BPatG: „Morgenzauber“ ist als Marke für Lebensmittel eintragungsfähig

veröffentlicht am 18. Juni 2010
BPatG, Beschluss vom 12.05.2010, Az. 25 W (pat) 506/10
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG

Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass die Marke „Morgenzauber“ für Lebensmittel eingetragen werden kann. Die Anmeldung war durch die Markenstelle zunächst zurückgewiesen worden, da es sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die angemeldeten Produkte um eine freihaltebedürftige und damit von der Eintragung ausgeschlossene Sachangabe handele. Die aus den Begriffen „Morgen“ und „Zauber“ gebildete Wortkombination erschöpfe sich in Bezug auf die beanspruchten Lebensmittel in der beschreibenden Aussage, dass diese als Bestandteil eines Frühstücks aufgrund ihrer Qualität zu einem zauberhaften Morgen verhelfen könnten. Der Verkehr werde daher in der angemeldeten Bezeichnung nur eine rein werbemäßige Anpreisung sehen, der es zudem an der erforderlichen Unterscheidungskraft mangele. Das BPatG war jedoch der Auffassung, dass die Wortkombination „Morgenzauber“ sich nicht in der Aneinanderreihung schutzunfähiger Bestandteile zu einer werbeüblichen Anpreisung erschöpfe, sondern gerade durch die Kombination der aufeinander bezogenen Bestandteile „Morgen“ und „Zauber“ sowie die Interpretationsbedürftigkeit der Gesamtaussage durch weitere Überlegungen und gedankliche Zwischenschritte in Bezug auf die Waren einen noch hinreichend phantasievollen Gesamteindruck vermittle. Eine Identifizierungsfunktion und damit eine Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis könne dem Begriff demzufolge nicht abgesprochen werden.

Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 019.7

hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Mai 2010 unter Mitwirkung … beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2009 wird aufgehoben.

Gründe

I.
Die Bezeichnung

„Morgenzauber“

ist am 16. Januar 2009 für die Waren

„Feinkostsalate enthaltend Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Weich-und/oder Schalentiere (nicht lebend), insbesondere auch gekühlt, einschließlich Mischungen der genannten Waren untereinander und/oder mit frischem, konserviertem, getrocknetem oder gekochtem Gemüse, Pilzen, Nüssen; Pickles; Gemüsezubereitungen; Gemüsekonserven, insbesondere Sauerkonserven und Sauergurken; tischfertige Zubereitungen und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Gemüse, Pilzen und Nüssen; Gemüse- und Kartoffelsalate; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse; Letscho; Tomatenpaprika; Tomatenmark; Fleisch-, Fisch-, Gemüsekonserven; in Essig und/oder Öl eingelegtes Gemüse; Meerrettich (konserviert) und Zubereitungen hieraus, soweit in Klasse 29 enthalten; Fruchtzubereitungen insbesondere für die Verwendung in der Milchindustrie und der Speiseeisherstellung; Marmeladen und Konfitüren als Brotaufstrich, Fruchtaufstrich, Fruchtzubereitungen als geschmacksgebender oder dekorativer Zusatz zu Speiseeis, Desserts, Sahne, Milchgetränken und Cocktails mit Ausnahme von Teegetränken; Gewürze; Würzmittel; Senf; Senferzeugnisse, inklusive senfhaltige Brotaufstriche und Senfsaucen; Mayonnaisen, damit hergestellte Zubereitungen; Essig; Essigzubereitungen; Essiggetränke, im Wesentlichen bestehend aus Essig; Remouladen; Meerrettichgewürz; Worcestersaucen; Getreide- und Nudelsalate; Ketchup und daraus hergestellte Zubereitungen; Salatdressings; Salatsaucen; Salatcreme; Saucen (Würzmittel), insbesondere Feinkostsaucen; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken mit Ausnahme von Teegetränken“

zur Eintragung in das Markenregister angmeldet worden.

Dabei hat die Anmelderin unter Bezug auf die österreichische Marke 249 052, für die auch die Prorität der Anmeldung vom 29. September 2008 in Anspruch genommen wird, hilfsweise „Telle-quelle-Schutz“ in Anspruch genommen.

