Dr. Ole Damm | Rechtsanwalt & Fachanwalt
IT-Recht, IP-Recht und Datenschutzrecht
Aktuelle Beiträge und Urteile
- LG Augsburg: Eine Rückvergütung für Sammelbestellung von Büchern verstößt gegen Buchpreisbindungveröffentlicht am 16. Juli 2009
LG Augsburg, Beschluss vom 17.06.2009
§ 3 BuchPrGDas LG Augsburg hat dem Weltbildverlag per einstweiliger Verfügung untersagt, Kunde wie Quelle, für deren Buchgroßbestellungen einen „Unkostenvergütung“ von 12 % zu versprechen. Die Quelle GmbH hatte für ein Profi-Partner-Programm ihres eigenen Unternehmens geworben, das auch Buchbestellungen bei Weltbild einbezog und Mitbestellern die oben genannten Vergütung zusagte. Das Landgericht teilte nicht die Auffassung des Weltbild Verlages, dass die Sammelbesteller als Wiederverkäufer aufträten und somit nicht der Preisbindung (BuchPrG) unterlägen. § 3 BuchPrG formuliert insoweit: „Wer gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkauft, muss den nach § 5 [BuchPrG] festgesetzten Preis einhalten.“ Vielmehr seien Sammelbesteller als Letztabnehmer anzusehen und träten selbst als Käufer auf. Die Weitergabe der Bücher sei nicht als Weiterverkauf zu werten, da damit kein eigener wirtschaftlicher Zweck verfolgt werde. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
- OLG Düsseldorf: Zur Erschöpfung des Urheberrechts beim Handel mit Software / Die Software auf der Festplatteveröffentlicht am 12. Juli 2009
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.06.2009, Az. I-20 U 247/08
§ 69 c Nr. 3 S. 2 UrhGDas OLG Düsseldorf hat entschieden, dass vorinstallierte Software von UsedSoft nicht isoliert weiterverkauft werden darf (Entscheidungsgründe s. unten). UsedSofts Einwand der urheberrechtlichen Erschöpfung der einmal in den Verkehr gebrachten Software hörten die Richter nicht und erklärten, dass die Rechtsanwalts-Software von dem Antragssteller (nicht Microsoft) stets nur als Kombination von Hard- und Software auf den Markt gebracht würde. Microsoft gab darauf hin eine Pressemitteilung heraus und begrüßte das Urteil (JavaScript-Link: Presseerklärung Microsoft). „Die konkreten Auswirkungen auf den Handel mit gebrauchter Software können wir jedoch erst nach Einblick in die detaillierte Urteilsbegründung kommentieren. Es zeigt sich jedoch erneut, dass die Gerichte den Schutz von geistigem Eigentum sehr hoch bewerten„, erklärte Dr. Swantje Richters, Justitiarin der Microsoft Deutschland GmbH. UsedSoft wehrte sich gegen den Vorstoß Microsofts und erklärte zum einen, dass es es sich nicht um Microsoft-Software gehandelt habe und zum anderen, dass man die Angelegenheit in das Hauptsacheverfahren zwecks endgültiger Klärung führen werde. (JavaScript-Link: Presseerklärung UsedSoft). Das Düsseldorfer Urteil weise einige Ungereimtheiten auf. So habe der Senat geurteilt, dass das Programm weiterverkauft werden dürfe, wenn dies zusammen mit der Festplatte geschehe. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf sei bei den OEM-Programmen des klagenden Herstellers die Festplatte nämlich als Vervielfältigungsstück anzusehen. Es stelle sich nun die Frage, ob es dann legal wäre, ein Programm weiterzuverkaufen, wenn es beispielsweise auf einer externen Festplatte installiert wurde, also etwa über einen USB-Stick, ließ der Prozessbevollmächtigte von UsedSoft verlautbaren.
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil
…
Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 26. November 2008 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter-sagt, im geschäftlichen Verkehr Softwareprodukte des Programms „A. O.-Version“ anzubieten, zu vertreiben und/oder in Verkehr zu bringen, wenn diese sich nicht auf einem Hardwaregerät befinden, auf dem sie von einem A. Distributor vorinstalliert wurden.
Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfügungsverfahrens einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
A.
Von einem Tatbestand wird abgesehen. Zum Verständnis der Entscheidung sei nur Folgendes festgehalten:
Die Antragstellerin stellt eine Anwaltssoftware her, die sie über mit ihr vertraglich verbundene „Distributoren“ ausschließlich vorinstalliert auf Computern vertreibt. Die Antragsgegnerin verkauft „gebrauchte“ Software. Sie erwirbt von Endkunden unter anderem auch die Software der Antragstellerin, allerdings ohne die Computer, auf denen die Software installiert war. Die Erstkunden übergeben der Antragsgegnerin vielmehr die Sicherungskopie, die sie selbst mit Zustimmung der Antragstellerin angefertigt hatten, und löschen die Installation auf ihren Computern vollständig. Die Antragsgegnerin bietet die Software sodann zum Kauf an und übergibt an den Käufer die Sicherungskopie, damit der Käufer die Software auf seinem Computer installieren kann. Mit dem Verfügungsantrag begehrt die Antragstellerin, gestützt auf ihr Urheberrecht an der Software, dass der Antragsgegnerin verboten werde, die Software ohne das Hardwaregerät, auf dem sie vorinstalliert war, anzubieten, zu vertreiben oder in den Verkehr zu bringen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, veröffentlicht in CR 2009, 221 und MMR 2009, 216 (Leitsatz), den Verfügungsantrag zurückgewiesen und Erschöpfung der Urheberrechte der Antragstellerin gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG angenommen. Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin.
B.
Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Annahme des Landgerichts steht ihr der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu. Die Antragsgegnerin zieht nicht in Zweifel, dass das Computerprogramm der Antragstellerin, für das diese Schutz beansprucht, ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 2 Nr. 1, § 2 Abs. 2 UrhG darstellt. Damit steht der Antragstellerin gemäß § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG das ausschließliche Recht zu, das Original oder ein Vervielfältigungsstück des Computerprogramms in jeder Form zu verbreiten. Dieses Recht der Antragstellerin verletzt die Antragsgegnerin dadurch, dass sie die fragliche Software erwirbt und weiter verkauft.
Dem steht eine Erschöpfung der Rechte der Antragstellerin nicht entgegen. Gemäß § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht – mit Ausnahme des Vermietrechts – in Bezug auf ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms, das mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht wird. Erschöpfung kann danach nur bezogen auf ein in einem Vervielfältigungsstück körperlich festgelegtes Werk eintreten (vgl. nur BGH GRUR 1986, 1251 – Videofilmvorführung, zu § 17 Abs. 2 UrhG; Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 69c UrhG Rn. 30; Heerma, ebenda, § 17 UrhG Rn. 16; Bergmann, FS Erdmann, 2002, S. 17). Der Senat sieht keine Veranlassung, von diesem herkömmlichen Verständnis des Erschöpfungsgrundsatzes abzuweichen. Diese Auffassung wird etwa auch in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Gutachten von H. vom 12. April 2007 geteilt. Danach kann sich das Verbreitungsrecht der Antragstellerin nur hinsichtlich des Werkstücks erschöpft haben, in dem sich ihr Computerprogramm verkörpert. Das ist die Hardware (der Computer), auf der das Programm von ihren „Distributoren“ vorinstalliert wurde. Das urheberechtlich geschützte Programm ist – derart verkörpert – mit Zustimmung der Antragstellerin von deren „Distributoren“ durch Veräußerung an die Erstkunden in den Verkehr gebracht worden. Diese Computer werden indes im vorliegenden Fall nicht von der Antragsgegnerin weiter veräußert; vielmehr trennt sie Hard- und Software und veräußert letztere isoliert weiter. Diese Handlung unterfällt unzweifelhaft nicht dem § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG in seinem herkömmlichen Verständnis.