OLG München: Verkauf von Slot-1-Karten für Spielekonsole Nintendo DS verletzt die Urheber- und Markenrechte von Nintendo

veröffentlicht am 8. Dezember 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG München, Urteil vom 21.01.2010, Az. 6 U 3223/09
§§ 1004, 823 Abs. 2 BGB; § 95a UrhG; Art. 9 Abs. 1 lit. a. GMV

Das OLG München hat entschieden, dass der Import, die Verbreitung, der Verkauf, die Bewerbung oder der Besitz von sog. Slot -1-(Adapter-) Karten, jeweils zu gewerblichen Zwecken, welche gemeinhin dazu verwendet werden, unauthorisierte Software von Drittanbietern mit der Nintendo DS Spielekonsole zu verwenden, die Urheber- und Markenrechte der Firma Nintendo verletzen. Dem betreffenden Handelsunternehmen wurde verboten, diese Karten im geschäftlichen Verkehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten oder in Verkehr zu bringen, sofern diese Karten in elektronischer Form das Nintendo-Zeichen beinhalten würden und dieses beim Boot-Vorgang auf dem Bildschirm der Nintendo DS Konsole eingeblendet werde. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht München

Urteil

In dem Rechtsstreit

Nintendo Co. Ltd., …

gegen

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2010 folgendes

ENDURTEIL:

I.
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.04.2009 wird mit der Maßgabe als unbegründet zurückgewiesen, dass in Ziffer 2 des Tenors angefügt wird:
„Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.“.

II.
Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.
Mit Endurteil vom 23.04.2009, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht seine entsprechend dem Antrag der Verfügungsklägerin (im. Folgenden: der Klägerin) erlassene Beschlussverfügung vom 28.11.2008 auf der Grundlage der §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i.v.rn. § 95a UrhG sowie Art. 9 Abs. 1 lit. a. GMV in folgender Fassung bestätigt:

Der Antragsgegnerin wird es verboten,

a.
in den Kartenschacht der Nintendo DS Spielkonsole passende sog. „Slot-1-Karten“, die über einen internen wiederbeschreibbaren Speicher oder eine Vorrichtung zur Verwendung einer Micro-SD-Karte verfügen und geeignet sind, im Internet verfügbare Kopien von Ninterido DS Spielen der Antragstellerin auf einer Nintendo DS Konsole abzuspielen, insbesondere die folgenden sog. „Slot-1-Karten“:

– M3 DS Real Adapter Card Rumble Pack
– acekard 2
– DS TT Revision 1.0
– DS-Linker 16 Gbit
– EDGE DS
– N5 Revolution
– R4 Revolution
– Supercard DS One (SDHC)

zu gewerblichen Zwecken einzuführen, zu verbreiten, zu verkaufen, im Hinblick auf den Verkauf zu bewerben oder zu besitzen;

b.
die in den Kartenschacht der Nintendo DS Spielkonsole passenden Slot-1-Karten

– M3 DS Real Adapter Card Rumble Pack
– acekard 2
– DS TT Revision 1.0
– DS-Linker 16 Gbit
– EDGE DS
– N5 Revolution
– R4 Revolution
– Supercard DS One (SDHC)

im geschäftlichen Verkehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten oder in Verkehr zu bringen, sofern diese Karten in elektronischer Form das nachfolgend abgebildete Zeichen

< Nintendo>

beinhalten, welches beim Boot-Vorgang auf dem Bildschirm der Nintendo DS Konsole eingeblendet wird.

