OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 19.06.2024, Az. 3 U 2541/23
§ 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MarkenG
Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass der Rechtsverkehr bei einer ihm bekannten Vielzahl an Kennzeichen auf der Vorderseite einer Produktverpackung keinen Anlass hat, nach weiteren zusätzlichen, ihm unbekannten Herkunftshinweisen zu suchen. Dies gilt insbesondere, wenn sich diese an markenuntypischen Stellen, z.B. der Rückseite der Verpackung, befinden. Der Durchschnittsverbraucher sehe im vorliegenden Fall in dem Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auf der Rückseite der deutschen HARIBO Goldbären-Verpackung keinen Herkunftshinweis. Der Verkehr kenne die Verpackung der „HARIBO Goldbären“, deren wesentliche Gestaltungselemente und deren Aufbau seit vielen Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben seien. Die Verpackung werde seit dieser Zeit geprägt durch die folgenden sechs Herkunftszeichen: Unternehmenskennzeichen und Dachmarke „HARIBO“, Produktmarke „Goldbären“, Bildmarke „Goldbär-Charakter“, 3-D-Marke Goldbär-Produktform, welche durch das rechteckige Sichtfenster zu sehen ist, die Marke „HARIBO MACHT KINDER FROH…“ und die Farbmarke „Gold“. Lediglich der „Goldbären“ Schriftzug sei von der Position unter dem Sichtfenster auf die Stelle über dem Sichtfenster gewechselt, habe aber im Wesentlichen die gleiche Schriftgröße und Schriftart behalten. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass der Verkehr sich an diesen bekannten Kennzeichen der Beklagten – die von ihm als Herkunftshinweise wahrgenommen würden – orientiere, auch wenn er den streitgegenständlichen Jubiläumseditionen begegne. Die große Bekanntheit des Produktkennzeichens „GOLDBÄREN“, des Goldbären-Charakters und des Herstellerkennzeichens „HARIBO“ spreche bei der Verwendung der angegriffenen Zeichen gegen eine Wahrnehmung als zusätzlichen Herkunftshinweis. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil
…
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.11.2023, Az. 4 HK O 606/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Entscheidungsgründe
A.
I. 1. Die Klägerin ist Inhaberin der für „Zuckerwaren, Schokoladewaren, feine Back- und Konditorwaren, insbesondere Bonbons und Dragees, bestehend aus oder unter Verwendung von Schaumzucker, Fruchtgummi, Lakritze und Gelee (ausgenommen für medizinische Zwecke)“, eingetragenen deutschen Wortmarke „HAPPY BEAR’S DAY“ (Klagemarke „Wort“) sowie der für „Zuckerwaren, bestehend aus oder enthaltend Fruchtgummi und/oder Schaumzucker […]“, eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke (Klagemarke „Wort/Bild“):
2. Die Beklagte ist ein Unternehmen des „…“-Konzerns, dem Weltmarktführer in der Fruchtgummibranche. Sie stellt her und vertreibt ein breites Sortiment an Fruchtgummiprodukten, darunter insbesondere die bekannten „…-Goldbären“.
Das Unternehmenskennzeichen und die gleichnamige Marke „…“ sind wie auch die für „Zuckerwaren“ eingetragene deutsche Wortmarke und Unionswortmarke „Goldbären“ sehr bekannt. Auch die englische Bezeichnung „Goldbears“ ist als Wortmarke für „Zuckerwaren […]“ eingetragen. Der „GOLDBÄR“-Charakter
ist als Bildmarke für „Zuckerwaren“ durch eine Unionsmarke und eine deutsche Marke geschützt.
Aufgrund nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung genießt die Produktform
einen Schutz als 3-D-Marke für „Fruchtgummi“. Auch der „konturlosen Farbe Gold“ wurde aufgrund nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung der Schutz als abstrakte Farbmarke für „Fruchtgummi“ zuerkannt. Der Werbeslogan „… MACHT KINDER FROH UND ERWACHSENE EBENSO“ und das englische Pendant „KIDS AND GROWN-UPS LOVE IT SO, THE HAPPY WORLD OF …“ sind ebenfalls als Wortmarken für „Zuckerwaren […]“ geschützt.
Die Verpackung der „… Goldbären“ ist seit mehr als 60 Jahren durch folgende Kennzeichnungen geprägt: goldene Farbe, Wortmarke „…“, Wortmarke „Goldbären“ sowie die Abbildung eines Bären mit roter Schleife:
Im Fruchtgummibereich bestehen bei den führenden Herstellern die nachfolgenden Gewohnheiten, Fruchtgummiprodukte zu kennzeichnen:
– Hersteller und Produktmarke werden auf der Verpackungsvorderseite wiedergegeben.
– Sondereditionen der „Goldbären“, wie z.B. „ÜBÄRraschung“ oder „Kuchenzeit“, werden bei der Beklagten auf der Verpackungsvorderseite wiedergegeben.
– Als Marken werden zur Kennzeichnung von Fruchtgummiprodukten verwendet:
o witzige Ausdrücke und Wortspiele (z.B. Color-Rado, Balla-Balla, Pico-Balla, SAUERier, Milpferde, ÜBÄRraschung, Pingummi, etc.),
o Ausdrücke mit „Happy“ (z.B. Happy Cola, Happy Cherries, Happy Limo, etc.),
o Marken mit beschreibendem Anklang,
o mehrere Zeichen auch unterschiedlichster Kategorie für ein und dasselbe Produkt,
o Zeichen an unterschiedlicher Stelle der Verpackungen (auch auf Verpackungsrückseiten im oberen linken Bereich).
Die Goldbärenprodukte sind gekennzeichnet durch folgende unterschiedliche Zeichen: „…“ als Dachmarke und Unternehmensname, „Goldbären“ bzw. „Goldbears“ als Wortmarke, Bären-Comic-Figur als Bildmarke, Goldbären-Produktform als verkehrsdurchgesetzte 3D-Marke, „Gold“-Ton als verkehrsdurchgesetzte Farbmarke; Slogan „… macht Kinder froh und Erwachsene ebenso“ als Wortmarke; zum Teil bei Sonder-Editionen zusätzlich auf der Vorderseite der Verpackung: „Kindheits-Knaller“, „Tanzbären“, „ÜBÄRraschung“, „Kuchenzeit“ jeweils als Wortmarke.