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der Begriff des Vervielfältigungsstücks in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht „unter Berücksichtigung der Zwecke des Erschöpfungsgrundsatzes“ erweiternd ausgelegt werden. Das Landgericht sieht dies deshalb als erforderlich und möglich an, weil im vorliegenden Fall die Antragstellerin als Rechtsinhaberin „bewusst auf die Übergabe eines für sich genommen handelbaren Speichermediums verzichtet“ habe. Daran trifft sicher zu, dass es zwar nicht ausgeschlossen, aber kaum praktikabel erscheint, die Software in der verkörperten Form, in der sie der Erstkunde erworben hat, weiter zu veräußern. Dazu müsste der gesamte Computer, auf dem das Programm installiert ist, oder zumindest die für die Speicherung wesentlichen Teile, die Festplatte, nach deren Ausbau veräußert werden. Diese Erschwernis mag von der Antragstellerin nicht ganz unbeabsichtigt erfolgt sein, um auf diese Weise den Weitervertrieb ihrer Software zu erschweren. Das kann indes nicht dazu führen, in derartigen Fällen die gesetzliche Regelung der Erschöpfung „erweiternd auszulegen“. Das Landgericht sieht dabei offensichtlich als Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes an, das urheberrechtlich geschützte Werk in der Fassung der Erstverbreitung unabhängig von seiner Verkörperung verkehrsfähig zu erhalten.
Das entspricht indes nicht dem traditionellen Verständnis dieses Rechtsinstituts, an dem der Senat festhält. Die gesetzliche Regelung der Erschöpfung ist nämlich vielmehr Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muss (BGHZ 144, 232 = GRUR 2001, 51 – Parfumflakon; BGH GRUR 1986, 736 – Schallplattenvermietung – zu § 17 Abs. 2 UrhG). Innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsraums soll das mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzte Werkstück ungeachtet des urheberrechtlichen Schutzes frei zirkulieren dürfen (BGH a.a.O.). Dem Berechtigten ist es unbenommen, die Erstverbreitung des Werkstücks zu untersagen oder von einer angemessenen, auch diese Nutzung seines Werks berücksichtigenden Vergütung abhängig zu machen. Hat er diese Zustimmung aber erst einmal erteilt, soll es ihm verwehrt sein, mit Hilfe des Urheberrechts die weiteren Absatzwege dieser Ware zu kontrollieren (BGH a.a.O.).
Diese Erwägungen können sich nur auf das konkrete Werkstück beziehen, dessen Verkehrsfähigkeit durch Urheberrechte an dem in ihm verkörperten Werk nicht behindert werden soll. Wollte man sich hiervon lösen, so wäre letztlich das geschützte Werk selbst unabhängig von seiner Verkörperung in jeder Form der Verbreitung (wenn auch nicht der Vervielfältigung) frei. Gerade das ist nicht Zweck des Erschöpfungsgrundsatzes. Es ist sicher richtig, wenn das Landgericht ausführt, es komme dem Ersterwerber in erster Linie auf die Nutzbarkeit des Datenbestands an, nicht aber auf die gewählte Art der Verkörperung. Das ist beim Erwerb urheberrechtlich geschützter Werke stets so. Demjenigen, der ein Buch erwirbt, kommt es regelmäßig in erster Linie auf den Inhalt an und nicht auf Einzelheiten der Verkörperung. Das besagt für die Reichweite des Erschöpfungsgrundsatzes indes nichts. Dessen Grenzen sind nicht aufgrund der Nutzerinteressen am Inhalt des Werks zu bestimmen oder zu erweitern; Maßstab kann nur das Interesse – auch des Nutzers – an der Verkehrsfähigkeit der konkreten Ware sein, nämlich die Möglichkeit der von Urheberrechten unbehinderten Veräußerung von Waren nach dem Eigentumsmodell des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Bergmann, FS Erdmann, 2002, S. 17, 25). Es bleibt der Entscheidung des Rechtsinhabers überlassen, die Weiterverbreitung der körperlichen Werkstücke zu erleichtern oder – wie im vorliegenden Fall – zu erschweren, indem er zur Verkörperung eine Ware wählt, die nur schwer handelbar ist. Auf diese Weise mag er die Weiterverbreitung in gewissem Umfang zu steuern versuchen. Keineswegs kann diese Wahl einer bestimmten Art der Verkörperung aber sein Urheberrecht selbst inhaltlich über eine Erweiterung der Erschöpfung beeinflussen. Immerhin erschwert der Rechtsinhaber auch sich selbst die Erstverbreitung. Als Käufer des Programms scheiden nämlich diejenigen Interessenten aus, die lediglich das Computerprogramm ohne einen Computer erwerben wollen, weil derart die Software von der Antragstellerin nicht angeboten wird. Die Entscheidung zur Erschöpfung kann nicht davon abhängen, wie leicht oder schwer das geschützte Programm zusammen mit dem Speichermedium, mit dem es in den Verkehr gebracht worden war, auf dem Markt gehandelt werden kann (vgl. auch die ablehnende Anmerkung zum Urteil des Landgerichts von Moritz in jurisPR-ITR 5/2009 Anm. 3).