Gegen diese Entscheidung, der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: der Beklagten) zugestellt am 18.05. 2009, richtet sich deren mit Schriftsatz vom 02.06.2009 (BI. 210 f. d.A.) eingelegte und, nach Fristverlängerung, unter dem 18.08.2009 begründete Berufung (BI. 221 ff. d.A.), mit der sie – unter Aufhebung des angefochtenen Urteils – weiterhin die Zurückweisung des Verfügungsantrags begehrt. Sie hält die Rüge fehlender Prozessvollmacht des Klägervertreters aufrecht und wiederholt und vertieft auch im Übrigen ihr erstinstanzliches Vorbringen, wobei sie u.a. hervorhebt, der Verfügungsantrag sei im Hinblick darauf unzulässig, dass die angegriffenen Slot-1-Karten auch Gegenstand einer vor dem LG Braunschweig zwischen den Parteien anhängigen negativen Feststellungsklage umgekehrten Rumbrums sei. Das Vorgehen der Klägerin sei auch rechtsmißbräuchlich, habe sie doch nach Bestätigung der Beschlussverfügung zusätzlich die beiden Geschäftsführer der Beklagten abgemahnt. Durch diese Aufspaltung der Verfahren ohne sachlichen Grund habe die Klägerin ihre Prozessführungsbefugnis verloren. Auch sei ein Verfügungsanspruch nach § 95a UrhG nicht gegeben. Die angegriffenen Adapter stellten nämlich, insofern sie lediglich Träger der ggf. illegal hergestellten Software-Kopien seien, keine Vorrichtung zur Umgehung wirksamer technischer Schutzmaßnahmen dar – Schutzmaßnahmen, über welche die Konsolen der Klägerin nicht verfügten, insbesondere könne der sog. Boot-Code nicht als solche qualifiziert werden, so dass schon der Anwendungsbereich des § 95a UrhG nicht eröffnet sei. Ein markenrechtlicher Verfügungsanspruch scheide ebenfalls aus, da dessen tatsächliche Voraussetzungen nicht dargetan seien. Soweit bei Einführen der angegriffenen Slot-1-Karten in die Konsole auf dem Schirm das für die Klägerin geschützte Zeichen erscheine, könne hierdurch nicht glaubhaft gemacht werden, dass sich die Datei, welche das Logo erzeuge, gerade auf den Slot-Karten befinde. Bestätigt werde dies durch eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft Dortmund sowie einen Untersuchungsbericht der … (Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung erster Instanz = nach BI.  114 d.A.), welche Adapterkarten der streitgegenständlichen Art beträfen. Soweit die Klägerin bei der Untersuchung einiger weniger Slot-1-Karten zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt sei, hätte der Vortrag als verspätet zurückgewiesen werden müssen.

Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.01.2010 (BI. 294 d.A.) ihr Vorbringen dahingehend ergänzt, dass der kläqerseits als „wirksame technische Schutzmaßnahme“ beanspruchte sog. Boot-Code nicht als solche qualifiziert werden könne, da bereits nicht ersichtlich sei, welche urheberrechtlieh relevante Nutzungsart mittels des Boot-Codes verhindert werden solle. Erstmals bringt sie darüber hinaus vor, die einstweilige Verfügung sei bereits mangels Vollziehung aufzuheben, da ihr das die Beschlussverfügung im Wesentlichen bestätigende Urteil nicht im Parteibetrieb zugestellt worden sei. Auch sei ein Verfügungsgrund nicht dargetan; dessen hätte es indes bedurft, insofern sich die Klägerin für die geltend gemachten markenrechtlichen und urheberrechtliehen Ansprüche nicht auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 UWG stützen könne. Vielmehr habe die Klägerin durch ihr Verhalten eine etwa gegebene Eilbedürftigkeit selbst widerlegt: Zum einen lasse sie es zu, dass Dritte die angeblich rechtsverletzenden Adapter weiter vertrieben; zum anderen verfolge sie im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht primär den auf § 95a UrhG gestützten Anspruch, während sie sonstige urheberrechtliche oder markenrechtliche Ansprüche nur hilfsweise geltend mache – was faktisch einem Teilverzicht gleichkomme, und dies, obwohl sie in der Klageschrift explizit auf die Möglichkeit einer einseitigen Klagerücknahme verzichtet hatte, um hinsichtlich der vor dem Landgericht Braunschweig anhängigen negativen Feststellungsklage umgekehrten Rubrums Erledigung herbeizuführen. Habe die Klägerin mithin auf eine endgültige Klärung der markenrechtlichen Ansprüche sowie auf Teile ihrer im Verfügungsverfahren geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche verzichtet, liege insoweit auch kein Rechtsschutzbedürfnis mehrvor, die Rechtsverfolgung im Verfügungsverfahren stelle sich als rechtsmißbräuchlich dar. Jedenfalls habe es das Landgericht verabsäumt, bei der im Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes vorzunehmenden Interessenabwägung die Belange der Beklagten adäquat zu würdigen: durch die Entscheidung, die einen gewichtigen Umsatzausfall der Beklagten nach sich ziehe, werde sie existentiell an den Rand des Ruins geführt, so dass ihr die Insolvenz drohe, während der Klägerin durch ein Abwarten der endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren kein wirtschaftlicher Schaden entstanden wäre. Wie bereits dargelegt begründe schließlich auch das gesonderte Vorgehen gegen die beiden Geschäftsführer der Beklagten den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