4. Im Jahr 2022 feierten die „… Goldbären“ ihr 100-jähriges Jubiläum. Die Beklagte verwendete für ihre Gummibärenprodukte das Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ insbesondere
– auf der Rückseite verschiedener Goldbären-Verpackungen, wie beispielsweise:
– in einer Anzeige der am 15.11.2021 erschienenen Zeitschrift „Lebensmittelzeitung“:
– in einem Gewinnspiel auf der Internetseite www.haribo.com am 19.01.2022:
– in einem TV-Spot „100 Jahre Goldbären“ am 03.01.2022 auf YouTube:
– auf einem Verkaufsdisplay am 20.01.2022 im Edeka Stengel in Fürth:
Darüber hinaus verwendete die Beklagte das Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ auf einer Travel-Edition der „… Goldbears“-Verpackung in Duty-Free-Shops deutscher Flughäfen:
Im Dezember 2020 fragte die Beklagte bei der Klägerin an, ob diese die Verwendung von „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY BEARSDAY“ im Kalenderjahr 2022 zu gestatten bereit wäre. Die Klägerin stellte eine Gestattung in Aussicht, machte dies aber von einer Beilegung von Rechtsstreitigkeiten in Schweden abhängig. In der Folgezeit kam es zu keiner Einigung und somit zu keiner Gestattung.
II.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten – vorrangig gestützt auf die Wortmarke „HAPPY BEAR’S DAY“ und in zweiter Linie gestützt auf die Wort-/Bildmarke „HAPPY BEARS DAY“ – Unterlassung, Schadensersatzfeststellung, Auskunft, Rückruf, Vernichtung und Urteilsveröffentlichung.
1. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage mit Urteil vom 29.11.2023 ab. Die streitgegenständlichen Verwendungen der Zeichen durch die Beklagten seien nicht markenmäßig, sondern als Sachhinweis auf das 100-jährige Jubiläum des „… Goldbären“ erfolgt, welches im Jahr 2022 stattgefunden habe. Außerdem bestünde mangels Zeichenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr.
2. Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung, mit der sie unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.11.2023 beantragt,
I. Der Beklagten wird […] verboten,
a. Im geschäftlichen Verkehr in Deutschland das Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ für Fruchtgummiprodukte zu benutzen, […], insbesondere wenn dies geschieht wie folgt: […]
b. Im geschäftlichen Verkehr in Deutschland das Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ für Fruchtgummiprodukte zu benutzen, […], insbesondere wenn dies geschieht wie folgt: […]
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen der Beklagten gemäß Ziffer I., die diese selbst oder durch Dritte seit 01.01.2020 begangen hat, entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin in einer geordneten Aufstellung schriftlich Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. bezeichneten Handlungen selbst oder durch Dritte seit dem 01.01.2020 begangen hat […]
IV. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr in den Verkehr gebrachten Waren gemäß Ziffer I. aus den Vertriebswegen zurückzurufen.
V. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Waren und Werbemittel gemäß Ziffer I. einschließlich der zurückgerufenen Waren zu vernichten oder deren Kennzeichnung gemäß Ziffer I. zu entfernen.
VI. Der Klägerin wird das Recht zugesprochen, das Urteil auf Kosten der Beklagten öffentlich bekannt zu machen, wobei Art und Umfang der Bekanntmachung in das Ermessen des Gerichts gestellt werden.
Zur Begründung führt die Klägerin insbesondere aus, dass beide Marken aufgrund einer hinreichenden Ähnlichkeit eine unmittelbare Assoziation zu „Happy Birthday“ ermöglichen würden. Der – als solcher erkennbare – Ausdruck „BEAR“ sei auf die konkreten Waren, nämlich Gummibärchen, bezogen. Der Verkehr würde dieses originelle Wortspiel und den besonderen Witz erkennen. Ein Sachhinweis liege nicht vor. Die Marken hätten erhöhte Kennzeichnungskraft.
Im vorliegenden Fall würden die angegriffenen Zeichen vom Verbraucher als Herkunftshinweis wahrgenommen. Dafür würden die blickfangmäßige Herausstellung des Zeichens und die Positionierung, insbesondere auf der Verpackung, sowie die Kennzeichnungsgewohnheiten im Fruchtgummiwarenbereich sprechen. Dabei spiele es keine Rolle, dass das Zeichen „Happy Bärsday“ auf der Verpackungsrückseite angebracht sei. Auch werde das Zeichen „Happy Bärsday“ von der Beklagten in einer Schriftart nebst Texteffekt entsprechend der Marken „…“ und „Goldbären“ wiedergegeben. Zu Unrecht meine das Landgericht in Bezug auf die Verpackungsgestaltung, das Gesamterscheinungsbild spreche dagegen, dass das gesamte Zeichen als Herkunftshinweis wahrgenommen werde, zumal der Verkehr an Mehrfachkennzeichnungen im Fruchtgummibereich gewöhnt sei. Gerade auch die „… Goldbären“ seien in unterschiedlichen Verpackungen und zahlreichen Sondereditionen angeboten worden.
Der Text mit der Überschrift „Die Goldbären werden 100 und alle feiern mit!“ sei vergleichsweise klein gedruckt und werde von einem großen Teil der Verbraucher in der Kaufsituation gar nicht wahrgenommen. Selbst wenn jedoch der Verbraucher die Bezugnahme auf ein Jubiläum erkenne, würde er immer noch annehmen, dies sei eben die Jubiläumsedition unter der (fantasievollen) Kennzeichnung „Happy Bärsday“. Der jeweilige Partyhut sei als solcher nicht erkennbar. Die Ausdrücke „100 JAHRE Goldbären“ und „Das Original seit 1922“ würden nicht nahelegen, dass es sich bei „Happy Bärsday“ um einen Geburtstagsgruß handele.
3. Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
B.
Die zulässige Berufung ist zur Überzeugung der Mitglieder des Senats unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche bereits deshalb nicht zu, weil die Beklagte die angegriffenen Bezeichnungen „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“ nicht markenmäßig benutzt hat.
I. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann der Inhaber einer Marke der Benutzung eines Zeichens nur widersprechen, wenn die Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Hauptfunktion, der Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung, auch deren andere Funktionen wie etwa die Gewährleistung der Qualität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (EuGH GRUR 2016, 375 Rn. 26 – Daimler/Együd Garage). Dem entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach eine beeinträchtigende Benutzung des Zeichens vorliegt, wenn es durch Dritte markenmäßig oder – was dem entspricht – als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (BGH GRUR 2020, 1311 Rn. 45 – Vorwerk).
Da im Streitfall lediglich ein Eingriff in das Markenrecht der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 MarkenG im Raum steht, kann eine markenmäßige Verwendung nur dann bejaht werden, wenn die angegriffenen Zeichen die Herkunftsfunktion der Klagemarken beeinträchtigen oder beeinträchtigen können (vgl. EuGH GRUR 2024, 291 Rn. 43 – Audi). Diese Hauptfunktion der Marke soll den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen (BGH a.a.O. Rn. 45 – Vorwerk) und die Ursprungsidentität garantieren, insbesondere, dass die mit der Marke versehenen Waren unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens, dem sich die Verantwortung für ihre Qualität zuordnen lässt, hergestellt oder geliefert worden sind, damit die Marke ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs erfüllen kann (EuGH a.a.O. Rn. 35 – Audi).
