OLG Nürnberg: Unterlassungsantrag zu unbestimmt bei USB-Stick mit bloßem Link auf Internetangebot

veröffentlicht am 12. Januar 2022

OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 26.11.2021, Az. 3 U 2473/21
§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 3 Abs. 1 UWG, § 3a UWG, § 4 Nr. 4 UWG, Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG

Das OLG Nürnberg hat darauf hingewiesen, dass ein in einer Klage gestellter Unterlassungsantrag nicht hinreichend bestimmt ist , wenn die zum Antragsgegenstand gemachte konkrete Verletzungshandlung aus einem als Anlage beigefügten USB-Stick mit einer Verlinkung auf das jeweils aktuelle Internetangebot besteht. Der auf dem USB-Stick gespeicherte Web-Content habe unstreitig nicht dem später (am 20.10.2020) abrufbaren Angebot entsprochen. Auf dem sei nicht die Internetseite im Zustand vom 20.10.2020 abgespeichert gewesen, sondern der Stick habe nur die in der Adresszeile des Browsers sichtbaren Adressen wie „https://… .de/“, „https://… .de/kauf-ein“ etc. mit einer Verlinkung auf die aktuelle Landkreismacher-Seite enthalten. Beim Einlegen des Sticks werde damit das zum jeweiligen Zeitpunkt im Internet aufrufbare Anzeigenangebot wiedergegeben. Dies habe aber zur Folge, dass dem Antrag – auch in Verbindung mit dem zur Auslegung heranzuziehenden Klagevorbringen – nicht das Charakteristische der beanstandeten Verletzungsform entnommen werden könne (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 – I ZR 79/20, GRUR-RS 2021, 4282, Rn. 17 – Presseportal der Rundfunkanstalt). Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Nürnberg

Hinweisbeschluss

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 08.07.2021, Az. 19 O 7324/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

(Hinweis: Die Berufung wurde mit Beschluss des Senats vom 22.12.2021 zurückgewiesen.)

Entscheidungsgründe

A.

I.
1
Die Klägerin verlegt u.a. die im Landkreis Fürth verbreitete Tageszeitung „F… Nachrichten“ und betreibt das Online-Portal „www.n… de“.
2
Der Beklagte verantwortet das Internetportal „www.l.-f..de“. Im unteren Bereich der Startseite dieses Onlineauftritts befinden sich mehrere Links, u.a. der Link „LandkreisMacher“, über den man auf die Unterseite „www.l.-f..de/gewerbe-imlandkreis/landkreismacher.html“ mit folgendem Inhalt gelangt (Anlage K 6):
3
Der Landkreis Fürth ist ein attraktiver Wirtschaftsstandort. Alteingesessene, traditionsreiche und junge Unternehmen sowie innovative Köpfe tragen zum Erfolg unserer Region bei.
4
Ob Einzelhändler, Handwerker, Dienstleister, Direktvermarkter oder Gastronomen – sie alle stehen für die Vielfalt an Produkten, Leistungen und die hohe Dichte regionaler Wertschöpfung vor Ort. Auch daran wird sichtbar, der Landkreis Fürth ist LeistungsFähig. LebensFroh.
5
Ziel ist es mit der Homepage „LandkreisMacher. Entdecken. Erleben.“, die wirtschaftliche Vielfalt des Landkreises Fürth sichtbar zu machen. Gemeinsam mit den Wirtschaftsförderungen der Landkreiskommunen und den kommunalen Allianzen B.-D.(Landkreiskomune) sowie Z.(Landkreiskomune) haben wir die Idee des Projektes entwickelt. Damit ist ein attraktives Angebot für Unternehmer und Bürger entstanden, das gleichzeitig das Bewusstsein für regionale Produkte sowie Dienstleistungen stärkt.
6
Die „LandkreisMacher“ sind Händler und Dienstleister aus der Region, die sich auf der neuen Homepage präsentieren. Sie und Ihre Kunden tragen dazu bei, dass unsere Ortskerne lebendig und unsere Heimat lebenswert sind.
7
Beim Klicken auf den darunter befindlichen Link „www.l.macher.de“ erfolgt eine Weiterleitung auf die streitgegenständliche Website. Der Beklagte hatte mit der Firma „M.GmbH“ einen Vertrag geschlossen, diese Website zu konzipieren und zu betreiben. Dort werden den im Landkreis Fürth ansässigen Gewerbetreibenden kostenfrei Werbeplätze für Online-Werbung zur Verfügung gestellt, indem interessierte Werbetreibende sich auf der Website mit Bild und Text kostenlos eintragen lassen können. Im Impressum wird als Verantwortliche nach § 5 TMG die Firma „M…GmbH“ und als Verantwortlicher nach § 55 Abs. 2 RStV deren Geschäftsführer benannt (Anlage K 8). Als Ansprechpartner wird u.a. der Beklagte aufgeführt (Anlage K 9).
8
Folgende Voraussetzungen für eine Eintragung werden auf der Plattform „www.landkreismacher.de“ dargestellt (Anlage K 7):
9
Was wir von Dir als Landkreismacher brauchen:

– 1 Foto von Dir vor Deinem Unternehmen […]

