Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- AG Kempten: Ein Call-by-call-„Tarif“, bei dem sich die Abrechnungsmodalitäten stündlich/täglich ändern, ist als Betrug einzustufenveröffentlicht am 7. Juni 2012
AG Kempten, Urteil vom 25. Mai 2011, Az. 1 C 542/11
§ 242 BGB, § 305 BGB, § 307 Abs. 1 BGB, § 308 Nr. 4 BGB, § 316 BGB, § 268 StGBDas AG Kempten hat entschieden, dass der stündlich oder täglich wechselnde Tarif eines Call-by-Call-Tarifs rechtswidrig und strafbar ist, wenn dies nicht vorher vereinbart war. Die über den ursprünglichen Call-by-Call-Tarif hinausgehenden Kosten könnten vom Anbieter nicht abgerechnet werden, da ein solches Verhalten überraschend sei und den Nutzer übervorteile. Das Anbieten der Einrichtung eines „Tarifs“, der in Wirklichkeit kein (dauerhafter) Tarif sei, sondern nur das Einrichten einer Nummer, hinter der täglich oder stündlich wechselnde Angebotspreise stünden, stelle einen hinter den Worten „Tarif“ und „Einrichten“ versteckten geheimen Änderungsvorbehalt des Verwenders bezüglich des zu zahlenden Preises gem. §§ 316 und 308 Nr. 4 BGB dar. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Koblenz: Auch bei einer wesentlichen Vertragsänderung ist ein Verbraucher über sein Widerrufsrecht zu belehrenveröffentlicht am 9. Mai 2012
OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2012, Az. 9 U 1166/11
§ 312 d Abs. 1 S. 1 BGB, § 355 BGBDas OLG Koblenz hat entschieden, dass auch Bestandskunden eines Dauerschuldverhältnisses (hier: Vertrag über die Leistung von Telefon- und Internet-Diensten) über ihr Widerrufsrecht (erneut) zu belehren sind, wenn anlässlich eines telefonischen Kontakts ein inhaltlich neuer bzw. wesentlich abweichender Vertrag abgeschlossen wird. Auch die Änderung eines bestehenden Vertrages sei unter den weiteren Voraussetzungen des § 312 b BGB ein Fernabsatzvertrag, der Verbraucher ist in gleichem Umfang in Bezug auf den Abänderungsvertrag wie bei einem Erstvertrag schutzwürdig und damit entsprechend über sein Widerrufsrecht zu belehren. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- LG Köln: Kurzfristige Änderung des Prämienkatalogs eines Flugunternehmens kann unwirksam seinveröffentlicht am 2. April 2012
LG Köln, Urteil vom 16.03.2012, Az. 32 O 317/11
§ 307 Abs. 1 S. 1 BGBDas LG Köln hat entschieden, dass die kurzfristige Änderung des Prämienkatalogs für die Verwendung von so genannten „Bonusmeilen“ eines Flugunternehmens unwirksam sein kann. Zwar sei die Änderung grundsätzlich zulässig, da es sich um eine freiwillige Leistung handele, jedoch müsse dem Kunden nach Treu und Glauben die Möglichkeit gegeben werden, die bis zum Zeitpunkt der Änderung angesammelten Meilen noch zu den alten Konditionen zu verwenden. Anderenfalls liege eine unangemessene Benachteiligung vor. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Köln: Der 6. Senat ändert seine Streitwert-Rechtsprechung bei privatem und kleingewerblichem „Fotoklau“ / Ab sofort 3.000 EUR Regelstreitwertveröffentlicht am 13. Januar 2012
OLG Köln, Beschluss vom 22.11.2011, Az. 6 W 256/11
§ 15 Abs. 2 UrhG, 19a UrhG, § 97 UrhG, § 3 ZPODas OLG Köln hat seine ständige Rechtsprechung zur Wertbemessung in Urheberrechtsstreitigkeiten geändert. Bei einem Fall von „Fotoklau“, also der unrechtmäßigen Nutzung fremder Fotografien für eigene Zwecke, durch eine privat oder kleingewerblich handelnde Einzelperson sei statt dem bisherigen Streitwert von 6.000,00 EUR ein Streitwert von 3.000,00 EUR gerechtfertigt. Zum Streitwertbeschluss im Volltext: (mehr …)
- LG Frankfurt a.M.: Wer sein Amazon-Angebot nachträglich mit einer Marke versieht, um Konkurrenten abzuwehren, die sich dem Angebot „angeschlossen“ haben, handelt wettbewerbswidrigveröffentlicht am 13. Juni 2011