Für die Frage der herkunftsbeeinträchtigenden Benutzung eines Zeichens kommt es nicht auf dessen Zweckbestimmung durch den Verwender, sondern allein darauf an, ob aufgrund der Umstände des Einzelfalls ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs das Zeichen auch als Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb versteht (BGH GRUR 2019, 522 Rn. 42 – SAM; BGH, GRUR 2009, 484 Rn. 61 – METROBUS). Dafür genügt nicht, dass das Zeichen originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend erfolgt. Die Tatsache, dass ein Zeichen vom angesprochenen Verkehr als Herkunftshinweis für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen und damit als Marke erkannt wird, muss vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalls positiv festgestellt werden (BGH a.a.O. Rn. 41 – SAM). Entscheidend ist, ob unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks bei den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der Zeichenverwendung die Auffassung entsteht, das Zeichen sei ein Herkunftshinweis (OLG Nürnberg GRUR-RR 2023, 22 Rn. 20 – Bärentaler). Bei der Beurteilung, ob der Verkehr in der konkret in Rede stehenden Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, ist auch auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden, abzustellen (BGH GRUR 2019, 1289 Rn. 25 – Damen Hose MO).
Da sich die streitgegenständlichen Fruchtgummiprodukte der Beklagten an den allgemeinen Verkehr richten, ist dafür die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers maßgeblich (vgl. BGH GRUR 2019, 79 Rn. 21 – Tork). Zu diesem Personenkreis gehören auch die Mitglieder des Senats, so dass sie die Auffassung dieses Verkehrskreises aus eigener Sachkunde beurteilen können.
II. Die Beurteilung der maßgeblichen Einzelumstände in einer Gesamtwürdigung führt im vorliegenden Fall dazu, dass kein nicht unerheblicher Teil der Durchschnittsverbraucher in der gegenständlichen Verwendung der Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auf der Rückseite verschiedener Goldbären-Verpackungen und mehrerer Werbemaßnahmen sowie „HAPPY 100th BEARSDAY“ auf einer Travel-Edition der „… Goldbears“-Verpackung einen Hinweis auf die Herkunft der Fruchtgummiprodukte aus einem bestimmten Unternehmen sieht.
1. Die sich aus der Natur der Klagemarken ergebenden Gesichtspunkte, die sich auch in den Verletzungszeichen widerspiegeln – insbesondere der Umstand, dass die angegriffenen Wortkombinationen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ im Rahmen ihrer konkreten Benutzung jeweils deutlich beschreibende Anklänge aufweisen – sprechen im Streitfall gegen ein Verständnis als Herkunftshinweis bei den angesprochenen Verkehrskreisen.
a) Die beschreibende Verwendung eines Zeichens stellt im Regelfall keine markenmäßige Benutzung dar, denn wenn ein Wort einen beschreibenden Charakter hat, wird es normalerweise vom Verkehr als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst (BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 – MICRO COTTON).
Dabei ist das Vorliegen einer rein beschreibenden Angabe nicht erforderlich. Vielmehr ist bereits die Tatsache, dass das verwendete Zeichen im Rahmen der konkreten Benutzung deutlich beschreibende Anklänge aufweist, ein Umstand, der gegen eine markenmäßige Benutzung sprechen kann (OLG Nürnberg GRUR-RR 2022, 224 Rn. 16 ff. – Bewegte Medizin; OLG Nürnberg GRUR 2023, 75 Rn. 22 – Torjägerkanone). So verletzt der als Bezeichnung für einen Telefontarif verwendete Begriff „Allnet Flat“ mangels kennzeichenmäßigen Gebrauchs nicht ein fremdes Unternehmenskennzeichenrecht an dem Firmenschlagwort „ALLNET“ (OLG Frankfurt a. M. GRUR-RR 2015, 59 Rn. 7 ff. – Allnet Flat), erfolgt die Verwendung der u.a. für Bekleidung geschützten Marke „Think“ auf einem an Lederjacken angebrachten Hang-Tag mit dem Slogan „Think Green“ lediglich als beschreibender Hinweis auf die Eigenschaften bzw. die Herstellungsweise des beworbenen Produkts (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2018, 446 Rn. 33 ff. – Hang-Tag Think Green), sieht der Verkehr die Benutzung des Zeichens „Clown“ im Zusammenhang mit einer bekannten Marke für Fruchtgummi- und Lakritzprodukte auf einer durchsichtigen Verpackung für Fruchtgummiprodukte in Clown-Form nicht als herkunftshinweisend, sondern allein als Beschreibung der Warenform an (OLG Köln GRUR-RR 2020, 308 – CLOWNS) oder hat der Verbraucher bei der Aussage „Ein Herz für Tiere“ auf einem Aufkleber, der auf der Rückseite eines Lebkuchenherzens angebracht ist, keine Veranlassung anzunehmen, es handele sich insoweit um einen Herkunftshinweis, wenn die Aussage inhaltlich mit derjenigen identisch ist, die vorne auf dem Herz angebracht ist, und es sich bei dem Produkt tatsächlich um ein Herz für ein Tier handelt (OLG München GRUR 2021, 1087 Rn. 46 ff. – Ein Herz für Tiere).
Der Markencharakter kann auch dadurch untergehen, dass aufgrund der Eigenart des Zeichens in dem konkreten dekorativen Verwendungszusammenhang eine andere, nicht markenmäßige Bedeutung für den Verkehr ganz in den Vordergrund tritt (OLG Hamburg GRUR-RR 2009, 300 – Baby-Body-Slogan). So wie der Durchschnittsverbraucher regelmäßig in der Formgestaltung einer Ware lediglich eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung des Produkts (BGH GRUR 2016, 197 Rn. 27 – Bounty) oder in der Verwendung einer Farbe nur ein Gestaltungsmittel (BGH GRUR 2016, 1167 Rn. 25 – Sparkassen-Rot), jeweils aber keinen Herkunftshinweis sieht, ist in der Regel auch bei Werbeslogans ein herkunftshinweisender Charakter zu verneinen (Hacker a.a.O. § 14 Rn. 166). Rechtlich erhebliche Anteile des angesprochenen Verkehrs werden aus einem überwiegend in einem beschreibenden oder auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Sinn zu verstehenden Werbespruch grundsätzlich nicht den Schluss ziehen, die Botschaft des Slogans solle zugleich auch für das Produkt als Herkunftshinweis dienen.
b) Im vorliegenden Fall enthält die Klagemarke „HAPPY BEAR’S DAY“ eine dem Durchschnittsverbraucher verständlichen Inhalt.
