OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.09.2023, Az. 8 W 343/22
§ 140 Abs. 4 MarkenG, § 91 Abs. 1 ZPO, § 103 ZPO
Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass Patentanwaltskosten in einem markenrechtlichen Verfahren nicht zu erstatten sind, wenn das Verfahren zugleich von einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz geführt wird, der aufgrund seiner Fachanwaltsausbildung über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen muss. § 140 Abs. 4 MarkenG n.F. sei EU-richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass nur die Kosten einer für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig seien. Der Senat verwies auf die Entscheidung BGH, Beschluss vom 13.10.2022, AZ. I ZB 12/20. Zum Volltext der Entscheidung:
Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss
…
1. Auf die sofortige Beschwerde aller Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 31.03.2022 (Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Beklagten zu 1 bis 3 über die Erstattungspflicht in Höhe von jeweils 3.876,77 €), Az. 17 O 363/20, teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die von der Beklagten zu 1, dem Beklagten zu 2 und dem Beklagten zu 3 an die Klägerin gemäß § 104 ZPO nach dem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil des Landgerichts Stuttgart vom 16.02.2021 zu erstattenden Kosten werden auf jeweils 3.077,04 € (in Worten: dreitausendsiebenundsiebzig 04/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.03.2021 festgesetzt.
Der darüber hinausgehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wird, soweit er zu dem vorstehend beschriebenen Kostenfestsetzungsbeschluss geführt hat, zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens.
Gegenstandswert dieses Beschwerdeverfahrens: für jeden der Beklagten jeweils 799,73 €
Gründe
I.
Die Parteien streiten ausschließlich um die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines in derselben Angelegenheit bereits vorgerichtlich tätigen Patentanwalts, den die Klägerin auch während des gesamten Rechtsstreits neben ihrem Prozessbevollmächtigten, der Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz ist, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hatte.
Unter dem 02.05.2020 ließ die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten eine Klage wegen Unterlassung nach dem Markengesetz und dem UWG einreichen, gerichtet gegen die drei Beklagten. Im Rubrum des Schriftsatzes wird u.a. auf Klägerseite ein „Mitwirkender Patentanwalt“ genannt. Mit Klageantrag Ziffer III. wird ein Zahlungsanspruch erhoben, der damit begründet wird, dass vorgerichtlich eine Abmahnung erfolgt sei und es notwendig gewesen sei, hierfür den Patentanwalt hinzuzuziehen, weil dieser bereits im Vorfeld der Abmahnung die Widersprüche der Klägerin gegen die streitgegenständlichen Marken beim DPMA eingereicht habe und jene Verfahren seitdem alleine begleite. Die Berechnung des Anspruchs ergibt sich aus dem Abmahnschreiben, dort Seite 11: danach handelt es sich um je eine 1,3 Geschäftsgebühr des Prozessbevollmächtigten und des Patentanwalts der Klägerin aus einem Gegenstandswert von 360.000,00 € zzgl. der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG. Vor Zustellung der bereits an die Beklagten abgesandten Klageschrift hat die Klägerin bzgl. ihrer Anträge I. und II. unter dem 08.07.2020 ihre Klage gegen den Beklagten zu 3 zurückgenommen und bzgl. des Beklagten zu 2 dahingehend geändert, dass dieser nunmehr nicht mehr als Markeninhaber, sondern jetzt noch als Geschäftsführer der Beklagten zu 1 in Anspruch genommen werde.
Nachdem die Beklagten zwar ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt, jedoch keine Klageerwiderung eingereicht haben, hat das Landgericht einen Verhandlungstermin anberaumt und das persönliche Erscheinen der Klägerin und aller Beklagten zur Sachaufklärung und für einen Güteversuch angeordnet. Auf Nachfrage wurde dem Klägervertreter am 22./23.12.2020 mitgeteilt, dass nach wie vor eine Klageerwiderung nicht eingegangen war. Die entsprechende Einreichungsfrist war nach mehreren Verlängerungen bereits am 11.09.2020 abgelaufen.
In dem Termin am 09.02.2021 ist die Klägerin der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen nicht nachgekommen; erschienen sind für sie ihr Prozessbevollmächtigter und ihr Patentanwalt. Für die Beklagten ist niemand erschienen, so dass aufgrund dieser Verhandlung am 16.02.2021 ein Versäumnisurteil gemäß den neu gefassten Klageanträgen Ziffern I. bis III. gegen die drei Beklagten ergangen ist. Laut Ziffer 4. des Versäumnisurteils haben die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, die übrigen Verfahrenskosten sind den Beklagten zu 1 bis 3 jeweils zu 27 % und den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu weiteren 19 % auferlegt worden.