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.05.2011, Az. 3-08 O 140/10
§§ 3; 4 Nr. 10 UWGDas LG Frankfurt a.M. hat entschieden, dass ein Händler, der ein von ihm erstelltes Amazon-Angebot nachträglich mit seiner Marke versieht und Konkurrenten bei Amazon sodann abmahnt, wettbewerbswidrig handelt, da er die Konkurrenten gezielt behindere. Aufschlussreich ist die Erläuterung der Kammer zur Entstehung der Artikelbeschreibungen bei Amazon: „Die Handelsplattform amazon.de funktioniert nach dem Prinzip eines Warenkatalogs, in dem jeder Artikel nur einmal eingestellt wird. Dies führt dazu, dass bei einer Vielzahl von Angeboten gleicher Artikel von verschiedenen Verkäufern jeweils nur ein einziges Angebot angezeigt wird, wenn ein bestimmter Artikel angegeben wird. Eine Vielzahl von Anbietern teilt sich ein Angebot. Nutzer, die am amazon-Verkaufsnetzwerk teilnehmen, sind nicht allein auf die redaktionellen Inhalte von Amazon angewiesen, sondern sind dazu berechtigt, bestehende Angebote zu ergänzen und abzuändern. Dies kann dadurch geschehen, dass ein Anbieter von ihm selbst gefertigte Bilder einstellt, die anschließend von allen anderen Teilnehmern benutzt werden. Ebenso steht es Anbietern frei, im Rahmen der vorgegebenen Kategorien für neue Artikel neue Artikelseiten zu eröffnen, die anschließend von den anderen Anbietern desselben Artikels mitbenutzt werden. Dies geschieht mittels ASIN, einer aus 10 Ziffern und/oder Buchstaben bestehenden Kennzeichnung.“ Zur rechtlichen Begründung des LG Frankfurt a.M. (Zitat):
- EBAY: Führt die neue „Button“-Lösung nach § 312e Abs. 2 BGB n.F. zum „Sudden Death“ für eBay?veröffentlicht am 18. März 2011
Ein Einkauf bei eBay zeichnet sich durch wenige Klicks bis zum Vorliegen eines rechtsverbindlichen Vertrags aus. Die Auktion galt und gilt als verbindliches Angebot. Wer als eBay-Verkäufer über die allgemeine Artikelbeschreibung hinaus einem bestimmten Bieter noch vor Vertragsschluss bestimmte gesetzliche Informationen übermitteln wollte, um etwa eine möglichst kurze Widerrufsfrist sicher zu stellen, der hatte bei eBay das Nachsehen. Nach einigen gesetzlichen und eBay-seitigen technischen Änderungen ist es dem Verkäufer nun zwar möglich, die wesentlichen Pflichtinformationen zeitnah nach Vertragsabschluss zu überreichen („… alsbald, spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, bei Waren spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher„). Doch nach dieser schweren Geburt kündigt sich neues Grauen an. Denn nunmehr soll der Verbraucher vor Vertragsschluss (aktiv) bestätigen, dass er u.a. bestimmte Kosteninformationen erhalten hat. Der entscheidende Passus der Hässlichkeit nach dem Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (dort S. 3): (mehr …)
- BRAO: Rechtsanwaltskammer kann neuerdings einen Verstoß gegen DL-InfoV durch einen Rechtsanwalt als Ordnungswidrigkeit ahndenveröffentlicht am 11. Februar 2011
Mit der am 28.12.2010 in Kraft getretenen Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist jede zuständige Rechtsanwaltskammer nunmehr befugt, Verstöße gegen die Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung von Rechtsanwälten kostenpflichtig – nämlich als Ordnungswidrigkeit – zu ahnden. Die „Erlöse“ fließen der jeweiligen Kammer zu. § 73 b BRAO wurde wie folgt geändert: (mehr …)
- OLG Koblenz: AGB-Klausel „Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, wenn Sie nicht innerhalb von 4 Wochen widersprechen“ ist unwirksam und wettbewerbswidrigveröffentlicht am 14. Oktober 2010
OLG Koblenz, Urteil vom 30.09.2010, Az. 2 U 1388/09
