Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- ArbG Bochum: Ex-Chef darf bei Facebook unter Freunden als „Pfeife“ und der Arbeitsplatz als „Drecksladen“ bezeichnet werdenveröffentlicht am 14. August 2012
ArbG Bochum, Urteil vom 09.02.2012, Az. 3 Ca 1203/11 – nicht rechtskräftig
§ 823 BGB, § 1004 BGBDas ArbG Bochum hat entschieden, dass Äußerungen bei Facebook über die ehemalige Arbeitsstelle wie z.B. „Armseliger saftladen und arme pfanne von chef„, „die pfeife„ und „mit diesem Drecksladen„ zulässig sind. Der ehemalige Arbeitgeber habe keinen Anspruch auf Unterlassung. Für Mitarbeiter könne der Arbeitgeber ohnehin keinen Anspruch geltend machen, dies müsste seitens der betroffenen Person selbst geschehen. Hinsichtlich der Äußerungen zum Arbeitsplatz handele es sich zwar um Formalbeleidigungen, jedoch sei die Verwendung dieser Begriffe nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Kontext innerhalb eines Dialogs auf dem facebook-Profil des Beklagten zu 1) von der Meinungsfreiheit gedeckt. Es sei zu berücksichtigen, dass nicht ersichtlich war, dass dieser Dialog öffentlich, dass heißt für jeden Internetbenutzer frei zugänglich gewesen sein soll, denn nach Vortrag der Beklagten habe der Dialog nur von sogenannten „Freunden“ des Beklagten zu 1) mitverfolgt werden können. Die Berufungsverhandlung findet in den nächsten Tagen vor dem LAG Hamm statt. Zum Volltext der Entscheidung:
- OLG Köln: Den Rechtsanwalt indirekt als „Winkeladvokaten“ zu bezeichnen, ist eine Beleidigungveröffentlicht am 31. Juli 2012
OLG Köln, Urteil vom 18.07.2012, Az. 16 U 184/11 – aufgehoben
§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, § 823 Abs. 1, 2 BGB; § 185 StGBDas OLG Köln hat – in Bestätigung der Vorinstanz (hier) – entschieden, dass die Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als „Winkeladvokatur“ und damit indirekt die Benennung des dort tätigen Rechtsanwalts als „Winkeladvokat“ durch einen anderen Rechtsanwalt rechtswidrig ist. Das Vorliegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung wurde durch das Gericht bestätigt. Unter anderem sei unter einem Winkeladvokaten „jedenfalls derjenige zu verstehen, der eine Sache entsprechend seinem Berufsstand nicht verantwortungsbewusst zu vertreten befähigt ist„. Dabei liege dessen Verhalten „hart an der Grenze“ und sei von einem gerissenen Vorgehen geprägt. Interessant an diesem Urteil ist, dass die tatsächliche Äußerung des Beklagten, es handele sich bei dem Betrieb des Klägers um eine „Winkeladvokatur“, ausgeweitet wurde und ebenfalls ein Verbot für die Bezeichnung des Klägers als „Winkeladvokat“ bestätigt wurde, welche der Beklagte zuvor tatsächlich nicht getätigt hatte. Zum Volltext der Entscheidung (s. unten). Hinweis: Die Entscheidung des OLG Köln wurde vom BVerfG kassiert (hier).
- OLG Dresden: Doch Auskunftsrecht über Klarnamen eines anonymen Blogschreibers bei Persönlichkeitsrechtsverletzungveröffentlicht am 6. Juli 2012
OLG Dresden, Beschluss vom 08.02.2012, Az. 4 U 1850/11
§ 242 BGBDas OLG Dresden hat entschieden, dass derjenige, der durch einen Blogeintrag in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt wird, gegen den Betreiber des Blogs einen Auskunftsanspruch auf Benennung des Urhebers des fraglichen Blog-Postings besitzt. Der Senat setzt sich damit ausdrücklich von der Entscheidung des OLG Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, Az. I-3 U 196/10, hier) ab.
