OLG Celle: Klebefähnchen am Kabel ist für „dauerhafte Kennzeichnung“ nach § 7 ElektroG nicht ausreichend / Dauerhaftigkeit

veröffentlicht am 11. Dezember 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtOLG Celle, Urteil vom 21.11.2013, 13 U 84/13 – nicht rechtskräftig
§ 7 Satz 1 ElektroG, § 4 Nr. 11 UWG, § 12 Abs. 1 S.2 UWG

Das OLG Celle hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn entgegen § 7 ElektroG ein Kopfhörer lediglich mit einem Informations-Klebefähnchen am Kabel gekennzeichnet wird. Die erforderliche Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung sei nur dann gegeben, wenn die Kennzeichnung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit besitze, was jedenfalls dann nicht der Fall sei, wenn die Kennzeichnung – wie vorliegend – ohne nennenswerte Schwierigkeiten, insbesondere ohne die Gefahr einer Beschädigung des Produktes selbst, durch einen einfachen Schnitt mit einer Schere vom Produkt entfernt werden könne. Zum Volltext der Entscheidung:

Oberlandesgericht Celle

Urteil

Das am 30.04.2013 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet über die Verkaufsplattform eBay, wie bei den Angeboten betreffend die In-Ear-Kopfhörer mit den Artikel-Nrn. 330813372257 (Anlage FN 1) und 220956448290 (Anlage FN 2) geschehen, Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland anzubieten oder zu verkaufen, die keine dauerhafte Kennzeichnung nach § 7 ElektroG haben, die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifizieren.

2. Der Beklagten wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung zu Nr. 1 dieses Tenors Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft mit der Maßgabe angedroht, dass Ordnungshaft jeweils an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Honorarforderung seiner Prozessbevollmächtigten, die im Zusammenhang mit der Abmahnung vom 07.12.2012 entstanden ist, in Höhe von bis zu 555,60 EUR freizustellen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.100,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2013 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 86,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Kopfhörer „in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke schwarz“ und „C. 620 Electro – in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke“ (Rechnungs-Nr. 6403560).

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 28,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Kopfhörer „in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke schwarz“ (Rechnungs-Nr. 6486910).

7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

8. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

9. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung aus dem Tenor zu 1. durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 10.000,00 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung im Übrigen durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Für die Beklagte ist das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit es durch das vorliegende Berufungsurteil aufrechterhalten wurde.

10. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

11. Der Gebührenstreitwert wird für die Berufungsinstanz auf 30.300,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend, die sich insbesondere auf die Unterlassung des Verkaufs von nicht hinreichend gekennzeichneten Elektronikgeräten sowie auf die Zahlung von Vertragsstrafe richten.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die von dem Kläger im Rahmen der vorgenommenen Testkäufe erworbenen Kopfhörer seien gemäß § 7 ElektroG dauerhaft gekennzeichnet. Im Hinblick auf die Größe bzw. Kleinheit der Kopfhörer sei die Kennzeichnung mit Klebefähnchen, die um die Kabel herum verlaufen, vertretbar. Es könne angenommen werden, dass diese – soweit sie vom Kunden nicht gewaltsam entfernt werden – dauerhaft am Gerät verbleiben werden.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter.

Er beantragt, das Urteil des Landgerichts Hannover (Az.: 26 O 7/13) abzuändern und die Beklagte wie nachstehend zu verurteilen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet über die Verkaufsplattform eBay, wie bei den Angeboten mit den Artikel-Nrn. 330813372257 (Anlage FN 1) und 220956448290 (Anlage FN 2) geschehen, Elektro- oder Elektronikgeräte in Deutschland anzubieten oder zu verkaufen, die keine dauerhafte Kennzeichnung nach § 7 ElektroG haben, die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifizieren.

