Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- EuGH: Staatliche Aufsicht über Datenschutzbehörden in Deutschland ist europarechtswidrigveröffentlicht am 19. Februar 2011
EuGH, Urteil vom 09.03.2010, Az. C-518/ 07
Art. 28 Abs. 1 EU-RL 95/46Der EuGH hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46 verstoßen hat, indem sie die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten im nichtöffentlichen Bereich zuständigen Kontrollstellen in den Bundesländern staatlicher Aufsicht unterstellt und damit das Erfordernis, dass diese Stellen ihre Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ wahrnehmen, falsch umgesetzt hat. Zum Volltext der Entscheidung: (mehr …)
- EuGH: Glücksspielmonopol der Bundesrepublik Deutschland ist rechtswidrigveröffentlicht am 8. September 2010
EuGH, Urteil vom 08.09.2010, C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07
Der EuGH hat heute per Pressemitteilung verkündet, dass das in Deutschland geltende Glücksspielverbot gegen geltendes EU-Recht verstößt. Das Ziel der Bekämpfung von Gefahren, die aus dem Glücksspiel resultieren, werde nicht „in kohärenter und systematischer Weise“ verfolgt. Zum einen führten die Inhaber der staatlichen Monopole intensive Werbekampagnen durch, um die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren, und entfernten sich damit von den Zielen, die das Bestehen dieser Monopole rechtfertigten. Zum anderen betrieben oder duldeten die deutschen Behörden in Bezug auf Glücksspiele wie Kasino- oder Automatenspiele, die nicht dem staatlichen Monopol unterlägen, aber ein höheres Suchtpotenzial aufwiesen als die vom Monopol erfassten Spiele, eine Politik, mit der zur Teilnahme an diesen Spielen ermuntert werde. Unter diesen Umständen lasse sich das präventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen, so dass das Monopol nicht mehr gerechtfertigt werden könne. Zur Pressemitteilung im Volltext: (mehr …)
- OLG Hamburg: Noch einmal zur Werbung als „beliebtester“ Anbieterveröffentlicht am 20. Juli 2010
OLG Hamburg, Urteil vom 11.11.2009, Az. 5 U 57/09
§§ 3, 5, 5a, 6, 8 UWGDas OLG Hamburg hatte auch in dieser Angelegenheit über die Zulässigkeit einer Werbung als „beliebtester Anbieter“ für Telefon- und IT-Dienstleistungen zu entscheiden. In einer parallel bearbeiteten Angelegenheit war das OLG zu dem Schluss gekommen, dass die benutzte Anpreisung als beliebtester Anbieter dann nicht irreführend sei, wenn es sich um den Marktführer in dem beworbenen Bereich handele. Im vorliegenden Fall handelte es sich bei dem Werbenden jedoch um einen Anbieter, der in einigen Bundesländern nicht vertreten, dessen Tätigkeit also regional begrenzt war. In der Werbung stellte sich die Antragsgegnerin jedoch als „beliebtester Anbieter Deutschlands für Internet, Telefon und TV“ dar. Dies erwecke nach Auffassung des Gerichts den irreführenden Eindruck beim Verbraucher, dass die Antragsgegnerin deutschlandweit tätig sei. Nun sei das Angebot der Antragsgegnerin jedoch nicht nur durch übliche „Versorgungslücken“ begrenzt, sondern die Dienstleistung könne in bevölkerungsreichen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen oder Hessen gar nicht erbracht werden, so dass ein falscher Eindruck beim Verbraucher entstehe. In einer parallel entschiedenen Angelegenheit hatte das OLG die Werbung als „beliebtester Anbieter“ als zulässig erachtet, da es sich in jenem Fall bei dem Werbenden um den Marktführer handelte.