Die Anmeldung ist durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 17. November 2009 zurückgewiesen worden, da es sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die angemeldeten Produkte um eine freihaltebedürftige und damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossene Sachangabe handele. Die aus den Begriffen „Morgen“ und „Zauber“ gebildete Wortkombination erschöpfe sich in Bezug auf die beanspruchten Lebensmittel in der beschreibenden Aussage, dass diese Bestandteil eines Frühstücks aufgrund ihrer Qualität zu einem zauberhaften Morgen verhelfen könnten. Der Verkehr werde daher in der angemeldeten Bezeichnung nur eine rein werbemäßige Anpreisung sehen, der es zudem auch an der erforderlichen Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangele. Soweit die Anmelderin sich auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Eintragungen berufe, könnten diese bereits aus Rechtsgründen keinen Anspruch auf Eintragung begründen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle Klasse 30 vom 17. November 2009 die angemeldete Bezeichnung für alle beanspruchten Waren einzutragen, hilfsweise nach Art. 6quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ.

Weder die einzelnen Begriffe „Morgen“ und „Zauber“ noch die aus diesen Begriffen gebildete Wortneuschöpfung „Morgenzauber“ seien geeignet, Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren zu beschreiben. Ein Verständnis i. S. von „zauberhaftem Morgen“, wie es die Markenstelle angenommen habe, komme für den Verkehr allenfalls nach entsprechenden Überlegungen und gedanklichen Zwischenschriften in Betracht, da „Zauber“ nicht ohne weiteres mit „zauberhaft“ gleichgesetzt werden könne. Aber auch in dieser Bedeutung vermittele die angemeldete Bezeichnung allenfalls vage Assoziationen im Hinblick auf den Morgen als den Beginn des Tages sowie an Magie, enthalte jedoch keinen konkreten beschreibenden Aussagegehalt in Bezug auf die beanspruchten Waren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache bereits im Hautpantrag Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung „Morgenzauber“ in Bezug auf die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

Dies ist entgegen der Auffassung der Anmelderin zwar nicht bereits deshalb der Fall, weil die beiden Begriffe „Morgen“ und „Zauber“, aus denen die angemeldete Wortkombination zusammengesetzt ist, für sich genommen mehrere Bedeutungen aufweisen. Denn unabhängig davon, dass in rechtlicher Hinsicht eine Mehrdeutigkeit nicht schutzbegründend wirkt, wenn jedenfalls eine der möglichen Bedeutungen beschreibender Natur ist (EuGH, GRUR 2004, 146 [Tz. 33] – DOUBLEMINT, GRUR 2004, 222 – BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397 [Tz. 15] – SPA II), wird der Verkehr in Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren „Morgen“ naheliegend als Bezeichnung der Tageszeit und „Zauber“ im übertragenen Sinne von „auf gleichsam magische Weise anziehende Ausstrahlung, Wirkung; Faszination, Reiz“ verstehen (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 1961). Im Werbesprachgebrauch wird das Wort „Zauber“ vielfach und für die unterschiedlichsten Erzeugnisse verwendet, um diese als solche oder hinsichtlich bestimmter Merkmale bzw. Eigenschaften anpreisend als einen Zauber, d. h. etwas Bezauberndes, etwas mit großem, nur schwer erklärbarem Reiz oder Ausstrahlung zu bezeichnen. Ebenso kann der Begriff „Morgen“ in Zusammenhang mit Produkten aus dem hier maßgeblichen Lebensmittelbereich insbesondere in geeigneten Wortkombinationen in beschreibender Weise zum Ausdruck bringen, dass diese z. B. als Bestandteil/Zutat eines Frühstücks für einen Verzehr am Morgen geeignet und/oder bestimmt sein können.

Auch wenn damit die Wortbestandteile der angemeldeten Marke „Morgen“ und „Zauber“ jeweils für sich betrachtet und insbesondere in geeigneten Wortkombinationen nicht unbedingt als Hinweis auf die Herkunft der von der Zurückweisung umfassten Waren aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden, ergibt sich daraus aber nicht zwangsläufig eine Schutzunfähigkeit der angemeldeten Gesamtbezeichnung „Morgenzauber“. Der Umstand, dass jeder Bestandteil einer aus mehreren Begriffen zusammengesetzen Bezeichnung für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig ist, schließt nämlich nicht aus, dass deren Kombination unterscheidungskräftig sein kann. Dabei ist eine unterscheidungskräftige Marke dann anzunehmen, wenn ein merklicher Unterschied zwischen dem Gesamtgebilde und der bloßen Summe der Bestandteile besteht, was bei Wortkombinationen sprachliche oder begriffliche Besonderheiten voraussetzt, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich und über die bloße Summenwirkung der Einzelworte hinausgehend erscheinen lässt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 [Tz. 98 – 100] – Postkantoor; GRUR 2004, 680, [Tz. 39 – 41] – BIOMILD; GRUR 2006, 229, 231 [Tz. 34 – 37] – BioID). Ein derartiger Fall ist nach Überzeugung des Senats vorliegend gegeben.