Die Beklagte beantragt, das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.04.2009 abzuändern und die Beschlussverfügung der Kammer vom 28.11.2008 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend und weist ergänzend darauf hin, die Beschlussverfügunq im Parteibetrieb zugestellt zu haben, einer neuerlichen Vollziehung durch Zustellung des die Verfügung nur marginal einschränkenden Urteils habe es nicht bedurft. Dringlichkeitsschädliches Verhalten könne ihr nicht zur Last gelegt werden, habe sie doch binnen dreier Wochen nach Kenntnis von den beklagtenseits vertriebenen verletzenden Adaptern gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen.

Keineswegs lasse sie andere Anbieter unbehelligt – im Gegenteil: sie habe bereits 150 Abmahnungen verschickt und gehe derzeit gegen fünfzehn Adressaten gerichtlich vor. Soweit sie die Geschäftsführer der Beklagten erst nachträglich in Anspruch genommen habe, seien nicht etwa sachfremde Erwägungen dafür ausschlaggebend gewesen; vielmehr sei dies erforderlich geworden, um einem Insolvenzrisiko auf Seiten der Beklagten – das diese selbst hervorhebe – zu begegnen. Im Übrigen habe sie im Hauptsacheverfahren die Klage nicht etwa zurückgenommen, sondern, um die Erledigung des vor dem Landgericht Braunschweig geführten Verfahrens umgekehrten Rubrums herbeizuführen, ausdrücklich den Verzicht auf die Möglichkeit einer einseitigen Klagerücknahme erklärt. Soweit sie in der Sache die prozessualen Ansprüche in ein Haupt- und Hilfsverhältnis gestellt habe, sei die Rechtshängigkeit hierdurch gewahrt geblieben. Wenn die Beklagte schließlich rüge, die Klägerin habe die von ihr ergriffenen technischen Schutzmaßnahmen nicht hinreichend dargelegt, sei darauf zu verweisen, dass sie beispielhaft sowohl das allein von ihr verwendete spezifische Slot-1-Format als auch den Boot-Code und die Logo-Abfrage angeführt habe. Detaillierterer Ausführungen habe es nicht bedurft. Die Beklagte könne nicht erwarten, die von der Klägerin angewandten Schutzmaßnahmen in Gänze präsentiert zu bekommen, um sie leichter sodann umgehen zu können.

Wegen des Parteivorbringens wird im Übrigen auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2010 Bezug genommen.

Entscheidung

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 519 Abs. 1, Abs. 2; 517 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 3, Abs. 2 Satz 3 ZPO) Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die angegriffenen Adapter zu Recht als Vorrichtungen i.S.d. § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG sowie als die Gemeinschaftsmarke Nr. 3388477 der Klägerin verletzend qualifiziert und der Beklagten den Vertrieb derartiger Produkte untersagt. Im Einzelnen:

1.

a.
Die Postulationsfähigkeit der Klägerin begegnet keinen Bedenken: Zwar hat die Beklagte in zulässiger Weise, § 88 Abs. 1 ZPO, in der Berufungsbegründung ihre bereits erstinstanzlich erhobene Rüge mangelnder Bevollmächtigung wiederholt. Der Klägervertreter hat indes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine vom 02.12.2009 datierende, vom gesetzlichen Vertreter der Klägerin, dem Präsidenten Saturo Iwata, unterzeichnete Vollmachtsurkunde zu den Akten gereicht (nach BI. 351 d.A.) und seine Bevollmächtigung hierdurch nachgewiesen. Da dort (Ziffer 4, 2. Abs.) überdies ausdrücklich bestätigt wird, dass die Bevollmächtigung bereits am 20.11.2008, mithin vor Einreichung des Verfügungsantrags bestand, steht fest, das die für die Klägerin auftretenden Rechtsanwälte auch in erster Instanz zur Vertretung befugt waren. Bei dieser Sachlage bedurfte es einer Genehmigung der bisherigen Prozessführung (§ 89 Abs. 1 ZPO) nicht. Soweit die Beklagte dennoch moniert, die erstinstanzlich seitens der Rechtsanwälte dem Klägervertreter mündlich erteilte Unterbevollmächtigung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, bleibt diese Rüge angesichts der für den Klägervertreter nachgewiesenen Hauptbevollmächtigung bereits zum damaligen Zeitpunkt unbehelflich.

