OLG Köln: Anruf wegen einer Reklamation berechtigt ohne Einwilligung nicht zu einer Zufriedenheitsbefragung

veröffentlicht am 24. Juni 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Köln, Urteil vom 19.04.2013, Az. 6 U 222/12
§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG, § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG

Das OLG Köln hat entschieden, dass ein Telefonat, welches mit einem Kunden anlässlich einer Reklamation oder Störung geführt wird, nicht dazu berechtigt, im Folgenden eine Zufriedenheitsbefragung durchzuführen. Dazu sei eine gesonderte Einwilligung des Kunden notwendig, denn es handele sich dabei um Werbeanrufe. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Köln

Urteil

I.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.11.2012 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn – 12 O 18/12 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbraucher, die mit einem Unternehmen in vertraglichen Beziehungen stehen und diesem gegenüber eine Störung angezeigt haben, unaufgefordert und ohne deren vorheriges Einverständnis anzurufen, um im Auftrag dieses Unternehmens die Verbraucher zu ihrer Zufriedenheit auch mit den anlässlich des Störfalls erbrachten allgemeinen Servicedienstleistungen der Kontaktperson zu befragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt

– hinsichtlich der Unterlassung 15.000,00 EUR

– hinsichtlich der Zahlung und der Kosten für die die Vollstreckung abwendende Partei 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren, für die vollstreckende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

IV.
Die Revision wird beschränkt auf den zugesprochenen Unterlassungsantrag zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger ist der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragene Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Die Beklagte führt im Auftrag von Unternehmen, so unter anderem der E AG, bei privaten Kunden ihrer Auftraggeber telefonische Befragungen über deren Zufriedenheit mit den Leistungen ihrer (der Beklagten) Auftraggeber durch.

Im Oktober 2011 beanstandete der Privatkunde Prof. C telefonisch gegenüber dem Mitarbeiter einer Service-Einheit der E AG, dass von seinem Privatanschluss geführte Verbindungen wiederholt abgebrochen seien. Die E AG führte daraufhin Anfang November 2011 Entstörungsmaßnahmen zur Behebung des technischen Problems durch. Am Vormittag des 08.11.2011 nahm die Mitarbeiterin C2 der Beklagten mit Herrn Prof. C ohne dessen Initiative oder vorheriges Einverständnis fernmündlich Kontakt auf. Frau C2 teilte Herrn Prof. C mit, sie rufe im Auftrag der E AG an, und entgegnete auf den Einwand des Angerufenen, er wünsche keine Werbeanrufe, Zweck des Anrufs sei keine Werbung, sondern eine Befragung. Ob die Mitarbeiterin C2 der Beklagten in diesem Zusammenhang weiter erklärte, sie wolle den Zeugen zu seinen Fernsehgewohnheiten befragen, oder ob der Anruf der Nachfrage diente, ob die von Herrn Prof. C monierten technischen Probleme nicht mehr aufgetreten seien, und die Mitarbeiterin der Beklagten darum als Anlass der Befragung auf den Kontakt von Herrn Prof. C zu einem Service-Techniker der E verwies, ist zwischen den Parteien streitig. Nach etwa zweieinhalb Minuten beendete Herr Prof. C das Telefonat, ohne dass es zu einer Befragung gekommen war.

Mit Schreiben vom 13.12.2011 behauptete der Kläger gegenüber der Beklagten, deren Mitarbeiterin C2 habe Herrn Prof. C am 08.11.2011 ohne dessen Einwilligung im Auftrag der Telekom zwecks Befragung zu dessen Fernsehgewohnheiten angerufen, beanstandete den Anruf als unzulässige Telefonwerbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und forderte die Beklagte vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger von der Beklagten in erster Instanz verlangt, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbraucher unaufgefordert und ohne deren vorheriges Einverständnis anzurufen, um im Auftrag von Unternehmen Kundenzufriedenheitsbefragungen durchzuführen. Des Weiteren hat der Kläger die Erstattung einer Abmahnpauschale von 214,00 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt.

