Bl. 56). Ähnlich war es im Verfahren 12 O 235/09 LG Bochum. Eine solche Verquickung war in keiner Weise erforderlich. Wenn sich bei der Abgabe der Unterlassungserklärung im Regelfall wegen der Dringlichkeit eine Fristverlängerung verbietet, kann das für die Frist, die für die Erstattung der Kosten gesetzt wird, nicht gelten. Es wird der falsche Eindruck erweckt, die Unterlassungserklärung und die Kostenerstattung gehörten zusammen und der Schuldner könne die Gefahr gerichtlicher Inanspruchnahme nur dadurch verhindern, dass er neben der Unterlassungserklärung auch die Abmahnkosten umgehend erstattet (vgl. Senat, 4 U 24/10). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger dann in späteren Fällen eine Woche Abstand zwischen den jeweils gesetzten Fristen eingehalten hat. Das erweckt zwar nicht mehr so stark den Eindruck der Zusammengehörigkeit von Unterlassungserklärung und Kostenerstattung, kann aber an dem durch das frühere Verhalten erweckten Eindruck nichts mehr ändern.

Als weiterer Umstand kommt der Umgang der Beklagten mit den Vertragsstrafen hinzu. Die unstreitigen Abmahnungen enthalten in Bezug auf die gerügten, teils stark abstrahierten Wettbewerbsverstöße vorformulierte Unterlassungserklärungen, in denen für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 € vorgeschlagen wird. Diese Vertragsstrafe ist angesichts der bei den Abmahnungen der anderen Mitbewerber in Rede stehenden Wettbewerbsverstöße schon für sich sehr hoch. Es kommt aber gerade noch hinzu, dass diese Vertragsstrafe bei mehreren Verstößen oder Verstößen gegen mehrere der einzelnen Unterlassungspflichten mehrfach verwirkt sein soll. Jedenfalls spricht dafür der rechtlich an sich nichts sagende Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs. Das gilt selbst dann, wenn diese überholte Klausel immer noch in einem Formularbuch stehen und bei vielen vorgefertigten Unterwerfungserklärungen benutzt werden sollte. Das Verlangen, die erhebliche Vertragsstrafe bei einem in diesem Bereich nicht unwahrscheinlichen Mehrfachverstoß mehrfach zu versprechen, deutet eindeutig darauf hin, dass die Generierung möglicher Vertragsstrafenansprüche in erheblicher Höhe, die zugleich dem Kläger zufließen und die Mitbewerber empfindlich treffen sollen, hier weit im Vordergrund steht. Die Vertragsstrafen können sich wegen der Rüge von meist verschiedenen Verstößen und der verschiedenen Angebote stark und für den Schuldner bedrohlich vervielfältigen. Der Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs birgt bekanntermaßen in besonderer Schärfe die Gefahr unangemessener Bestrafungen durch die Vervielfachung von potentiellen Einzelverstößen (vgl. BGHZ 121, 13 – Fortsetzungszusammenhang). Die unterbliebenen oder fehlerhaften Angaben in dem Internetauftritt des Schuldners sind häufig auch nicht von einem Tag auf den anderen einzufügen oder zu korrigieren. Insbesondere bei kleineren oder unerfahrenen Internetanbietern ist für die Korrektur der Widerrufsbelehrung oder der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Regel eine Kontaktaufnahme mit Dritten erforderlich. Die Angebote sollen an sich sofort geändert werden. Es ist aber gerade die sichere Umsetzung dieses Entschlusses, die Zeit braucht. Das schafft Zwangslagen, und es drohen Haftungsfallen, die zum Schutz des lauteren Wettbewerbs erkennbar nicht erforderlich sind.

Wie schnell sich solche Haftungsfallen schließen können, zeigt das Verfahren des Klägers 12 O 101/10 LG Bochum gegen die T GmbH. In diesem hatte sich die T GmbH im Hinblick auf eine Vielzahl von Verstößen zunächst unterworfen und die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,– € unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs versprochen. Nach einem erneuten Verstoß wegen des irrtümlich unverändert gebliebenen Hinweises in den Versandkosten, dass diese bei allen weiteren Ländern nach Kostenaufwand berechnet würden, begehrte der Kläger eine weitere Unterlassungserklärung mit dem Versprechen einer Vertragsstrafe in Höhe von 7.500,– € im Falle eines weiteren Verstoßes. Obwohl die Beklagte daraufhin ungeachtet der Erklärung, dass sie seit dem 09.07.2009 keine Badeenten mehr vertreibe, eine Unterwerfungserklärung nach dem Hamburger Brauch abgab, verweigerte der Kläger die Annahme der Unterlassungserklärung und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er begründete dies mit der unberechtigten Befürchtung, das Gericht könne im Wiederholungsfall eine Vertragsstrafe aus seiner Sicht zu niedrig ansetzen. Hinzu kommt, dass neben den Kosten für die Abmahnung auch Gebühren für die gleichfalls unter Fristsetzung erfolgte Einforderung der Vertragsstrafe erhoben wurden wie ebenso im Fall 12 O 85/10 (BA Bl. 23). In diesem Verfahren gegen die T GmbH wurde sogar eine Vertragsstrafe von 25.500,– € geltend gemacht, weil im Hinblick auf fünf verschiedene Unterlassungsversprechen neue Verstöße nunmehr bei amazon vorgelegen haben sollen. Eine solche hartnäckige Weiterverfolgung kann kaum anders erklärt werden als mit dem Hauptziel der Genierung von Vertragstrafen, die gleichzeitig eine erhebliche Einnahmequelle bilden und den Konkurrenten so empfindlich treffen sollen, mit der Folge, dass dieser, wie die T GmbH, die Badeenten als Randprodukt überhaupt nicht mehr anbietet.