2. Der Beklagten wird für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung im Antrag zu 1. Ordnungshaft oder ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2012 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Kosten des Testkaufs vom 1. November 2012 in Höhe von 86,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten, Zug um Zug gegen Herausgabe der Kopfhörer „in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke schwarz“ und „C. 620 Electro – in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke“ (Rechnungsnummer 6403560).

6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Kosten des Testkaufs vom 5. Dezember 2012 in Höhe von 28,29 EURnebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Februar 2013 zu erstatten, Zug um Zug gegen Herausgabe der Kopfhörer „in-Ear Kopfhörer, 3,5 mm Klinke schwarz“ (Rechnungsnummer 6486910).

Die Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlage Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet. Dem Kläger stehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche überwiegend aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 12 Abs. 1 Satz 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 7 ElektroG sowie aus dem Vertragsstrafeversprechen vom 31.10.2012 (Anlage FN 7) zu.

1.
Beide Parteien verkaufen über die Handelsplattform „eBay“ Kopfhörer und ähnliche Elektronikwaren und sind insoweit Mitbewerber i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

2.
Die Beklagte hat gegen § 7 Satz 1 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) verstoßen, indem sie insbesondere die bei den Testkäufen am 01.11.2012 sowie am 05.12.2012 erworbenen drei Kopfhörer vertrieb, die eine Kennzeichnung, über die der Hersteller identifiziert werden kann, lediglich in Form von Klebefähnchen auf dem Kabel enthielten. Diese Kennzeichnung stellte keine „dauerhafte Kennzeichnung“ i. S. d. § 7 Satz 1 ElektroG dar.

a)
Allerdings war die Kennzeichnung mittels der Klebefähnchen entgegen der Auffassung der Berufung nicht bereits unabhängig von deren Dauerhaftigkeit deshalb unzulässig, weil sie lediglich „am“ und nicht „auf“ dem Produkt angebracht war. Zwar beurteilt sich die Ordnungsmäßigkeit einer Kennzeichnung auch nach dem Ort, an dem sie aufgebracht ist. Die Herstellerangabe nach § 7 Satz 1 ElektroG muss zwingend „auf“ dem Elektrogerät vorhanden sein (Giesberts/Hilf, ElektroG, § 7 Rdnr. 18; so auch die Umsetzung in DIN EN 50419 Nr. 4.1). Diese Differenzierung bezieht sich jedoch auf die Ausnahme in § 7 Satz 3 ElektroG, nach der das Symbol nach Anhang II zu § 7 ElektroG auch auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein aufgedruckt werden darf. Eine derartige Kennzeichnung „an“ dem Gerät ist für die Herstellerangabe nicht ausreichend. Eine weitergehende Differenzierung lässt sich aus dieser Gesetzessystematik jedoch nicht ableiten. Eine – wie vorliegend – auf das Kabel eines Elektrogerätes geklebte Kennzeichnung befindet sich in gleicher Weise „auf“ dem Gerät wie ein Aufkleber, der auf eine andere Stelle des Gerätes geklebt worden ist.

b)
Die Kennzeichnung mittels eines Klebefähnchens auf dem Kabel eines Elektrogerätes, das ohne nennenswerte Schwierigkeiten abgerissen oder abgeschnitten werden kann, ist jedoch jedenfalls dann nicht „ausreichend dauerhaft“ i. S. des § 7 Satz 1 ElektroG, wenn sich diese Kennzeichnung auf einem Kabel befindet, das bei Betrieb des Gerätes üblicherweise sichtbar ist, die Klebefähnchen daher von Verbrauchern üblicherweise als störend empfunden werden und deshalb angenommen werden kann, dass sie in einer nicht unerheblichen Anzahl der Fälle entfernt werden.

aa)
Die erforderliche Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung ist nur dann gegeben, wenn die Kennzeichnung ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit besitzt, was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn die Kennzeichnung – wie vorliegend – ohne nennenswerte Schwierigkeiten, insbesondere ohne die Gefahr einer Beschädigung des Produktes selbst, durch einen einfachen Schnitt mit einer Schere vom Produkt entfernt werden kann.

