OLG Köln: Zum Umfang des Auskunftsanspruchs bei einem Wettbewerbsverstoß

veröffentlicht am 11. März 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Köln, Urteil vom 21.11.2014, Az. 6 U 90/14
§ 242 BGB

Das OLG Köln hat entschieden, dass dem Verletzten bei Wettbewerbsverletzungen regelmäßig kein Anspruch auf Rechnungslegung, sondern nur ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zusteht und auch hinsichtlich des Auskunftsanspruchs zu berücksichtigen ist, ob eine Schadensschätzung erfolgen soll. Die Auskunftspflicht richte sich hinsichtlich ihrer Art und ihres Umfangs nach den Bedürfnissen des Verletzten unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Verletzers. Dabei seien auch Art und Schwere der Rechtsverletzung von Bedeutung. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Köln

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten zu 1) wird das am 7. Mai 2014 verkündete Teilurteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 171/13 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1) der Klägerin in einer gesonderten Auflistung unter Angabe der in Deutschland abgegebenen Stückzahlen sowie des Umfangs der betriebenen Werbung unter Angabe der Art, des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbemaßnahmen sowie deren Verbreitungsgebiet, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten, schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Art und in welchem Umfang

a) die Blutzuckermessgeräte „X D Classic“, „X D Light“, „X D Premium“ und „X D Dialog“ mit der Angabe „Innovation Award Burgenland“ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlagen K 15 und K 16 und K 17 und K 18, in Deutschland abgegeben worden sind;

und

b) das Blutzuckermessgerät „X D Dialog“ mit der Angabe „iF Produkt Design Award 2011″ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlage K 18, in Deutschland abgegeben worden ist;

und

c) das Blutzuckermessgerät „X D Light“ mit der Angabe „Austrian National Award for Design 2011″ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlage K 19, in Deutschland abgegeben worden ist;

2) an die Klägerin 1.150,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.08.2013 zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Handlungen gemäß Ziffer I. 1) entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

2. Im Übrigen wird die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu ¼ und die Beklagte zu 1) zu ¾ .

4. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Sicherheit beträgt hinsichtlich des Tenors zu I.1) (Auskunft) 12.000,- €, im Übrigen für den jeweiligen Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile zu vollstreckenden Betrags, für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.
Die Klägerin und die Beklagte zu 1) (im Folgenden: Beklagte) vertreiben in Deutschland Blutzuckermessgeräte.

Die Beklagte vertreibt unter der Marke „X“ vier Blutzuckermessgeräte und zwar „X D Classic“, „X D Light“, „X D Premium“ und X D Dialog“. Sie hat diese mit Angaben über verschiedene Award-Auszeichnungen beworben und in Deutschland in den Verkehr gebracht, die die Klägerin als irreführend beanstandet hat. Beklagte zu 2) ist die in Österreich ansässige Herstellerin der Geräte, gegen die das Landgericht den Rechtsstreit gemäß § 27 Abs. 1 EuGVVO ausgesetzt hat, bis die Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien im Rechtsstreit der Beklagten zu 2) gegen die Klägerin Az. 39 Cg 12/13b feststeht.

In dem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren Az. 84 O 19/13 hat das Landgericht Köln auf Antrag der Klägerin gegen die Beklagte entsprechende Verbotsverfügungen erlassen und mit Urteil vom 17.04.2013 bestätigt; auf das als Anlage K 1 in Ablichtung zur Akte gereichte Urteil nimmt der Senat Bezug. Den Streitwert hat die Kammer auf jeweils 180.000,00 € festgesetzt, die gegen die Streitwertfestsetzung gerichtete Beschwerde blieb erfolglos. Die Beklagte hat hinsichtlich der gegen sie erwirkten einstweiligen Verfügung eine Abschlusserklärung abgegeben.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin von der Beklagten – neben der Beklagten zu 2) – Auskunft, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Zahlung von Abmahnkosten nach einem Streitwert von 500.000,00 € und einer 0,65 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1) der Klägerin in einer gesonderten Auflistung insbesondere unter Angabe der in Deutschland abgegebenen Stückzahlen, der Umsatzerlöse und der Gestehungskosten sowie des Umfangs der betriebenen Werbung unter Angabe der Art, des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbemaßnahmen sowie deren Verbreitungsgebiet, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten, schriftlich Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Art und in welchem Umfang

