VG Lüneburg: Der Hinweis „ohne Kristallzucker“ auf Limonade ist irreführend, wenn anderer Zucker enthalten ist

veröffentlicht am 19. März 2013

VG Lüneburg, Urteil vom 28.02.2013, Az. 6 A 62/11

Das VG Lüneburg hat entschieden, dass der Hinweis „ohne Kristallzucker“ auf einem Getränk nicht verwendet werden darf, wenn anderer Zucker (z.B. Fruchtzucker, Traubenzucker) enthalten ist. Der Verbraucher gehe bei der Werbung „ohne Kristallzucker“ davon aus, dass gar kein Zucker enthalten sei und werde daher in die Irre geführt. Zum Text der Pressemitteilung:

„Ein Getränk darf nicht mit dem Hinweis „ohne Kristallzucker“ werben, wenn das Produkt mit „Traubensüße“, die Fruchtzucker und Traubenzucker enthält, gesüßt worden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg entschieden (Urteil vom 28.2.2013, Aktenz: 6 A 62/11).

Ein Hersteller von Erfrischungsgetränken wirbt auf dem Etikett mit dem Hinweis: „Ohne Kristallzuckerzusatz (sondern mit feiner, aus der Traube gewonnener Süße)“. Der zuständige Landkreis forderte, die Angabe „ohne Kristallzuckerzusatz“ vom Etikett zu entfernen, weil das Getränk mit Traubensüße gesüßt werde und der Hinweis auf dem Etikett deshalb unzulässig sei.

Der Getränkehersteller hat gegen die Forderung des Landkreises Klage erhoben, weil die Angabe „ohne Kristallzuckerzusatz“ eine bloße Beschaffenheitsangabe sei und auf dem Etikett weder behauptet werde, dass die Limonade zuckerarm oder zuckerfrei sei, noch behauptet werde, dass das Getränk überhaupt nicht gesüßt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht: Zunehmend werden Lebensmittel mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben gekennzeichnet, und es wird mit diesen Angaben für sie Werbung gemacht. Um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten, müssen die im Handel befindlichen Produkte sicher sein und eine angemessene Kennzeichnung aufweisen. Nach einer europäischen Verordnung vom Dezember 2006 darf mit der Bezeichnung „ohne Zuckerzusatz“ oder anderen Angaben, die für den Verbraucher dieselbe Bedeutung haben, nur dann geworben werden, wenn das Produkt keinen Zucker „oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel“ enthält. Bei einer Bezeichnung „ohne Kristallzuckerzusatz“ geht die Verbrauchervorstellung und die maßgebliche Verkehrserwartung der Allgemeinheit davon aus, dass dem Produkt kein Zucker zugesetzt worden ist. Enthält das Produkt jedoch „aus der Traube gewonnene Süße“, so ist dies ein süßendes Lebensmittel, sodass der Zusatz aufgrund des Europarechtes nicht verwendet werden darf. Denn die „Traubensüße“ besteht im Wesentlichen aus Wasser, Fruchtzucker und Traubenzucker und wird zur Süßung von Lebensmitteln wie Joghurt oder Limonade verwendet. Fallen damit die Werbeaussage über das Getränk und die legitime schützenswerte Vorstellung der Verbraucher über den Inhalt der Werbeaussage auseinander, handelt es sich um eine irreführende Bezeichnung der Aussage, die unzulässig ist. Auch nach dem deutschen Lebensmittelrecht ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben.

Gegen das Urteil kann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen, etwa wenn die Sache besondere Schwierigkeiten aufweist oder von grundsätzlicher Bedeutung ist.“

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