Der Begriff der Dauerhaftigkeit ist gesetzlich nicht näher definiert. Teilweise wird gefordert, dass die Kennzeichnung auch nach Reiben von Hand mit einem wasserdurchtränkten Tuch für 15 Sekunden sowie weiteren 15 Sekunden mit einem mit Petrolether durchtränkten Tuch nicht einfach zu entfernen sein darf und Aufkleber nach einer solchen Behandlung keine Wellen zeigen dürfen (Giesberts/Hilf, § 7 Rdnrn. 17 f.; so auch: DIN EN 50419 Nr. 4.2). Zugunsten der Beklagten kann davon ausgegangen werden, dass die auf diesem Weg zu überprüfende Dauerhaftigkeit der Klebeverbindung als solcher und des Aufdrucks gegeben ist.

Unter Berücksichtigung sowohl des Gesetzeszweckes als auch -wortlauts ist jedoch weiter erforderlich, dass die Kennzeichnung auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist. Die Einfügung des Begriffs „dauerhaft“ in § 7 ElektroG ist auf eine Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 20. Januar 2005 zurückzuführen. Diese Empfehlung ist damit begründet, dass es für eine effektive Marktüberwachung erforderlich sei, dass die Kennzeichnung so langlebig ist, dass sie auch bei der Entsorgung der Geräte Bestand hat (BT-Drs. 15/4679, S. 7). Die Bedeutung der Herstellerinformation für die Entsorgungsaktivität ist bereits in dem 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2002/96/EG betont, die durch das ElektroG umgesetzt wurde.

Damit bei der Entsorgung auf die Herstellerinformation zurückgegriffen werden kann, ist es erforderlich, dass die Kennzeichnung regelmäßig bis zur Entsorgung Bestand hat. Sie muss deshalb – unabhängig von der chemisch-physikalischen Beschaffenheit einer Klebeverbindung – ein solches Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweisen, dass sie nicht durch einen einfachen Schnitt entfernbar ist (im Ergebnis ebenso: Bullinger/Fehling-Lückefett, ElektroG, § 7 Rdnr. 6).

bb)
Ob möglicherweise dann geringere Anforderungen an die physikalische Dauerhaftigkeit einer Kennzeichnung zu stellen sind, wenn diese ihrer Art oder der Stelle nach, an der sie angebracht ist, üblicherweise von Verbrauchern nicht als störend empfunden wird und deshalb zu erwarten ist, dass sie schon aus diesem Grund nicht entfernt wird, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Vielmehr steht hier nach der vorgenommenen Inaugenscheinnahme zur Überzeugung des Senates fest, dass die Klebefähnchen, mit denen die im Urteilstenor bezeichneten Kopfhörer versehen waren, in einer nicht unerheblichen Anzahl der Fälle jedenfalls als optisch störend empfunden werden, sodass der Senat davon ausgeht, dass Verbraucher sie regelmäßig entfernen werden. Diese Klebefähnchen bestehen aus einfach wirkendem Plastik in weißer Farbe und stehen damit in einem deutlichen Kontrast zu den ansonsten überwiegend in schwarz gehaltenen Kopfhörern. Sie haben eine Größe von etwa 1 x 2 cm und sind beim normalen Gebrauch der Kopfhörer deutlich sichtbar.

3.
§ 7 Satz 1 ElektroG stellt eine Marktverhaltensregelung i. S. des § 4 Nr. 11 UWG dar. Zwar dient die Kennzeichnungspflicht unmittelbar Belangen des Umweltschutzes, die für sich genommen wettbewerbsneutral sind. Darüber hinaus bezweckt § 7 Satz 1 jedoch insoweit den Schutz der Marktteilnehmer, als vermieden werden soll, dass die Herstellergemeinschaft bei fehlender Kennzeichnung der Geräte – in gleicher Weise wie bei einer fehlenden Registrierung des Herstellers – mit Entsorgungskosten belastet würde. Dieses Interesse der Marktteilnehmer hat im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich Berücksichtigung gefunden (BT-Drs. 15/3930, S. 23 [zu § 6]). Daraus folgt die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Kennzeichnungspflicht jedenfalls im Verhältnis zum Mitbewerber (vgl. Grotelüschen /Karenfort, BB 2006, 955, 958 f.; LG Aachen, Urteil vom 5. Juni 2012 – 41 O 8/12, juris, Tz. 20; zu § 6 Abs. 2 ElektroG: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2007 – 20 W 18/07 juris, Tz. 4 ff.).