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG; § 307 ff. BGBDas OLG Koblenz hat entschieden, dass unter anderem die AGB-Klausel „Die Zustimmung zur Vertragsänderung gilt als erteilt, sofern der Kunde der Änderung nicht binnen vier Wochen nach Zugang der Änderungsmitteilung widerspricht“ unwirksam ist und zugleich einen Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 11 UWG darstellt. Eine Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen mittels Zustimmungsfiktion erlaube, dass das Vertragsgefüge insgesamt umgestaltet werden könne. Es ermögliche bei kundenfeindlichster Auslegung eine Änderung der wesentlichen Vertragsbestandteile des Vertrages. Dies könne insbesondere die Preise, Vertragslaufzeiten und Kündigungsmöglichkeiten betreffen. Allein die Möglichkeit des Widerrufs sei nicht geeignet, die Benachteiligung durch diese Klausel zu kompensieren (BGH, Urteil vom 11.10.2007, Az. 111 ZR 63/07 – BGH NJW-RR 2008, 134). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 09.09.2010 (GA 219) argumentiert habe, die Trägheit des Kunden könne nicht als Argument für eine Unwirksamkeit der Klausel herangezogen werden, könne sie, so der Senat, mit diesem Einwand nicht durchdringen. Es bestehe durchaus die Gefahr, dass viele Kunden einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und ggf. einer Umgestaltung der wesentlichen Vertragsbestandteile deshalb nicht widersprächen, weil sie sich der nachteiligen Auswirkungen nicht bewusst seien. Zum Volltext der Entscheidung:
- BPatG: Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis einer Marke kann nach Vergabe des Anmeldetages nicht mehr erweitert werdenveröffentlicht am 30. Mai 2010
BPatG, Beschluss vom 27.04.2010, Az. 33 W (pat) 26/10
§§ 32 Abs. 1; 2 Nr. 3; 39 Abs. 1; 48 Abs. 1 MarkenGDas BPatG hat darauf hingewiesen, dass es einem im Markenrecht geltenden Grundsatz entspricht, dass das angemeldete bzw. eingetragene Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nach Vergabe eines Anmeldetags grundsätzlich nicht erweiternd verändert werden kann. (mehr …)
- BPatG: Markenlöschung nach Änderung der Rechtsprechung möglichveröffentlicht am 30. März 2010
BPatG, Beschluss vom 14.01.2010, Az. 25 W (pat) 7/09
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenGDas BPatG hat entschieden, dass die dreidimensionale Marke eines Bonbons, eingetragen für die Klasse „Zuckerwaren“, wegen fehlender Unterscheidungskraft zu löschen ist. Das Zeichen bestünde aus dem Erscheinungsbild der Ware selbst, nämlich der Form eines runden, rot-weiß gefärbten Bonbons, für das gewölbte Ränder, eine kreisrunde Vertiefung in der Mitte und eine flache Unterseite kennzeichnend seien. Diese Formmerkmale seien nicht unterscheidungskräftig. Gerade einem Massenartikel schenke der Verbraucher bei der unüberschaubaren Formenvielfalt kaum Aufmerksamkeit. Die Markeninhaberin könne sich auch nicht auf eine ältere Entscheidung des BPatG aus dem Jahre 2001 (32 W (pat) 241/00) berufen, in der die Unterscheidungskraft für eine ähnliche Süßware bejaht worden sei. Jene Entscheidung beruhe auf der früheren Rechtsprechung des BGH zur Unterscheidungskraft von Warenformmarken, welche angesichts der jüngeren Spruchpraxis des EuGH nicht fortgeführt werden könne. Die Markeninhaberin könne sich auch nicht auf einen Vertrauensschutz zum Zeitpunkt der Eintragung berufen, da zu diesem Zeitpunkt (2002) noch gar keine gefestigte Rechtsprechung bestanden habe. Die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz sähen einen solchen Vertrauensschutz auch nicht vor. Die Vorschriften zu den Schutzhindernissen seien nach der Rechtsprechung des EuGH vielmehr im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin bestehe, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren.
(mehr …)