AG Bielefeld, Urteil vom 06.03.2014, Az. 42 C 368/13
§ 97 UrhG, § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG
Das AG Bielefeld hat entschieden, dass sog. Lizenz-Schadensersatzansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung durch Filesharing lediglich der 3-jährigen Regelverjährung unterliegen. Es gelte nicht – wie in anderen Fällen der Forderung von Lizenzgebühren – eine Verjährung von 10 Jahren, da es keine Möglichkeit gebe, in Filesharing-Angelegenheiten einen gültigen Lizenzvertrag mit den Rechteinhabern abzuschließen. Das AG Kassel vertritt ebenfalls diese Auffassung (hier). Zum Volltext der Entscheidung:
Amtsgericht Bielefeld
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Doppelalbums „MTV Unplugged In New York“ in einer Internettauschbörse geltend. Die Klägerin forderte den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 04.01.2010 zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf und bot gleichzeitig an, Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin durch Zahlung eines Vergleichsbetrages i.H.v. 1.200,00 € abzugelten. Wegen der näheren Einzelheiten des Abmahnschreibens vom 04.01.2010 wird auf die Anlage K3 Bezug genommen. Der Beklagte gab im Rahmen der Korrespondenz eine Unterlassungserklärung ab und lehnte zugleich eine Zahlung ab.
Die Klägerin behauptet, das Doppelalbum „MTV Unplugged In New York“ der Künstlergruppe „Sportfreunde Stiller“ sei am 23.06.2009 um 21:50:00 Uhr über den Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse 91.1.48.224 zugewiesen worden sei, über das Filesharing-System „BitTorrent“ zum Herunterladen angeboten worden sein. Aufgrund eines Beschlusses des Landgerichts Köln vom 14.07.2009 – 9 OH 1058/09 – habe die Deutsche Telekom AG mitgeteilt, dass der Internetzugang an die Fa. 1 & 1 vergeben worden sei, die wiederum den Beklagten als die Person benannte, dem die Benutzerkennung zugewiesen worden sei. Es bestehe ein Anscheinsbeweis bzw. eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung selbst begangen habe. Der Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie betrage mindestens 2.500,00 €. Es handele sich um 24 aktuelle und auf dem Markt besonders nachgefragte Musikaufnahmen. Darüber hinaus sei die Klägerin nicht darin interessiert, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizensieren. Daneben habe die Klägerin gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung i.H.v. 1.005,40 €. Der Gegenstandswert für die Abmahnung sei mit 30.000,00 € anzusetzen, da sich das Album zum Tatzeitpunkt auf Platz 3 der deutschen Albumcharts befunden habe und es sich insgesamt um ein sehr erfolgreiches Album, welches im Jahr 2009 Goldstatus und im Folgejahr 2010 Platinstatus erreicht habe. Der Klägerin stünden für das Album auch die ausschließlichen Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu. Insoweit habe die Klägerin die Urheberschaft durch Vorlage des CD-Covers nachgewiesen. Es werde bestritten, dass der Beklagte die Rechtsverletzung nicht begangen habe. Es werde ferner bestritten, dass die Ehefrau, die beiden Töchter und der Sohn der Ehefrau den Internetanschluss mitbenutzen konnten.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt. Ferner sei die Abmahnung bestimmt genug. Die zu weit gefasste vorgefertigte Unterlassungserklärung ändere hieran nichts. Die geltend gemachte Forderung sei nicht verjährt, da der Vergütungsanspruch erst mit Ausspruch der Abmahnung entstehe. Ferner verjähre der Schadensersatzanspruch nach § 852 BGB erst nach 10 Jahren.
Mit der bei Gericht am 03.09.2013 und dem Beklagten am 23.09.2013 zugestellten Klageschrift beantragt die Klägerin,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.505,40 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und führt hierzu aus, dass die Auskunftserteilung durch die Fa. 1 & 1 Internet AG spätestens im Dezember 2009 erfolgt sei und damit die 3-jährige Verjährungsfrist bei Eingang der Klage bereits abgelaufen sei.