Den gegen dieses Urteil eingelegten Einspruch haben die Beklagten damit begründet, die Klägerin sei auf dem Gebiet der Produktion und/oder des Vertriebs von Klavieren und Flügeln überhaupt nicht mehr tätig und die Anmeldung der streitgegenständlichen Marken sei mit Wissen und Billigung der Klägerin erfolgt. Es sei lediglich zur Bedingung gemacht worden, dass es sich bei den von den Beklagten zu fertigenden Musikinstrumenten um Premiuminstrumente handeln müsse. Die Zuziehung eines Patentanwalts neben dem Prozessbevollmächtigten sei nicht notwendig.
Auf der Grundlage der daraufhin durchgeführten Verhandlung, an der für die Klägerin ihre Geschäftsführerin, ihr Prozessbevollmächtigter und der Patentanwalt sowie der Beklagte zu 2 und der Beklagtenvertreter teilgenommen haben, ist sodann am 12.10.2021 ein Urteil verkündet worden, mit dem das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die weiteren Verfahrenskosten den Beklagten zu 1 und 2 auferlegt worden sind. Die Zuerkennung des Klageantrags Ziffer III. betreffend die außergerichtlich entstandenen Kosten auch des Patentanwalts hat das Landgericht – ausschließlich – damit begründet, dass dieser Recherchen zum Registerstand und zur Benutzungslage der streitgegenständlichen Marken durchgeführt habe, was sich daran zeige, dass er die Klägerin in Widerspruchsverfahren vor dem DPMA vertrete.
Die Klägerin hat zwei Kostenfestsetzungsanträge gestellt, einen vom 01.03.2021 (Bl. 76-78 d.A.) und einen weiteren vom 02.11.2021 (Bl. 108/109 d.A.), auf deren Inhalt vollumfänglich Bezug genommen wird. Diese beiden Anträge haben zu insgesamt drei Kostenfestsetzungsbeschlüssen geführt, deren erster (KfB I vom 31.03.2021) hier streitgegenständlich ist und ausschließlich die Kosten erfasst, die das Landgericht im Versäumnisurteil den drei Beklagten jeweils zu 27 % auferlegt hat. Der zweite Beschluss, ebenfalls vom 31.03.2021 (KfB II) bzgl. der Kosten, die im Versäumnisurteil in Höhe von 19 % den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldnern auferlegt worden sind, ist Gegenstand des weiteren Beschwerdeverfahrens 8 W 375/22. Der dritte Kostenfestsetzungsbeschluss (KfB III vom 07.04.2021) betrifft schließlich lediglich die weiteren Verfahrenskosten gemäß der Kostenentscheidung des Endurteils und wird beim Beschwerdegericht unter dem Aktenzeichen 8 W 376/22 bearbeitet.
Die Beklagten haben im Rahmen ihrer jeweiligen Betroffenheit gegen alle drei Kostenfestsetzungsbeschlüsse fristgerecht Beschwerde eingelegt. Sie rügen – wie bereits in erster Instanz -, dass die Kosten des Patentanwalts der Klägerin mangels Notwendigkeit nicht erstattungsfähig seien, und verweisen hierzu insbesondere auf Entscheidungen des EuGH vom 28.04.2022 und des BGH vom 13.10.2022.
Die Klägerin macht insoweit geltend, die Beauftragung des Patentanwalts sei deshalb notwendig gewesen, weil dieser vom 22.11.2019 bis 06.12.2021 vier Widerspruchsverfahren in Bezug auf alle hier streitgegenständlichen Marken geführt habe, diese Verfahren während des hiesigen Rechtsstreits noch rechtshängig gewesen seien, woraus sich eine Verflechtung mit dem hiesigen Verfahren ergebe, hinzu komme, dass die Klägerin sich wiederholt gegen Trittbrettfahrer habe zur Wehr setzen müssen, weshalb der Patentanwalt ein umfangreiches Hintergrundwissen bzgl. des Markenportfolios und über das Unternehmen der Klägerin erworben habe, welches auch im hiesigen Verfahren von besonderem Wert gewesen sei. Zudem habe der Patentanwalt, um im hiesigen Markenstreit einer zu erwartenden Nichtigkeitsklage im Vorfeld zu begegnen, für die Klagemarke einen Teilverzicht beim DPMA beantragt, den die Beklagtenseite fehlinterpretiert habe. Die Teilnahme des Patentanwalts an der mündlichen Verhandlung sei wegen der Komplexität und engen Verflechtung notwendig gewesen. Er habe auch alle Akten zu den Widerspruchsverfahren dabei gehabt und habe stets eingriffsbereit zur Verfügung gestanden.