b.
Der Verfügungsantrag stellt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht mit Rücksicht auf eine vor dem Landgericht Braunschweig wegen der streitgegenständlichen Slot-1-Karten anhängige negative Feststellungsklage umgekehrten Rubrums als unzulässig dar: Zum einen betrifft die vorläufige Sicherung eines Unterlassungsanspruchs nach allgemeiner Ansicht einen vom Hauptsacheverfahren unterschiedenen Streitgegenstand; zum anderen ist mit Erhebung der Hauptsacheklage vor dem Landgericht München I nach dem Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage allenfalls das Feststellungsinteresse für das von der Beklagten angestrengte Braunschweiger Verfahren entfallen; die gegenteilige Ansicht, wonach der Leistungsklage mit Rücksicht auf ein anhängiges Feststellungsverfahren das Rechtsschutzinteresse fehle, findet im Gesetz keine Stütze.

c.
Der Senat vermag auch eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagte nicht festzustellen. Insbesondere lässt der Umstand, dass die Klägerin die Geschäftsführer der Beklagten nicht gemeinsam mit dieser, sondern erst nachträglich im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits wegen der streitgegenständlichen Karten abgemahnt hat, keine entsprechende Beurteilung zu. Zwar ist im gewerblichen Rechtsschutz anerkannt, dass die zeitlich versetzte Inanspruchnahme mehrerer Verletzer Rechtsmissbrauch begründen kann. Dies gilt indes grundsätzlich nur für das spätere Verfahren (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 8 Rdnr. 14.17; BGH GRUR 2002, 713, 714: Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung), nicht hingegen für das – hier vorliegende – erste gerichtliche Vorgehen. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass angesichts der von der Beklagten selbst angeführten Insolvenzgefahr, die ihr infolge des Streitverfahrens drohe, eine Inanspruchnahme auch der Geschäftsführer kaum auf sachfremden Erwägungen basieren dürfte.

d.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Urteilsverfügung des Landgerichts nicht etwa bereits deshalb aufzuheben, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO vollzogen worden wäre. Denn unstreitig war der Beklagten die Beschlussverfügung vom 28.11.2009 (richtig: 2008, BI. 41 ff. d.A.) im Parteibetrieb zugestellt und damit vollzogen worden. Einer neuerlichen Zustellung des die Beschlussver-fügung im Wesentlichen bestätigenden Urteils bedurfte es nicht. Nach allgemeiner Ansicht (vgl. Harte HenningIRetzer, UWG, § 12 Rdnr. 514) ist eine erneute Vollziehung nur dann zu fordern, wenn die Beschlussverfügung durch das im Widerspruchsverfahren ergangene Urteil erweitert, inhaltlich geändert oder wesentlich neu gefasst wird. Wird sie hingegen; wie hier, lediglich (marginal) eingeschränkt, löst ein solches Minus gegenüber der vollzogenen Entscheidung keine Notwendigkeit einer erneuten Vollzie-
hung aus (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2009, 194; OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 152).