Der Beklagte bestreitet, dass die IP-Adresse zutreffend ermittelt worden sei. Ferner liege keine ordnungsgemäße Auskunftserteilung durch die Deutsche Telekom und die Fa. 1 & 1 Internet AG vor. Die Klägerin sei auch nicht Inhaberin der geltend gemachten Rechte. Der Beklagte habe die Tat nicht begangen. Der Beklagte habe nie an einer Internettauschbörse teilgenommen. Am 23.06.2009 hätten im Haushalt des Beklagten die Ehefrau des Beklagten xxx sowie die am 29.11.1994 geborene Tochter xxx und die am 10.09.1991 geborene Tochter xxx gelebt. Ferner habe sich der am 16.12.1980 geborene Sohn der Ehefrau, xxx regelmäßig im Haushalt des Beklagten aufgehalten. Selbst sämtliche Personen hätten selbständig und regelmäßig das Internet genutzt. Der WLAN-Anschluss des Beklagten sei mit einer WPA/WPA2-Verschlüsselung mit 16-stelligem Schlüssel vor unerlaubtem Zugriff geschützt gewesen. Ferner sei immer wieder darüber gesprochen worden, nicht unerlaubt Daten aus dem Internet herunterzuladen. Der Beklagte gehe insoweit davon aus, dass sich seine Töchter an das Verbot gehalten hätten. Es habe jedenfalls keinen Anlass für verschärfte Kontrollmaßnahmen bestanden. Die Abmahnung sei zu weit gefasst, da sich die Abmahnung auf das gesamte Musikrepertoire der Klägerin erstrecke. Die Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung seien der Klägerin weder in Rechnung gestellt, noch von der Klägerin gezahlt worden. Angesichts der von den Kläger-Vertretern für die Klägerin jährlich verschickten Abmahnungen mit einem Gebührenvolumen von ca. 8,2 Millionen Euro sei davon auszugehen, dass eine Rahmenvereinbarung mit einer Freistellungsvereinbarung geschlossen worden sei. Der geltend gemachte Lizenzschaden werde bestritten. Es fehle an einem ausreichenden Vorbringen zur Ermittlung einer angemessenen Lizenzgebühr. Ferner habe die Klägerin nicht dargelegt, ob durch dieselbe Handlung nicht von anderen Tätern oder Teilnehmern des P2P-Netzwerkes bereits Lizenzgebühren erzielt worden seien. Der Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch sei überhöht. Im Übrigen falle der Sachverhalt unter den Anwendungsbereich des § 97 a Abs. 2 UrhG.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 3.505,40 € aus §§ 97, 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG und nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.
Der Beklagte haftet nicht als Täter für die von der Klägerin behauptete Urheberrechtsverletzung. Es fehlt bereits an einem konkreten Tatsachenvortrag der Klägerin dahingehend, dass der Beklagte tatsächlich die behauptete Urheberrechtsverletzung begangen hat. Insoweit trägt die Klägerin lediglich vor, es bestehe zunächst ein Anscheinsbeweis bzw. eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch Nutzer des Anschlusses ist und die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Damit verkennt die Klägerin das Wesen der tatsächlichen Vermutung. Eine tatsächliche Vermutung besagt lediglich, dass auch Tatsachen, für die der sog. Beweis des ersten Anscheins spricht, d. h. auf deren Vorliegen aus unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung zu schließen sind, vorliegen. Gleichwohl ist von der Klägerin die entsprechende Tatsachenbehauptung, auf deren Vorliegen aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung zu schließen ist, vorzutragen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 12.05.2010, I ZR 121/08, Sommer unseres Lebens) soll eine tatsächliche Vermutung dafür bestehen, dass dann, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGH NJW 2010, 2061). Die Annahme einer derartigen tatsächlichen Vermutung begegnet in Haushalten, in denen mehrere Personen selbständig und unabhängig Zugang zum Internet haben, bereits grundsätzlichen Bedenken. Die Aufstellung einer tatsächlichen Vermutung setzt voraus, dass es einen empirisch gesicherten Erfahrungssatz aufgrund allgemeiner Lebensumstände dahingehend gibt, dass ein Anschlussinhaber seinen Internetzugang