Die Klagemarken heißen übersetzt „Fröhlicher Bärentag“, wobei das verwendete Wort „BEAR“ offenkundig einen Bezug zu den Waren, nämlich Gummibären, herstellt. Sie sind zudem deutlich angelehnt an die englischen Alltagsworte „HAPPY BIRTHDAY“ für „Alles Gute zum Geburtstag“, was dem deutschen Durchschnittsverbraucher allgemein bekannt ist. Für das Wortspiel, bei dem das Element „Birth“ durch „Bears“ ersetzt wird, steht im Vordergrund, dass das Wort „Bears“ gerade für den Fruchtgummibereich durch die Assoziation mit Gummibärchen einen besonderen Bezug erkennen lässt Dies sieht grundsätzlich auch die Klägerin so. Sie trägt selbst vor, dass ihre Marken aufgrund einer hinreichenden Ähnlichkeit eine unmittelbare Assoziation zu der nicht unterscheidungskräftigen Bezeichnung „Happy Birthday“ ermöglichen würden. Der – als solcher erkennbare – Ausdruck „BEAR“ sei auf die konkreten Waren, nämlich Gummibärchen, bezogen. Der Verkehr würde dieses originelle Wortspiel und den besonderen Witz erkennen.
c) Auch die angegriffenen Wortkombinationen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ weisen im Rahmen der konkreten Benutzung durch die Beklagte – sowohl auf den Verpackungen selbst als auch in den streitgegenständlichen Werbemaßnahmen – deutlich beschreibende Anklänge auf.
Mit diesen Zeichen wird für die angesprochenen Verkehrskreise erkennbar auf das im Jahr 2022 gefeierte 100-jährige Jubiläum der „… Goldbären“ Bezug genommen. Der Durchschnittsverbraucher versteht sie jeweils als Geburtstagsgruß für den „Bären“, weil für ihn deutlich erkennbar der Wortbestandteil „BIRTH“ durch „BÄRS“ bzw. „100th BEARS“ ersetzt wurde. Beide Zeichen lehnen sich erkennbar an den englischen Geburtstagsgruß „HAPPY BIRTHDAY“ („Alles Gute zum Geburtstag“) an, welcher dem deutschen Verbraucher allgemein geläufig ist. Mit den Wortfolgen assoziieren die angesprochenen Verkehrskreise in den hier in Rede stehenden Fällen daher die anlassbezogene Abwandlung des Geburtstagsgrußes „Happy Birthday“ für Gummibärchen. Beim Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ verstärkt der Zeichenbestandteil „100th“ noch zusätzlich den Hinweis auf den „100.“ Geburtstag des Goldbären.
Die Argumentation der Klägerin, wonach der Verkehr wisse, dass Gummibärchen als solches keinen Geburtstag haben, und es dem Verkehr geläufig sei, dass ein Geburtstag nur auf einen bestimmten Tag des jeweiligen Jahres fällt, die Produkte der Beklagten aber nicht nur an diesem Tag angeboten werden, ändert an dieser Feststellung nichts. Denn dem Verkehr erschließt sich unmittelbar assoziativ ohne weiteres, dass mit „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ nicht ein präziser, datumsmäßig festgelegter Tag angesprochen ist, sondern dass hier eine Jubiläumsedition aus Anlass des 100. Geburtstags der GOLDBÄREN beworben wird.
d) Darüber hinaus werden die beschreibenden Anklänge der verwendeten Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ als Jubiläumsmotto in den streitgegenständlichen Verletzungsformen durch weitere Hinweise auf das 100-jährige Geburtstagsjubiläum untermalt:
Die Benutzung des Zeichens „HAPPY BÄRSDAY“ auf der angegriffenen deutschen Goldbären-Verpackung erfolgt im Kontext mehrerer „Jubiläumshinweise“. So finden sich auf der Vorseite das Symbol einer abstrakten GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut und Slogan „100 Jahre GOLDBÄREN“ und der GOLDBÄR-Character mit einem Partyhut und der Sprechblase „Das Original seit 1922“. Auf der Rückseite wird das angegriffene Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ mit Goldbären mit Partyhut „verziert“. Schließlich findet sich unmittelbar unter dem angegriffenen Zeichen der Hinweis auf das Jubiläums-Gewinnspiel in Form eines abstrakten GOLDBÄREN mit dem Spruch „Die Goldbären werden 100 und alle feiern mit!“.
Die Zeichennutzung von „Happy 100th Bearsday“ auf der Verpackung der internationalen „Travel Edition“ erfolgt zusammen mit vergleichbaren dekorativen „Jubiläums“- Motiven. So findet sich auch auf dieser Verpackung das Symbol einer abstrakten GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut und Slogan „100 Years GOLDBEARS“ und der GOLDBÄR-Character mit Partyhut und Sprechblase „The Original since 1922“. Außerdem ist um das angegriffene Zeichen „Happy 100th Bearsday“ buntes Konfetti verstreut.
Bei der Anzeige in der Lebensmittelzeitung ist die Wortfolge „HAPPY BÄRSDAY“ im Kontext der weiteren dekorativen Gestaltungsmittel zu betrachten. Dazu gehören insbesondere die große abstrakte GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut, die zahlreich abgebildeten Luftschlangen, welche den Feieranlass graphisch unterstreichen, und der prominente erläuternde Hinweis: „Die Ikone wird 100 … und ganz Deutschland feiert mit!“
Auch der Screenshot des Internetauftritts der Beklagten mit dem Gewinnspiel enthält zusätzliche sachliche Hinweise, die verdeutlichen, dass sich der angegriffene Spruch „HAPPY BÄRSDAY“ auf das 100-jährige Jubiläum der GOLDBÄREN beziehen soll. Es handelt sich dabei um das Symbol einer abstrakten GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut und Slogan „100 Jahre GOLDBÄREN“, den GOLDBÄR-Character mit Partyhut sowie die Angabe „Party-Stufe 1“ mit dem Text „Let’s Party: Feiert mit unseren […] Goldbären Happy Bärsday und freut Euch auf bärenstarke Gewinne“. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich schon aus der Webseiten-URL https://www.haribo.com/de-de/gewinnen/geburtstag ergibt, dass es sich um ein Geburtstagsgewinnspiel handelt. Schließlich erkennt der Verkehr, wenn er die beanstandete Webseite weiter herunterscrollt, zahlreiche weitere Hinweise auf das Jubiläum, wie beispielsweise: „Wir feiern Happy Bärsday und Ihr seid alle eingeladen“ oder „Bärsdays ohne Ende: Ein Jahr lang feiern wir alle zwei Monate eine andere Goldbären-Farbe und verlosen neue bunte Gewinne“.
Der von der Klägerin angegriffene Ausschnitt des TV-Werbespots „100 Jahre Goldbären“ enthält den hervorgehobenen Hinweis „Die GOLDBÄREN werden 100“ und einen GOLDBÄREN mit Partyhut direkt hinter dem angegriffenen Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“. Außerdem trägt der auf der Videoplattform www…com dargestellte TV-Spot den Titel „… TV-Spot zu 100 Jahre Goldbären“.