- Deutschland steht wegen rapidshare.de auf der International Piracy Watch Listveröffentlicht am 24. Mai 2010
Nach einem Hinweis des Blogs Basicthinking steht die Bundesrepublik Deutschland auf der sog. „2010 International Piracy Watch List“, einer Liste, die von einer Gruppe von US-Politikern vorgestellt wird, die sich weltweit gegen Copyright-Verletzungen bei von US-Firmen hergestellten Produkten einsetzt. Die Liste führt solche Staaten auf, in denen Urheberrechtsverletzungen ein alarmierendes Maß erreicht haben, welche die USA Milliarden kosten. Angeführt wird die Liste von China und Russland, doch es finden sich auch Staaten wie Spanien und Deutschland auf ihr, da diesen Staaten nicht ausreichende Präventionsmaßnahmen gegen den Diebstahl geistigen Eigentums ergriffen hätten. „Zum ersten Mal„, so Basicthinking, „wurde aber auch eine Liste mit gefährlichen Websites erstellt. Und auf diese Liste hat es prompt auch Deutschland geschafft. … Und da steht Deutschland wegen RapidShare ebenso im Fadenkreuz … wie Schweden wegen The Pirate Bay, China wegen Baidu, Kanada wegen IsoHunt, Luxemburg wegen RMX4U und die Ukraine wegen mp3fiesta.„
- OLG Hamburg: Preisbindung für Medikamente gilt auch für ausländische Apotheke DocMorrisveröffentlicht am 18. Mai 2010
OLG Hamburg, Urteil vom 25.03.2010, Az. 3 U 126/09
§§ 4 Nr. 11, 8 UWG; 7 HWG; 78 AMG; 1, 3 AMPreisV; Art. 34 EGBGBDas OLG Hamburg hat entschieden, dass eine im Ausland ansässige Apotheke (hier DocMorris in den Niederlanden) bei einem Vertrieb nach Deutschland angehalten ist, das hier geltende Recht zu beachten. Auf den beworbenen Internet-Arzneimittelversandhandel von DocMorris sei nach dem kollisionsrechtlichen Marktortprinzip deutsches Wettbewerbsrecht (UWG) als Recht des Ortes anzuwenden, auf dessen Markt die wettbewerblichen Interessen der Parteien aufeinanderträfen. Dies betreffe insbesondere die Arzneimittelpreisverordnung, die als zwingendes öffentliches Recht bei jeglichem Vertrieb nach Deutschland zu beachten sei. Der Verstoß gegen diese Vorschriften stelle einen Wettbewerbsverstoß gegenüber inländischen Apotheken dar. Im Rahmen des Internetangebots von DocMorris hieß es u.a. „Sparen Sie heute 100% Ihrer Zuzahlung“, „gesetzlich Versicherte sparen bei DocMorris 100% Ihrer Rezeptzuzahlung“, „Privat Versicherte erhalten 5 Euro Treuebonus“ und „Bei rezeptfreien Medikamenten sparen Sie bis zu 30%“. Diese Werbung verstoße sowohl gegen die Arzneimittelpreisverordnung als auch gegen das Heilmittelwerbegesetz. Durch das Angebot von Bonuszahlungen und Ersparnissen werde der einheitliche Apothekenabgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG) unterlaufen.
- Filesharing: Das Ende der Abmahnungswellen? / Kostenloser und legaler (!) Musikstreaming-Dienst öffnet heute in Deutschland seine Pfortenveröffentlicht am 3. Mai 2010
Nach einem Bericht der Welt hat ein deutsches Start-up-Unternehmen Universal, Sony, Warner und EMI dazu gebracht, in das für den Nutzer kostenlose Streaming von insgesamt 6,2 Mio. Musiktiteln einzuwilligen. Finanziert wird der Dienst, der unter dem heutigen Tage online gehen will, mit akustischer Werbung und Anzeigen auf der Website. Unter simfy.de ist derzeit zwar lediglich eine Platzhalter-Seite vorzufinden; im simfy-Blog wird jedoch schon heftigst die Werbetrommel gerührt. Streaming-Angebote finden sich auch bei Steereo, Musicload und Napster, allerdings sind diese kostenpflichtig (bis zu 15,00 EUR/Monat) (Welt). Was wir davon halten? (mehr …)
- LG Hamburg: Zur Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Rechtsverstößen auf YouTubeveröffentlicht am 6. April 2010
LG Hamburg, Urteil vom 05.12.2008, Az. 324 O 198/08
LG Hamburg, Urteil vom 05.03.2010, Az. 324 O 565/08
