OLG Köln: Zur Frage, wann eine abgewandelte Unterlassungserklärung nicht ernsthaft genug ist.

veröffentlicht am 29. April 2021

OLG Köln, Beschluss vom 17.05.2001, Az. 6 W 41/01
§ 91 a ZPO

Das OLG Köln hat in dieser älteren Entscheidung darauf hingewiesen, dass eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die gegenüber dem vom Abmahner vorgeschlagenen Inhalt, Abweichungen enthält, wegen fehlender Ernsthaftigkeit zurückgewiesen werden kann. Die Wiederholungsgefahr der erneuten Rechtsverletzung werde z.B. durch eine Unterlassungserklärung nur dann beseitigt, wenn diese mit einem Vertragsstrafeversprechen in ausreichender Höhe verbunden sei. Ausreichend ist die Höhe dann, wenn sie den ernsthaften Willen des Unterlassungsschuldners erkennen lasse, sich zukünftig an die Unterlassungsvereinbarung zu halten. Im vorliegenden Fall hatte der Unterlassungsschuldner eine Vertragsstrafe von 9.000 DM (sic!) statt 10.100 DM angeboten, um die Zuständigkeit des Amtsgerichts zu begründen. Dies hielt der Senat für nicht ernsthaft genug, da die Amtsgerichte mit wettbewerbsrechtlichen Verfahren (wie vorliegend) überfordert seien. Zum Volltext der Entscheidung:


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Oberlandesgericht Köln

Beschluss

1.) Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 184/00 – vom 15.3.2001, durch den ihr die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens auferlegt worden sind, wird zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

Die gem. § 91 a Abs.2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Kosten des übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt. Denn ohne deren Erklärung im Termin vom 14.2.2001, wonach die Höhe der Vertragsstrafe von der Antragstellerin zu bestimmen sei, wäre die einstweilige Verfügung zu bestätigen gewesen und es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91 a ZPO, die Kosten der bei streitigem Verfahrensfortgang voraussichtlich unterlegenen Partei aufzuerlegen.

Die einstweilige Verfügung wäre zu bestätigen gewesen, weil die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin vom 11.10.2000 die auf Grund des beanstandeten Verstoßes bestehende Wiederholungsgefahr nicht beseitigt hat. Die Wiederholungsgefahr wird durch eine Unterlassungserklärung nur dann beseitigt, wenn diese mit einem Vertragsstrafeversprechen in ausreichender Höhe verbunden ist. Ausreichend ist die Höhe dann, wenn sie den ernsthaften Willen des Unterlassungsschuldners erkennen lässt, sich zukünftig an die Unterlassungsvereinbarung zu halten (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, Kap.8, RZ 18). Daran fehlte es indes.

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine angebotene Vertragsstrafe der Höhe nach ausreicht, um einen ernsthaften Unterlassungswillen zum Ausdruck zu bringen, kommt es neben z.B. der Schwere des Verstoßes und der Größe des verletzenden Unternehmens auf alle Umstände des Einzelfalles an (BGH WRP 83,91,93 – „Angemessenheit einer Vertragsstrafe“; GRUR 94,146 ff – „Vertragsstrafebemessung“). Hierzu gehört auch das spätere Verhalten des Unterlassungsschuldners im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung (vgl. Teplitzky, a.a.O.). Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so war die von der Antragsgegnerin angebotene Vertragsstrafe von 9.000 DM nicht geeignet, die Ernsthaftigkeit ihres Unterlassungswillens zum Ausdruck zu bringen.

Dem Angebot der Antragsgegnerin, eine Vertragsstrafevereinbarung über den Betrag von 9.000 DM zu treffen, war das Verlangen der Antragstellerin vorausgegangen, eine Vertragsstrafeverpflichtung über den Betrag von 10.100 DM zu vereinbaren. Die Reduzierung der Höhe der Vertragsstrafe durch die Antragsgegnerin lässt unter den gegebenen Umständen an der Ernsthaftigkeit ihrer Erklärung zweifeln.