Auf dem Verkaufsdisplay findet sich unmittelbar über dem Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ das deutlich sichtbare Symbol einer abstrakten GOLDBÄREN-Figur mit Partyhut und Slogan „100 Jahre GOLDBÄREN“.
e) Zwar besteht im Fruchtgummibereich bei den führenden Herstellern unter anderem die Gewohnheit, zur Kennzeichnung von Fruchtgummiprodukten Marken mit beschreibendem Anklang – insbesondere auch witzige Ausdrücke und Wortspiele (z.B. Color-Rado, Balla-Balla, Pico-Balla, Hey Kakao!, SAUERier, Sauer Brenner, Herzbeben, Milpferde, ÜBÄRraschung, Pingummi etc.) – zu verwenden. Diese Umstände können – da auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden, abzustellen ist – dafür sprechen, dass der an dem Kauf von Gummibärchen interessierte angesprochene Verkehr auch in den angegriffenen Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ einen Herkunftshinweis erkennen könnte. Insbesondere schließt der Senat nicht aus, dass im Einzelfall auch „Fun-Sprüche“ auf Süßwaren im Fruchtgummibereich auch markenmäßig wirken können.
Die erforderliche Gesamtwürdigung der maßgeblichen Einzelumstände ergibt im vorliegenden Fall jedoch, dass die angegriffenen Zeichen vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher überwiegend als – auf einen beschreibenden Kern zurückführbarer – Jubiläumshinweis in der Art eines Werbeslogans verstanden werden, welche die Beklagte ersichtlich wegen dem – auch mit dem Sprachwitz verbundenen – Wiedererkennungswert für die Jubiläumsedition der „… Goldbären“, aber nicht als Hinweis auf die Herkunft des Produkts verwendet. Denn es handelt sich bei den Zeichen nicht nur um ein witziges Wortspiel mit auf einen aktuellen Anlass hinweisenden Anklang. Vielmehr wird die in „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ enthaltene Botschaft als auf einen begrenzten Zeitraum bezogenes Jubiläumsmotto von anderen Text- bzw. Bildelementen begleitet, welche diese durch Hinweise auf das 100-jährige Geburtstagsjubiläum der Beklagten inhaltlich unterstützen, weshalb aufgrund der Eigenart der Zeichen in dem konkreten Verwendungszusammenhang eine andere, nicht markenmäßige Bedeutung für den Durchschnittsverbraucher ganz in den Vordergrund tritt. In diesem Fall wird der Durchschnittsverbraucher nicht den Schluss ziehen, die Glückwunschbotschaft solle zugleich auch für die in ihr verpackten Gummibären als Herkunftshinweis dienen. Nicht außer Acht gelassen kann in diesem Zusammenhang, dass sich die streitgegenständlichen Wortfolgen weniger auf die Art des so bezeichneten Fruchtgummis – insbesondere die Form oder den Geschmack – als die obengenannten Beispiele für witzige Ausdrücke und Wortspiele beziehen.
f) Eine andere Beurteilung ist im Streitfall auch nicht deshalb veranlasst, weil sich für die angesprochenen Verkehrskreise ein Verständnis als Herkunftshinweis aus einer besonderen Bekanntheit oder einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarken ergeben würde.
aa) Die Frage, ob der Verkehr ein Zeichen (auch) als Herkunftshinweis auffasst, hängt unter anderem von der Kennzeichnungskraft und dem Bekanntheitsgrad der Klagemarke ab (BGH GRUR 2012, 618 Rn. 24 – Medusa). Gerade bei nicht-traditionellen Markenformen kommt es bei der Beurteilung der rechtsverletzenden Benutzung auch darauf an, wie bekannt das Klagezeichen ist (OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 32 – Bewegte Medizin). Wenn dem Verkehr ein Zeichen bereits als Marke bekannt ist, spricht vieles dafür, dass er ein identisches oder sehr ähnliches Zeichen auch in anderem Kontext als Marke wahrnimmt (Hacker, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl. 2024, § 14 Rn. 140 unter Bezugnahme auf OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 31 ff. – Bewegte Medizin). Allerdings genügt für die Annahme einer kennzeichenmäßigen Verwendung eines Zeichens nicht, dass das Zeichen originär unterscheidungskräftig ist und die konkrete Verwendung nicht glatt beschreibend erfolgt (BGH a.a.O. Rn. 28 – Damen Hose MO).
bb) Die Klägerin hat nicht dargetan, dass die Klagemarken derart bekannt sind, dass der Durchschnittsverbraucher – obwohl er die angegriffenen Zeichen überwiegend als einen in einem beschreibenden Sinn zu verstehenden Werbeslogan auffasst – aufgrund dieses Umstands annehme, die so gekennzeichneten Fruchtgummiprodukte stammten aus dem Unternehmen der Inhaberin der Klagemarke.
Das Landgericht führte im angegriffenen Urteil aus, dass die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen habe, aus denen sich ergebe, dass die Klagemarken als bekannte Marken im Rechtssinne anzusehen seien. Insbesondere sei kein Vortrag zu etwaigen Werbeaufwendungen getätigt oder seien repräsentative Umfragen vorgelegt worden. Allein die behaupteten Verkaufs- und Umsatzzahlen des Produkts „Happy Bears Day“ als 100g-Beutel sowie als Mini-Beutel innerhalb des Mutterbeutels sowie die Bewerbung im Sortimentskatalog der Klägerin würden nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Klagemarken bekannt sind bzw. eine erhöhte Bekanntheit erlangt haben.
Gegen diese zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wendet sich die Berufung nicht.
cc) Die Klagemarken verfügen auch nicht über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft.
Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (BGH GRUR 2017, 75 Rn. 19 – Wunderbaum II). Beschreibende Anklänge der Marke im Hinblick auf die Waren, für die sie Schutz beansprucht, können die originäre Kennzeichnungskraft unter Umständen schwächen (BGH a.a.O. Rn. 22 – Wunderbaum II). Dagegen rechtfertigen eine besondere Eigenart und Einprägsamkeit für sich gesehen noch nicht die Zuerkennung einer erhöhten Kennzeichnungskraft (Hacker, a.a.O. § 9 Rn. 158). Der Umstand, dass ein Zeichen bereits bei Eintragung fantasievoll und einprägsam ist, führt per se nicht zu einem erweiterten Schutzumfang (Wirtz, in Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl. 2023, § 14 Rn. 532). Vielmehr könnte eine von Haus aus eigenartige und einprägsame Marke im Verkehr lediglich leichter bekannt gemacht werden als eine originalitätsschwache Marke und dadurch leichter eine erhöhte Kennzeichnungskraft in Folge von Benutzung erlangen.
Im vorliegenden Fall sind die Klagemarken wegen des Wortwitzes in Bezug auf die damit gekennzeichneten Waren zwar als originell anzusehen. Dieser damit verbundene eigenschöpferische Gehalt ist jedoch nicht ausreichend, um den Klagemarken eine gesteigerte Kennzeichnungskraft von Haus aus zukommen zu lassen. Ob eine Schwächung der Kennzeichnungskraft vor dem Hintergrund der deutlich beschreibenden Anklänge anzunehmen ist, kann der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen.
Die von der Klägerin behaupteten Verkaufszahlen rechtfertigen nicht die Annahme einer Stärkung der Kennzeichnungskraft aufgrund Benutzung.
