Groben Zorn hat sich der Outdoor-Riese Jack Wolfskin zugezogen, als er (ahnungslose?) Hausfrauen und Heimbastler mit kostenträchtigen Abmahnungen überzog, nachdem diese auf dem Handarbeits-Portal Dawanda allerlei selbst gefertigte Werke mit einem Pfotenlogo angeboten hatten. Wie der Spiegel berichtete, verschickte die Kanzlei Harmsen Utescher in diesem Monat Abmahnungen mit einem Gegenstandswert von 20.000,00 EUR – 25.000,00 EUR, was in Gebühren von bis zu 1.085,04 EUR gipfelte. Bei Verstoß gegen die unterzeichnete Erklärung sollen 10.000 Euro Vertragsstrafe drohen. Eine Botschaft, die man laut Spiegel durchaus als Drohung verstehen könne, habe Jack Wolfksin noch gehabt: Eine Abmahnung verhindere “zusätzliche häufig weit höhere Kosten im Falle einer Einschaltung der Gerichte“. Firmensprecherin Lena Fischer habe erklärt: “Die typische Jack Wolfskin Tatze ist als Marke geschützt. Daher dürfen Dritte keine ähnlichen oder identischen Zeichen für ähnliche und identische Waren, wie sie Jack Wolfskin anbietet, im geschäftlichen Verkehr benutzen.” Das Unternehmen habe als Markeninhaberin “das Bestreben und die Pflicht, die Marke gegen ähnliche Drittzeichen zu verteidigen, da die Marke sonst geschwächt wird“. (JavaScript-Link: Spiegel). Was wir davon halten? Nun ja, hier ist die teilweise bittere Wahrheit:
Wenn wir einmal davon ausgehen, dass die Jack-Wolfskin-Pfote tatsächlich identisch übernommen wurde, um die jeweiligen Handarbeiten zu verschönenen, und nicht besondere Umstände dafür sprechen, dass eine markenmäßige Nutzung des Logos (also die Nutzung des Logos als Marke) ausscheidet, gilt Folgendes: Die angegebene Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR wäre hier zwar überzogen. In Markenangelegenheiten, insbesondere solchen dieser Dimension, ist ein Streitwert von 25.000,00 EUR aber, soweit es die Rechtsprechung angeht, eher ungewöhnlich niedrig angesetzt. Und in dem Hinweis zur Kostenlast im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung steckt keine Drohung, sondern ein wohlgemeinter Rat. Das Kostenrisiko einer erstinstanzlichen Auseinandersetzung mit mündlicher Verhandlung und Urteilsspruch würde angesichts eines Streitwerts von 25.000 EUR bei über 6.000,00 EUR liegen (vgl. auch Link: Kostenrisiko).
Handelt es sich bei den beanstandeten „Pfoten-Logos“ dagegen um nur ähnliche Abbildungen, so ist zweifellos zu prüfen, inwieweit tatsächlich eine Verwechselungsgefahr besteht. Diesbezüglich sollte die Hilfe eines Fachanwalts für Gewerblichen Rechtsschutzes eingeholt werden (Link: Kontakt), schon weil die Unterlassungserklärung in der Regel nicht wie gefordert abgegeben werden sollte. Auch ist stets zu prüfen, ob es dem Unterlassungsschuldner (der „Hausfrau“) möglich ist, die Unterlassungserklärung technisch zu erfüllen, was z.B. nicht möglich ist, wenn streitbefangene Angebote nicht ohne weiteres gelöscht werden können. Die Kosten des „verteidigenden“ Rechtsanwalts sind übrigens gut investiert: Entweder wendet er noch höheren finanziellen Schaden (Stichwort: Vertragsstrafe von 10.000,00 EUR) von Ihnen ab oder aber reduziert den entstandenen.
Ganz allgemein: Die bittere Pille, die Jack Wolfskin zu lutschen hat, wenn ein Gericht dem Unternehmen erklärt, die Marke habe auf Grund landläufiger Verwendung so weit an Unterscheidungskraft verloren und sei so verwässert, dass aus ihr keine Ansprüche mehr hergeleitet werden könnten, wird man nicht in trauter Gemeinschaft aller handarbeitenden Hobbynäher lutschen, sondern Jack Wolfskin überlassen. Das Vorgehen ist insoweit konsequent. Ebenso konsequent ist es allerdings, sich gegen unberechtigte Abmahnungen zu wehren, etwa weil die beanstandete „Pfote“ mit der Jack-Wolfskin-Pfote nichts gemeinsam hat oder ein ausreichender Abstand zu dieser gewahrt ist.
Ob man die Bastler vorher seitens der Wolfshäute hätte firmenseitig aufklären sollen, ist sicherlich eine aus Imageaspekten diskussionswürdige Frage, insbesondere wenn man die Wellen sieht, die die Abmahnungen geschlagen haben. Gegenüber W&V äußerte sich Mark Pohlmann, Geschäftsführer der Hamburger Agentur Mavens, mit ähnlichen Worten: „Ein PR-Desaster. … Ob das Vorgehen von Jack Wolfskin den Anspruch der Verhältnismäßigkeit erfüllt, ist fraglich.“ Er erklärte weiterhin: „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es kann nicht sein, dass Markeninhaber auf die Durchsetzung ihrer Rechte verzichten, weil ihnen im Social Web ein Aufstand droht.„(JavaScript-Link: W&V).
Update: Zwischenzeitlich hat die Firma Jack Wolfskin die ausgesprochenen Abmahnungen zurückgezogen (JavaScript-Link: JW) und sich im Ergebnis unserer Anregung angeschlossen, problematische Situationen dieser Art im ersten Schritt ohne Rechtsanwalt zu verfolgen: Zitat „Hier werden wir in Zukunft zunächst auf anwaltliche Schritte verzichten und selbst Kontakt aufnehmen. Kommt es zu einer Einigung, sollen Kosten möglichst ganz vermieden werden. Anwaltliche Hilfe soll in Zukunft erst ein letzter Schritt sein.„