4.
Der mit dem Klagantrag zu 1. geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 1 UWG. Zwar hat die Beklagte ursprünglich mit Datum vom 31. Oktober 2012 eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben (Anlage FN 7), die zunächst die Wiederholungsgefahr beseitigte; aufgrund der erneuten Wettbewerbsverstöße entstand jedoch ein neuer Unterlassungsanspruch (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 12 Rn. 1.157).

Der Unterlassungsantrag ist auch hinreichend bestimmt, obwohl die konkret beanstandete Verletzungshandlung in ihm nur durch den unbestimmten Rechtsbegriff „dauerhafte Kennzeichnung“ beschrieben ist, deren genaue Bedeutung gerade im Streit steht. Aufgrund der Bezugnahme des Klageantrages auf die konkreten Kopfhörer ist die beanstandete Verletzungshandlung jedoch hinreichend auf die bei diesen Kopfhörern vorhandene Kennzeichnung mittels weißer Klebefähnchen auf ihrem Kabel konkretisiert.

Die Androhung der Ordnungsmittel beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.

5.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von der ihn treffenden Verpflichtung zur Zahlung der Honorarforderung seiner Prozessbevollmächtigten aufgrund der Abmahnung vom 7. Dezember 2012 in Höhe von bis zu 555,60 € aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Zwar hat er diese Freistellung nicht ausdrücklich beantragt. Sie ist jedoch als sog. Minus in seinem Zahlungsantrag enthalten (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 308 Rn. 4 m.w.N.).

a)
Die Abmahnung der Beklagten durch Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers vom 7. Dezember 2012 war berechtigt. Der damit geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand nach den vorstehenden Erwägungen. Die Abmahnung war auch der geeignete Weg, es wegen des Wettbewerbsverstoßes nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen zu lassen.

Die Abmahnung war auch nicht „rechtsmissbräuchlich“ im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Die Annahme eines derartigen Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses Verstoßes und anderer Verstöße abzustellen. Zu berücksichtigen sind aber auch die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – I ZR 174/10, juris Tz. 15).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der Umstände des vorliegenden Falles war die Abmahnung nicht rechtsmissbräuchlich: Anders als in dem vom Bundesgerichtshof mit dem vorgenannten Urteil entschiedenen Fall war die von dem Kläger mit Schreiben vom 1. Oktober 2012 (Anlage FN 4) vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht so formuliert, dass die Vertragsstrafe unabhängig von einem Verschulden verwirkt wäre. Diese vorformulierte Erklärung enthielt keine Abbedingung des Verschuldenserfordernisses, so dass nach allgemeinen Grundsätzen (dazu: Palandt/Grüneberg, 71. Aufl., § 339 Rdnr. 15) die Vertragsstrafe nur verwirkt ist, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat, sodass ihm die Exkulpationsmöglichkeit verblieb.

Die Höhe der für jeden Fall der Zuwiderhandlung nach der vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verwirkten Vertragsstrafe von 5.100,00 € war noch angemessen. Es besteht ein nennenswertes Interesse des Mitbewerbers an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes. Nicht nur besteht die Gefahr, dass die Herstellergemeinschaft anstelle des einzelnen Herstellers für Entsorgungskosten in Anspruch genommen wird. Vielmehr war ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht geeignet, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil zu begründen, da eine ausreichend dauerhafte Kennzeichnung der Kopfhörer Kosten verursacht, die angesichts des geringen Preises dieser Kopfhörer einen nennenswerten Kostennachteil bedingen.