2. Vor diesem Hintergrund ergibt die Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des durch die Art und Weise der Zeichenverwendung konkret hervorgerufenen jeweiligen Gesamterscheinungsbilds auf den Verkaufsverpackungen und in den Bewerbungsaktionen der Beklagten, in denen die angegriffenen Bezeichnungen dem Publikum entgegentreten, sowie der Kennzeichnungsgewohnheiten im Fruchtgummibereich, dass kein erheblicher Teil der Durchschnittsverbraucher in den angegriffenen Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ und „Happy 100th Bearsday“ einen Herkunftshinweis erkennt.
a) Die Verkehrsauffassung wird auch durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (BGH a.a.O. Rn. 25 – Damen Hose MO). Hierbei können der Inhalt des Zeichens, die Positionierung des zu beurteilenden Zeichens sowie die weitere Gestaltung relevant sein (OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 20 – Bärentaler). Eine blickfangmäßige Herausstellung spricht für eine markenmäßige Verwendung (BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 – MICRO COTTON), insbesondere wenn das Zeichen schriftbildlich hervorgehoben, nach Art einer Marke und an einer Stelle erfolgt, an der eine Produktkennzeichnung erwartet wird, und wenn keine anderen Kennzeichen vorhanden sind (BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 – pjur/pure). Bei der Beurteilung sind auch solche Umstände in Betracht zu ziehen, die außerhalb des angegriffenen Zeichens selbst liegen (OLG Nürnberg a.a.O. Rn. 19 – Torjägerkanone).
Grundsätzlich kann auch die Verwendung eines Zeichens als eine dem Verkehr erkennbare Zweit- oder Mehrfachkennzeichnung herkunftshinweisend sein (OLG München GRUR-RR 2006, 84 [86] – MEMORY/EDUCA memory game; OLG Nürnberg GRUR-RR 2003, 206 [207, 208] – FRÜHSTÜCKS-DRINK). Die bloße Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung von Zweit- bzw. Mehrfachkennzeichen in einer bestimmten Branche spricht für sich allein jedoch nicht dafür, dass das Verletzungszeichen als Zweitmarke erfasst wird (BGH a.a.O. Rn. 29 – Damen Hose MO). Vielmehr ist insofern stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und die konkrete Benutzungsform abzustellen.
Wenn beispielsweise Bilder, Motive, Symbole oder Wörter auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, ist nicht ohne weiteres eine markenmäßige Benutzung anzunehmen, weil der Durchschnittsverbraucher dann nicht generell davon ausgeht, dass es sich hierbei um einen Herkunftshinweis handelt; dann ist jeweils eine Beurteilung im Einzelfall vorzunehmen (BGH GRUR 2017, 730 Rn. 22 – Sierpinski-Dreieck). Bei der Beurteilung, ob ein Zeichen in Verkaufsangeboten in Katalogen oder im Internet als Herkunftshinweis erkannt wird, sind diese Angebote in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH a.a.O. Rn. 33 – Damen Hose MO). Kann von einer Bekanntheit des Klagezeichens nicht ausgegangen werden, muss bei der Prüfung, ob ihre Verwendung herkunftshinweisend verstanden wird, die Gestaltung des in Rede stehenden Angebots in den Blick genommen werden. Dabei kann die Art ihrer Verwendung dafür sprechen, dass der Verkehr sie als Marke auffasst. Dies kann insbesondere dann angenommen werden, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hersteller- oder Dachmarke verwendet wird (BGH, GRUR 2019, 522 Rn. 54 – SAM).
b) Im vorliegenden Fall nehmen die angesprochenen Verkehrskreise – vor dem Hintergrund der bereits unter Ziffer B.II.1 dargestellten, sich aus der Natur der Klagemarken ergebenden Gesichtspunkte, die sich auch in den Verletzungszeichen widerspiegeln, sowie unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsgewohnheiten im Warensektor „Zuckerwaren“ bzw. „Fruchtgummis“ – aufgrund der konkreten Aufmachungen, in denen die angegriffenen Bezeichnungen dem Publikum entgegentreten, die angegriffenen Zeichen nicht als Herkunftshinweis wahr.
aa) Der Durchschnittsverbraucher sieht in dem Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auf der Rückseite der deutschen Goldbären-Verpackung keinen Herkunftshinweis.
(1) Dabei spricht im Streitfall zwar für ein Verständnis als Herkunftshinweis die Kennzeichnungsgewohnheit im Fruchtgummibereich, als Marken zur Kennzeichnung von Fruchtgummiprodukten Ausdrücke mit „Happy“ (z.B. Happy Cola, Happy Cherries, Happy Limo, etc.) sowie mehrere Zeichen auch unterschiedlichster Kategorie für ein und dasselbe Produkt zu verwenden. Auch ist dem Verkehr bekannt, dass bei derartigen Produkten Zeichen an unterschiedlicher Stelle der Verpackungen (auch auf Verpackungsrückseiten im oberen linken Bereich) aufgebracht sein können.
Für eine Eignung zur Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarken kann daher sprechen, dass der Charakter des angegriffenen Zeichens vom Typ her zu anderen auf dem Fruchtgummimarkt vertretenen Kennzeichen passt, da er wortspielhaft witzig ist und den häufiger vorkommenden Markenbestandteil „Happy“ verwendet. Auch ist der Verkehr an unterschiedlichste Kategorien von Herkunftszeichen im Fruchtgummibereich gewöhnt, auch an Slogans. Dem Verkehr ist geläufig, dass nicht nur zwei bis drei, sondern auch mehrere Herkunftszeichen für ein Produkt verwendet werden, so dass der Verkehr im Normalfall einer durchschnittlich unterscheidungskräftigen Bezeichnung auf eine Zweitmarke schließen könnte. Außerdem sind dem Verkehr auch Sonderlinien von einzelnen Produkten wie beispielsweise „Goldbären Tanzbären“, „Goldbären Kindheits-Knaller“, „Goldbären ÜBÄRraschung“, „Goldbären Kuchenzeit“ bekannt. Schließlich ist das Schriftbild von „HAPPY BÄRSDAY“ das gleiche wie dasjenige von „…“ und „Goldbären“ auf der Verpackungsvorderseite.
(2) Diese Umstände führen jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau aufgrund der weiteren zu berücksichtigenden Gestaltungsgesichtspunkte nicht dazu, dass der Verkehr in den hier in Rede stehenden Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt.
(a) Der Verkehr kennt die Verpackung der „… Goldbären“, deren wesentliche Gestaltungselemente und deren Aufbau seit vielen Jahren im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Die Verpackung wird seit dieser Zeit geprägt durch die folgenden sechs Herkunftszeichen: Unternehmenskennzeichen und Dachmarke „…“, Produktmarke „Goldbären“, Bildmarke „Goldbär-Charakter“, 3-D-Marke Goldbär-Produktform, welche durch das rechteckige Sichtfenster zu sehen ist, die Marke „… MACHT KINDER FROH…“ und die Farbmarke „Gold“. Lediglich der „Goldbären“ Schriftzug wechselte von der Position unter dem Sichtfenster auf die Stelle über dem Sichtfenster, behielt aber im Wesentlichen die gleiche Schriftgröße und Schriftart.
Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass der Verkehr sich an diesen bekannten Kennzeichen der Beklagten – die von ihm als Herkunftshinweise wahrgenommen werden – orientiert, auch wenn er den streitgegenständlichen Jubiläumseditionen begegnet. Die große Bekanntheit des Produktkennzeichens „GOLDBÄREN“, des Goldbären-Charakters und des Herstellerkennzeichens „…“ spricht bei der Verwendung der angegriffenen Zeichen gegen eine Wahrnehmung als zusätzlichen Herkunftshinweis. Je mehr bekannte Kennzeichen sich auf einer Produktverpackung finden, desto weniger hat der Verkehr Anlass, nach weiteren zusätzlichen ihm unbekannten Herkunftshinweisen zu suchen. Dies gilt insbesondere, wenn sich diese an markenuntypischen Stellen befinden. Vielmehr orientiert sich der Verkehr aufgrund der seit vielen Jahren bestehenden Kontinuität an diesen Herkunftszeichen und nimmt den Schriftzug „HAPPY BÄRSDAY“ im Kontext der weiteren Hinweise auf das Jubiläum des Goldbären nicht als weiteres Herkunftszeichen wahr.
Eine andere Beurteilung ist nicht aufgrund des Hinweises der Klägerin veranlasst, wonach der Verkehr bei der Beklagten, soweit er die einzelnen Herkunftszeichen auf der Verpackung als solche wahrnimmt, zwei Gruppen erkenne: Die eine Gruppe werde gebildet aus der Dachmarke „…“ und dem – diese Dachmarke einbeziehenden – Slogan „… macht Kinder froh…“. Die andere Gruppe werde gebildet aus der Wortmarke „Goldbären“, der Bildmarke, die einen Goldbären zeigt, der Produktform, bei denen es sich eben um genau die Goldbären handelt, und der Farbmarke „Gold“. Denn auch bei der Einteilung in diese Gruppen handelt es sich um eine Vielzahl von voneinander unabhängigen und dem Durchschnittsverbraucher bekannten Kennzeichen.
Die Gewöhnung des Verkehrs an die Verwendung von Zweitmarken spricht für sich allein nicht dafür, dass im konkreten Fall das Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ als Zweitmarke erfasst wird. Dies gilt vor allem im Bereich von Fruchtgummiwaren, in dem schon keine einheitliche Übung festgestellt werden kann. So lässt sich zwar feststellen, dass neben Dachmarken auch Zweitmarken verwendet werden, wie etwa bei der Beklagten „Goldbären“ oder „Colorado“. Es gibt jedoch ebenso Fälle, in denen neben der Dachmarke die Form oder das Motiv beschreibende Begriffe verwendet werden wie zum Beispiel bei der Beklagten Schnuller, Frösche oder Riesen Erdbeeren (vgl. OLG Köln a.a.O. Rn. 29 – CLOWNS).
(b) Auch wenn einerseits – wie ausgeführt – im Einzelfall auch „Fun-Sprüche“ auf Süßwaren im Fruchtgummibereich auch markenmäßig wirken können, ist andererseits der Verkehr im Süßwarensektor daran gewöhnt, dass sich witzige Sprüche, Wortspiele oder emotionale Grußbotschaften auf Süßwaren und auch auf Fruchtgummiprodukten befinden, ohne dass diese als Herkunftshinweis wahrgenommen werden. So verletzt die Verwendung einer Grußbotschaft des allgemeinen Sprachgebrauchs („schön, dass es dich gibt”) auf einer mit Schokolade gefüllten Grußkarte nicht die für Schokolade geschützte Marke „merci, dass es dich gibt” (OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 15 – merci). Entscheidend sind somit immer die Umstände des Einzelfalls.
(c) Im Fruchtgummibereich besteht die Kennzeichnungsgewohnheit, auf der Verpackungsvorderseite sowohl blickfangmäßig Hersteller und Produktmarke als auch Sondereditionen wiederzugeben. Dies gilt insbesondere für die „… Goldbären“ und dessen Sonder-Editionen, wie z.B. „Kindheits-Knaller“, „ÜBÄRraschung!“ und „Kuchenzeit“. Das angegriffene Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ befindet sich aber ausschließlich auf der Verpackungsrückseite.
Dies schließt zwar nicht aus, dass Herkunftshinweise auf Fruchtgummiverpackungen zusätzlich auch auf der Verpackungsrückseite angebracht werden. Dass jedoch der Verkehr – gerade im Streitfall, bei dem auf der Vorderseite eine Vielzahl von bekannten Herkunftszeichen enthalten sind – eine Kennzeichnung, welche sich ausschließlich auf der Verpackungsrückseite befindet, als Herkunftshinweis wahrnimmt, hält der Senat für erfahrungswidrig.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich auf der Rückseite – wie der Verkehr weiß – üblicherweise vor allem Pflichtangaben (wie beispielsweise lebensmittelrechtliche Informationen, die Angabe der Netto-Füllmenge oder Informationen zu Geschmacksrichtungen und zur abfallrechtlichen Entsorgung der Verpackung) befinden. Außerdem zeigt die Werbung für Fruchtgummiprodukte, dass für den Verbraucher überwiegend die Verpackungsvorderseite von Interesse ist, denn es wird nur diese in der Werbung abgebildet. Schließlich werden im Supermarkt die Fruchtgummiverpackungen immer mit der Verpackungsvorderseite nach vorne einsortiert und aufgestellt, weshalb sich der Verkehr an der Verpackungsvorderseite orientiert. Die Rückseite einer Verpackung ist daher eine untypische Stelle für den Abdruck eines Herkunftshinweises.
(d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht vor dem Hintergrund des zutreffenden Hinweises der Klägerin veranlasst, dass auch die „… Goldbären“ in zahlreichen Sondereditionen (wie beispielsweise „ÜBÄRraschung!“ und „Kuchenzeit“ angeboten worden sind. Zum einen wurde die jeweilige Marke, welche die Sonderedition kennzeichnete, jeweils mittig auf der Verpackungsvorderseite angebracht. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die angegriffene Verpackung mit dem Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auch sonst nicht wie eine „GOLDBÄREN-Sonderedition“ aufgemacht ist, weil sich die Verpackungsgestaltung der „GOLDBÄREN Limited Editions“ erkennbar insbesondere in der Farbwahl unterscheidet. So tritt bei den GOLDBÄREN-Sondereditionen zusätzlich zur Hauptfarbe Gold jeweils eine weitere Farbe (türkis, blau bzw. hellblau/rosa) hinzu. Dagegen entspricht die angegriffene Jubiläumsedition aus dem Jahr 2022 dem Design der „klassischen GOLDBÄREN“.