Durch die Verknüpfung der beiden Begriffe „Morgen“ und „Zauber“ entsteht eine aufeinander bezogene gesamtbegriffliche Einheit, welche in ihrer Gesamtheit entgegen der Auffassung der Anmelderin von den vorliegend relevanten allgemeinen Verbraucherkreisen zwar ohne weiteres entweder in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung „zauberhafter Morgen“ oder auch – weitgehend gleichbedeutend – i. S. von „morgendlicher Zauber (Ausstrahlung/ Reiz)“ bzw. „Ausstrahlung/Reiz des Morgens“ verstanden wird.

Mit diesem Bedeutungs- und Sinngehalt bezeichnet die Wortkombination „Morgenzauber“ jedoch weder unmittelbar Merkmale der einschlägigen Waren noch lässt sie bestimmte Eigenschaften der so bezeichneten Waren hinreichend konkret erkennen. Die Wortfolge kann zwar werbemäßig anpreisend in dem Sinne gedeutet werden, dass die jeweiligen Waren zu einem „zauberhaften Morgen“ verhelfen sollen bzw. einen „morgendlichen Zauber“ i. S. einer angenehmen, entspannten Atmosphäre verbreiten. Insoweit bedarf es jedoch weiterer Überlegungen und gedanklicher Zwischenschritte, in welcher Art und Weise die betreffenden Waren dazu beitragen können, ob z. B. als Bestandteil/Zutat eines Frühstücks oder auch aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit und/oder Qualität. Solche analysierenden und interpretatorischen Überlegungen erscheinen vorliegend schon deshalb in größerem Umfang erforderlich, als eine Vielzahl der beanspruchten Waren ihrer Art und Beschaffenheit nicht speziell für ein Frühstück bestimmt sind bzw. sich dafür anbieten. Anders als Begriffskombinationen wie z. B. die vergleichbar gebildete Wortkombination „Frühstücks-Zauber“ für zur Zubereitung eines Frühstücks geeignete und/oder bestimmte Waren oder auch „Weihnachts-Zauber“ für bestimmte „weihnachtstypische“ Produkte (vgl. dazu BPatG 25 W (pat) 72/09 v. 29. Oktober 2009, veröffentlicht in PAVIS PROMA) vermittelt „Morgenzauber“ einen sachbezogenen Aussagegehalt im hier maßgeblichen Warenbereich jedenfalls nicht ohne weitere gedankliche Ergänzungen, interpretatorische Zwischenschritte oder eine gewisse analysierende Betrachtung, die aber bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht zum Maßstab gemacht werden kann. Die Wortkombination „Morgenzauber“ erschöpft sich somit nicht in der Aneinanderreihung schutzunfähiger Bestandteile zu einer das subjektive Empfinden des jeweiligen Verbrauchers ansprechenden werbeüblichen Anpreisung, sondern vermittelt gerade durch die Kombination der aufeinander bezogenen Bestandteile „Morgen“ und „Zauber“ sowie die Interpretationsbedürftigkeit der Gesamtaussage in Bezug auf die Waren einen noch hinreichend phantasievollen Gesamteindruck.

Die Wortkombination „Morgenzauber“ eignet sich daher weder als Angabe zur Beschaffenheit bzw. zum Bestimmungs- und Verwendungszweck der betreffenden Waren im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch weist sie insoweit einen derart hinreichend engen beschreibenden Bezug auf, wie ihn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung als Voraussetzung für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fordert.

Der angemeldeten Wortkombination kann daher im Gesamteindruck eine – durch die Werbewirkung nicht ausgeschlossene – Identifizierungsfunktion und damit eine Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden, mag ihr Schutzumfang aufgrund ihrer beschreibenden Anklänge in verschiedene Richtungen auch deutlich reduziert sein.

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

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