– Die Anschrift Deines Unternehmens

– ca. 100 Worte Kurzbeschreibung über das, was Du anbietest

– 10 wichtige Suchbegriffe

– Und natürlich weiterführende Links, um Dein Unternehmen auch virtuell zu entdecken und zu erleben (Website, Onlineshop […])
10
Den Eintrag kannst Du ganz einfach über das untenstehende Formular selbst einreichen. Kostenlos. Für immer.
11
Die Titelseite des Internetportals „Für dich geöffnet. Jetzt entdecken“ enthält die Rubriken „Kauf ein“, „Geh aus“ und „Lass machen“ (Anlage K 10, S. 1); zudem gibt es noch die Rubrik „hier geht was“ (Anlage K 10 S. 4). Nachfolgend erscheint die „Entdeckerkarte für Läden, Gastronomie, Service und Dienstleistung“ im Landkreis Fürth mit den werbetreibenden Unternehmen (Anlage K 10 S. 2).
12
Das Profil des Werbetreibenden ist dann, abhängig vom Gewerbebereich, unter diesen Rubriken abrufbar. Die Rubrik „Kauf ein“ beinhaltet Betriebe des Einzelhandels und der Direktvermarktung (Anlagen K 12, K 17), die Rubrik „Geh aus“ Betriebe im Bereich der Gastronomie (Anlagen K 13, K 18) und die Rubrik „Lass machen“ Betriebe aus dem Bereich Handwerk und Dienstleistung (Anlage K 14, K 19). In der Rubrik „hier geht was“, werden aktuelle Veranstaltungen präsentiert (Anlage K 15, 16).

II.
13
Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ab. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Klage im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag wegen fehlender Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig sei. Im übrigen sei die Klage unbegründet, da das Verhalten des Beklagten weder nach § 4 Nr. 4 UWG noch nach § 3a UWG i.V.m. dem sich aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse oder dem Auffangtatbestand des § 3 Abs. 1 UWG unlauter sei.
14
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung. Sie beantragt, dass der Beklagte unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils wie folgt verurteilt wird:
15
Dem Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, das Internetportal „Landkreismacher“ öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wie dies in dem als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick mit dem am 20.10.2020 abrufbaren Angebot geschieht.

Hilfsantrag 1:
16
Dem Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, das Internetportal „Landkreismacher“ öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wie dies in der Zusammenschau mit den Anlagen K 10 bis K 19 über den als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick in dem Angebot „Landkreismacher“ geschieht.

Hilfsantrag 2:
17
Dem Beklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, das Internetportal „Landkreismacher“ öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wie dies in der Zusammenschau mit den Anlagen K 10 bis K 19 geschieht.
18
Die Unterlassungsanträge seien hinreichend bestimmt. Es sei zwar richtig, dass das auf dem der Klage als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick gespeicherte Angebot „Landkreismacher“ nicht mehr exakt dem am 20.10.2020 abrufbaren Angebot entspreche, sondern das jeweils aktuelle Angebot beim Einlegen des Sticks wiedergebe. Dies sei jedoch unschädlich, weil das Angebot von „Landkreismacher“ seit dem 20.10.2020 in Aufmachung und Gestaltung im Kern unverändert geblieben sei; es seien seither lediglich eine Vielzahl weiterer Imageanzeigen von Gewerbetreibenden hinzugekommen.
19
Die Klage sei auch begründet. Das streitgegenständliche Angebot verstoße insbesondere gegen das Gebot der Staatsfreiheit der Medien sowie gegen § 4 Nr. 4 UWG.
20
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

B.
21
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das landgerichtliche Urteil erweist sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens als zutreffend.