Ein abweichendes Ergebnis lässt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht aus der Entscheidung „Parfumflakon“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2001, 51, 53) herleiten. Dort ging es um die Zulässigkeit einer Werbung für das in Verkehr gebrachte Produkt, die eine Abbildung des geschützten Gegenstands (eines Parfumflakons) enthielt. Hierin lag eine Vervielfältigung des Flakons. Obwohl die Erschöpfung der Rechte an dem abgebildeten Flakon sich zunächst nur auf das Verbreitungsrecht bezog, hat der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit gewisser Vervielfältigungshandlungen, wie sie die Abbildung in der Werbung darstellt, für zulässig erachtet. Er hat entschieden, dass derjenige, der urheberrechtlich berechtigt ist, die Ware zu vertreiben, auch hinsichtlich der darüber hinausgehenden, sich jedoch im Rahmen üblicher Absatzmaßnahmen haltenden Nutzung ohne weiteres als berechtigt angesehen wird, ohne dass es der Konstruktion einer – möglicherweise über mehrere Absatzstufen hinweg konkludent erteilten – zusätzlichen Nutzungsrechtseinräumung bedürfte. Die Werbung, um die es im Fall des Bundesgerichtshofs ging, hatte gleichsam eine Hilfsfunktion für die Vermarktung des vom Rechtsinhaber in den Verkehr gebrachten Produkts. Darum geht es im vorliegenden Fall aber nicht (vgl. auch Moritz a.a.O.). Hier ist nicht über die Zulässigkeit einer Förderung des Absatzes des konkreten Vervielfältigungsstücks, in dem sich das Werk verkörpert, zu entscheiden, sondern über die Zulässigkeit einer Veräußerung des Werks unabhängig von der Verkörperung, unter der es erstmals in den Verkehrs gebracht worden war.