a) die Blutzuckermessgeräte „X D Classic“, „X D Light“, „X D Premium“ und „X D Dialog“ mit der Angabe „Innovation Award Burgenland“ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlagen K 15 und K 16 und K 17 und K 18, in Deutschland abgegeben worden sind;

und

b) das Blutzuckermessgerät „X D Dialog“ mit der Angabe „iF Produkt Design Award 2011″ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlage K 18, in Deutschland abgegeben worden ist;

und

c) das Blutzuckermessgerät „X D Light“ mit der Angabe „Austrian National Award for Design 2011″ auf der Produktverpackung, geschehen wie in Anlage K 19, in Deutschland abgegeben worden ist;

2) an die Klägerin jeweils 1.967,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

II. die Beklagte zu 2) zu verurteilen,

1) es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, geschäftlich handelnd in der Bundesrepublik Deutschland

a) die Blutzuckermessgeräte „X D Classic“ und/oder „X D Light“ und/oder „X D Premium“ und/oder „X D Dialog“ mit der Angabe „Innovation Award Burgenland“ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie auf den Produktverpackungen gemäß Anlage K 15 und/oder Anlage K 16 und/oder Anlage K 17 und/oder Anlage K 18;

und/oder

b) das Blutzuckermessgerät „X D Dialog“ mit der Angabe „iF Produkt Design Award 2011″ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie auf der Produktverpackung gemäß Anlage K 18;

und/oder

c) das Blutzuckermessgerät „X D Light“ mit der Angabe „Austrian National Award for Design 2011″ zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie auf der Produktverpackung gemäß Anlage K 19;

2) an die Klägerin 2.416,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Handlungen gemäß Ziffer I. 1) entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben die Klage gegen die Beklagte zu 1) für nicht begründet und die Klage gegen die Beklagte zu 2) für unzulässig und unbegründet gehalten. Die Beklagte habe ihre Auskunftsverpflichtung – soweit diese geschuldet wird – erfüllt und auch die Schadensersatzverpflichtung im Schreiben vom 27.05.2013 dem Grunde nach anerkannt. Der Zahlungsanspruch beruhe auf überhöhten Gegenstandswerten. Im Übrigen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat ein Teilurteil erlassen, mit dem es der auf Auskunft und Schadenersatzfeststellung gerichteten Klage gegen die Beklagte stattgegeben und den Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten dem Grunde nach bejaht und lediglich der Höhe nach teilweise abgewiesen hat; gleichzeitig hat es den Rechtsstreit gegen die Beklagte zu 2) ausgesetzt.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Abweisungsbegehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere die Auffassung, sie habe die zur Vorbereitung und Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches notwendigen Auskünfte durch die Schreiben vom 27.05. und 24.06. 2013 erteilt; ein Anspruch auf Erteilung weitergehender Auskunft, insbesondere im Hinblick auf Umsatzerlöse und Gestehungskosten, bestehe nicht. Im Übrigen wiederholt sie ihre Auffassung, sie habe ihre Verpflichtung zum Schadenersatz vorprozessual bereits wirksam anerkannt, und vertieft im Hinblick auf die Verjährungseinrede ihr diesbezügliches Vorbringen, nach dem insbesondere auch keine Hemmung des Fristenlaufs angenommen werden könne. Schließlich habe das Landgericht auch rechtsfehlerhaft einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten zuerkannt.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung zum Bestehen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs. Werbemaßnahmen wie etwa auf dem von der Beklagten erwähnten DGG- Kongress in T tauchten in keiner der vorgerichtlich erteilten Auskünfte auf, zumal davon auszugehen sei, dass sie auch auf anderen Kongressen oder Messen mit den Produktverpackungen geworben habe. Einen durch solche Maßnahmen entstehenden Marktverwirrungsschaden könne sie – die Klägerin – aufgrund der unzureichenden Auskunft der Beklagten bis heute nicht ermitteln. Die erteilte Auskunft sei auch insofern unzureichend, als die unsubstantiiert behaupteten und durch nichts belegten Stückzahlen ohne jede zeitliche und räumliche Zuordnung mitgeteilt worden sein; für eine Schadensberechnung sei es unerlässlich, dass die Absatzzahlen der Beklagten zu den eigenen Absatzzahlen in Bezug gesetzt werden könnten. Schließlich bestehe grundsätzlich auch ein Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns, für den es unerlässlich sei, die Umsatzzahlen und Gestehungskosten zu kennen. Das Landgericht sei mit Blick auf die zutreffend zurückgewiesene Verjährungseinrede auch zu Recht nicht auf die unsubstantiierte Behauptung der Beklagten eingegangen, dass sie – die Klägerin – bereits seit dem 01.06.2011 Kenntnis von den Umverpackungen gehabt habe; sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und behauptet, sie habe jedenfalls vor dem 22.01.2013 keine Kenntnis von dem Umstand gehabt, dass die Beklagte mit Auszeichnungen warb, die ihr tatsächlich nicht zuteil geworden waren. Im übrigen sei ein Schadensersatzanspruch nicht wirksam anerkannt und bestehe Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 12 UWG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat nur hinsichtlich eines Teils des Auskunftsanspruchs der Klägerin Erfolg.