- OLG Frankfurt a.M.: Was es kostet, im Klageverfahren zu behaupten, Rechtsanwalt X habe jahrelang die bundesdeutschen Gerichte betrogenveröffentlicht am 22. April 2012
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 21.12.2011, Az. 19 W 67/11
§ 48 Abs. 2 S. 1 GKG, § 3 Hs. 1 ZPO, § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVGDas OLG Frankfurt a.M. hat im Rahmen einer Streitwertbeschwerde einer Unterlassungsklage, mit welcher sich ein Rechtsanwalt u.a. gegen den Vorwurf verwahrte, er habe seit Jahren die deutsche Gerichtsbarkeit betrogen, den Streitwert auf 10.000,00 EUR angehoben, nachdem die Vorinstanz den Streitwert noch auf 5.000,00 EUR festgesetzt hatte. Der Vorwurf war im Rahmen eines Zivilprozesses schriftlich geäußert worden. Die Beschwerde war auf eine Anhebung des Streitwerts auf 100.000,00 EUR gerichtet. Zuviel, wie der Senat befand. Was wir davon halten? Sachdienliche Schriftsätze emotionslos, rechtlich profund und insgesamt in würziger Kürze zu verfassen ist eine Kunst der eigenen Art. Was die streitgegenständliche Äußerung in einem Zivilprozess zu suchen hatte, mag allein der Kollege wissen, der sich zu ihr hinreißen ließ. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- BVerfG: Bezeichnung als „Dummschwätzer“ ist nicht zwingend unzulässigveröffentlicht am 4. April 2012
BVerfG, Urteil vom 05.12.2008, Az. 1 BvR 1318/07
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GGDas BVerfG hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Stadtratsmitglieds als „Dummschwätzer“ nicht zwangsläufig eine (strafbare) Beleidigung ist. Der Begriff der Schmähkritik sei eng zu definieren und erst, wenn die Diffamierung der Person im Vordergrund stehe, habe eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzustehen. Vorliegend sei die strafrechtliche Verurteilung (!) des Beschwerdeführers unter unzureichender Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht erfolgt. Wenn sich das Schimpfwort nur als die sprachlich pointierte Bewertung im Kontext einer bestimmten Aussage des Betroffenen darstelle, wenn also der Gemeinte als »Dummschwätzer« tituliert werde, weil er nach Auffassung des Äußernden (im Rahmen einer Sachauseinandersetzung) dumme Aussagen getroffen habe, sei von einem zulässigen Werturteil auszugehen. Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Berlin: Jörg Kachelmann darf in Bezug auf Anhänger der Chemtrails-Theorie behaupten, man habe es bei der Bürgerinitiative mit Verrückten und Neonazis zu tunveröffentlicht am 30. März 2012
LG Berlin, Urteil vom 28.03.2012, Az. 22 O 376/11
§ 823 BGB, § 1004 BGBDas LG Berlin hat entschieden, dass Jörg Kachelmanns Bezeichnung der Bürgerinitiative „Sauberer Himmel“, die in den Kondensstreifen von Flugzeugen giftige Gase („Chemtrails“) zu erkennen glaubt, als Verrückte und Neonazis, nicht geltendes Recht verletzt. In seinem Antwortschreiben auf eine E-Mail der Initiative habe dieser sich nur ganz allgemein über die Bewegung geäußert und seinen Standpunkt recht drastisch, aber eben nicht rechtswidrig dargelegt. Die Bezeichnung „verrückt“ sei im umgangssprachlichen Sinne gemeint gewesen und habe nicht bedeutet, dass alle Mitglieder der Bürgerinitiative im pathologischen Sinne krank seien. Im Übrigen habe Kachelmann mit seiner Erklärung nicht alle Anhänger der Theorie als Neonazis bezeichnet. Kachelmanns Anwalt habe auch glaubhaft gemacht, dass dass es Anhänger der Chemtrail-Theorie auch im rechten Lager gebe. Im Übrigen sei fraglich, ob in der Bezeichnung als Nazi heute noch überhaupt eine Prangerwirkung liege, da dieser Begriff heute inflationär verwendet werde. Bürgeranwalt Dominik Storr will Berufung einlegen. Was wir davon halten? (mehr …)
- AG Köln: Nicht jeder DSDS-Teilnehmer ist ein Trottel / Die Bezeichnung als „DSDS-Trottel“ rechtfertigt aber kein Schmerzensgeldveröffentlicht am 12. März 2012
AG Köln, Urteil, Az. 137 C 435/11
§ 823 BGB, § 1004 BGBDas AG Köln hat entschieden, dass die Bezeichnung eines Kandidaten der Fernseh-Show „Deutschland sucht den Superstar“ als „DSDS-Trottel“ auf einer Promi-Webseite zu unterlassen ist. Auch bei der doch ungewöhnlichen Laufbahn des Immer-Wiederkehrers Menderes Bagci sei diese Bezeichnung als unzulässiges „negatives Werturteil“ einzuordnen. Die als Schmerzensgeld geforderten 600,00 EUR mochte das Gericht dem Publikumsliebling allerdings dann doch nicht zusprechen. Dafür sei die Beeinträchtigung nicht schwer genug. Was wir davon halten? Das Urteil dürfte auch in Ansehung der zu beobachtenden Fortschritte des Klägers zu verstehen sein, der spätestens 2035 zum Sieger der Show gekürt werden dürfte. Bis dahin sind auch die Zulassungsstatuten menderesiert worden.