Die Verpflichtungserklärung enthält zudem keinen Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs. Der Kläger hatte schließlich die erste Abmahnung ohne Rechtsanwalt vorgenommen und hierfür entsprechend keine Gebühren verlangt.

Für einen Rechtsmissbrauch spricht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht, dass der Kläger bei der Auswahl der abzumahnenden Schuldner selektiv vorgehe. Es ist grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgeht (vgl. Köhler/Bornkamm, § 8 Rdnr. 4.21 m. w. N.). Ein Ausnahmefall liegt nicht vor.

b)
Der Kläger kann nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG allerdings nur die Freistellung von der Verbindlichkeit verlangen, die ihn aufgrund der durch seine Prozessbevollmächtigten ausgesprochenen Abmahnung diesen gegenüber trifft.

aa)
Grundsätzlich besteht ein Zahlungsanspruch nur dann, wenn der Gläubiger die zum Zwecke der Abmahnung eingegangene Verbindlichkeit bereits beglichen hat. Bis dahin besteht die Aufwendung, deren Ersatz nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangt werden kann, allein in der Eingehung dieser Verbindlichkeit, so dass der Ersatzanspruch nur auf Freistellung von dieser gerichtet ist (vgl. Köhler/Bornkamm § 12 Rn. 1.92a m.w.N.). Dass die Klägerin die diesbezügliche Honorarforderung ihrer Prozessbevollmächtigten bereits beglichen hat, hat sie zwar vorgetragen, nachdem sie vom Senat in der mündlichen Verhandlung hierauf hingewiesen wurde, jedoch nicht unter Beweis gestellt.

Dass es sonst feststünde, dass sie von ihrem Anwalt in der von ihr genannten Höhe in Anspruch genommen würde, hat sie nicht schlüssig dargelegt (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen: Köhler/Bornkamm a.a.O.).

bb)
Der Freistellungsanspruch hat sich auch nicht nach § 250 Satz 1 BGB deshalb in einen Zahlungsanspruch gewandelt, weil der Kläger der Beklagten vorprozessual erfolglos eine Frist gesetzt hatte, die Anwaltskosten an seine Prozessbevollmächtigten zu zahlen, ihn mithin von dieser Verbindlichkeit freizustellen. Ohnehin enthielt diese Fristsetzung keine Ablehnungsandrohung. Ob die Beklagte die Erfüllung dieses Freistellungsanspruchs ernsthaft und endgültig verweigert hat, kann offen bleiben.

Zwar wird teilweise vertreten, § 250 Satz 1 BGB finde auch auf Aufwendungsersatzansprüche nach § 12 Abs. 1 UWG Anwendung (OLG Hamm, Urteil vom 17. Januar 2013 – 4 U 147/12, juris, Tz. 33; w. Nw. bei jurisPK-UWG/Hess, 3. Aufl. 2013, § 12 Rn. 43 Fn. 96). Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen. Der Anwendungsbereich von § 250 Satz 1 BGB ist auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Dieser Regelung ist kein darüber hinausgehender allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1991 – XII ZR 2/90, juris Tz. 15: Köhler/Bornkamm § 12 Rn. 1.92b; jurisPK-UWG/Hess, 3. Aufl. 2013, § 12 Rn. 43).

Im vorliegenden Fall besteht der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten auch nicht als Schadensersatzanspruch nach § 9 Satz 1 UWG. Dies kann zwar in Betracht kommen, wenn die Abmahnung an ein Dauerdelikt anknüpft und daher auch der Begrenzung des Schadens aus der in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung dient (BGH, Urteil vom 23. November 2006 – I ZR 276/03, juris Tz. 21). Vorliegend waren die beanstandeten Verletzungshandlungen jedoch abgeschlossen. Aus ihnen drohte kein weiterer Schaden, der durch die Abmahnung hätte begrenzt werden können. In einem solchen Fall können die Abmahnkosten unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der verletzten Norm nicht mehr der Verletzungshandlung als durch sie verursachter Schaden zugerechnet werden (Köhler/Bornkamm § 12 Rn. 1.88 a.E.).