§ 32 ZPO, Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGBDas LG Hamburg hat seine bereits 2008 verkündete Rechtsauffassung erneuert, dass ein deutsches Gericht bei Online-Rechtsverstößen auf der Videoplattform YouTube zuständig ist, da die Veröffentlichung der Videos auch auf der englischsprachigen Mutterseite der Plattform bestimmungsgemäß in Deutschland zugänglich gemacht werde. Erst vor kurzem hatte der BGH entschieden, dass deutsche Gerichte für Rechtsverstöße in einer US-amerikanischen Zeitung zuständig seien, wenn es sich um ein populäres und international verbreitetes Blatt handele. Streitgegenständlich war ein gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden gerichtetes Video offensichtlich rechtsradikalen Hintergrunds. (mehr …)
- BGH: Zuständigkeit deutscher Gerichte auch bei internationalen Presseveröffentlichungenveröffentlicht am 3. März 2010
BGH, Urteil vom 02.03.2010, Az. VI ZR 23/09
§ 32 ZPODer Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil erklärt, dass deutsche Gerichte auch international zuständig sind, wenn ein im Internet abrufbarer Artikel das Persönlichkeitsrecht eines in Deutschland ansässigen Bürgers beeinträchtigt. Im entschiedenen Fall war im Online-Archiv der New York Times ein Bericht über den Kläger veröffentlich worden, der ihn namentlich benannte und ihm Verbindungen zur russischen Mafia unterstellte. Nachdem in den Vorinstanzen die Klage als unzulässig abgelehnt wurde, sah der entscheidende Senat in dem angegriffenen Artikel einen deutlichen Inlandsbezug; der Erfolgsort der rechtsverletzenden Handlung liege in Deutschland. Bei der New York Times handele es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, welches weltweit Leser ansprechen wolle. Die Online-Ausgabe der Zeitung sei in Deutschland abrufbar und daher sei es naheliegend, dass sie auch in Deutschland zur Kenntnis genommen werde.
- EBAY: Wenn die Internethandelsplattform das Finanzamt informieren mussveröffentlicht am 12. November 2009
In einem aktuellen Artikel berichtet Axel Gronen, dass eBay Deutschland auf Anfrage (!) dem Finanzamt die Daten aller Verkäufe eines Mitglieds seit dem Jahr 1995 übermittele. Gronen weiter: „Allerdings war mir bisher neu, dass das Finanzamt auch über alle über eBay getätigten Einkäufe informiert wird. Nun berichtete mir aber ein Leser, dass er im Rahmen einer Betriebsprüfung auch seine privaten Einkäufe erklären sollte: Er hatte unter anderem bei eBay einen Oldtimer für eine fünfstellige Summe ersteigert.“ Was wir davon halten? (mehr …)
- Innovativster Business-Think-Tank Deutschlands oder nur ein weiterer Lobbyist gegen Datenschutz?veröffentlicht am 8. Juli 2009
Der nach seinem eigenem Bekunden innovativste Business-Think-Tank Deutschlands, forward2business, lässt seine(n) Auguren über die Entwicklung des Datenschutzes in den nächsten 10 Jahren philosophieren. Bereits der Titel „Das letzte Gefecht des Datenschutzes“ lässt Böses erahnen. Inhaltlich wird es dann auch kaum besser. Die Kapitulation und Auflösung der Medienmarken ARD und RTL vor den reinen Medieninhalten nehmen wir noch hin („Datenschutztrend 1: Elektronischer Assistent“). Die erste Krise bahnt sich dann aber schon bei dem angekündigten Paradigmenwechsel („Datenschutztrend 2“) an. Die Bevölkerung von morgen „will ihre Daten nicht verheimlichen“. Angeblich. Sie will sie demjenigen freigeben, dem sie vertraut und für andere sperren. Unter Berücksichtigung von „Datenschutztrend 3“ stufen wir Werbeunternehmen als „vertraut“ ein. Nein, nicht wirklich. Der Datenschutztrend 3 („Ich will Daten freigeben!“) lässt uns final nach Tamiflu® rufen. Das wollen wir nämlich heute nicht und auch nicht morgen. Selbst dann nicht, wenn wenn „wir statt mit sinnloser Streuwerbung überschüttet zu werden speziell auf unsere Vorlieben und Bedürfnisse ausgewählte Werbung bekommen.“ Ehrlich gesagt wollen wir überhaupt keine Werbung – gerade WEIL uns auch morgen ein ständiger „Informations-Overflow“ umgibt. Datenschutztrend 4 („Trust Center“) lässt Orwell’sche Dimensionen erkennen. Demnach soll es Einrichtungen (Rechenzentren?) geben, welche die Daten aller Nutzer in Deutschland zentral speichern und entsprechend freigeben. Von den weiteren, stark lobbyverdächtigen „Trends“ mögen sich unsere Leser selbst überzeugen. Soviel Zeit muss sein (JavaScript-Link: f2b).