I.
22
Die Klage ist im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag unzulässig, weil diese Anträge nicht hinreichend bestimmt sind, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
23
1. Ein Verbotsantrag darf im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die beklagte Partei nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Eine hinreichende Bestimmtheit ist für gewöhnlich gegeben, wenn eine Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung erfolgt oder die konkret angegriffene Verletzungsform antragsgegenständlich ist und der Klageantrag zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lässt, in welchen Merkmalen des angegriffenen Verhaltens die Grundlage und der Anknüpfungspunkt für den Wettbewerbsverstoß und damit das Unterlassungsgebot liegen soll (BGH, Urteil vom 08.11.2018 – I ZR 108/17, GRUR 2019, 627, Rn. 15 – Deutschland-Kombi).
24
Ein Urteilsausspruch muss äußerlich in einer Art und Weise festgelegt werden, dass er auch nach Verkündung bestimmbar bleibt, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Aus diesem Grund muss der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein, was zur Folge hat, dass der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen ist. In Sonderfällen ist es ausreichend, in der gerichtlichen Entscheidung auf Anlagen zu verweisen, die zu den Akten gegeben worden sind (BGH, Urteil vom 29.07.2021 – I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199, Rn. 13 – Goldhase III). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die in Bezug genommene Anlage in der Entscheidung nicht mit der erforderlichen Sicherheit zweifelsfrei und beständig bezeichnet werden kann (BGH, Urteil vom 14.10.1999 – I ZR 117/97, GRUR 2000, 228, juris-Rn. 17 – Musical-Gala).
25
2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist – worauf das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung hinwiesen hatte – die Klage im Hauptantrag und im ersten Hilfsantrag als nicht hinreichend bestimmt anzusehen.
26
a) Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptklageantrag ein Verbot der Handlung, so wie sie begangen wurde. Dabei verweist sie zur Beschreibung der konkret angegriffene Verletzungsform – dem am 20.10.2020 abrufbaren Angebot des Internetportals „Landkreismacher“ – auf den als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick.
27
Die Unbestimmtheit des Hauptklageantrags ergibt sich bei dieser Antragsfassung daraus, dass der Inhalt des als Anlage K 1 vorgelegten USB-Sticks und damit die dem Verbotsantrag zu Grunde liegende konkrete Verletzungshandlung nicht hinreichend deutlich abgrenzbar ist. Denn unstreitig entspricht das auf dem USB-Stick gespeicherte Angebot „Landkreismacher“ nicht dem am 20.10.2020 abrufbaren Angebot, weil auf dem Stick nicht die Internetseite im Zustand vom 20.10.2020 abgespeichert ist, sondern der Stick nur die in der Adresszeile des Browsers sichtbaren Adressen wie „https://landkreismacher.de/“, „https://landkreismacher.de/kauf-ein“ etc. mit einer Verlinkung auf die aktuelle Landkreismacher-Seite enthält. Beim Einlegen des Sticks wird damit das zum jeweiligen Zeitpunkt im Internet aufrufbare Anzeigenangebot wiedergegeben. Dies hat zur Folge, dass dem Antrag – auch in Verbindung mit dem zur Auslegung heranzuziehenden Klagevorbringen – nicht das Charakteristische der beanstandeten Verletzungsform entnommen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 04.02.2021 – I ZR 79/20, GRUR-RS 2021, 4282, Rn. 17 – Presseportal der Rundfunkanstalt). Denn aufgrund der Unbeständigkeit der mit Anlage K 1 in Bezug genommenen Daten lässt der Klageantrag nicht hinreichend eindeutig erkennen, in welchen Merkmalen des angegriffenen Verhaltens die Grundlage und der Anknüpfungspunkt für den Wettbewerbsverstoß und damit das Unterlassungsgebot liegen soll. Darüber hinaus droht im Fall einer Zwangsvollstreckung ein Streit über den Inhalt und Umfang des Verbots im Vollstreckungsverfahren.
28
Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb veranlasst, weil die Klagepartei in der Berufungsbegründung vorträgt, dass (zumindest zu diesem Zeitpunkt) das Angebot von „Landkreismacher“ seit dem 20.10.2020 in Aufmachung und Gestaltung im Kern unverändert geblieben sei; es seien seither lediglich eine Vielzahl weiterer Imageanzeigen von Gewerbetreibenden hinzugekommen. Denn damit ist noch keine Aussage über die weitere Entwicklung der Internetseite in der Zukunft getroffen.
29
b) Vor diesem Hintergrund ist auch das im Hilfsantrag 1 enthaltene Unterlassungsbegehren als unzulässig, weil zu unbestimmt, anzusehen. Bei diesem ist die konkret angegriffene Verletzungsform mit „wie dies in der Zusammenschau mit den Anlagen K 10 bis K 19 über den als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick in dem Angebot ‚Landkreismacher‘ geschieht“ umschrieben. Dabei kann hinsichtlich des als Anlage K 1 in Bezug genommenen USB-Sticks auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Soweit die Klägerin in diesem Antrag zusätzlich auf die Anlagen K 10 bis K 19 verweist, führt dies nicht zu Bestimmtheit des ersten Hilfsantrags. Es bleibt bereits unklar, was mit der Formulierung „in der Zusammenschau mit den Anlagen K 10 bis K 19 über den als Anlage K 1 beigefügten USB-Stick“ gemeint ist. Jedenfalls legt der Senat den Unterlassungsantrag dahingehend aus, dass maßgeblich für die Beschreibung der konkreten Verletzungshandlung der Inhalt des USB-Sticks sein soll, weshalb auch dieser Antrag als unzulässig anzusehen ist.