in erster Linie nutzt und über Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Ein derartiger Erfahrungssatz existiert nicht. Die alltägliche Erfahrung in einer Gesellschaft, in der das Internet einen immer größeren Anteil einnimmt und nicht mehr wegzudenken ist, belegt vielmehr das Gegenteil. Wenn sich der Internetanschluss in einem Mehrpersonenhaushalt befindet, entspricht es vielmehr üblicher Lebenserfahrung, dass jeder Mitbewohner das Internet selbständig nutzen darf, ohne dass der Anschlussinhaber Art und Umfang der Nutzung bewusst kontrolliert (AG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2013, 57 C 3144/13). Der Anschlussinhaber genügt daher in diesen Fällen seiner sekundären Darlegungslast, wenn er seine Täterschaft bestreitet und darlegt, dass eine Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können, weil sich daraus bereits die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs als die seiner Alleintäterschaft ergibt (OLG Hamm, Beschluss v. 27.10.2011, I – 22 W 82/11; OLG Hamm, Beschluss v. 04.11.2013, I – 22 W 60/13; OLG Köln NJW-RR 2012, 1327; AG Hamburg, Urteil v. 30.10.2013, 31 C 20/13; AG München, Urteil v. 31.10.2013, 155 C 9298/13). Weitergehende Angaben werden in einem Mehrpersonenhaushalt vom Anschlussinhaber nicht im Rahmen der sekundären Darlegungslast verlangt werden können, da der Anschlussinhaber ohnehin nur zu Tatsachen vortragen kann, die er üblicherweise kraft Sachnähe vortragen kann. Eigene Ermittlungen dahingehend, wer möglicherweise als Täter des behaupteten Urheberrechtsverstoßes in Betracht kommt, hat der Anschlussinhaber aber nicht durchzuführen. Auch eine Überwachung der Familie bei der Internetnutzung kann vom Anschlussinhaber nicht verlangt werden, da dies mit dem grundrechtlichen Schutz der Familie nach Artikel 6 Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist. Bei einem 1-Personenhaushalt hingegen wird man regelmäßig detailliertere Erläuterungen erwarten können. Insoweit reicht es nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf (Urteil v. 21.03.2012, 12 O 579/10) unter Berücksichtigung der dem Beklagten obliegenden prozessualen Wahrheitspflicht aus, dass der Anschlussinhaber vorträgt, weder die streitgegenständliche Datei noch eine entsprechende Filesharingsoftware befinde sich auf seinem Rechner, da für diesen Fall eine täterschaftliche Handlung bei Wahrunterstellung ausgeschlossen ist. Sowohl bei Mehrpersonen- als auch bei einem 1-Personenhaushalt ist mit der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers keine Beweislastumkehr verbunden. Die sekundäre Darlegungslast umfasst nicht die Pflicht des Behauptenden, diesen Sachverhalt ggfs. auch zu beweisen. Ein der sekundären Darlegungslast genügender Vortrag hat vielmehr zur Folge, dass der grundsätzlich Beweisbelastete seine Behauptungen beweisen muss. Hierin ist keine unzumutbare Belastung des Anspruchstellers zu sehen. Es gehört vielmehr zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Zivilprozesses, dass der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenen Voraussetzungen trägt. Abweichungen sind nur im Einzelfall veranlasst und dürfen nicht dazu führen, dass der Beklagte sich regelmäßig zu entlasten hat (AG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2013, 57 C 3144/13). Eine anderslautende Rechtsprechung führt quasi zu einer Gefährdungshaftung, indem dem Anschlussinhaber eine den Grundlagen des Zivilprozesses widersprechende praktisch nicht erfüllbare sekundäre Darlegungslast auferlegt wird. Darüber hinaus gibt es in zahlreichen Bereichen des täglichen Lebens Sachverhaltskonstellationen, in denen der Anspruchsteller sicher weiß, dass sich der Anspruch gegen eine von mehreren Personen richtet, der Anspruchinhaber aber nicht nachweisen kann, gegen welche konkrete Person der Anspruch zu richten ist. Auch in diesen Fällen wird im Ergebnis eine erfolgversprechende Durchsetzung des Anspruches nicht möglich sein.
Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vollumfänglich nachgekommen. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass der Internetanschluss im Haushalt noch von seiner Ehefrau sowie seinen beiden Töchtern xxx und xxx sowie gelegentlich vom Sohn der Ehefrau genutzt wurde. Damit hat der Beklagte einen Sachverhalt vorgetragen, bei dem ernsthaft die Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen Person in Betracht kommt. Die Klägerin hat vorliegend nicht nachgewiesen, dass der Beklagte persönlich die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat. Den Beweisantritt der Klägerin aus dem im Termin am 06.03.2014 übergebenen Schriftsatz vom 28.02.2014 auf Vernehmung der Zeugen xxx, xxx, xxx und xxx war nicht nachzugehen. Es handelt sich um einen unzulässigen Beweisantritt, da die Klägerin nicht beweisen muss, dass die vorgenannten 4 Zeugen die Rechtsverletzung nicht begangen haben, sondern die Klägerin die Beweislast dafür trägt, dass der Beklagte die behauptete Rechtsverletzung begangen hat. Ein derartiger Beweis lässt sich mit dem von der Klägerin gestellten Beweisantrag nicht erbringen, da insoweit die lebensnahe Möglichkeit besteht, dass der wahre Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der zu erwartenden Konsequenzen nicht zugeben wird. Insoweit führt das OLG Hamm im Beschluss v. 27.10.2011 wörtlich aus: „Auch wenn der Anschlussinhaber nämlich als Ergebnis mitteilen würde, dass alle befragten Personen eine Tatbegehung in Abrede gestellt hätten, würde dadurch das Bestreiten seiner eigenen Tatbegehung nicht unplausibel, weil die lebensnahe Möglichkeit bestünde, dass der wahre Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der zu erwartenden Konsequenzen nicht zugegeben hat.“ Dieser äußerst lebensnahen Betrachtung ist nichts hinzuzufügen. Dem Beweisantritt der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 28.02.2014 war des Weiteren nicht nachzugehen, da der Beweisantrag als verspätet nach § 296 ZPO zurückzuweisen war. Die Klägerin ist durch Rechtsanwälte, die seit Jahren auf dem Gebiet des Filesharings tätig sind, vertreten. Von der anwaltlich vertretenen Klägerin kann daher erwartet werden, dass ihr die beiden vorstehend genannten Entscheidungen des OLG Hamm vom 27.10.2011 und 04.11.2013 in Filesharingsachen bekannt sind. Eine auf Prozessförderung bedachte Partei hätte daher spätestens in Erwiderung des Schriftsatzes der Beklagten vom 02.12.2013, in welchem der Beklagte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Nutzung des Internetanschlusses durch im Haushalt lebende weitere Personen detailliert beschrieben hat, einen entsprechenden Beweisantrag beim Amtsgericht in Bielefeld gestellt, da insoweit das OLG Hamm Rechtsmittelgericht für Bielefeld ist. Gleichwohl hat die Klägerin trotz des Vorbringens der Beklagten erst im Termin vom 06.03.2014 den Beweisantrag überreicht, so dass der Beweisantritt verspätet war.
