OLG Koblenz: Wer eine bestimmte Telefonvorwahl angibt, muss an diesem Ort eine Niederlassung haben

veröffentlicht am 28. November 2008

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Koblenz, Urteil vom 25.03.2008, Az. 4 U 959/07
§§
8 Abs. 1, 3, 5 UWG

Das OLG Koblenz hat die Angabe einer Telefonvorwahl als wettbewerbswidrig angesehen, sofern das Unternehmen in diesem Vorwahlbereich weder eine Niederlassung unterhält noch ausdrücklich auf eine Anrufweiterschaltung hinweist. Im zu entscheidenden Fall gab ein Umzugsunternehmen auf seiner Homepage eine Telefonnummer an, bei der ohne Hinweis an den Kunden eine Weiterleitung des Anrufs erfolgte. Im Bereich der angegebenen Telefonvorwahl besaß das Unternehmen keine Niederlassung. Das Gericht war der Auffassung, dass Kunden gerade bei Umzugsunternehmen ein besonderes Interesse daran hätten, wo dieses seinen Sitz oder eine Niederlassung hat. Durch die Methode des Unternehmens würde der Kunde in die Irre geführt. Auch wenn dem Kunden bei einem Anruf sofort mitgeteilt wird, dass das Unternehmen seinen Sitz andernorts habe, ändere dies nichts. Der Kunde wurde im Zweifel durch die Angabe der „sitzlosen“ Vorwahl erst zu einem Anruf animiert. Wie solch ein Fall in einer Branche zu entscheiden wäre, in der der Sitz eines Unternehmens weniger Bedeutung hat, ließ das Gericht offen.


Oberlandesgericht Koblenz

Urteil

In dem Rechtsstreit

gegen

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch … auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2008 für Recht erkannt:

I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 26.06.2007 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der örtlichen Telefonnummer … zu werben, wenn sie in K… keine eigene Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält und nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist,

an den Kläger 170,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2006 zu zahlen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit der örtlichen Telefonnummer … zu werben, wenn sie in K… keine eigene Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält und nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist, an ihn 170,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Urkunden verwiesen.

II.
Die Berufung hat Erfolg.

1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung, mit der Telefonnummer … zu werben, wenn die Beklagte in K… keine eigene Niederlassung mit eigenem Büro und Personal unterhält und in ihrer Werbung nicht auf eine Anrufweiterschaltung hinweist. Der Anspruch folgt aus den §§ 8 Abs. 1, 3, 5 UWG.

Der Hinweis der Beklagten auf ihrer Homepage „Sie erreichen uns in K…“ unter Angabe einer Telefonnummer mit der Vorwahl von K… ist irreführend im Sinne des § 5 UWG. Ebenso ist irreführend die Werbung der Beklagten im Telefonbuch von K… mit einer Telefonnummer mit der Vorwahl dieser Stadt. Der Leser der Homepage bzw. der Werbung im Telefonbuch geht aufgrund der angegebenen Vorwahl davon aus, dass die Beklagte ihren Sitz oder zumindest eine Niederlassung mit eigenem Büro und Personal in K… hat. Tatsächlich hat die Beklagte in K… weder ihren Sitz noch eine Niederlassung.

Die Angabe der Telefonnummer im Ortsnetz von K… ist geeignet, die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Die Vorstellung, dass ein Umzugsunternehmen an einem bestimmten Ort seinen Sitz oder eine Niederlassung hat, ist für einen nicht unbeachtlichen Teil der Leser von Bedeutung. Diese Leser werden, wenn sie in K… wohnen und einen Umzug von K… aus an einen anderen Ort durchführen wollen, ein ortsansässiges Unternehmen bevorzugen. Ein Unternehmen, das am derzeitigen Wohnort zumindest mit einer Niederlassung vertreten ist, gewährleistet aus ihrer Sicht eine optimale Betreuung „vor Ort“. Dieses Unternehmen ist unproblematisch zu erreichen. Seine Mitarbeiter können schnell und ohne großen Aufwand die derzeitige Wohnung aufsuchen, sich in dieser Wohnung das Umzugsgut ansehen und Ratschläge für die Durchführung des Umzugs geben.

Die genannten Leser werden daher wegen der angegebenen Telefonnummer die Beklagte anrufen und nicht ein Unternehmen, von dem sie wissen oder annehmen, dass es in einer anderen Stadt seinen Sitz bzw. seine Niederlassung hat. Es ist ohne Bedeutung, dass die Anrufer – wie die Beklagte vorträgt – in dem Telefonat darauf hingewiesen werden, dass das Unternehmen seinen Sitz in T… hat. Wenn der Anruf erfolgt, ist die Anlockwirkung, die von der Telefonnummer im Ortsnetz von K… ausgeht, bereits erreicht. Schon diese Anlockwirkung ist für die Beklagte von Vorteil, weil Personen anrufen, die sonst nicht angerufen hätten. Diese Personen kann sie dann in dem Telefongespräch oder bei weiteren Kontakten davon überzeugen, den Umzug trotz des auch Sicht des Anrufers bestehenden Nachteils der Ortsferne von ihr durchführen zu lassen.

Die Beklagte leitet die nach ihrer Auffassung bestehende Bedeutungslosigkeit der Ortsnähe eines Umzugsunternehmens auch daraus ab, dass die Zahl der Umzüge, die über das Internet vermittelt werden, stark zugenommen habe. Sie verweist darauf, dass Kunden Umzüge im Internet ausschreiben und sich Umzugsunternehmen dann um einen Auftrag bewerben. Allein daraus ergibt sich jedoch nicht, dass auf die Ortsnähe des Unternehmens kein Wert (mehr) gelegt wird. Denn auch bei der Ausschreibung eines Umzugs im Internet kann sich der Ausschreibende aus den anbietenden Unternehmen diejenigen aussuchen, die am derzeitigen Wohnort ihren Sitz oder eine Niederlassung haben.

Es mag im Übrigen zutreffen, dass wesentliche Kriterien für die Auswahl eines Umzugsunternehmens Zuverlässigkeit und Preisgünstigkeit sind. Das hindert nicht die Annahme, dass die Ortsnähe des Unternehmens ein zusätzlicher Gesichtspunkt ist, der dem Leser der Homepage bzw. der Werbeanzeige der Beklagten Veranlassung gibt, sie wegen der vermeintlichen Ortsansässigkeit anzurufen.

Der Senat kann die Irreführung und deren wettbewerbliche Relevanz aus eigener Erfahrung beurteilen, da er selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört.

2.
Der Kläger hat außerdem gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG einen Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 170,00 EUR. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Vorinstanz: LG Trier, Az. 4 O 456/06

I