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie daher dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, die Festsetzung der Patentanwaltskosten sei aufgrund § 140 Markengesetz erfolgt, wonach diese Kosten ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten seien. Die Mitwirkung sei angezeigt worden, für die Entstehung der Terminsgebühr genüge es, wenn der Patentanwalt eingriffsbereit an einem Gerichtstermin teilnehme.
II.
Die zulässige Beschwerde der drei Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Kosten des Patentanwalts sind im vorliegenden Rechtsstreit nicht erstattungsfähig, weil sie nicht als notwendig im Sinne von § 91 ZPO anzusehen sind.
1. Gemäß § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterlegene Partei nur solche Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Diese Regelung wird nicht verdrängt durch die Vorschrift in § 140 Abs. 3 MarkenG a.F. bzw. § 140 Abs. 4 MarkenG n.F. Denn diese Vorschrift des Markengesetzes ist EU-richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass nur die Kosten einer für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind, was aufgrund des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Auslegung nationalen Rechts für den gesamten Anwendungsbereich der Norm gilt, also auch für Fälle, in denen es an einem Bezug zum Binnenmarkt der Europäischen Union fehlt, so ausdrücklich BGH Beschluss vom 13.10.2022 – I ZB 12/20 (JURIS Tz 18 ff und 27) und OLG Frankfurt Beschluss vom 21.08.2023 – 6 W 24/20 (JURIS).
Darauf, ob § 140 Abs. 4 MarkenG n.F. verfassungskonform ist, wenn die Vorschrift dahingehend verstanden würde, dass die Frage der Notwendigkeit der durch die Beauftragung des Patentanwalts entstehenden bzw. entstandenen Kosten nicht zu prüfen, sondern die Notwendigkeit unwiderlegbar zu vermuten ist, kommt es daher vorliegend nicht an: der Senat folgt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2022.
2. Aus der Beschränkung der zu erstattenden Kosten auf die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen folgt, dass es darauf ankommt, ob eine verständige, wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt für sachdienlich ansehen durfte (OLG Düsseldorf Beschluss vom 25.07.2023 – I-15 W 15/23, JURIS Tz 7, so auch OLG Saarbrücken Beschluss vom 05.01.2023 – 4 W 17/22). In diesem Zusammenhang ist zunächst auf den Charakter der Streitigkeit abzustellen: handelt es sich um eine Patentstreitigkeit, so wird die Einschaltung des Patentanwalts eher als notwendig anzusehen sein, und zwar deswegen, weil in den meisten Fällen die spezielle technische und patentrechtliche Sachkunde, über die nur ein aufgrund seiner technischen oder naturwissenschaftlichen sowie patentanwaltlichen Qualifikation der Patentanwalt verfügt, für die Vertretung der Partei wesentlich ist. In Markenstreitsachen hingegen geht es nicht selten um die rein rechtliche Beurteilung eines nichttechnischen Sachverhaltes, die gleichermaßen von rechtsanwaltlichen Vertreter der Partei wahrgenommen werden kann, insbesondere dann, wenn dieser ein entsprechender Fachanwalt ist (so OLG Düsseldorf aaO Tz 8-10, so auch OLG Frankfurt aaO). Der Umstand, dass es sich um eine komplexe oder bedeutsame Angelegenheit handelt, genügt dabei nicht, um die Erforderlichkeit der zusätzlichen Beauftragung eines Patentanwalts darzulegen, OLG Frankfurt aaO. Auch der BGH hat – bezogen auf die Notwendigkeit der zusätzlichen Einschaltung eines Patentanwalts für eine vorgerichtliche Abmahnung – für erheblich gehalten, dass es „zahlreiche Rechtsanwälte [gibt], die über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen und in der Lage sind, Mandanten ohne Hinzuziehung eines Patentanwalts in kennzeichenrechtlichen Angelegenheiten umfassend zu beraten. Insbesondere wird ein Rechtsanwalt mit Erfahrung im Markenrecht ohne Mitwirkung eines Patentanwalts dazu imstande sein, eine Abmahnung wegen einer Markenverletzung zu verfassen.“, siehe BGH Urteil vom 24.02.2011 – I ZR 181/09 JURIS Tz 26.