1.
Der Auskunftsanspruch besteht aus § 242 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang; er ist im bestehenden Umfang durch die vorprozessualen Schreiben der Beklagten vom 26.04.2013 (Anlage K 26) und 27.05.2013 (Anlage K 28) nicht erfüllt.

a.
Bei Wettbewerbsverletzungen steht dem Verletzten regelmäßig kein Anspruch auf Rechnungslegung, sondern nur ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zu. Die daraus resultierende Auskunftspflicht richtet sich hinsichtlich ihrer Art und ihres Umfangs nach den Bedürfnissen des Verletzten unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Verletzers. Dabei sind auch Art und Schwere der Rechtsverletzung von Bedeutung (BGH GRUR 1987, 647, juris Tz. 9; BGH GRUR 1978, 52, juris Tz. 17 f. – Fernschreibverzeichnis; BGH MDR 1965, 269, juris Tz. 16 – Umsatzauskunft).

Ist der Hauptanspruch ein Schadensersatzanspruch, so kommt es für den notwendigen Inhalt und Umfang der Auskunft zunächst entscheidend darauf an, ob sie den Schaden bezifferbar machen kann oder ob sie lediglich Grundlagen für eine Schätzung nach § 287 ZPO liefern soll; die Bezifferung eines Schadens setzt regelmäßig genauere und weitaus detailliertere Angaben über Berechnungsgrundlagen voraus als eine Schadensschätzung. Dabei ist eine detaillierte Berechnung auch bei entgangenen Lizenzeinnahmen und beim Verletzergewinn nicht die Regel, sondern einen auf wenige Fallgestaltungen beschränkte Ausnahme, die die Rechtsprechung bislang außer bei der Verletzung gewerblicher Ausschließlichkeitsrechte nur in Einzelfällen von sklavischen Nachahmungen und Verletzung von Betriebsgeheimnissen, später allenfalls noch in Fällen sonstiger wettbewerbswidriger Leistungsübernahme angenommen hat. Geringer sind die Regelanforderungen an die Auskunft bei einem Schadensersatzanspruch wegen solcher Wettbewerbsverletzungen, bei denen eine abstrakte Schadensberechnung überhaupt nicht zulässig und somit allein eine ganz allgemeine Schätzung des entstandenen Schadens möglich ist; was zu dieser Schätzung erforderlich ist, hängt in besonderem Maße von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Auflage, Kap. 34 Rn. 19; Kap. 38 Rn. 11, 12,14; Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 9 Rn. 4.7b, jeweils m.w.N.).