(e) Soweit der Verkehr daran gewöhnt ist, dass die Beklagte zur Kennzeichnung von Fruchtgummiprodukten auch Ausdrücke mit dem Bestandteil „Happy“ (z.B. Happy Hörnchen, Happy Cherries, Happy Ponies, Happy EGGster, Happy Limo, Happy Seafari, Happy Cola) verwendet, ist darauf hinzuweisen, dass bei den streitgegenständlichen Wortfolgen – anders als bei den aufgeführten Beispielen – kein Bezug des nach dem Begriff „Happy“ stehenden Worts „Bärsday“ zu der Form oder dem Geschmack des in der Verpackung enthaltenen Fruchtgummis gegeben ist.
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bb) Auch die übrigen angegriffenen Zeichenverwendungen erkennt der angesprochene Verkehr nicht als Herkunftshinweis. Soweit nachfolgend nicht für diese Verletzungsformen geltende besondere Umstände zu berücksichtigen sind, wird zur Begründung auf die obigen Ausführungen unter Ziffer B.II.2.b) aa) Bezug genommen.
(1) Die Zeichennutzung von „Happy 100th Bearsday“ in der linken oberen Ecke der Vorderseite der Verpackung der internationalen „Travel Edition“ erfolgt für die angesprochenen Verkehrskreise nicht nach Art einer Marke.
Das Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ befindet sich zwar auf der Vorderseite der Verpackung. Dies spricht vor dem Hintergrund der Kennzeichnungsgewohnheiten im Fruchtgummibereich, auf der Verpackungsvorderseite sowohl blickfangmäßig Hersteller und Produktmarke als auch Sondereditionen wiederzugeben, für ein Verständnis als Herkunftshinweis. Dagegen spricht jedoch, dass es sich an einer im Fruchtgummibereich markenuntypischen Stelle oben links auf der Verpackung befindet; hier befinden sich oft rein beschreibende Angaben wie „Veggie“, „Neu“ oder „Limited Edition. Oftmals benutzt der Durchschnittsverbraucher eine der oberen Ecken des Beutels – um die Verpackung zu öffnen, weshalb an diesen „Soll“-Abriss-Ecken auf den Verpackungen der Beklagten eine geschwungene Linie zeigt, wo sich die Tüte gut öffnen lässt. In diesem Fall würde der abgerissene Teil des Beutels weggeworfen werden und sich vor diesem Hintergrund nicht zum Anbringen eines Herkunftshinweises eignen.
Außerdem ist die Schrift der Wortfolge im Vergleich zu derjenigen von „…“ und „Goldbears“ unauffällig und klein gehalten und gerade nicht blickfangmäßig hervorgehoben.
In Bezug auf die anderen Umstände (insbesondere die Vielzahl der bekannten Kennzeichen auf der Produktverpackung) wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
(2) Bei der Anzeige in der Lebensmittelzeitung erkennt der Verkehr als Herkunftshinweise das ihm bekannte Unternehmenskennzeichen „…“, welches zweimal hervorgehoben zu sehen ist. Darüber hinaus nimmt der Durchschnittsverbraucher die ihm bekannte Produktmarke „Goldbären“ sowie zweimal den ihm bekannten Goldbär-Charakter wahr.
(3) Bei dem Gewinnspiel auf der Internetseite www.haribo.com weiß der Verbraucher aufgrund der URL, dass er sich auf der Webseite der Beklagten befindet.
Aus der Aufmachung der Seite ist ersichtlich, dass es sich um eine Überraschungskiste handelt, die im Rahmen eines Gewinnspiels anlässlich des 100-jährigen Jubiläums an Teilnehmer verlost wird. Es handelt sich für den Verkehr erkennbar nicht um einen Verkaufskarton.
(4) Auch bei dem TV-Spot „100 Jahre Goldbären“ nimmt der Verkehr als Herkunftshinweis die ihm bekannten Kennzeichen „…“, „GOLDBÄREN“ und den Goldbär-Charakter wahr, welche die Verpackungsvorderseite zieren. Auch hier weist die abgebildete Vorderseite der „… Goldbären“-Verpackung das angegriffene Zeichen gerade nicht auf und ist – von dem abgebildeten Gummibären mit Partyhut und Schriftzug „100 Jahre“ mal abgesehen – wie üblich aufgemacht, so dass der Verkehr auch aus diesem Grund keinen Anlass hat, in der Zeichennutzung einen Herkunftshinweis zu sehen.
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(5) In Bezug auf die Verwendung des Zeichens „HAPPY BÄRSDAY“ auf einem Verkaufsdisplay in einem Supermarkt stimmt der Senat der Klägerin zwar dahingehend zu, dass auf Displays typischerweise auch Herkunftshinweise wiedergegeben werden, da es sich bei Displays um Werbeflächen handelt, die dem Kunden zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung unmittelbar gegenübertreten.
Im Streitfall ergibt jedoch die notwendige Würdigung der Umstände des Einzelfalls, dass der Durchschnittsverbraucher in dem angegriffenen Zeichen keinen Herkunftshinweis erkennt. Neben den deutlich beschreibenden Anklängen des Zeichens in der konkreten Verwendung – insbesondere dem großen Symbol „100 Jahre Goldbären“ mit einem abstrakten GOLDBÄREN mit Partyhut – ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei dem Verkaufsdisplay das Zeichen „…“, die „Goldbären“ und den Goldbär-Charakter wahrnimmt, und das Unternehmenskennzeichen gleich mehrfach hervorgehoben auf dem Display angebracht ist.
3. Vor diesem Hintergrund versteht ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs die angegriffenen Bezeichnungen „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“ in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung nicht auch als einen Hinweis auf die Herkunft der Fruchtgummiprodukte aus einem bestimmten Betrieb. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass zum einen die angegriffenen Zeichen von den maßgeblichen Verkehrskreisen aufgrund der deutlich beschreibenden Anklänge im Zusammenhang mit den die Zeichen begleitenden Text- und Bildelementen als Hinweis auf ein zeitlich beschränktes Jubiläum in der Art eines Werbeslogans verstanden werden, und dass zum anderen das Gesamterscheinungsbild auf den Verkaufsverpackungen und in den Bewerbungsaktionen der Beklagten – insbesondere die Vielzahl der im unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit den angegriffenen Wortfolgen verwendeten bekannten Kennzeichen der Beklagten – überwiegend gegen ein Verständnis als Herkunftshinweis spricht. Aufgrund der Gesamtgestaltung der angegriffenen Verpackungen und Werbemaßnahmen ist es für den Durchschnittsverbraucher bei Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls trotz der Wortfolgen „HAPPY BÄRSDAY“ bzw. „HAPPY 100th BEARSDAY“ jeweils eindeutig, dass es sich um Produkte aus dem Haus der Beklagten handelt.
C.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.