2.
Ohne Erfolg moniert die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren nach Ablauf der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO, das Landgericht habe zu Unrecht einen Verfügungsgrund bejaht. Zwar kann sich die Klägerin zur Durchsetzung ihrer urheber- und markenrechtlichen Ausschließlichkeitsrechte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 UWG stützen. Die Rechtsverfolgung stellt sich indes im Streitfall ebenso als eilbedürftig dar. Wollte man die Klägerin auf eine Hauptsacheklage verweisen, käme dies faktisch einer Derogierung ihrer Ausschließlichkeitsrechte gleich, zumal zu befürchten wäre, dass der Markt für ihre Computerspiele alsbald durch Raubkopien der streitgegenständlichen Art weitgehend gesättigtwäre, sie mithin die Früchte ihrer Entwicklungsarbeit nicht weiter ernten könnte. Die Beklagte selbst bestätigt dies, wenn sie anführt, durch die Unterbindung des Vertriebs der Adapter sehe sie sich in ihrer wirtschaftlichen Existenz bis hin zur Gefahr der Insolvenz bedroht. Dieser Gesichtspunkt kann indes nicht zu ihren Gunsten in die gebotene Interessenabwägung einfließen. Denn das unrechtmäßige Erwirtschaften von Erträgnissen auf Kosten des wahren Berechtigten genießt nicht den Schutz der Rechtsordnung. Die danach gegebene Eilbedürftigkeit ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Klägerin mit der Inanspruchnahrne gerichtlicher Hilfe ungebührlich lange zugewartet und damit selbst zu erkennen gegeben hätte, dass ihr die Angelegenheit nicht dringlich ist: Wie sie durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung (Anlage ASt. 23) glaubhaft gemacht hat, hat sie bei Kenntniserlangung vom Vertrieb der angegriffenen Adapter arn 23. 10.2008 Testkäufe veranlasst und die Karten unverzüglich nach Erhalt am 31.10.2008 einer näheren Prüfung unterzogen. Mit Eingang des Verfügungsantrags bei Gericht am 27.11.2008 war daher die nach ständiger Rechtsprechung der beiden mit Verfahren des gewerblichen Rechtsschutzes befassten Senate des Oberlandesgerichts München zum Erhalt der Eilbedürftigkeit zu beachtende Monatsfrist gewahrt. Soweit die Beklagte anführt, dass die Klägerin andere Anbieter derartiger Adapter bislang nicht gerichtlich in Anspruch genommen habe, mag dies in den jeweiligen Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Dringlichkeit zu würdigen sein. Auswirkungen auf den Streitfall ergeben sich daraus jedoch nicht. Unbehelflich bleibt es auch, wenn die Beklagte aus dem Umstand, dass die Klägerin im anhängigen Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht die auf Urheber- und Markenrecht gestützten, ursprünglich kumulativ erhobenen Ansprüche in ein Haupt- und Hilfsverhältnis gestellt hat, den Verlust der Eilbedürftigkeit für das Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes herleiten möchte. Eine solche Erwägung verbietet sich bereits im Hinblick darauf, dass die Klägerin durch das vorläufige Verbot gesichert war. Dementsprechend hat es auch bei der vom Landgericht zu Recht bejahten Dringlichkeit sein Bewenden.

3.
Zu Recht hat das Landgericht auch die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Vergütungsanspruchs nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB LV.m. § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG als glaubhaft gemacht erachtet.

a.
Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang an. Wie dort dargelegt, stellt die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH NJW 2008, 3565 – Clone-CD). Dass es sich bei den von der Klägerin vertriebenen, auf den sog. Nintendo DS Karten gespeicherten Spielen um schutzfähige Werke i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG handelt, steht zwischen den Parteien außer Streit.

