OLG Hamm: Wenn der Onlinehändler Kauf auf Probe und Widerrufsrecht unzulässig vermengt

veröffentlicht am 4. Juli 2010

OLG Hamm, Urteil vom 02.03.2010, Az. 4 U 208/09
§§
3; 4 Nr. 11; 5 UWG; § 312 c BGB

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung durch die
Voranstellung eines Kaufs auf Probe undeutlich werden kann, insbesondere, wenn beide Regelungen kommentarlos nebeneinander stehen. Für den Kunden werde so nicht deutlich genug, dass die in den beiden Regelungen genannten Lösungsfristen von jeweils 14 Tagen hintereinander geschaltet seien. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Hamm

Urteil

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm … hat … durch … für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 07. Oktober 2009 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren an Verbraucher im Fernabsatz im Internet Badeenten anzubieten

1. ohne zugeordnet zu den Warenangeboten nur am unteren Ende der Internetseite darauf hinzuweisen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Versandkosten anfallen, wenn dieser Hinweis erst durch Scrollen der Seite eingesehen werden kann

und/oder

2. ohne zugeordnet zu den Warenangeboten nur am unteren Ende der Internetseite darauf hinzuweisen, dass die genannten Preise die Mehrwertsteuer enthalten

und/oder

3. im Rahmen von allgemeinen Geschäftsbedingungen die folgende Klausel zu verwenden:

Bei P kaufen Sie auf Probe, d.h., Sie können gelieferte Waren ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Der Kaufver-trag/Kreditkaufvertrag wird nach Erhalt der Ware durch Ihre Billigung bindend, spätestens jedoch nach Ablauf dieser 14-tätigen Rückgabefrist.

wenn gleichzeitig in einer Belehrung über das Widerrufs- bzw. Rückgaberecht die folgende Formulierung verwendet wird:

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Ware vor Fristablauf überlassen wird – durch Rücksendung der Ware widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger und nicht vor der Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß § 312 c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV und § 312 e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV und auch nicht bevor der Kaufvertrag durch Ihre Billigung des gekauften Gegenstandes für Sie bindend geworden ist.

wenn dies wie in Anlage ASt 1 und ASt 2 ersichtlich geschieht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Auf der Internetseite des Online-Shops der Antragsgegnerin ist beim Aufruf eines Artikels – ebenso wie bei dem Aufruf anderer Seiten des Onlineshops – jeweils im Sinne einer Fußzeile u.a. vermerkt „Preisangabe inkl. gesetzl. MwSt. und zzgl. Service-und Versandkosten„. Der Text „Service- und Versandkosten“ ist mit einem Hyperlink versehen, der ein Fenster öffnet, in dem durch Klick auf „P“ die anfallenden Versandkosten angegeben werden.

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