Das Landgericht hat zum Inhalt und Hintergrund des Telefonats Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Prof. C und C2. Wegen des Ergebnisses der Be-weisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 08.11.2012 Bezug genommen. Mit Urteil vom 29.11.2012 hat das Landgericht die Klage sodann mit der Begründung abgewiesen, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Zeugin C2 eine Qualitätskontrolle zur Überprüfung der Behebung der vom Zeugen Prof. C gemeldeten Störungen durchgeführt, die nicht als Werbung zu bewerten sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser seine erstinstanzlichen Klageanträge im Kern weiter verfolgt. Er macht geltend, auch auf der Basis der Aussage der Zeugin C2 habe das Telefonat vornehmlich nicht der Erkundigung nach der Behebung der zuvor gemeldeten Störung, sondern der Befragung des Zeugen Prof. C zu dessen Zufriedenheit mit der kontaktierten Service-Hotline der E gedient und demzufolge jedenfalls mittelbar den werblichen Zweck verfolgt, die Dienstleistungsfreundlichkeit der E zu untermauern.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger zunächst seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter verfolgt. In der Berufungsverhandlung beantragt er nunmehr,

unter Abänderung der Urteils des Landgerichts Bonn vom 29.11.2012 – 12 O 18/12 – die Beklagte zu verurteilen,

1. wie in diesem Urteil zuerkannt,

2. an ihn 214,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. In diesem Zusammenhang bringt sie vor, aus den allgemeinen Angaben der Zeugin C2 zu telefonischen Qualitätskontrollen lasse sich nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit und Sicherheit entnehmen, dass diese beabsichtigt habe, bei dem Zeugen Prof. C fernmündlich eine allgemeine Kundenzufriedenheitsbefragung durchzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO) sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung hat hinsichtlich des zuletzt gestellten Unterlassungsantrags Erfolg, da die Beklagte – wie auf der Grundlage des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme feststeht – anlässlich eines konkreten Rückfrageanlasses eine unzulässige Kundenzufriedenheitsbefragung durchgeführt hat. Demgegenüber bleibt das Rechtsmittel des Klägers hinsichtlich des Antrags auf Zahlung einer Abmahnpauschale erfolglos.

1.
Der Kläger ist entgegen der vom Landgericht geäußerten Zweifel als qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 4 UKlaG zur gerichtlichen Geltendmachung eines Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG befugt und aktivlegitimiert. Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 30.11.2012 – 6 U 20/12 – ausgeführt:

„Der neuerdings von Köhler (GRUR 2012, 1073 ff. [1078 ff.]) vertretenen Auffassung, dass Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG in richtlinienkonformer Auslegung gerichtlich nur von den betroffenen Verbrauchern, nicht aber von Verbänden verfolgt werden könnten, folgt der Senat nicht. Zwar sieht die mit dieser gesetzlichen Regelung umgesetzte Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie) selbst keine Verbandsklagebefugnis vor. Es würde jedoch zum einen auf ein auch von Köhler (a.a.O., S. 1080) abgelehntes Judizieren contra legem hinauslaufen und ist zum anderen auch europarechtlich nicht geboten, die den Verbraucherschutzverbänden vom deutschen Gesetzgeber durch Integration der Regelungen des Art. 13 der Datenschutzrichtlinie in das UWG über § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG eingeräumte Klagebefugnis zu verneinen. Nach Art. 13 Abs. 3 der Datenschutzrichtlinie sind die Mitgliedsstaaten gehalten, Regelungen zur Verhinderung unerbetener Nachrichten zum Zwecke der Direktwerbung außerhalb von konkreten Vertragsbeziehungen zu erlassen, womit primär der in Art. 8 EMRK garantierte Schutz der Privatsphäre gewährleistet werden soll (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 3, 12). Anspruchsberechtigt sollen bei Verstößen natürliche und juristische Personen sein (Art. 13 Abs. 5 der Datenschutzrichtlinie). Konkrete Vorgaben zur Ausgestaltung des Rechtsschutzes macht die Richtlinie den Mitgliedsstaaten aber nicht; ihnen wird lediglich aufgegeben, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um den Rechtsschutz der betroffenen natürlichen und juristischen Personen zu gewährleisten. Der deutsche Gesetzgeber war daher frei, nicht nur im Rahmen der von der Richtlinie vorgegebenen Wahlmöglichkeit die strengere „Opt-In“-Lösung vorzusehen, wonach eine Kontaktaufnahme nur bei vorheriger Einwilligung zulässig ist (vgl. BT-Drs. 15/1487, S. 21; Engels / Brunn, GRUR 2010, 886 [890]), sondern auch für die gerichtliche Anspruchsdurchsetzung eine Klagebefugnis der Verbraucherverbände entsprechend den im Wettbewerbsrecht bestehenden Regelungen zuzulassen. Die Verbandsklage ermöglicht eine kumulierte, geordnete und sachkundige Wahrnehmung der durch die Richtlinie geschützten Individualinteressen und trägt dadurch wesentlich zur Verwirklichung des im gesamten Gemeinschaftsrecht angestrebten hohen Verbraucherschutznive-aus (vgl. Art. 114 Abs. 3, 153 Abs. 1 AEUV) bei.“

An dieser auch in der Literatur (vgl. Glöckner GRUR 2013, 224 [237]) vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat weiterhin fest.