b.
Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren befunden, dass die klägerischen Produkte, nämlich ihre Spielkonsolen des Typs Nintendo DS bzw. Nintendo DS Lite in Verbindung mit den sog. Nintendo DS Karten, auf welchen verschiedene Spiele gespeichert sind, über wirksame technische Schutzmaßnahmen im Sinne der Legaldefinition § 95a Abs. 2 UrhG verfügen: Als solche führt die Klägerin Software-Elemente, nämlich den auf den Karten gespeicherten sog. Boot-Code sowie die „Logo-Datei“ an, des Weiteren Hardware in Form der Ausgestaltung der Nintendo DS Karten im Zusammenspiel mit dem sog. Slot-1 der Konsole an. Jedenfalls Letztere sind angesichts des Umstands, dass die Karten, wie zwischen den Parteien nicht im Streit steht, dank ihrer spezifischen Abmessungen, die sich bei keinem Konkurrenzprodukt finden, ausschließlich für die genannten Spielkonsolen konzipiert sind und ausschließlich mit deren sog. Slot-1-Schacht kompatibel sind, wobei das „proprietäre“ Format von Slot und Karte singulär ist und sich bei keinem Konkurrenzprodukt findet, als derartige technische Schutzmaßnahmen zu qualifizieren. Denn diese konkrete Gestaltung beschränkt die Nutzungsmöglichkeit von Spielen wie Konsolen auf die allein kompatiblen Produkte der Klägerin – mit der Folge, dass anderweitige Vervielfältigungen unterbunden werden, so dass die Verwendung einer Kontrolle durch die Klägerin unterworfen ist (Dreier/Schulze/Dreier, UrhG, 3: Auf!., § 95a Rdnr. 14). Bei dieser Sachlage begegnet die Wirksamkeit der von der Klägerin ergriffenen Schutzmaßnahme (Abmessungen der Hardware) keinen Bedenken. Denn nach allgemeiner Ansicht (Dreier, a.a.O., § 95a Rdnr. 15; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Ohst, UrhG, 3. Aufl., § 95a Rdnr. 47 ff., 50) setzt die Wirksamkeit nicht etwa voraus, dass Umgehungen unmöglich sind, sondern lediglich, dass die technischen Schutzmaßnahmen den durchschnittlichen Benutzer von einer vom Rechteinhaber nicht genehmigten Nutzung seines Werks abhalten können (vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Wandtke/Bullinger/Wandtke/Ohst, a.a.O., § 95a Rdnr. 50). Dies ist im Streitfall unzweifelhaft zu bejahen.

c.
Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen die angegriffenen Adapter als Umgehungsmaßnahmen i.S.d. § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG angesehen. Denn diese dienen allein dem Zweck, die Sicherungsfunktion, die die Klägerin mit ihrem spezifischen Format von Karten und Slot-1 der Konsole ergriffen hat, außer Kraft zu setzen. Soweit die Beklaqte hiergegen geltend macht, bei den Produkten handele es sich lediglich um ein Trägermedium, auf welchem beliebige Software, ggf. auch von den Nutzern illegal vervielfältigte Spiele der Klägerin, gespeichert werden könne, bleibt diese unbehelflich. Denn von ihr angeführte sonstige Verwendungsmöglichkeiten wie etwa das Abspielen selbst produzierter Musik auf den Spielkonsolen der Klägerin oder die Installation eines Terminkalenders – Möglichkeiten, die nicht eben naheliegen und daher eher theoretischer Natur sind – fallen objektiv wie nach dem Willen der Anbieter nicht ins Gewicht. Vielmehr hebt, wie die Berichterstattung in der Fachpresse betont (vgl. Anlage ASt. 9), sowohl die Werbung der Hersteller (vgl. Anlage ASt. 35: „Für weniger als den Preis eines einzigen DS Spiels ermöglicht der R4 Revolution deiner Nintendo DS: Backup ROMS von Spielen zu spielen“) wie auch die eigene Produktdarstellung der Beklagten (vgl. Anlagen ASt. 1 bis ASt. 8 ) ausschließlich auf die Verwendung als Trägermedium für Spiele ab, wenn sie die Adapter spezifisch für die Anwendung mit den Spielkonsolen „DS“ und „DS Lite“ der Klägerin bewirbt und als besondere „Features“ herausstellt, dass sie eine ,,100%ige Unterstützung von Spielen/Roms“ leisteten, über eine „Action Replay Funktionalität“ verfügten, „Action Replay Cheats“ sowie Download Play“ unterstützten oder „integrierte Schummelmodule für die wichtigsten Spiele“ bzw. eine „automatische Spielestanderkennunq“ aufwiesen, wobei die Spiele ohne „Slowdown“ liefen. Angesichts dessen unterliegt es keinem Zweifel, dass die Adapter „hauptsächlich“ (§ 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG) der Umgehung der von der Klägerin vorgesehenen Schutzmaßnahmen dienen, so dass auch insoweit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG erfüllt sind.

d.
Die für den Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB LV.m. § 95a Abs. 3 Nr. 3 UrhG weiter erforderliche Wiederholungsgefahr ist bereits aufgrund der vorangegangenen Vertriebs der Adapter zu vermuten. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die allein geeignet wäre, die Vermutung zu entkräften und der Klägerin die Gewissheit zu verschaffen, dass sich die Beklagte künftig rechtstreu verhalten werde, hat die Beklagte trotz Abmahnung vom 31.10.2008 nicht abgegeben. Dementsprechend musste das Rechtsmittel der Beklagten hinsichtlich des auf Urheberrecht gestützten klägerischen Begehrens erfolglos bleiben.