Es mag sein, dass die Differenz von nur 1.100 DM zwischen beiden Beträgen gering ist und angesichts der Größe des Unternehmens der Antragsgegnerin keine nennenswerten Unterschiede in deren wirtschaftlicher Belastung im Falle des Verstoßes ausmacht. Es mag daher ebenso sein, dass die Erklärung unter anderen Umständen zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr ausgereicht hätte, in der vorliegenden Auseinandersetzung ist das indes nicht der Fall.

Die Antragsgegnerin hat weder in der ersten Instanz noch im Beschwerdeverfahren, obwohl dies sogar allein die Frage der Vertragsstrafenhöhe zum Gegenstand hat, dargelegt, warum sie lediglich das niedrigere Vertragsstrafeversprechen angeboten hat. Angesichts der dargelegten Geringfügigkeit der Differenz kann auch nicht angenommen werden, dass zwar der Betrag von 9.000 DM, nicht aber die von der Antragstellerin verlangte Summe von 10.100 DM angemessen wäre. Folge der Reduzierung ist angesichts der Streitwertgrenze der §§ 23 Ziff.1, 71 GVG, dass nicht das Landgericht, sondern das Amtsgericht zur Entscheidung über die Frage berufen gewesen wäre, ob die Vertragsstrafe im Einzelfall verwirkt ist. Das zu erreichen war – wie mangels anderer Anhaltspunkte anzunehmen ist – offenbar die Absicht der Antragsgegnerin. Dieses Verhalten legt indes den Schluss nahe, dass der Unterlassungserklärung nicht die erforderliche Ernsthaftigkeit zugrunde lag. Dabei kann es offen bleiben, ob die im hiesigen Raum zumindest ganz überwiegend geübte Praxis, durch die Höhe der Vertragsstrafenvereinbarung die spätere Zuständigkeit des Landgerichts zu begründen, auch in dem örtlichen Bereich, in dem die Antragsgegnerin ihren Sitz hat, geübt wird. Denn auch wenn das nicht so sein sollte, hätte doch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe von nur 9.000 DM die Zuständigkeit eines in Wettbewerbssachen notwendig unerfahrenen Amtsgerichts begründet. Angesichts der bekannten Höhe der Streit- und Gegenstandswerte in Wettbewerbssachen ist nämlich in Verletzerprozessen – von eher nur theoretisch denkbaren Einzelfällen abgesehen – die Zuständigkeit der Amtsgerichte nicht begründet. Die für sachgerechte Entscheidungen in dieser Spezialmaterie – auch bei Streitigkeiten über die Verwirkung der Vertragsstrafe – erforderliche Erfahrung ist also bei dem Amtsgericht bei weitem nicht in gleich hohem Maße wie bei dem Landgericht vorhanden. Es ließ somit auch bei objektiver Sichtweise an der Ernsthaftigkeit ihres Unterlassungswillens zweifeln, dass die Antragsgegnerin eine Vertragsstrafenvereinbarung über einen Betrag angeboten hat, der zwar nahezu genau so hoch war wie der verlangte, aber anders als die von der Antragstellerin verlangte Höhe die Zuständigkeit eines Gerichts begründet hätte, das – auch wenn in Einzelfällen tatsächlich Vertragsstrafeverspechen in dieser niedrigen Höhe vereinbart werden sollten – nur in äußerst eingeschränktem Maße über die erforderliche Erfahrung im gewerblichen Rechtsschutz verfügen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Der Beschwerdewert wird auf einen Betrag zwischen 10.001 DM und 12.000 DM festgesetzt. Den Beschwerdewert bildet die Summe der erstinstanzlich bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten. Diese machen einen Betrag innerhalb der vorstehenden Spanne aus, die eine Gebührenstufe darstellt.

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