- LG Karlsruhe: Wer in einem Fußballstadion Schilder mit den Buchstaben ACAB („All cops are bastards“) hochhält, will nicht notwendigerweise beleidigenveröffentlicht am 29. Januar 2012
LG Karlsruhe, Urteil vom 08.12.2011, Az. 11 Ns 410 Js 5815/11 – aufgehoben
OLG Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2012, Az. 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12
§ 185 StGB; Art. 5 GGDas LG Karlsruhe hat entschieden, dass derjenige, der in einem Fußballstadion während eines Spiels die Buchstaben „A C A B“ hochhält, damit noch nicht die im Stadion anwesenden Polizisten beleidigt. Im Hinblick auf die beträchtliche Zahl der Polizeibeamten in der Welt oder auch in der Bundesrepublik Deutschland mit ihren erheblichen Unterschieden in Aufgabenstellung und Organisation könne im Tun des Angeklagten die Beleidigung jedes Polizeibeamten nicht ohne weiteres erblickt werden. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn ein – vom Willen des Angeklagten umfasster – Bezug auf individualisierbare Personen vorgelegen habe. Vorliegend lasse sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der Äußerung des Angeklagten nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte seine Aussage „All cops are bastards“ konkret auf die im Stadion anwesenden Polizeibeamten, unter ihnen den Anzeige erstattenden Zeugen, bezogen habe und er diese in ihrer Ehre habe herabsetzen wollen. Was wir davon halten? Ja, nee – ist klar: Der Fußballfan wollte den Polizisten durchaus seinen tiefsten Respekt bezeugen! Was der Meinungsäußerer aber eigentlich meinte war: Zwar sind all cops bastards, aber nicht, wenn ich nach dem Spiel von zehn Dresdner Hooligans aufgemischt werde, denn dann sind sie meine besten Freunde. Das Urteil sollte nicht als Freibrief für bundesweite Nachahmungen missverstanden werden. [Schon weil es zwischenzeitlich aufgehoben wurde, s. oben]. Zum Volltext der Entscheidung:
- AG Bergisch Gladbach: „Auftragskiller preiswerter als Scheidung“ – Zu ehrverletzenden Äußerungen bei Facebookveröffentlicht am 27. Januar 2012
AG Bergisch Gladbach, Urteil vom 16.06.2011, Az. 60 C 37/11
§ 823 Abs. 28GB i.V.m. § 185 StGBDas AG Bergisch Gladbach hat entschieden, dass Äußerungen einer in Scheidung lebenden Frau bei Facebook, die sich auf den (Noch-)Ehemann beziehen und die Frage zum Inhalt haben, ob ein Auftragskiller nicht günstiger als eine Scheidung wäre, ehrverletzende Äußerungen sind. Die Frau habe ihrem (Noch-)Ehemann die Kosten für die anwaltliche Löschungs- und Unterlassungsaufforderung zu ersetzen. Bei den getätigten Äußerungen handele es sich um strafrechtlich relevante Beleidigungen, denn sie seien geeignet, den Geltungswert des Klägers herabzuwürdigen. „3.500,00 € für so ne blöde Scheidung. Frage mich, ob ein Auftragskiller nicht preiswerter wäre … “ würde besagen, dass der Kläger den Aufwand von 3.500,00 € nicht wert sei, „eigentlich ist es auch unbezahlbar, den Herrn los zu sein“ besage, dass der soziale Wert des Klägers so niedrig sei, dass kein Aufwand zu groß sei, um die Trennung zu vollziehen. Dass die Äußerungen der Beklagten mit einem Augenzwinkern versehen und wohl auch zu verstehen waren, blieb unberücksichtigt. Unbekannt blieb, ob möglicherweise Humorlosigkeit der Scheidungsgrund war… Zum Volltext der Entscheidung:
- LG Köln: Der Rechtsanwalt möchte bitte nicht als „Winkeladvokat“ bezeichnet werden / Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unter Rechtsanwältenveröffentlicht am 18. Januar 2012
LG Köln, Urteil vom 15.11.2011, Az. 5 O 344/10
§ 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 1004 BGB, § 185 StGBDas LG Köln hat entschieden, dass die Titulierung eines Rechtsanwalts als „Winkeladvokat“ und dessen Kanzlei als „Winkeladvokatur“ (zumal durch einen Standeskollegen) eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellt. Der Begriff „Winkeladvokat“ bezeichne historisch eine Person, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteile. Heute werde darunter eine Person verstanden, die entweder intellektuell unfähig sei, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführe, die mit Moral und Gesetz in Konflikt steht. Auch wenn dem Begriff kein einheitlicher Bedeutungsinhalt mehr zukommen möge, sei der Begriff „Winkeladvokat“ in jedem Fall negativ besetzt und stellt eine abfällige und kränkende Wertung dar. Die genannten Ausführungen würden auch für den Begriff „Winkeladvokatur“ gelten. Was wir davon halten? Man sollte sich als Rechtsanwalt – sine ira et studio – weder vom Mandanten noch vom Mandat vereinnahmen lassen. Die krude Bezeichnung „Winkeladvokat“ ist in rhetorischer Hinsicht eher als Säbel denn als (gebührlicher) Degen zu werten. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)