AG Charlottenburg: Dem massenhaft abmahnenden Anwalt gebührt die denkbar niedrigste Geschäftsgebühr

veröffentlicht am 24. Juni 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Charlottenburg, Urteil vom 25.02.2009, Az. 212 C 209/08
§§ 19a, 31, 97 Abs. 1 S. 1 UrhG

Das AG Charlottenburg hat entschieden, dass ein massenhaft (Verstöße gegen Urheberrechte an Kartenmaterial) abmahnender Rechtsanwalt auf Grund seiner stereotypen Tätigkeit lediglich Anspruch auf eine 0,3-fache Geschäftsgebühr hat.

Die (abmahnende) Klägerin habe gegen die Beklagte zwar einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG, 31 BGB, denn die Beklagten habe die Urheberrechte der Klägerin gemäß § 19 a UrhG verletzt, indem sie Kartenmaterial der Klägerin im Internet öffentlich zugängig gemacht habe, so dass sie verpflichtet sei, ihr Schadensersatz nach der so genannten Lizenzanalogie zu leisten.

Die Klägerin habezudem gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen Abmahnkosten durch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes, allerdings nur in Höhe eines Betrages von 143,60 EUR. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend 370,80 EUR Aufwendungsersatz für das Abmahnschreiben fordere, sei die Klage abzuweisen.

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB habe derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Ersatzpflicht des Geschädigten erstrecke sich grundsätzlich auch auf die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung, insbesondere auch auf die Anwaltskosten, weil die Beauftragung eines Rechtsanwaltes grundsätzlich dem adäquaten Kausalverlauf entspreche. Die Ersatzpflicht bestehe allerdings nur insoweit, als die Inanspruchnahme des Rechtsanwaltes erforderlich, also notwendig und angemessen sei. Nichts anderes gelte, stütze man die Erstattung, von Abmahnkosten auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (BGH LM Nr. 42 zu § 683 BGB). Denn auch der Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB gewähre nur einen Erstattungsanspruch für die erforderlichen Aufwendungen.

Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert sei nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert orientiere sich an dem wirtschaftlichen Interesse, das die Klägerin an der Unterbindung weiterer gleichartiger Rechtsverletzungen durch die Beklagte habe. Ein Gegenstandswert von 7.500,00 EUR für den in der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruch entspreche der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Berlin.

Die Klägerin könne jedoch nur eine 3/10-Geschäftsgebühr gemäß Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Nr. 2400, 2402 W RVG in Höhe von 123,60 EUR sowie eine Post- und Telekommunikationspauschale nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Nr. 7002 W RVG in Höhe von 20,00 EUR, mithin insgesamt 143,60 EUR Abmahnkosten beanspruchen. Es sei gerichtsbekannt, dass die Klägerin Abmahnungen dieser Art in großer Zahl ausspreche. Bei dem eingereichten „Abmahnschreiben“ der Klägerin handele es sich um ein routinemäßig erstelltes Schreiben einfacher Art, d. h. ohne schwierige rechtliche Ausführungen und ohne größere sachliche Auseinandersetzungen. Das Schreiben der Klägerin vom 08.07.2008 enthalte keine konkreten auf diesen Fall bezogenen Rechtsausführungen und entspreche inhaltlich den Mahnschreiben der in zahlreichen anderen beim Amtsgericht Charlottenburg geführten Rechtsstreitigkeiten der Klägerin. Dabei liege immer der gleiche, rechtlich einfach gelagerte Sachverhalt – die Abmahnung eines unberechtigten Herunterladens und Veröffentlichen von Kartenmaterial – vor. Ein derartiges Schreiben löse aber lediglich eine 3/10-Geschäftsgebühr aus.

Die Berufung- gegen diese Entscheidung wurde für die Klägerin nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatbe und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordere (§ 511 Abs. 4 ZPO).

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