II.
30
Im übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
31
1. Das streitgegenständliche Internetportal „Landkreismacher“ ist nicht unter dem Gesichtspunkt der gezielten Mitbewerberbehinderung nach § 4 Nr. 4 UWG unlauter.
32
a) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGH, Urteil vom 22.01.2014 – I ZR 164/12, GRUR 2014, 393, Rn. 28 – wetteronline.de; BGH, Urteil vom 23.06.2016 – I ZR 137/15, GRUR 2017, 92, Rn. 14 – Fremdcoupon-Einlösung).
33
Vor diesem Hintergrund ist die Verwendung öffentlicher Mittel im Wettbewerb regelmäßig erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände, die den Einsatz dieser Mittel als rechts- oder zweckwidrig und damit als missbräuchlich erscheinen lassen, als unlauter nach § 4 Nr. 4 UWG anzusehen (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 29.09.2009 – 1 U 264/09, GRUR-RR 2010, 99, juris-Rn. 46 – Städtische Musikschule).
34
Umstände dieser Art können zum einen darin gesehen werden, dass das Preisgebaren der öffentlichen Hand die Absicht erkennen lässt, private Mitbewerber durch Preisunterbietungen vom Markt zu verdrängen (vgl. BGH, Urteil vom 19.06.1986 – I ZR 54/84, GRUR 1987, 116, juris-Rn. 30 – Kommunaler Bestattungswirtschaftsbetrieb I), wenn also die Preisunterbietung auf die Verdrängung eines Mitbewerbers abzielt und der Preis nicht kostendeckend ist (Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 3a Rn. 2.45). Denn die nicht kostendeckende Erbringung einer Dienstleistung ist grundsätzlich zulässig und nur unter bestimmten Voraussetzungen verboten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie zur Verdrängung von Mitbewerbern geeignet ist und in Verdrängungsabsicht erfolgt oder kein anderer nachvollziehbarer Grund erkennbar ist als die Schädigung von Mitbewerbern unter Inkaufnahme eigener Verluste (BGH, Urteil vom 29.03.2018 – I ZR 34/17 GRUR 2018, 946, Rn. 46 – Bonusaktion für Taxi App).
35
Zum anderen ist von einer gezielten Behinderung auszugehen, wenn der Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann, was auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit zu prüfen ist. Unlauter kann eine Wettbewerbshandlung danach unter anderem sein, wenn sie sich zwar auch als Entfaltung eigenen Wettbewerbs darstellt, aber das Eigeninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit (BGH, Urteil vom 19.02.2009 – I ZR 135/06, GRUR 2009, 685, Rn. 41 – ahd.de). Dabei sind auch die kollidierenden Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2016 – I ZR 137/15, GRUR 2017, 92, Rn. 30 – Fremdcoupon-Einlösung, BGH, Urteil vom 19.04.2018 – I ZR 154/16, GRUR 2018, 1251, Rn. 38 – Werbeblocker II). Wird die öffentliche Hand allerdings im Rahmen der Erfüllung ihr gesetzlich obliegender Aufgaben tätig, kann das Unwerturteil nicht allein mit den Auswirkungen des Verwaltungshandelns auf den Wettbewerb begründet werden (OLG Nürnberg, a.a.O., juris-Rn. 64 – Städtische Musikschule; BGH, Urteil vom 08.07.1993 – I ZR 174/91, GRUR 1993, 917, juris-Rn. 31 – Abrechnungs-Software für Zahnärzte).
36
b) Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist das Internetportal „Landkreismacher“ nicht als gezielte Mitbewerberbehinderung anzusehen.
37
aa) Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass mit dem Internetportal gezielt der Zweck verfolgt wird, die Klägerin an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu schädigen oder zu verdrängen. Laut Darstellung auf dem Internetportal des Beklagten ist das Ziel der Homepage „LandkreisMacher“, die wirtschaftliche Vielfalt des Landkreises Fürth sichtbar zu machen. Damit handelt es sich weder um einen unmittelbar gegen das Unternehmen der Klägerin gerichteten Eingriff noch um eine Maßnahme, deren Ziel in der Marktverdrängung der Klägerin bzw. in der Beeinträchtigung von deren Wettbewerbsfähigkeit liegt.
38
bb) Die Bereitstellung des streitgegenständlichen Online-Portals führt bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit auch nicht dazu, dass die Klägerin ihre Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.
39
(1) Dabei ist berücksichtigen, dass der Beklagte vorliegend im Rahmen der Erfüllung seiner gesetzlich obliegenden Aufgaben tätig war. Dies ergibt sich aus Art. 51 Abs. 1 BayLKrO, wonach die Landkreise in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Einrichtungen schaffen sollen, die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner nach den Verhältnissen des Kreisgebiets erforderlich sind. Dabei ist als (virtuelle) öffentliche Einrichtung auch eine Homepage anzusehen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 19.05.2015 – 15 A 86/14, MMR 2015, 775).
40
Zu den Sollaufgaben des Art. 51 BayLKrO gehört ebenfalls die Verbesserung der örtlichen Wirtschaftsstruktur (VGH München, Urteil vom 21.03.2011 – 4 BV 10.108, BayVBl 2011, 632, juris-Rn. 71). Diesen Zweck der indirekten örtlichen Wirtschaftsförderung durch Vernetzung und Schaffung von Präsentationsmöglichkeiten in Form des Regionalmarketings erfüllt die streitgegenständliche Homepage (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 19.02.2019 – 3 K 839/18, BeckRS 2019, 4885, Rn. 20), weil damit lokalen Gewerbetreibenden im Landkreis Fürth eine kostenlose Werbeplattform für ihre Angebote und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt wird. Die angestrebte Werbewirkung ergibt sich dabei insbesondere aus der Betonung des regionalen Bezuges und dem Verweis auf die räumliche Nähe der dargestellten Geschäfte, Firmen und Gaststätten zueinander und zum Kunden. Das Internetportal steht auch allen Händlern und Dienstleistern aus der Region unterschiedslos zur Verfügung, weshalb kein konkretes Firmenmarketing zugunsten einzelner Privatunternehmen vorgenommen wird.