Mit diesen Grundsätzen steht die Auffassung des Landgerichts, die Klägerin könne z.B. auch den Gewinn der Beklagten, der aufgrund der irreführenden Werbung erzielt worden ist, abschöpfen und sei zu dessen Berechnung insbesondere auch auf die Auskünfte zu den Umsatzerlösen und den Gestehungskosten angewiesen, nicht im Einklang. Vorliegend stehen keine sklavischen Nachahmungen oder sonstige wettbewerbswidrige Leistungsübernahmen, sondern Wettbewerbsverletzungen gemäß §§ 3, 5 Abs. 1 S 2 Nr. 1 UWG wegen irreführender Werbung mit Angaben über Award-Auszeichnungen auf den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Produktverpackungen in Rede. Es handelt sich dabei um keine der oben genannten, von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen, in der die weitestgehenden Angaben des Verletzten für exakte Berechnungen benötigt werden, weil etwa die Umstände eine Stücklizenz rechtfertigen oder der Verletzergewinn in vollem Umfang und ausschließlich Folge der Rechtsverletzung ist.

b.
Da bei Wettbewerbsverstößen wegen irreführender Werbung der Verletzte regelmäßig nur Anspruch auf Ersatz des konkreten ihm entstandenen Schadens hat, dieser sich jedoch meist nicht genau feststellen lässt, dient die Auskunft dazu, geeignete Grundlagen für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu gewinnen; was zu dieser Schätzung erforderlich ist, hängt in besonderem Maße von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH a.a.O. – Fernschreibverzeichnis, Tz. 19; Teplitzky, a.a.O., Rn. 16). Notwendig ist die Kenntnis vom Umfang des begangenen Wettbewerbsverstoßes, weil sich nur danach die Auswirkungen bestimmen lassen. Bei Wettbewerbsverstößen wegen irreführender Werbung wird daher regelmäßig ein Anspruch auf Auskunft über Art, Zeit und Umfang der Verletzungen, notfalls auch über die Empfänger der missbräuchlichen Werbung zugebilligt, wobei zu Letzteren auch eine Aufgliederung in Einzelakte gehören kann (vgl. BGH a.a.O. – Fernschreibverzeichnis, Tz. 20). So kann es bei unrichtigen Werbeaussagen wesentlich sein, wann, bei welchen Gelegenheiten, in welchem Umfang (Werbemedienangabe) und auch wem gegenüber sie gemacht worden sind (vgl. BGH, a.a.O. – Umsatzauskunft, Tz. 18; Teplitzky, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.). Nicht erforderlich sind demgegenüber regelmäßig Umsatzangaben des Verletzers, da sie als Schätzungsgrundlage für den dem Verletzten entstandenen Schaden in der Regel wenig hilfreich sind; auch der Gewinn des Verletzers ist hier – anders als bei der objektiven Berechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns – regelmäßig kein Kriterium für die Schätzung des Schadens des Verletzten. Herstellungskosten oder Einkaufspreise sowie Verkaufspreise brauchen daher regelmäßig auch dann nicht genannt zu werden, wenn der Schaden aus wettbewerbswidrigen Verkäufen bestimmter Waren hergeleitet wird (vgl. BGH GRUR 2001, 84 – Neu in Bielefeld II, juris Tz. 34; Teplitzky, a.a.O., Kap. 38 Rn. 19).

