LG Berlin: Im Wettbewerbsrecht gibt es Schadensersatz nur bei Nachweis eines „kausalen Schadens“

veröffentlicht am 21. Dezember 2009

LG Berlin, Urteil vom 11.12.2009, Az. 96 O 113/09
§§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; 7 Abs. 2 Nr. 3; 9 Abs. 1 UWG


Das LG Berlin hatte darüber zu entscheiden, ob  per E-Mail-Werbung begangene Wettbewerbsverstöße gleichzeitig einen Anspruch begründeten, den Wettbewerber auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Die in ihrem Wettbewerb empfindlich gestörte Klägerin begehrte jedenfalls im Wege der Stufenklage Auskunft, Versicherung von deren Richtigkeit an Eides statt und Zahlung eines noch zu beziffernden Schadensersatzes, der ihr ihrer Ansicht nach durch nicht den Anforderungen des § 7 UWG entsprechenden Versendung der E-Mail vom 06.12.2008 und der irreführenden „Sterne“-Werbung auf der Internetseite des Beklagten entstanden war.

Die erhobene Stufenklage sei abzuweisen, da sich bereits bei Prüfung des Auskunftsanspruchs ergeben habe, dass für den bislang nur unbeziffert geltend gemachten Schadensersatzanspruch eine materiell-rechtliche Grundlage nicht bestehe (vgl. BGH NJW 2002, 1042, 1044; Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., 2009, § 254, Rn. 9). Es fehle für den auf der Grundlage von § 9 UWG geltend gemachten Schadensersatzanspruch sowohl hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes gegen § 7 UWG als auch hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes gegen § 5 UWG jeweils an der Kausalität des Wettbewerbsverstoßes für einen Schaden der Klägerin. Die Klägerin könne daher Schadensersatz nicht verlangen.

Die Schadensersatzpflicht gemäß § 9 UWG setze voraus, dass durch die zum Schadensersatz verpflichtende Wettbewerbshandlung ein Schaden verursacht worden sei. Grundsätzlich sei als ursächlich jedes Ereignis anzusehen, das nicht hinweggedacht werden könne, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Weiter müsse zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen. Dies bedeute, dass nur solche Tatsachen als Schadensursachen zu berücksichtigen seien, die adäquat seien, also im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Acht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des konkreten Erfolges geeignet seien (vgl. Palandt-Heinrichs, vor § 249, Rn. 58f; Hefermehl/Köh/er/Bornkamm, § 9, Rn. 1.14; Koch in: Ullmann jurisPK-UWG, § 9, Rn. 31).

Es sei nicht ersichtlich, dass die Darstellung von diversen Vorteilen des Angebots des Beklagten enthaltenen Werbeaussage für einen Schaden der Klägerin ursächlich gewesen sei. Der Beklagte habe nicht mit konkreten für die Nachfrageentscheidung der angesprochenen Verkehrskreise relevanten Vorzügen der von ihm angebotenen Hotels geworben, sondern ausgehend vom Vorbringen der Klägerin darauf hingewiesen, dass diese Hotels in die Kategorien „Standard“ bis „First Class“ fielen und habe damit letztlich nur ausgeschlossen, dass sie nur einfachen Ansprüchen genügten. Das Qualitätsargument sei, so der unbestrittene Parteivortrag, allerdings nur ein dem Preisargument untergeordnetes Entscheidungskriterium.

Es sei daher nicht ersichtlich, dass sich der Hinweis des Beklagten auf eingehaltene deutsche Maßstäbe einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Klägerin verschafft haben können und dass Teile der angesprochenen Verkehrskreise gerade wegen dieses Hinweises sich für den Beklagten und gegen die Klägerin hätten entscheiden können. Um dies beurteilen zu können, hätte es auf das ausdrückliche, bereits im Schriftsatz vom 01.07.2009 erfolgte Bestreiten des Beklagten der näheren Darlegung durch die Klägerin bedurft, inwieweit ihr möglicherweise ein Schaden entstanden sei. Zwar seien die Anforderungen, die im Wettbewerbsrecht an die Darlegung des Gläubigers gestellt würden, recht großzügig und es reiche im allgemeinen schon aus, wenn mit einiger Wahrscheinlichkeit mit einer auf einer unlauteren Wettbewerbshandlung Vermögenseinbuße zu rechnen sei, doch enthebt dies die Gläubigerin nicht, wenigstens in groben Zügen den Kausalverlauf darzulegen.

I