Auch eine analoge Anwendung des § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG, wie sie von manchen für die unkörperliche Erstverbreitung eines Computerprogramms vertreten wird (z. B. H. in seinem Gutachten vom 12. April 2007; ders., CR 2006, 573; Grützmacher, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 69c Rn. 31 m. w. Nachw.), scheidet aus. Im vorliegenden Fall fehlt es schon deshalb an den Voraussetzungen für eine Analogie, weil die Erstverbreitung nicht unkörperlich erfolgte, sondern ein konkretes Werkstück, nämlich der Computer mit der vorinstallierten Software, veräußert wurde. Es liegt damit – wie ausgeführt – genau der vom Wortlaut des § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erfasste Fall vor. Eine Analogie ist auch nicht mit der Erwägung des Landgerichts gerechtfertigt, die Art der Verkörperung sei derart, dass sie die Verkehrsfähigkeit der Software erheblich erschwere, und deshalb sei der vorliegende den Fällen der Online-Übertragung von Software gleichzustellen. Unabhängig von der nicht leicht zu beantwortenden Frage einer Regelungslücke scheitert eine Analogie nach den vorstehenden Ausführungen jedenfalls daran, dass dies nicht dem Zweck der Vorschrift entspricht. Letzterer besteht – wie ausgeführt – nicht darin, eine Verkehrsfähigkeit des urheberrechtlich geschützten Werks losgelöst von seiner Verkörperung, sondern nur bezogen auf diese zu ermöglichen. Der Senat schließt sich der bislang in der obergerichtlichen – soweit ersichtlich allein – vertretenen Rechtsprechung an, die eine Erschöpfung an unkörperlich erstverbreiteten Computerprogrammen verneint (OLG München, OLGR München 2008, 722 = ZUM 2009, 70 = MMR 2008, 601, wiedergegeben in Anlage ASt 9; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12. Mai 2009 – 11 W 15/09, zugänglich über juris). Die Entscheidung, ob Erschöpfung – abweichend von den herkömmlichen urheberrechtlichen Grundsätzen – bereits als Folge einer unkörperlichen Erstverbreitung eines Computerprogramms eintreten kann, muss dem Gesetzgeber überlassen bleiben.
Erschöpfung ist schließlich auch nicht eingetreten bezogen auf die von den Ersterwerbern an die Antragsgegnerin weitergegebene Sicherungskopie. Letztere wurde mit – vielleicht durch § 69d Abs. 2 UrhG veranlasster – Zustimmung der Antragstellerin vom Ersterwerber zu Sicherungszwecken hergestellt und ist schon deshalb kein Vervielfältigungsstück, das mit Zustimmung der Antragstellerin durch Veräußerung in den Verkehr gebracht worden wäre (vgl. auch Heerma, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, § 17 UrhG Rn. 16: „Auch rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke darf der Erwerber ohne Zustimmung des Urhebers demnach nicht vertreiben.“).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unterbleibt, § 704 Abs. 1, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000,00 EUR nach der Festsetzung des Landgerichts.
- LG München I: Kein Rechtsmissbrauch, wenn nach Abmahnung diverse Gerichtsverfahren eingeleitet werdenveröffentlicht am 7. Juli 2009
LG München I, Urteil vom 16.07.2008, Az. 21 O 15035/07
§§ 3, 4 Nr. 11, 12 Abs. 1 UWGDas LG München hat entschieden, dass ein Abmahner, der verschiedene Wettbewerbsverstöße zunächst außergerichtlich abmahnte und sodann einen Verstoß mittels einer einstweiligen Verfügung und zwei Verstöße im Hauptsacheverfahren weiter verfolgte, nicht rechtsmissbräuchlich handelt. Das Gericht stellt klar, dass rechtsmissbräuchlich nur handelt, wer „mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen“. Als Beispiel nennt das Gericht Gebührenerzielungsinteresse und die Überziehung des Gegners mit übermäßigen Kosten. Diese Indizien für einen Missbrauch seien aber im konkreten Fall nicht gegeben gewesen. Alle Verstöße seien in einer Abmahnung zusammengefasst worden. Bei der gerichtlichen Verfolgung, wo zwischen einstweiligem Verfügungsverfahren und Hauptsacheklagen differenziert wurde, würden sachliche Gründe der Aufspaltung der Verfahren dienen. Die Verstöße beruhten auf unterschiedlichen Sachverhalten, seien von der Gewichtung differenzierbar und der Kläger habe ein nennenswertes wettbewerbsrechtliches Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche. Die Beurteilung eines möglicherweise rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bleibt allerdings immer dem Einzelfall vorbehalten und ist sorgfältig zu prüfen.