Maßgebend ist dabei das konkrete Verfahren, für das die Kosten geltend gemacht werden. Daher sind Kosten eines Patentanwalts in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung von zwei konkret bezeichneten Äußerungen nach Erlass eines Unterlassungsurteils, in dem es ausschließlich um die Frage der Kerngleichheit einer Abwandlung und damit verbunden die Reichweite des Urteils geht, nicht deshalb erstattungsfähig, weil die geltend gemachten Tätigkeiten des Patentanwalts zu den genuinen Tätigkeiten eines solchen in einer Patentstreitsache gehören. Erforderlich wäre vielmehr, dass der besondere technische Sachverstand des Patentanwalts gerade im Hinblick auf das einstweilige Verfügungsverfahren und die darin zentrale Beantwortung der Frage nach der Kerngleichheit der Abwandlung notwendig gewesen wäre, was im Detail darzulegen ist (OLG Düsseldorf Beschluss vom 13.07.2022 – 15 W 15/22 ).
3. Dies zugrunde gelegt, kann im vorliegenden Rechtsstreit eine Notwendigkeit der Beauftragung des Patentanwalts zusätzlich zum Fachanwalt als anwaltlichem Vertreter der Klägerin nicht festgestellt werden:
a) Dass im vorliegenden Verfahren eine besondere technische Sachkunde des Patentanwalts notwendig gewesen wäre, um das Gerichtsverfahren betreiben zu können, ist nicht dargetan. Auftragsgemäße Recherchen des Patentanwalts zum Registerstand und zur Benutzungslage der streitgegenständlichen Marken vermögen eine Beauftragung für den Rechtsstreit aus mehreren Gründen nicht zu rechtfertigen:
Zum einen waren diese Tätigkeiten bereits vorprozessual erbracht worden und Gegenstand der außergerichtlichen Beauftragung des Patentanwalts und damit der mit Klageantrag Ziffer III. geltend gemachten und im Urteil u.a. zuerkannten Geschäftsgebühr des Patentanwalts, was sich unzweifelhaft aus den Gründen des landgerichtlichen Urteils vom 12.10.2021 ergibt. Nachdem die Kenntnisse bzgl. des Registerstands und zur Benutzungslage der Marken vorliegend bereits vorgerichtlich vorhanden waren, kann die Beauftragung des Patentanwalts für das Gerichtsverfahren folglich nur dann als notwendig angesehen werden, wenn eine auf anderen Gründen beruhende Notwendigkeit der zusätzlichen Einschaltung des Patentanwalts konkret dargetan wird.
Zum anderen hat der BGH bereits in seiner Entscheidung vom 10.05.2012 („Kosten des Patentanwalts IV“: I ZR 70/11 – JURIS Tz 17) unter Bezugnahme auf sein früheres Urteil vom 24.02.2011(“Kosten des Patentanwalts II“: I ZR 181/09 – JURIS Tz 26) ausgeführt: „Ein Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz muss über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen und ist regelmäßig dazu imstande, im Rahmen einer Abmahnung eine Markenrecherche durchzuführen …“ . Da die dortige Klägerin eine Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz beauftragt gehabt hatte und es keine Hinweise auf Besonderheiten bei der Recherche gab, hat der Bundesgerichtshof die zusätzliche Einschaltung des Patentanwalts für nicht erforderlich gehalten und einen Anspruch wegen der dadurch entstandenen Kosten abgelehnt. Spätestens seit der Schaffung des Fachanwalts für gewerblichen Rechtsschutz wird danach die Notwendigkeit der Beiziehung eines Patentanwalts bei Markenrechtsstreitigkeiten zu verneinen sein, so Gruber in: beck-online Kommentar Markenrecht, 34. Ed. Stand 01.07.2023, § 140 MarkenG Rn 64.1.