2.
In der Sache ist das Unterlassungsbegehren des Klägers aus den §§ 8 Abs. 1 S. 1; 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG gerechtfertigt. Auf der Grundlage der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist anzunehmen, dass die Beklagte bei einem Verbraucher, der sich zuvor an den Kundenservice der E gewandt hatte, eine nach § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG unzulässige Telefonwerbung für letzteres Unternehmen durchgeführt hat. Der im Auftrag der E erfolgte Anruf der Zeugin C2 ist auf der Basis der eigenen Angaben der Zeugin als telefonische Werbung gegenüber dem Zeugen Prof. C bewerten. Als solche stellt sie mangels ausdrücklicher Einwilligung des Zeugen gemäß § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG eine unzulässige, diesen unzumutbar belästigende geschäftliche Handlung dar.

Allerdings hat es das Landgericht an Hand der Aussagen der vernommenen Zeugen fehlerfrei als nicht bewiesen erachtet, dass die Mitarbeiterin C2 der Beklagten den Zeugen Prof. C anlasslos kontaktiert hat, um zu werblichen Zwecken der E AG die Fernsehgewohnheiten des Zeugen zu erfragen. Insoweit hat das Landgericht einleuchtend darauf abgestellt, dass den dies-bezüglichen Bekundungen des Zeugen Prof. C die abweichende, vom Landgericht mit nachvollziehbarer Begründung als glaubhaft eingestufte Aussage der Zeugin C2 entgegensteht. Der Kläger hat keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, die für eine diesbezügliche unzutreffende Beweiswürdigung sprechen und deshalb Zweifel an der Richtigkeit der vom Landgericht insoweit zu Grunde gelegten Tatsachen begründen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Auf der Basis der Aussage der Zeugin C2, die sich der Kläger im Anschluss an die erstinstanzliche Beweisaufnahme als ihm günstig stillschweigend (vgl. BGH NJW 2001, 2177 [2178]; Greger in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, vor § 128 Rn. 10) sowie im Berufungsverfahren ausdrücklich zu eigen gemacht hat, ist indessen gesichert, dass die Beklagte telefonisch für Dienstleistungen der E geworben hat. Wenn die Angaben der Zeugin gemäß § 286 Abs. 1 ZPO in ihrem Gesamtzusammenhang in die Beweiswürdigung einbezogen werden, ergibt sich daraus und steht deshalb zur Überzeugung des Senats fest, dass deren Telefonanruf nicht allein und noch nicht einmal vorrangig die Kontrolle bezweckte, ob die vom Zeugen Prof. C zuvor beanstandeten technischen Missstände zwischenzeitlich behoben waren. Vielmehr diente der Anruf außerdem und in erster Linie dazu, die Zufriedenheit des Zeugen Prof. C mit den Serviceleistungen der E zu erfragen.