- AG Köln: Wenn die einstweilige Verfügung noch nicht das letzte Wort warveröffentlicht am 3. Juli 2009
AG Köln, Urteil vom 30.04.2007, Az. 142 C 553/06
§§ 677, 683 BGB, § 97 UrhGDas AG Köln hat noch einmal darauf hingewiesen, dass die einem in seinen Rechten Verletzten entstandenen Abmahnkosten, aber auch die jeweiligen Kosten eines Abschlussschreibens nach Erlass einer einstweiligen Verfügung aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähig sind. Seitens des Gerichtes seien die insoweit angesetzten Geschäftsgebühren (1,3 bei der Abmahnung und 0,8 bei dem Abschlussschreiben) nicht zu beanstanden. (mehr …)
- LG Hamburg: Zur Unzulässigkeit einer „zur Unzeit“ übersandten Abmahnungveröffentlicht am 30. Juni 2009
LG Hamburg, Urteil vom 19.06.2009, Az. 324 O 190/09
§§ 1004, 823, 253 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG; 93 ZPODas LG Hamburg hat entschieden, dass die Antragsgegnerin einer einstweiligen Verfügung die Kosten des Verfahrens nicht tragen muss, wenn sie zuvor mit einer nur unangemessen kurzen Frist abgemahnt wurde. Die Abmahnung ging nach Dienstschluss (20.00 Uhr) bei der Antragsgegnerin ein mit einer Fristsetzung bis 12.00 Uhr des nächsten Tages. Effektiv seien der Antragsgegnerin damit nur 3 Stunden Zeit am nächsten Vormittag gegeben worden, um den Sachverhalt zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen. Dies sei nicht zumutbar gewesen. Werde ein Frist zu kurz anberaumt, verlängere diese sich automatisch zu einer angemessenen Frist. Die Antragsgegnerin erhielt die einstweilige Verfügung jedoch bereits am Vormittag des nächsten Tages. Zu diesem Zeitpunkt sei die angenommene angemessene Frist für die Abgabe einer Unterlassungserklärung jedoch noch nicht ausgelaufen gewesen, so dass die Nichtabgabe der Erklärung der Antragsgegnerin nicht entgegen gehalten werden könne. Nach Erhalt der einstweiligen Verfügung wiederum gab die Antragsgegnerin sofort eine Abschlusserklärung ab, in der sie die Regelung als bindend anerkannte. Da dieses Anerkenntnis nach dem Sachverhalt als sofortig zu werten gewesen sei, seien die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.
- LG Hamburg: Muss Filesharing-Hoster Rapidshare seinen Dienst einstellen? / Streitwert: 24 Mio. EURveröffentlicht am 26. Juni 2009
LG Hamburg, Urteil vom 12.06.2009, Az. 310 O 93/08
§§ 19a, 97 UrhGDas LG Hamburg hat dem Schweizer Sharehoster Rapidshare AG, Cham, per einstweiliger Verfügung untersagt, den Filesharing-Dienst „rapidshare.com“ zu betreiben, auf dem mehrere tausend Musiktitel im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurden. Nach dem Urteil ist der Dienst selbst dafür verantwortlich, wenn urheberrechtlich geschützte Musikwerke widerrechtlich auf seiner Plattform zum Download angeboten werden. Eine fortlaufende und aufwendige Kontrolle durch die Rechteinhaber sei damit nicht mehr notwendig, erklärte die Verfügungsklägerin, die GEMA (JavaScript-Link: Pressemitteilung). (mehr …)
- LG Leipzig: Nicht jede Urheberrechtsverletzung kann mit der einstweiligen Verfügung beseitigt werdenveröffentlicht am 22. Juni 2009
LG Leipzig, Urteil vom 29.05.09, Az. 05 O 1595/09