Danach kann die Klägerin keine Auskunft im Hinblick auf Gestehungskosten (= Herstellungskosten) der Beklagten verlangen. Auch lassen sich aus ihrem Vortrag keine konkreten Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass im Streitfall ausnahmsweise die Mitteilung der Verkaufspreise oder Umsatzerlöse für die Ermittlung der Höhe eines der Klägerin entstandenen Schadens erforderlich oder jedenfalls zur Kontrolle der sonstigen Informationen sinnvoll und nützlich wäre (vgl. insoweit auch BGH, a.a.O. – Neu in Bielefeld II, juris Tz. 34). Die Klägerin deutet erstmals mit der Berufungsbegründung an, welche Art des Schadens sie geltend zu machen beabsichtigt. Dort führt sie aus, einen durch die Werbemaßnahmen der Beklagten entstehenden Marktverwirrungsschaden könne sie aufgrund der unzureichenden Auskunft bis heute nicht ermitteln. Inwieweit sie hierfür Auskunft über Umsatzerlöse und/oder Gestehungskosten benötigt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Gleichwohl erfüllt die bisher erteilte Auskunft die bestehende Auskunftspflicht nicht. Die Verpflichtung besteht nach den aufgezeigten Grundsätzen im Hinblick auf Art und Umfang der Rechtsverletzungen, namentlich wann, bei welcher Gelegenheit, in welchem Umfang und wem gegenüber die Verletzerin die beanstandete Werbebehauptung aufgestellt bzw. Produktverpackungen mit den irreführenden Angaben in den Verkehr gebracht hatte. Auskunft ist bisher durch die genannten Schreiben der Beklagten lediglich erteilt im Hinblick auf Stückzahlen der in bestimmten Zeiträumen verkauften und verschenkten Blutzuckermessgeräte. Demgegenüber fehlt es an einer räumlichen, anlass- und adressatenbezogenen Zuordnung der jeweiligen Abgaben. Ein möglicher Marktverwirrungsschaden hängt maßgeblich von der tatsächlichen Werbewirkung auf die angesprochenen Verkehrskreise ab, die die Klägerin nur einschätzen kann, wenn sie weiß, zu welchem konkreten Zeitpunkt, bei welcher Gelegenheit und wem gegenüber die Beklagte die Produktverpackungen in den Verkehr gebracht hat. Das bedeutet nicht notwendig, dass die Beklagte die Empfänger der Geräte einzeln und namentlich benennen muss, was ihr nach ihrem vorprozessualen Vorbringen ohnehin nicht mehr möglich sein mag. Erforderlich, möglich und zumutbar ist es jedoch, Gelegenheit bzw. Anlass des Verkaufs oder der Abgabe, bspw. an Fachkreise auf Kongressen oder Messen oder an Privatpersonen, mitzuteilen.

Zwar beanstandet die Klägerin erstmals mit der Berufungsbegründung konkret, dass sie die benannten Stückzahlen weder zeitlich noch räumlich noch in Bezug auf einen konkreten Anlass zuordnen könne. Dieses in erster Instanz in der Begründung nicht konkretisierte Begehren ist jedoch von ihrem gestellten Klageantrag gedeckt, soweit sie bereits erstinstanzlich verlangt hat, ihr Auskunft über den Umfang der betriebenen Werbung unter Angabe der Art, des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbemaßnahmen sowie deren Verbreitungsgebiet, aufgeschlüsselt nach Kalendermonaten, zu erteilen.

Da die bisher erteilte Auskunft nach dieser Maßgabe ersichtlich unvollständig und zur Schadensberechnung nicht ausreichend ist, ist keine Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 9 Rn. 4.32 m.w.N.).

c.
Der Auskunftsanspruch ist nicht verjährt.

Unselbständige Auskunftsansprüche unterliegen nach herrschender Meinung, der der Senat folgt, einer selbständigen Verjährung nach § 195 BGB in Verbindung mit § 11 Abs. 4 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 11 Rn. 1.17). Anwendbar ist danach eine dreijährige Verjährungsfrist ab Entstehung, die auch dann bei Klageerhebung im Juli 2013 noch nicht abgelaufen gewesen wäre, wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass die Frist bereits am 01.06.2011 bzw. 19.05.2012 in Lauf gesetzt worden ist.

