OLG Thüringen: Drittunterwerfung mangelt es an Ernsthaftigkeit, wenn Dritter auf Vertragsstrafe verzichtet

veröffentlicht am 30. September 2011

OLG Thüringen, Urteil vom 27.07.2011, Az. 2 U 303/11
§ 3 UWG, § 8 Abs. 1 UWG

Das OLG Thüringen hat entschieden, dass eine in der Vergangenheit gegenüber einem Dritten abgegebene Unterlassungserklärung nicht die Wiederholungsgefahr bzw. die Notwendigkeit zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gegenüber einem neuen Inhaber eines Unterlassungsanspruchs entfallen lässt, wenn der Dritte trotz Verstoßes keine Vertragsstrafe fordert. Dies lasse nach Auffassung des Gerichts begründete Zweifel an der Ernsthaftigkeit der gegenüber dem Dritten abgegebenen Unterlassungserklärung aufkommen. Dafür spreche auch die räumliche Nähe zwischen dem Abgemahnten und dem Dritten und die Tatsache, dass der Dritte Vertragshändler einer Automarke ist, für die der Abgemahnte als Servicepartner auftritt. Zitat des Gerichts zur mangelnden Ernsthaftigkeit:

„In Hinblick auf einen möglicherweise bestehenden Kollusionsverdacht ist jedoch ein besonderes Augenmerk auf die Person des Dritten zu lenken, dem gegenüber die Drittunterwerfung abgegeben wurde, die dem Abmahnenden entgegengehalten wird (KG GRUR 1988, 930). Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung erfordert nämlich gerade auch, dass sie gegenüber einem Dritten abgegeben wird, der die ausreichende Gewähr dafür bietet, dass er Vertragsverstößen nachgeht (OLG Hamburg NJW-RR 1995, 678 ). Hieran bestehen vorliegend erhebliche Zweifel, die die Beklagte nicht auszuräumen vermochte. Dafür dass das Autohaus C nicht willens ist, vereinbarte Vertragsstrafen einzufordern, vielmehr ein begründeter Kollusionsverdacht besteht (vgl. OLG Frankfurt WRP 1998, 895), sprechen folgende Umstände:

Die Beklagte hat jeweils in zeitlich engem Zusammenhang mit Abmahnungen des Klägers Unterlassungserklärungen nur gegenüber dem Autohaus C abgegeben und sich gegenüber dem Kläger darauf berufen. Dies ist mehrfach, nämlich im Juni 2009, im Dezember 2009 und im Juni 2010 so geschehen. Die (angeblich zuvor) gegenüber dem Autohaus C abgegebenen Unterlassungserklärungen betrafen diesen Unterlassungserklärungen entsprechende Verstöße.

Obwohl das Autohaus C also mehrfach durch Abmahnungen die Abgabe von Unterlassungserklärungen gefordert hat, ist das Autohaus C als Gläubiger der Drittunterwerfung nie aus den Unterlassungsverträgen vorgegangen, obwohl dies möglich gewesen wäre. Zumindest aus dem unter dem 30.12.2009 zustande gekommenen Unterlassungsvertrag hätte das Autohaus C jedoch gerade wegen des streitgegenständlichen Verstoßes eine Vertragsstrafe fordern können. Denn es lag zumindest ein kerngleicher Verstoß in Bezug auf die bereits abgegebene Unterlassungserklärung vom 30.12.2009 vor, weil der letzte Verstoß lediglich („eng“) eine Tageszulassung mit ausreichender Typenangabe betraf, während die bereits abgegebene Unterlassungserklärung („weit“) alle Neuwagen erfasste. Das Autohaus C hat aber noch nicht einmal den Versuch unternommen, eine Vertragsstrafe einzufordern, geschweige denn eine gerichtliche Weiterverfolgung von Ansprüchen aus dem Unterlassungsvertrag unternommen. Das indiziert deutlich, dass die Unterwerfung ihr gegenüber nicht die erforderliche Ernsthaftigkeit besaß.

Weitere Zweifel an der Ernsthaftigkeit ergeben sich aus dem Umstand, dass es sich um Autohändler handelt, bei denen wegen der räumlichen Nähe eine Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen ist. Die Drittunterwerfung wurde nicht etwa gegenüber einem Verband oder einem Mitbewerber abgegeben, der bekannt dafür ist, Verstöße stringent zu verfolgen.“

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