§§ 2 Abs 1 Nr. 4, Abs. 2, 15 Abs. 2 Nr. 2, 97 Abs. 1 UrhGDas LG Leipzig hat in diesem Fall den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Der Verfügungskläger hat ein Firmenlogo entwickelt, dass die Verfügungsbeklagte, Gesellschafterin der Firma X, auf ihrer Internetseite nutzte. Die Besonderheit lag darin, dass die Firma X ein Nutzungsrecht für das Firmenlogo besaß, dessen Nutzung sie, was vertraglich bestimmt war, ihren Tochterunternehmen einräumen konnte. Der Verfügungskläger war der Ansicht, dass die Nutzung des Logos auf der Internetseite widerrechtlich erfolge; die Verfügungsbeklagte sei kein Tochterunternehmen, sondern allenfalls Gesellschafterin von X; ein Recht zur allgemeinen Übertragung der Nutzungsrechte sei X nicht eingeräumt worden. Die Leipziger Richter sahen nicht ein, warum in diesem Fall eine einstweilige Verfügung benötigt werde (und nicht das Hauptsacheverfahren ausreiche). (mehr …)
- LG Hamburg: Gehen die „Don Ed Hardy“-Abmahnungen jetzt den Bach runter? / Erneute Niederlageveröffentlicht am 15. Juni 2009
LG Hamburg, Urteil vom 09.09.2008, Az. 312 O 415/08
§ 24 Abs. 1 MarkenG, Art. 13 GMVDas LG Hamburg hat eine einstweilige Verfügung wegen angeblichen Verstoßes gegen „Don Ed Hardy“-Markenrechte aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen, weil sich nach dem Vortrag des Antragsgegners ergeben habe, dass eine Erschöpfung des Markenrechts nach Art. 13 Abs. 1 GMV, § 24 Abs. 1 MarkenG „überwiegend wahrscheinlich eingetreten“ sei. Die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass die streitgegenständliche Ware ursprünglich von der Markeninhaberin selbst oder mit deren Zustimmung außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes in den Verkehr gebracht worden sei. Dies ist eine von mehreren Entscheidungen, in denen ein angeblicher Markenverstoß gegen die Rechte an der Marke „Ed Hardy“ auf Grund unzureichender Beweislage verneint wird (vgl. Link: LG Düsseldorf; Link: LG Frankenthal; Link: LG Koblenz; Link: LG Mannheim). (mehr …)
- Sony will’s wissen: Grauimport ohne deutsche Anleitung? Keine EAR-Registrierung? Abmahnung!veröffentlicht am 4. Juni 2009
Die Sony Deutschland GmbH will nicht länger tatenlos zusehen, wie Onlinehändler Sony-Produkte aus dem Ausland „wild“ importieren und hier – zum Verdruss der Verbraucher – ohne deutsche Bedienungsanleitung oder ohne eine notwendige EAR-Registrierung anbieten. Bereits im Februar 2009 hatte Sony Deutschland auf einer Roadshow angekündigt, den wettbewerbsrechtlichen Hammer gegen die Irreführer kreisen zu lassen. Aktuell, so Sony Deutschland in einer Pressemitteilung vom 02.06.2009, habe man gegen zwei Internethändler eine Unterlassungserklärung bzw. eine einstweilige Verfügung erwirken können. Dabei war es auch zu einer Verkürzung der von Sony gewährten Herstellergarantie bei den Online-Shop-Angeboten gekommen. (mehr …)
- OLG Hamm: Zu der Frage des Rechtsmissbrauchs einer Abmahnung und der Bagatellhaftigkeit des Rechtsverstoßesveröffentlicht am 3. Juni 2009
OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2009, Az. 4 U 197/08
§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 4 UWGDas OLG Hamm hat in diesem Urteil am Rande über zwei Rechtsfragen entschieden, die nach Ansicht des entscheidenden Senats eigentlich „offen bleiben“ konnten, wohl in der Absicht, seine grundsätzliche Rechtsauffassung zu diesem und gleich gelagerten Fällen kundzutun. So ist das Oberlandesgericht wohl der Ansicht, dass ein Rechtsmissbrauch gemäß § 8 Abs. 4 UWG wegen widersprüchlichen Verhaltens der Antragstellerin vorliegt, wenn der Antragsteller in Hinblick auf die Ankündigung des Antragsgegners – das wettbewerbswidrige Verhalten sofort einstellen zu wollen – zunächst von gerichtlichen Schritten Abstand nimmt, dann aber später – ohne dass sich entsprechenden Verstöße der Antragstellerin wiederholen – doch das Eilverfahren durchführt. (mehr …)