Besonderheiten bei der Recherche, die die Beauftragung eines Patentanwalts hier ausnahmsweise erforderlich erscheinen lassen könnten, sind noch nicht einmal ansatzweise vorgetragen, geschweige denn ersichtlich.
b) Wieso sich aus dem Umstand, dass der Patentanwalt auch noch während des hiesigen Rechtsstreits die Klägerin in Widerspruchsverfahren vor dem DPMA vertreten hat, eine Notwendigkeit der zusätzlichen Beauftragung eines Patentanwalts für den hiesigen Rechtsstreit ergeben sollte, ist weder konkret dargetan noch ersichtlich, ebenso wenig ist dargelegt worden, was genau denn in Bezug auf die verschiedenen Verfahren hätte abgestimmt werden müssen. Eine nicht näher begründete, nicht erkennbare „Verflechtung“ genügt jedoch nicht, um die Erforderlichkeit der hier streitigen Kosten zu begründen, zumal eine Entscheidungserheblichkeit der Widerspruchsverfahren für den beim Landgericht geführten Rechtsstreit ebenso wenig ersichtlich ist wie eine solche der Entscheidung im hiesigen Rechtsstreit für die Widerspruchsverfahren. Gleiches gilt für die Erklärung eines Teilverzichts beim DPMA: es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in der Lage ist, der Gegenpartei Inhalt und Bedeutung eines seitens seiner Mandantin erklärten Teilverzichts zu erläutern, hierfür bedarf es jedenfalls nicht der zusätzlichen Beauftragung eines Patentanwalts im hiesigen Rechtsstreit.
c) Auch der Vortrag, die Beauftragung des Patentanwalts bzw. seine Teilnahme am Termin sei wegen der Komplexität notwendig gewesen, vermag die Notwendigkeit der Kosten nicht zu begründen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 21.12.2011 (“Kosten des Patentanwalts III“: I ZR 196/10, JURIS Tz. 26/27, so auch OLG Frankfurt Beschluss vom 21.08.2023 – 6 W 24/20), ausgeführt und begründet, dass die Notwendigkeit der Einschaltung eines Patentanwalts insoweit „nicht im Wege einer typisierenden Betrachtungsweise für komplexe oder bedeutsame Angelegenheiten generell bejaht werden [kann]. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil sich die Frage, ob eine Angelegenheit komplex oder bedeutsam ist und die außergerichtliche Einschaltung nicht nur eines Rechtsanwalts, sondern auch eines Patentanwalts erfordert, einer typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise entzieht. Hat neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt außergerichtlich in einer Kennzeichenrechtssache mitgewirkt, kann die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten daher nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts im konkreten Fall erforderlich war.“ Dies gilt in gleichem Maße für die Beauftragung mit der Interessenwahrnehmung im gerichtlichen Verfahren.
Konkreten Sachvortrag dazu, warum bzw. aufgrund welcher besonderen Umstände es vorliegend notwendig gewesen sein sollte, zusätzlich zu einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz einen Patentanwalt zu beauftragen, und zwar nicht nur vorgerichtlich für die bereits genannten Recherchen, sondern darüber hinaus für die nachfolgende Führung des Rechtsstreits, hat die Klägerin – wie ausgeführt – nicht gehalten. Ihr Vorbringen beschränkt sich auf die allgemein gehaltenen Pauschalbehauptungen Verflechtung, Komplexität, Vorkenntnisse des Patentanwalts bzgl. des Unternehmens und Markenportfolios der Klägerin.
4. Nachdem eine Notwendigkeit, für die Wahrnehmung der Interessen der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit zusätzlich zu ihrem Prozessbevollmächtigten, einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, einen Patentanwalt zu beauftragen, nicht festgestellt werden kann, sind die durch diese Beauftragung entstandenen Kosten seitens der Beklagten nicht zu erstatten, so dass der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss entsprechend zu korrigieren ist.
Festzusetzen sind gegen jeden der Beklagten 27 % der Gerichtskosten von 8.460,00 €. Hinzu kommen 27 % der Kosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die sich unangefochten auf 2.922,95 € belaufen, sowie der Privatkosten in Höhe von unstreitig 13,50 € wegen der Wahrnehmung des Verhandlungstermins, an dem die Klägerin ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 09.02.2021 gar nicht erschienen ist. Eine Korrektur ist dem Beschwerdegericht insoweit jedoch nicht möglich, da die Beklagten sich ausweislich ihrer Beschwerdeschrift ausschließlich gegen die Festsetzung der Kosten des Patentanwalts wenden. Somit ergibt sich ein gegen jeden der Beklagten festzusetzender Betrag in Höhe von 3.077,04 €.
Hinsichtlich der darüber hinausgehend im angefochtenen Beschluss mit festgesetzten Patentanwaltskosten war der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin hingegen zurückzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Da die Entscheidung auf der Grundlage der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung beruht und im Übrigen lediglich eine rechtliche Beurteilung der konkreten Vortrags im Einzelfalls beinhaltet, besteht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.