EuGH, Schlussanträge vom 28.01.2010, Az. C-511/08
Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG
Beim EuGH ist demnächst über ein Vorabentscheidungsersuchen des BGH zu befinden. Dabei geht es um die Frage, ob der Verbraucher im Falle des Widerrufs mit den Kosten der Zusendung der Ware belastet werden darf (Link: BGH). Während die Frage der Rücksendekosten geregelt ist (diese trägt der Verkäufer, es sei denn, es wurde bei einem Warenwert unter 40,00 EUR eine Vereinbarung mit dem Verbraucher getroffen), fehlte es an einer klaren Regelung für die Hinsendekosten, was in der Vergangenheit zu widerstreitenden Entscheidungen geführt hat. Der BGH hat in seinem Vorlagebeschluss noch zu erkennen gegeben, dass eine Verpflichtung des Verkäufers, auch die Kosten der Hinsendung zu erstatten, nach der Gesetzeslage nicht zu erkennen sei. Der Generalanwalt sieht dies in seinem Schlussantrag jedoch anders: Die entscheidenden Vorschriften der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz seien dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der bei einem Fernabsatzvertrag der Verbraucher die Kosten für die Zusendung der Ware zu tragen habe, wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht habe.
Art. 6 EU-RL 97/7 räume dem Verbraucher ein weitgehendes und unbedingtes Widerrufsrecht ein; die Ausübung des Widerrufsrechts dürfe grundsätzlich keine negativen Folgen für den Verbraucher haben. Es gelte der Grundsatz der vollständigen und kostenlosen Erstattung. Die gemäß Wortlaut „einzigen“ Kosten, die dem Verbraucher auferlegt werden könnten, seien die unmittelbaren Kosten der Rücksendung; demgemäß sei die Formulierung „einzige Kosten“ eng auszulegen. Das Ziel der Richtlinie bestehe darin, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Dies könne jedoch durch Auferlegung von Kosten als negative finanzielle Folge geschehen. Schließlich sei die Auferlegung der Hinsendekosten für den Verkäufer auch nach dem Gedanken einer fairen Kostenverteilung geboten. Zum einen wähle der Verkäufer die Versendungsart und deren Kosten. Bei einer unnötig teuren Versendung solle der Verbraucher nicht mit der Wahl des Verkäufers belastet werden. Außerdem spare der Fernabsatzverkäufer Kosten, da er kein Ladengeschäft einrichten müsse. Durch diese Einsparung werde die finanzielle Belastung durch Auferlegung der Lieferkosten wettgemacht. Danach müssten §§ 312 d Abs. 1, 357 Abs. 1 Satz 1 und 346 Abs. 1 BGB richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass vom Käufer gezahlte Zusendekosten nach dem Widerruf eines Fernabsatzgeschäftes neben dem Kaufpreis zurückzugewähren seien.