Selbst wenn man aber mit dem Landgericht und den Parteien von der kurzen Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG ausgeht, wäre der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht verjährt. Die Beklagte hat jedenfalls nicht substantiiert dargelegt, dass die Klägerin zu diesen Zeitpunkten bereits Kenntnis des anspruchsbegründenden Sachverhalts im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG hatte.

Zum einen kommt es im Rahmen dieser Regelung auf die allgemeinen Grundsätze der Wissenszurechnung an, d.h. innerhalb eines Unternehmens ist nicht die zufällige Kenntnis irgendeines Beschäftigen maßgebend, sondern nach dem Rechtsgedanken des § 166 BGB nur die Kenntnis solcher Personen, die nach der betrieblichen Organisation für die Aufnahme und Weiterleitung von Wettbewerbsverstößen zuständig sind oder von denen dies aufgrund ihrer Stellung typischerweise erwartet werden kann (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 11 Rn. 1.27 m.w.N.). Die Beklagte hat aber insoweit keine Person und deren Zuständigkeit innerhalb der GmbH identifiziert, sondern nur pauschal behauptet, „die Klägerin“ sei auf den beiden Kongressen anwesend gewesen und habe die Produktverpackungen der Beklagten fotografiert.

Im Übrigen reicht die Kenntnis der Produktverpackungen allein für die Kenntnis der „den Anspruch begründenden Umstände“ nicht aus; die Klägerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, sie habe erst am 22.01.2013 positive Kenntnis von dem Umstand gehabt, dass die Beklagte mit Auszeichnungen warb, die ihr tatsächlich nicht zuteil geworden waren; auch insoweit handelt es sich um Tatsachen, die den auf Irreführung gestützten Anspruch begründen. Aus welchen Gründen ihr vor dem 22.01.2013 grobfahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG angelastet werden könnte, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Jedenfalls hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Verjährung ab dem 29.04.2013 gemäß § 203 BGB gehemmt war.

2.
Die Schadenersatzfeststellungsklage ist zulässig und begründet.

Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO besteht trotz der in dem vorprozessualen Schreiben vom 27.05.2013 enthaltenen Erklärung. Ein solches kann fehlen, wenn der Beklagte die Haftung anerkannt und auf die Verjährungseinrede verzichtet hat (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 256 Rn. 9). Die Beklagte hat aber auf die Verjährungseinrede nicht verzichtet, sondern sie im Gegenteil um unmittelbaren Anschluss an den vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zitierten Satz ausdrücklich erhoben. Es ist angesichts dessen nicht davon auszugehen, dass sie die Klägerin klaglos stellen wollte (vgl. dazu BGH NJW 1985, 791, juris Tz. 15).

Der Anspruch besteht dem Grunde nach aus § 9 UWG; der der kurzen Verjährungsfrist unterliegende Anspruch ist aus den oben genannten Umständen unter keinen Umständen verjährt; weitere Einwendungen oder Einreden hat die Beklagte insoweit nicht erhoben.

4.
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht in der vom Landgericht zuerkannten Höhe. Soweit die Beklagte demgegenüber lediglich einwendet, sie habe keine ordnungsgemäße Kostenrechnung erhalten, verhilft dieser Einwand ihrer Berufung nicht zum Erfolg. § 12 Abs. 2 S 1 UWG setzt nur eine Berechtigung der Abmahnung voraus, die Erteilung einer Rechnung ist demgegenüber grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Auflage, § 271 Rn. 7).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; der Senat bemisst das Teilunterliegen der Klägerin mit ½ des auf den Auskunftsanspruch bezogenen Werts.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 46.150,35 € (für den Auskunftsanspruch und den Feststellungsantrag jeweils 22.500,- €)

I