Die Angaben der Zeugin C2 zu dem typischen Ablauf eines von ihr nach der Meldung eines Kunden beim Kundenservice der E geführten Telefonats lassen mit hinreichender Sicherheit darauf schließen, dass ihr Anruf bei dem Zeugen Prof. C nicht lediglich der Erkundigung diente, ob die vom Zeugen monierten Verbindungsabbrüche nach der Durchführung von Entstörungsmaßnahmen nicht mehr aufgetreten waren. Nach ihrer Aussage hat die Zeugin C2 am Vormittag des 08.11.2011 eine telefonische Qualitätskontrolle bei Kunden durchgeführt, die sich zuvor beim Kundenservice der E gemeldet hatten. Hierzu hat die Zeugin auch Kundenbeschwerden über Störungen des Telefons gerechnet, wie sie unstreitig der Zeuge Prof. C bei einer Service-Einheit der E angebracht hatte. Bei ihren Anrufen zur Durchführung so genannter ACCI-Befragungen geht die Zeugin ihrer Aussage zufolge nach einem standardisierten elektronischen Fragebogen vor, von dessen Abfolge sie auf Grund der ihr in einer Maske vorgegebenen Fragen sowie der automatischen Weiterleitung zur nächsten Frage nicht abweichen kann. Wie die Zeugin C2 geschildert hat, erklärt diese an Hand der Vorgaben des Fragenkatalogs einleitend, dass sie aus Anlass einer Kontaktaufnahme des Angerufenen beim Kundenservice der E im Auftrag dieses Unternehmens eine Befragung zur Zufriedenheit des Kunden durchführen wolle. In den folgenden etwa fünf Minuten wird der angerufene Privatkunde sodann zu seiner Zufriedenheit mit der Entgegennahme und Bearbeitung seiner Störmeldung befragt. In diesem Zusammenhang erkundigt sich die Zeugin C2 nach eigenen Angaben nach der Einschätzung des Angerufenen zu der Erreichbarkeit, der Freundlichkeit, der Verständlichkeit der Reaktion sowie dem Engagement und der Entscheidungskompetenz des Mitarbeiters der Service-Einheit, mit dem der Kunden in Kontakt getreten ist. Erst am Ende der Befragung sind nach Angaben der Zeugin C2 sodann Fragen im Zusammenhang mit der Behebung des vom Kunden monierten technischen Problems sowie nach Verbesserungsvorschlägen vorgesehen.

Insgesamt lässt sich der Aussage der Zeugin C2 daher sicher entnehmen, dass diese mit ihrem Anruf bei dem Zeugen Prof. C nicht nur die Nachfrage bezweckte, ob der Telefonanschluss des Zeugen wieder fehlerfrei funktionierte und die E ihre vertraglichen Verpflichtungen nunmehr mangelfrei erfüllte. Vielmehr sollte mit dem Telefonat im Rahmen der gegenüber dem Zeugen Prof. Dr. C beabsichtigten standardisierten Qualitätskontrollbefragung vornehmlich nicht der technische Aspekt der Störungsbehebung abgeklärt, sondern die Zufriedenheit des Zeugen mit der Kundenfreundlichkeit und Serviceausrichtung der Ansprechpartner der E unter diversen Kriterien abgefragt werden.

Unter diesen Umständen stellte der Telefonanruf der Zeugin C2 bei dem Zeugen Prof. C eine Werbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar. Eine Werbung liegt nach der heranzuziehenden Definition in Art. 2 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (vgl. BGH GRUR 2009, 980 Rn. 13 – E-Mail-Werbung; Senat vom 30.03.2012 – 6 U 191/11 = WRP 2012, 725 – Telefonanruf durch Meinungsforschungsinstitut; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Auflage, § 7 Rn. 129) bei jeder Äußerung mit dem Ziel vor, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Dabei kann eine werbliche geschäftliche Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG auch zu Gunsten eines fremden Unternehmens begangen werden.

An Hand dieser Kriterien sind im Auftrag eines Unternehmens durchgeführte telefonische Kundenzufriedenheitsbefragungen Werbeanrufe im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da sie jedenfalls auch und mittelbar dazu dienen, Kunden – auch im Hinblick auf künftige Geschäftsabschlüsse des Unternehmens – zu behalten, und damit jedenfalls mittelbar die Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen des auftraggebenden Unternehmens bezwecken (vgl. Senat a.a.O.; Köhler a.a.O. Rn. 132; Ohly/Piper/Sosnitza, UWG, 5. Auflage, § 7 Rn. 44; s. auch LG Hamburg GRUR-RR 2007, 61 – Marktforschung). Insoweit genügt es, dass der Anruf im Auftrag eines Unternehmens erkennbar dem Ziel dient, Kunden durch die Erfragung ihrer Zufriedenheit mit den Dienstleistungen eines Unternehmens und der an ihren Wünschen und Anregungen ausgerichteten Verbesserung der Serviceleistungen als solche zu erhalten und die Chancen für den künftigen Absatz von Waren oder Dienstleistungen da-durch zu erhöhen (vgl. Senat a.a.O.; vom 12.12.2008 – 6 U 41/08 – = MMR 2009, 267 [268]; Menebröcker in: Götting/Nordemann, UWG, 2. Auflage, § 7 Rn. 56; Koch in: Ullmann juris PK-UWG, 3. Auflage, § 7 Rn. 20).