41
Gleiches gilt grundsätzlich für das Landkreismarketing und die Förderung des Tourismus. Dabei darf der Landkreis über diese Aufgaben nicht nur selbst informieren, also darüber, was er in diesen Bereichen unternimmt. Vielmehr beinhaltet diese Aufgabe gerade auch, dass im Wege der (positiven) Selbstdarstellung Eigenwerbung für die Region als Reise- oder Besuchsziel oder als attraktiver Wirtschaftsstandort betrieben werden darf. Der Kommune kann es dabei weder in Broschüren in Printform noch im Rahmen eines Internetauftritts verwehrt werden, diese Informationen textlich und optisch möglichst ansprechend zu gestalten, selbst wenn dadurch die Aufmachung unter Umständen einen presseähnlichen Eindruck erwecken sollte (vgl. OLG München, Endurteil vom 30.09.2021 – 6 U 6754/20, GRUR-RS 2021, 28670, Rn. 110 – münchen.de).
42
(2) Zum anderen ist zu beachten, dass – wie das Landgericht zutreffend ausführt – die Klägerin nicht substantiiert vorträgt, welche konkreten Auswirkungen das Portal auf ihre Geschäftstätigkeit hat. Der pauschale Vortrag, dass im Landkreis Fürth die Umsätze der Klägerin im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2019 im Durchschnitt um 42% zurückgegangen seien, genügt für die Beurteilung der konkreten Auswirkungen nicht. Denn es ist schon nach eigenem Vortrag der Klagepartei nicht nachweisbar, welchen Anteil dabei die streitgegenständliche Aktivität des Beklagten hat. Auf dieser Grundlage kann auch keine konkrete Beeinträchtigung der Publikation von die Öffentlichkeit interessierenden Fragen in den Verlagserzeugnissen der Klägerin angenommen werden. Dafür ist nicht ausreichend, dass in den privaten Medien – wie bei der Klägerin – Imagewerbung kostenpflichtig ist, auf dem Portal „Landkreismacher“ dagegen dauerhaft kostenfrei. Denn es liegen keine konkreten Tatsachen dafür vor, dass die Anzeigenerlöse der Klägerin wegen der Tätigkeit des Beklagten in Mitleidenschaft gezogen werden. Soweit die Berufung pauschal behauptet, dass aufgrund der Seite www.landkreismacher.de Gewerbetreibende aus dem Landkreis Fürth faktisch als Werbekunden der Klägerin ausscheiden würden, ist dies gerichtsbekannt unzutreffend, da sowohl in der Printausgabe als auch dem Onlineauftritt der Klägerin regelmäßig Werbeanzeigen von Geschäften, Lokalen und Firmen aus dem Landkreis Fürth enthalten sind.
43
In diesem Zusammenhang kann nicht außer Acht bleiben, dass die angesprochenen Verkehrskreise der klägerischen Medien und des Portals „Landkreismacher“ nicht deckungsgleich sind. So ist das von der Klägerin angesprochene Publikum ihrer Werbeanzeigen ein Publikum, das die Tagespresse liest und nebenbei zusätzlich die von der Klägerin geschalteten Werbeanzeigen zur Kenntnis nimmt. Dagegen spricht das beanstandete Portal nur diejenigen Verkehrskreise an, die sich für die im Landkreis Fürth ansässigen Gewerbetreibenden interessieren.
44
2. Es liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG – einer Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG – vor.
45
a) Das Gebot der Staatsferne der Presse lässt eine pressemäßige Betätigung von Hoheitsträgern nur im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben und nur insoweit zu, als die Garantie des Instituts der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG nicht gefährdet wird. Dabei sind Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge der kommunalen Publikation auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Denn einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen noch keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ist vielmehr entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu gefährden. Das Gebot der Staatsferne der Presse ist dabei je eher verletzt, je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt. Keinesfalls darf die kommunale Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung – jedenfalls subjektiv – entbehrlich macht. Je deutlicher – in Quantität und Qualität – ein erweitertes Amtsblatt Themen besetzt, deretwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten. Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters der gemeindlichen Publikation sind auch die optische Gestaltung der Publikation sowie redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse, wie Glossen, Kommentare oder Interviews zu berücksichtigen. Eine Anzeigenschaltung ist ebenfalls in die Gesamtwürdigung einzubeziehen; sie ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein. Schließlich ist zu berücksichtigen, ob die Publikation kostenlos zur Verfügung gestellt wird, was die Gefahr einer Substitution privater Presse erhöht (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17, GRUR 2019, 189, Rn. 23, 35 ff. – Crailsheimer Stadtblatt II).
46
Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze für die Bewertung gemeindlicher Publikationen lassen sich grundsätzlich auch auf Internetportale übertragen. Allerdings sind hierbei, was sich aus der Natur der Sache ergibt, die Besonderheiten einer Website gegenüber einer gedruckten Zeitung im Rahmen der Gesamtwürdigung jeweils bei den einzelnen Kriterien zu berücksichtigen – wie beispielsweise bei der Frage, ob ein Beitrag bzw. das Portal insgesamt „pressemäßig“ oder auch/nur „internettypisch“ aufgemacht ist. Daraus kann sich im Einzelfall ergeben, dass die Grenzen des Zulässigen – im Ergebnis – etwas großzügiger verlaufen als bei einer kommunalen Publikation in Form einer gedruckten Zeitung. Allerdings sind auch dem Informationshandeln der Kommunen im Internet auf Grundlage der Aufgabe des Stadtmarketings oder der Tourismus- und Wirtschaftsförderung Grenzen gesetzt. Insbesondere haben die Kommunen das Sachlichkeits- und Neutralitätsgebot zu wahren (OLG München, a.a.O., Rn. 96, 111 – münchen.de).
47
b) Gemessen an diesen Maßstäben verstößt das Portal „Landkreismacher“ in der angegriffenen Form nicht gegen § 3a UWG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Der Gesamtcharakter dieses Portals – und nur dieser ist maßgeblich (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.06.2021 – 4 U 1/20, GRUR-RS 2021, 14024, Rn. 141 – Stadtportal.de) – ist nicht geeignet, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu gefährden.
48
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Portal Landkreismacher nicht Bestandteil des Onlineauftrittes des Beklagten unter www.l.-f..de ist und auch nicht der Eindruck einer staatlichen Publikation erweckt. Vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Homepage, die – anders als beispielsweise ein Amtsblatt, das auch amtliche Mitteilungen enthält – eindeutig als Werbeportal erkennbar ist. Auf der Website zwischen der Homepage des Beklagten und dem streitgegenständlichen Internetportal wird ausdrücklich ausgeführt, dass „die ‚LandkreisMacher‘ […] Händler und Dienstleister aus der Region [seien], die sich auf der neuen Homepage präsentieren“. Das Internetportal wird auch nicht vom Beklagten, sondern von der Firma „M…GmbH“ konzipiert und betrieben. Im Impressum wird als Verantwortliche nach § 5 TMG dieses Unternehmen und als Verantwortlicher nach § 55 Abs. 2 RStV dessen Geschäftsführer benannt; nur als Ansprechpartner wird u. a. der Beklagte aufgeführt.
49
Darüber hinaus ist in die Gesamtwürdigung einzustellen, dass die Anzeigen in den Rubriken „Kauf ein“, „Geh aus“ und „Lass machen“ für den Durchschnittsbetrachter sofort als eine Werbeanzeige des jeweiligen Gewerbetreibenden erkennbar sind. Auch haben die Anzeigen keinerlei redaktionellen Inhalt im Sinne einer Informationsaufbereitung, sondern der jeweilige Gewerbetreibende stellt sich unter der Überschrift „Das sind wir“ selbst vor und gibt seine Öffnungszeiten und Kontaktmöglichkeiten an. Texte, Bilder und Inhalte stammen von den Gewerbetreibenden selbst (vgl. Anlage K 7). Eine wie auch immer geartete journalistische Auseinandersetzung mit dem Unternehmen erfolgt nicht. Es werden auch keine Unternehmen bzw. Dienstleister in den Listen unter Verstoß gegen das Neutralitätsgebot räumlich oder gestalterisch hervorgehoben und dadurch der Eindruck erweckt, diese Unternehmen bzw. Dienstleister seien aus Sicht des Beklagten – und damit „offiziell“ – besonders empfehlenswert.
50
Eine andere Beurteilung ist nicht aufgrund der Rubrik „hier geht was“ veranlasst. Zum einen zielen die darin enthaltenen Berichte über aktuelle Veranstaltungen offenkundig nicht auf Nachrichtengebung und Information sondern darauf ab, das regionale Einkaufsumfeld darzustellen. Zum anderen weisen sie – insbesondere aufgrund der Kürze der Beiträge und dem Fehlen von redaktionellen Elementen der meinungsbildenden Presse wie Glossen, Kommentare oder Interviews – keine presseähnliche Gestaltung auf. Zudem haben diese – insgesamt sieben – Kurzbeiträge aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung im gegenständlichen Portal ein so untergeordnetes Gewicht, dass der objektive Betrachter nicht den Eindruck eines Presseerzeugnisses bekommt. Es liegt deshalb fern, dass ein objektiver Betrachter die gegenständliche Seite zur Nachrichtenbeschaffung besuchen wird. Der Gesamtcharakter des Telemedienangebots ist somit geeignet ist, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu gefährden.
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Schließlich kann ein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse nicht per se damit begründet werden, dass die Schaltung von Werbeanzeigen den weit überwiegenden Anteil des Internetauftritts ausmacht. Denn eine Anzeigenschaltung ist nicht generell unzulässig, sondern kann zulässiger, fiskalisch motivierter Randnutzen sein. Da die streitgegenständliche Homepage auch kein Amtsblatt darstellt, muss die Veröffentlichung von kommerzieller Werbung auch keine untergeordnete Bedeutung spielen (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1972 – I ZR 73/71, GRUR 1973, 530 – Crailsheimer Stadtblatt; OLG Nürnberg, Urteil vom 25.06.2019 – 3 U 821/18, GRUR-RR 2019, 473 Rn. 48 ff. – Fränkisches Gemeindeblatt).
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3. Schließlich verstößt das beanstandete Internetportal auch nicht gegen die wettbewerbsrechtliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG.