Daneben ist die streitgegenständliche Forderung auf Zahlung von 2.500,00 € Lizenzgebühr und 1.005,40 € anwaltlicher Abmahnkosten verjährt. Der Beklagte hat ausdrücklich die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klägerin hat spätestens nach Auskunftserteilung durch die Fa. 1 & 1 Internet AG im Dezember 2009 von der Rechtsverletzung und der hierfür verantwortlichen Person, nämlich dem Beklagten, Kenntnis erlangt. Die 3-jährige Verjährungsfrist ist daher mit Ablauf des Jahres 2012 abgelaufen, so dass durch die am 03.09.2013 bei Gericht eingegangene Klageschrift die Verjährung nicht mehr unterbrochen werden konnte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin beginnt die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung nicht mit dem Ausspruch der Abmahnung, sondern vielmehr zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung. § 199 Abs. 5 BGB regelt insoweit, dass dann, wenn es sich um einen Unterlassungsanspruch handelt, der Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für den Verjährungsbeginn maßgeblich ist. Der Zeitpunkt der Zuwiderhandlung war vorliegend das behauptete Anbieten zum Download im Internet über eine P2P-Tauschbörse am 23.06.2009. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Verjährungsbeginn des Kostenerstattungsanspruches nicht dadurch verlängert werden, dass mit dem Ausspruch einer Abmahnung zugewartet wird. Insoweit unterliegen vielmehr Unterlassungsanspruch und der darauf beruhende Kostenerstattungsanspruch den gleichen verjährungsrechtlichen Bestimmungen.
Auch der Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr i.H.v. 2.500,00 € ist mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt, da entgegen der Auffassung der Klägerin auch dieser Anspruch einer 3-jährigen Verjährungsfrist unterliegt. Auf den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Lizenzgebühren sind die Bestimmungen der §§ 102 S. 2 UrhG, 852 BGB nicht anzuwenden. Zur Frage, wann Ansprüche auf Ersatz des Lizenzschadens in Filesharingangelegenheiten verjähren, existiert bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage der Verjährung von Lizenzansprüchen im Rahmen der Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (BGH, Urteil v. 27.10.2011, I ZR 175/10) auseinandergesetzt und insoweit ausgeführt, dass Ansprüche einer Verwertungsgesellschaft auf Ersatz einer angemessenen Lizenzgebühr in 10 Jahre verjähren. Der vom Bundesgerichtshof zu entscheidende Sachverhalt „Bochumer Weihnachtsmarkt“ behandelt jedoch eine grundlegend andere Fallkonstellation, sodass die in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze auf Filesharingfälle nicht zu übertragen sind. Die Verwertungsgesellschaft GEMA ermöglicht es nämlich gerade einem Nutzer, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen. Demgegenüber besteht in Filesharingangelegenheiten keine Möglichkeit, einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Die Klägerin trägt hierzu vor, dass sie nicht daran interessiert sei, eine Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharing-Systems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizensieren. Vorliegend hätte der Beklagte daher selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung im Rahmen eines Filesharing-Systems schliessen können. Der Beklagte hat mithin gerade keine Lizenzgebühr für einen möglichen Lizenzvertrag erspart. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es Benutzern von Filesharing-Systemen in erster Linie darauf ankommt, die fragliche Datei zum eigenen Gebrauch für sich herunterzuladen und zu nutzen. Dass damit notwendigerweise auch verbunden ist, dass während des eigenen Uploadvorganges gleichzeitig Dritten ein Download der übertragenen Datenfragmente vom eigenen Computer ermöglicht wird, ist eine notwendige Folge, die die Nutzer der Filesharingbörsen in Kauf nehmen. Insoweit liegt jedoch gerade kein bewusster Eingriff in den Zuweisungsgehalt der von der Klägerin wahrgenommenen Rechte vor. Darüber hinaus fehlt es an jeglicher Bereicherung des Beklagten in Höhe der geltend gemachten Lizenzgebühr i.H.v. 2.500,00 €, da es gerade das Wesen von Filesharing-Systemen ist, diese Leistungen kostenfrei an Dritte weiter zu verteilen. Dem Wesensmerkmal nach handelt es sich bei Urheberrechtsverstößen im Rahmen einer P2P-Tauschbörse um unerlaubte Handlungen, für die gerade nicht die Grundsätze eines bereicherungsrechtlichen Schadensersatzanspruches anwendbar sind. Der von der Klägerin zitierte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vermag das Amtsgericht Bielefeld nicht zu folgen, da das Landgericht Düsseldorf die Besonderheiten des Filesharings in seiner Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Insgesamt steht daher der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch i.H.v. 3.505,40 € gegenüber dem Beklagten nicht zu. Mangels Hauptforderung steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2013 zu.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 3.505,40 € festgesetzt.