In der Sache 12 O 114/10 verweigerte der Kläger überdies die Übersendung einer Originalvollmacht, obwohl dann mit einem unbedingten Unterlassungsversprechen zu rechnen gewesen wäre (zur Zulässigkeit einer Unterwerfung unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage einer Originalvollmacht s.a. Teplitzky, 9. Aufl. 2007, Kap. 41 Rn. 6 a). Die Vorlage der Vollmacht räumt den denkbaren Verdacht aus, dass der Prozessbevollmächtigte im eigenen Interesse und auf eigene Initiative vorgeht. Die Verweigerung der Übersendung einer Originalvollmacht ohne ersichtlichen Grund zeigt, dass der Kläger naheliegende Mittel, um einem solchen Verdacht entgegen zu wirken, nicht nutzt. Stattdessen kam es zu einem weiteren gerichtlichen Verfahren mit den damit wie stets verbundenen weitreichenderen Kostenfolgen für den Gegner. Es war nicht vorhersehbar, dass die Kosten den Kläger selbst trafen, weil der Antrag wegen rechtsmissbräuchlichen Vorgehens vom Landgericht zurückgewiesen wurde. Der Umstand, dass der Kläger somit gerade nicht jede Gelegenheit nutzte, die Beklagte mit einem Unterlassungsvertrag zu binden und den Anfall von Vertragsstrafen zu ermöglichen, spricht nicht gegen das Kostenbelastungsinteresse, das insoweit in der Summe das Handlungsmotiv des Klägers war. Das gilt umso mehr, als der Kläger die erneute Unterwerfung nach Hamburger Brauch nicht angenommen und stattdessen ein Gerichtsverfahren eingeleitet hat, weil er fürchtete, die bezifferten höheren Vertragsstrafen würden vom Gericht nicht akzeptiert.

3.
Wenn es so aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände auch in Bezug auf die Abmahnungen der anderen Mitbewerber nahe liegt, dass vorrangig sachfremde Motive vorgelegen haben, können diese Motive in Zusammenhang mit der zeitnahen Abmahnung der hiesigen Beklagten vom 09.09.2009 nicht allein deshalb ausgeblendet werden, weil es zwischen den hiesigen Parteien die Absprache der kostenlosen Erstabmahnung aus dem Jahre 2007 gab. Wenn so alles dafür spricht, dass der Kläger dazu neigte, Mitbewerber vorrangig aus einem Kostenbelastungsinteresse teils massiv abzumahnen, um sie zu schwächen, war dies im Falle des besonders massiven Vorgehens gegen die hiesige Beklagte bei der Abmahnung wegen ihrer Angebote über eBay Mobile für das Apple iPod Touch nicht anders. Vielmehr sprechen die aufgeführten Umstände gerade dafür, dass der Kläger dann alle Abmahnungen von Mitbewerbern zu dieser Zeit aus solchen sachfremden Motiven vorgenommen hat. Jedenfalls müsste der Kläger nunmehr Tatsachen vortragen, die eine solche unterschiedliche Motivation erklären könnten.

Da nunmehr gewichtige Indizien für einen Rechtsmissbrauch auch im vorliegenden Falle sprechen, wäre es ohnehin Sache des Klägers, Umstände vorzutragen, die sein Verhalten rechtfertigen. An einer solchen Rechtfertigung, insbesondere der Darlegung seiner gesamten Abmahnpraxis, fehlt es bislang. Der Kläger hat zwar in anderem Zusammenhang zu den gegen ihn sprechenden Indizien Stellung genommen. Die Stellungnahme hat sich aber im Wesentlichen darauf beschränkt, auszuführen, warum das jeweils einzelne Indiz für sich genommen nicht überzeugend oder nicht ausreichend sein soll, um einen Rechtsmissbrauch zu begründen. Damit wird die eigentliche Bedeutung des Indizienkataloges verkannt, der nach den obigen Ausführungen gerade im Rahmen der Gesamtbetrachtung der Einzelumstände zu der Vermutung eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens führt. Soweit er sein Vorgehen nur damit erklärt, dass er seine Rechte als Mitbewerber wahrnehmen können müsse, ist dies auf der festgestellten Basis nicht mehr ausreichend. Wieso der Kläger zur Herbeiführung eines sauberen Wettbewerbs in derartiger Art und Weise gehandelt hat, wie oben im Einzelnen ausgeführt ist, ist nachvollziehbar jedenfalls nicht vorgetragen.

II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, § 543 I ZPO.

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