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a) Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Die Ableitung von Ansprüchen aus dieser wettbewerbsrechtlichen Generalklausel setzt voraus, dass die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb angeführten Beispielsfällen unlauteren Verhaltens entspricht. Ein Rückgriff auf die Generalklausel ist in Fällen geboten, in denen die Tatbestände der §§ 3a bis 7 UWG zwar bestimmte Gesichtspunkte der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung erfassen, aber keine umfassende Bewertung der Interessen der durch das Wettbewerbsverhältnis betroffenen Marktteilnehmer ermöglichen (BGH, Urteil vom 16.11.2017 – I ZR 161/1, GRUR 2018, 535, Rn. 27 – Knochenzement I).
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b) Das Internetportal ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Preisunterbietung wettbewerbsrechtlich bedenklich.
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Weder die Verknüpfung hoheitlicher Aufgaben mit privatem Gewinnstreben noch die Finanzierung dieser Aufgaben durch privatwirtschaftliche Tätigkeiten ist für sich genommen wettbewerbswidrig. So ist die Randnutzung öffentlicher Einrichtungen für erwerbswirtschaftliche Zwecke wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig, wenn die öffentliche Tätigkeit deutlich von der privaten getrennt und der Eindruck vermieden wird, die erwerbswirtschaftliche Betätigung sei noch Teil der hoheitlichen Aufgabenerfüllung. Unter diesen Voraussetzungen ist es insbesondere als zulässig angesehen worden, dass die öffentliche Hand amtliche Veröffentlichungen durch die entgeltliche Aufnahme privater Werbeanzeigen wirtschaftlich nutzt, um die so erzielten Mittel für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu verwenden (BGH, Urteil vom 26.02.2009 – I ZR 106/06, GRUR 2009, 606, Rn. 14 – Buchgeschenk vom Standesamt).
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Im vorliegenden Fall wird die wirtschaftliche Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Internetangebot „Landkreismacher“ nicht mit einer hoheitlichen Tätigkeit des Beklagten verquickt. Vielmehr wird sowohl nach der äußeren Gestaltung und dem Inhalt dieser Homepage als auch bei der Verlinkung auf diese Website von dem Portal des Beklagten hinreichend deutlich die öffentliche Tätigkeit von der privaten getrennt.
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c) Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung oder Marktstörung vor.
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aa) Der Tatbestand der allgemeinen Marktstörung ist erfüllt, wenn ein für sich genommen zwar nicht unlauteres, aber immerhin bedenkliches Wettbewerbsverhalten allein oder in Verbindung mit gleichartigen Maßnahmen von Mitbewerbern die ernstliche Gefahr begründet, dass der auf der unternehmerischen Leistung beruhende Wettbewerb in erheblichem Maß eingeschränkt wird (BGH, Urteil vom 19.04.2018 – I ZR 154/16, GRUR 2018, 1251, Rn. 43 – Werbeblocker II). Ob eine allgemeine Marktbehinderung vorliegt, lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber und des Interesses der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb beurteilen (BGH, Urteil vom 24.06.2004 – I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, juris-Rn. 37 – Werbeblocker I).
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Die mit öffentlichen Mitteln finanzierte kostenlosen Abgabe von Leistungen kann als allgemeine Marktbehinderung unlauter i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG sein, wenn sie zu einer Gefährdung des Wettbewerbsbestands führt (Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 3a Rn. 2.46). Ausreichend ist dabei der Nachweis einer konkreten, ernsthaften Gefahr der Marktstrukturverschlechterung (Köhler, a.a.O., § 4 Rn. 5.7). Wird die öffentliche Hand allerdings im Rahmen der Erfüllung ihr gesetzlich obliegender Aufgaben tätig, kann das Unwerturteil nicht allein mit den Auswirkungen des Verwaltungshandelns auf den Wettbewerb begründet werden (OLG Nürnberg, a.a.O., juris-Rn. 64 – Städtische Musikschule).
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Es ist nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, wettbewerbliche Strukturen zu erhalten und wirtschaftlichen Entwicklungen allein deshalb entgegenzusteuern, weil sie bestehende Konzeptionen in Frage stellen. Niemand im Geschäftsleben hat einen Anspruch auf den Erhalt seines Kundenstammes. Daher ist der kostenlose Abdruck privater Kleinanzeigen in einem gegen Entgelt vertriebenen Anzeigenblatt ohne redaktionellen Teil wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn damit nicht der Bestand des Wettbewerbs auf dem Anzeigenmarkt infrage gestellt wird (BGH, Urteil vom 12.10.1989 – I ZR 155/87, GRUR 1990, 44, juris-Rn. 12 ff. – Annoncen-Avis). Erst recht gilt dies für den kostenlosen Abdruck von Privatanzeigen in einem unentgeltlich abgegeben Anzeigenblatt (OLG Hamm, Beschluss vom 08.10.1976 – 4 W 65/76, WRP 1977, 271, juris-Rn. 7).
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Ein strengerer Maßstab gilt bei dem kostenlosen Abdruck privater Gelegenheitsanzeigen in einer Fachzeitschrift auf einem geschlossenen Markt weniger Zeitschriften. In diesem Fall lässt das unentgeltliche Leistungsangebot der einen Fachzeitschrift das Interesse der Inserenten an einem entgeltlichen Inserat in einer konkurrierenden Fachzeitschrift mit einem entsprechend interessierten Leserkreis deutlich zurücktreten. Aufgrund des hierdurch eingeleiteten typischen Gefährdungskreislaufs besteht die ernsthaft drohende Gefahr für den Bestand der Wettbewerbsfähigkeit der Presse in diesem Marktsegment (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1991 – I ZR 55/89, GRUR 1991, 616, juris-Rn. 20 ff. – Motorboot-Fachzeitschrift; OLG Hamburg, Urteil vom 28.09.2006 – 3 U 78/05, WRP 2007, 210, juris-Rn. 59 ff.). Gleiches gilt grundsätzlich bei der Veröffentlichung von Anzeigen durch einen Online-Dienst in einem geschlossenen Markt im Internet, was beispielsweise beim Stellenmarkt im Internet in den 90er Jahren angenommen werden konnte (OLG München, Urteil vom 25.03.1999 – 6 U 5749/98, GRUR 1999, 1019, juris-Rn. 33 ff. – Online-Stellenanzeigen).
