OLG Stuttgart: Heimlich aufgenommenes Telefonat kann nicht als Beweis im Zivilprozess dienen

veröffentlicht am 3. Dezember 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Stuttgart, Urteil vom 18.11.2009, Az. 3 U 128/09
Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1 GG; §§ 447, 448 ZPO

Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass die Verwertung eines heimlichen Mitschnittes eines Telefonats im Zivilprozess ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich unzulässig ist, da die Aufzeichnung dann unter Verletzung des Persönlichkeitsrechtes eines anderen zustande gekommen ist (vgl. BGH NJW 1982, 277; NJW 1988, 1016). Zwar biete das Persönlichkeitsrecht dann, wenn es nicht um die Intimsphäre des Betroffenen und damit um den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung geht, keinen absoluten Schutz gegen Eingriffe. Außerhalb dieser unantastbaren Sphäre sei daher über die Frage, ob eine Verwertung der Aufnahme zulässig sei, aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen beider Seiten zu entscheiden. Da das Grundgesetz dem Persönlichkeitsrecht einen hohen Stellenwert zuweise, könne dem Interesse, eine ohne Einwilligung erstellte Tonaufzeichnung in einem Rechtsstreit als Beweismittel zu benutzen, jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen Vorrang vor dem Schutz des gesprochenen Wortes zukommen.

Das allgemeine private Interesse, sich über den Inhalt eines Gespräches ein Beweismittel für eine mögliche Auseinandersetzung zu verschaffen und dieses dann in einem etwaigen Prozess zu verwenden, um zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen, reiche hierfür nicht aus (BVerfG NJW 2002, 3619; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2001, Az. 14 U 111/00). Ein überwiegendes Interesse des Beweisführers an der Erhebung des Beweises werde hingegen angenommen, wenn der Beweisführer sich in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage befindet. Dieses werde bejaht, wenn eine heimliche Tonaufzeichnung zur Dokumentierung erpresserischer Drohungen oder ähnlicher strafbarer Handlungen, insbesondere zur Feststellung der Identität von Straftätern, oder aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen mangels anderer in Betracht kommender Beweismittel im Interesse einer wirksamen Rechtspflege erforderlich ist (BGH NJW 1988, 1016). Eine solche Situation sei im vorliegenden Fall aber nicht gegeben gewesen.

Das OLG Düsseldorf hatte in einem ähnlichen Fall am 31.01.2008 dem Beklagten (!) das Recht zugesprochen, ein heimlich mitgeschnittenes Telefonat in das Zivilverfahren einzuführen, da ihm keine andere Möglichkeit gegeben war, den offensichtlich unbegründeten Anspruch des Klägers abzuwehren (Link: OLG Düsseldorf).

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