4.
Auch einen auf Art. 9 Abs. 1 lit. a. GMV gestützten markenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat in vollem Umfang Bezug nimmt, bejaht. Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, das Landgericht habe zu Unrecht die tatbestandlichen Voraussetzungen für glaubhaft gemacht erachtet, zumal die Klägerin lediglich einzelne der angegriffenen Slot-Karten untersucht habe, greift dies im Ergebnis nicht durch: Zwar hatte die Klägerin erstinstanzlieh nur hinsichtlich der von der Testkäuferin bestellten, unter Ziff. 1.a.(9) bzw. 1.b.(1) und Ziff. 1.a.(11) bzw. 1.b.(3) angeführten Adapter „M3 DS Real Perfect“ und „DS TT Revision 1.0“ eine Prüfung mit positivem Ergebnis glaubhaft gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie indes Unterlagen vorgelegt (Anlage zum Protokoll = nach BI. 351 d.A.), welche weitere Testkäufe betreffend die angegriffenen Slot-Karten „N5 Revolution“ (vgl. Ziff. 1.a.(14) bzw. 1.b.(6) der einstweiligen Verfügung), „EDGE DS (Ziff. 1.a.(13) bzw. 1.b.(5) der Beschlussverfügung), „acekard 2“ (Ziff. 1.a.(10) bzw. 1.b.(2)) „DS-Linker 16Gbit“ (Ziffer 1.a.(12) bzw. 1.b. 4)) und „R4 Revolution“ (Ziff. 1.a.(15) bzw. 1.b.(7)) belegen. Überdies hat der Klägervertreter im Termin vom 21.01.2010 anwaltlich versichert, sämtliche streitgegenständlichen Adapter selbst getestet zu haben, wobei stets das Nintendo-Logo, d.h. ein mit der Gemeinschaftsmarke Nr. 3388477 identisches Zeichen, auf dem Bildschirm erschienen sei. Dass die dieses Logo erzeugende Datei nicht auf der Konsole selbst gespeichert ist (und demnach, insofern es beim Laden sichtbar wird, zwingend auf den angegriffenen Adaptern vorhanden sein muss), hat die Klägerin durch die eidesstattliche Versicherung ihres Mitarbeiters (Anlage ASt. 15) glaubhaft gemacht. Die beklagtenseits vorgelegten Unterlagen vermögen diese Glaubhaftmachung nicht zu erschüttern: Dem unter dem Briefkopf einer … verfassten Untersuchungsbericht vermag der Senat wie schon das Landgericht keinerlei Aussagekraft beizumessen, zumal er weder unterzeichnet ist noch sonst den Verfasser erkennen lässt. Im Übrigen erschöpft er sich weitgehend in Mutmaßungen, wenn es dort als „unwahrscheinlich“ bezeichnet wird, dass die Logo-Datei auf der Karte ahgelegt sei. Der von der Staatsanwaltschaft Dortmund zu den Akten gereichte Vermerk (nach BI. 114 d.A.) steht der Glaubhaftmachung ebenfalls nicht entgegen: Wie der Klägervertreter in der Berufungserwiderung ausgeführt und anwaltlich versichert hat, ergab eine Rücksprache mit dem Verfasser des Dokuments, KHK …, dass der Testvorgang dort nur unvollständig wiedergegeben ist, insofern die Konsole den Adapter, wenn in ihn keine Micro-DS-Karte eingelegt ist, nicht als Karte erkennt, sondern auf dem Startbildschirm anzeigt, es befände sich keine DS-Karte im Kartenschlitz. Kann mithin auch dieser Bericht das glaubhaft gemachte Klägervorbringen, wonach sich die Logo-Datei nicht auf der Konsole befindet, nicht erschüttern, hat es bei der vom Landgericht konstatierten Markenverletzung – welche Wiederholungsgefahr indiziert – sein Bewenden mit der Folge, dass die Berufung der Beklagten auch insoweit als unbegründet zurückzuweisen war.

5.
Nach § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es im Hinblick auf die Beschränkung des Instanzenzugs in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht.

Vorinstanz: LG München I , Az. 7 O 20666/08

I