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bb) Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.1.b) bb) kann im vorliegenden Fall die Unlauterkeit nicht mit einer Gefährdung des Wettbewerbsbestands begründet werden.
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(1) Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte – wie bereits unter Ziffer B.II.1.b) bb)(1) ausgeführt – im Zusammenhang mit dem Portal „Landkreismacher“ im Rahmen der Erfüllung seiner gesetzlich obliegenden Aufgaben tätig war.
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(2) Die Klägerin hat zum anderen – wie bereits unter Ziffer B.II.1.b) bb)(2) ausgeführt – keine konkreten Angaben darüber vorgebracht, dass sie als lokale Zeitungsverlegerin in ihrem Bestand gefährdet sei und dass – auch unter Berücksichtigung eines Nachahmungseffekts – eine Gefährdung des gesamten Pressewesens zu befürchten sei, wenn auch andere Gemeinden oder Landkreise dazu übergingen, lokal ansässigen Gewerbetreibenden kostenfrei Werbeplätze für Online Werbung zur Verfügung zu stellen. Die Tatsache allein, dass die Klägerin gewisse Einbußen im Anzeigengeschäft erlitten hat, reicht zur Annahme einer Bestandsgefährdung nach den Umständen des vorliegenden Falls nicht aus (vgl. BGH GRUR 1973, 530 (532) – Crailsheimer Stadtblatt I).
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(3) Außerdem ist der Markt, auf welchem sich die Klägerin mit ihrem Presseangebot und das Internetportal „Landkreismacher“ bewegen, nicht als geschlossener Markt mit wenigen Akteuren anzusehen, weshalb die kostenlosen Anzeigen auf der Website „Landkreismacher“ die ernsthaft drohende Gefahr für den Bestand der Wettbewerbsfähigkeit der Presse in diesem Marktsegment begründen könnte.
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(a) Zwar bewegen sich beide Parteien auf einem räumlich beschränkten Markt. Die klägerischen Zeitungen sind – ebenfalls wie ihr Onlineangebot „www.n…de“ – zu einem nicht unerheblichen Teil standortbezogen und beziehen sich – zumindest im Lokalteil – auf eine bestimmte Region, wie beispielsweise den Landkreis Fürth. Auf diesem räumlich relevanten Markt bewegt sich auch die Homepage „Landkreismacher“, die Anzeigen von Gewerbetreibenden aus dem Landkreis Fürth enthält.
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(b) Dieser räumliche Berührungspunkt ist jedoch aufgrund der nachfolgend dargestellten Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen der Mitbewerber und des Interesses der Allgemeinheit nicht ausreichend für eine konkrete, ernsthafte Gefahr der Marktstrukturverschlechterung.
68
Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin keine Fachzeitschrift ist, sondern eine Tageszeitung, die eine umfassende Berichterstattung bietet und sich an ein allgemeines Publikum richtet. Auf diesem sachlich relevanten Markt konkurriert sie mit einer Vielzahl weiterer Medien im Print- und Onlinebereich, die mit aktuellen Nachrichten die Bevölkerung informiert sowie Ereignisse kommentiert und analysiert. Dem steht das ebenfalls breit gefächerte Angebot der Website „Landkreismacher“, die Anzeigen aus den unterschiedlichsten Sparten und Gewerbebereichen enthält, gegenüber. Aus der Sicht des Endkunden reiht sich dieses Angebot in eine Vielzahl von anderen Medien mit Online-Werbung (Telefon- und Branchenbücher, G…gle, F…book etc.) ein.
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Zum anderen stellt das Angebot der Homepage „Landkreismacher“ kein Surrogat für Werbeanzeigen in den klägerischen Print- und Onlinemedien dar. Zwar werben beide Seiten um Anzeigenkunden. Es liegen jedoch keine vergleichbaren Werbemittel vor. Denn die Werbewirkung einer Anzeige in einer Zeitung ist grundlegend anders als auf einer Werbehomepage, auf der bestimmten Händlern und Dienstleistern die Plattform geboten wird, sich vorzustellen. So sind die von den klägerischen Werbeanzeigen angesprochenen Verkehrskreise ein Publikum, das die Tagespresse liest und nebenbei zusätzlich die von der Klägerin geschalteten Werbeanzeigen zur Kenntnis nimmt. Dass der Beklagte mit seinem Werbeportal dasselbe Publikum, das sich für das tagesaktuelle Geschehen interessiert, anspricht, ist aufgrund des Inhalts des Portals nicht ersichtlich. Vielmehr wendet sich der Internetauftritt des Beklagten nur an diejenigen Verkehrskreise, die sich für die im Landkreis Fürth ansässigen Gewerbetreibenden interessieren, wobei der Endkunde sodann aktiv nach einem bestimmten Unternehmen suchen muss. Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall kein typischer Gefährdungskreislauf angenommen werden, der zu einer Verdrängung von Pressemedien in dem Gebiet, welches das Internetportal „Landkreismacher“ abdeckt, führen könnte.

C.
70
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
71
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

I