Dies war vorliegend im Hinblick auf den Privatkunden Prof. C der Fall, bei dem die Mitarbeiterin C2 der Beklagten dessen allgemeine Zufriedenheit mit den Servicedienstleistungen der E anlässlich eines vorangegangenen geschäftlichen Kontakts erfragen und auf diese Weise die Kunden- und Serviceorientiertheit jenes Unternehmens bei der Erbringung vom Zeugen in Anspruch genommener, aber auch anderweitiger künftiger Telekommunikationsdienstleistungen herausstellen sollte. Insoweit unterscheidet sich der werbliche Charakter des Anrufs angesichts seiner über die Abfrage der Erledigung der Kundenbeanstandungen hinausgehenden Zielrichtung nicht von demjenigen, der dem vom Landgericht angeführten Urteil des Senats vom 30.03.2012 – 6 U 191/11 – (WRP 2012, 725) zu Grunde lag und den der Senat aus den vorliegend in Bezug genommenen Gründen als unzulässige Telefonwerbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG angesehen hat.

Der Einstufung als eine solche Telefonwerbung steht nicht entgegen, dass die Zeugin C2 ihre Kontaktaufnahme nicht als Werbeanruf, sondern als Kundenbefragung bezeichnet hat. Eine unzumutbare Belästigung liegt erst recht vor, wenn sich dem angerufenen Verbraucher der werbliche Charakter des Anrufs nicht ohne Weiteres erschließt, weil er bei einem solchen Anruf eher nicht so leicht auf den Schutz seiner Privatsphäre dringen und das Gespräch nicht so rasch wie bei einem Anruf mit offensichtlich werblicher Intention beenden wird (vgl. Senat a.a.O.; OLG Stuttgart GRUR 2002, 457 [458]; Koch a.a.O.).

Ebenso wenig kann eine Werbung mit einem Telefonanruf im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verneint werden, weil der Zeuge Prof. C, nachdem die Zeugin C2 nach eigenem Bekunden ihren Wunsch nach Durchführung einer Kundenzufriedenheitsbefragung bzw. Qualitätskontrolle bekundet hat, das Telefonat nach etwa zweieinhalb Minuten beendet hat, bevor die Zeugin C2 an diesen konkrete Fragen gerichtet hat. Denn die werbliche Intention und der Werbecharakter des Anrufs haben sich bereits in der Ankündigung der Durchführung einer Befragung zur Kundenzufriedenheit manifestiert. Unter diesen Umständen liegt kraft Gesetzes eine unzumutbare Belästigung vor, ohne dass eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen ist.

3.
Der Kläger hat aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG allerdings keinen Anspruch auf Zahlung einer verzinslichen Abmahnpauschale, da die in seiner Abmahnung vom 13.12. 2011 erhobenen Beanstandungen in tatsächlicher Hinsicht nicht berechtigt waren. In seiner Abmahnung hat der Kläger zwar rechtlich zutreffend geltend gemacht, der Anruf der Zeugin C2 bei dem Zeugen Prof. C sei als unzulässige Telefonwerbung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu qualifizieren. Den Inhalt des Telefonats hat der Kläger im Hinblick auf die angebliche – nicht erwiesene – Frage der Zeugin C2 nach den Fernsehgewohnheiten des Zeugen Prof. C jedoch unzutreffend geschildert. In der Abmahnung muss indessen mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet (vgl. Köhler/Bornkamm a.a.O. § 12 Rn. 1.15).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag, der ursprünglich jegliche telefonische Kundenzufriedenheitsbefragung der Beklagten auch ohne vorherigen Geschäftskontakt des Angerufenen mit ihrem (der Beklagten) Auftraggeber erfasste, inhaltlich eingeschränkt, indem er diesen an den konkreten Umständen der streitgegenständlichen Verletzungshandlung ausgerichtet hat. Die Beklagte hat in die Beschränkung des Unterlassungsantrags konkludent eingewilligt, indem sie sich auf den modifizierten Antrag rügelos eingelassen hat (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 264 Rn. 4a). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat hinsichtlich des zugesprochenen Unterlassungsantrags (ebenso wie in seinem Urteil vom 30.03.2012 – 6 U 191/11 -) die Revision zugelassen, da die Frage, ob Meinungsforschungsunternehmen Verbraucher aus Anlass eines vorangegangenen geschäftlichen Kontakts deren Zufriedenheit mit der Abwicklung der geschäftlichen Angelegenheit erfragen dürfen, höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.

Vorinstanz:
LG Bonn, Az. 12 O 18/12

I