c)
Die geltend gemachten Gebühren sind grundsätzlich angemessen und erstattungsfähig. Der Kläger hat sie nach einem Streitwert berechnet, der unter dem Streitwert des Hauptsacheverfahrens liegt. Einwendungen gegen die Berechtigung des Freistellungsanspruchs im Übrigen erhebt die Beklagte nicht.

Der insoweit geltend gemachte Zinsanspruch besteht nicht, da die Beklagte nicht mit einer Geldschuld in Verzug geraten ist, § 288 BGB.

6.
Der Kläger hat aus der von der Beklagten am 31. Oktober 2012 abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (Anlage FN 7) einen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,00 €. Gegen die dort begründete Verpflichtung, es zu unterlassen, eine gemäß ElektroG gekennzeichnete Ware zu verkaufen, hat die Beklagte dadurch verstoßen, dass sie auch weiterhin – insbesondere im Zusammenhang mit den durch den Kläger durchgeführten Testkäufen am 1. November 2012 sowie am 5. Dezember 2012 – Ware mit derselben nicht ausreichend dauerhaften Kennzeichnung verkaufte. Die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 31. Oktober 2012 ist dem Kläger vor der Durchführung der Testkäufe am 1. November 2012 zugegangen.

Auch in Ansehung der drei streitgegenständlichen Verletzungshandlungen – auf den weiteren nicht näher substantiiert vorgetragenen Testkauf vom 9. Dezember 2012 hat der Kläger den Vertragsstrafenanspruch ausdrücklich nicht gestützt – ist die Vertragsstrafe allerdings nur einmal verwirkt.

Die Frage, in welchem Zusammenhang bei mehrfachen Verstößen gegen eine Unterlassungsverpflichtung Vertragsstrafen verwirkt sind, kann nur nach einer Vertragsauslegung im Einzelfall entschieden werden. Dabei wird sich regelmäßig ergeben, dass nach Sinn und Zweck des Unterlassungsvertrages die Vertragsstrafe auch in Fällen, in denen nicht ohnehin von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist, nicht für jede einzelne Tat verwirkt ist. Vielmehr werden einzelne Taten, soweit sie sich nach dem objektiven Erklärungsinhalt des konkreten Vertrages als rechtliche Einheit darstellen, jeweils als eine einzige Zuwiderhandlung zu behandeln sein. Die ausnahmslose Verwirkung weiterer Vertragsstrafen für jeden Einzelakt wird in aller Regel von den Vertragsparteien nicht gewollt sein. Die sonst mögliche Folge einer Aufsummierung von Vertragsstrafen wäre mit dem Gerechtigkeitsgedanken im Allgemeinen nicht zu vereinbaren, wenn dem ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers gegenübersteht oder die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass dem Gläubiger durch die zu unterlassenden Taten ein entsprechend hoher Schaden entstehen könnte. Unter anderem die Vereinbarung einer hohen Vertragsstrafe für jede Zuwiderhandlung wird eher die Annahme begründen, dass die Vertragspartner eine weitergehende Zusammenfassung verschiedener Handlungen zu einer rechtlichen Einheit gewollt haben (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 25. Januar 2001 – I ZR 323/98, juris Tz. 19 f., 22).

Ausgehend hiervon besteht ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Wettbewerbsverstößen – wenn nicht die beiden Verkäufe am 1. November 2012 ohnehin in natürlicher Handlungseinheit zueinander stehen – derart, dass sie gleichartig sind und unter wiederholter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen wurden. Sie stehen darüber hinaus zeitlich noch in einem engen Zusammenhang. Angesichts des geringen Wertes eines einzelnen Kopfhörers im Verhältnis zu der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe zeigt sich deutlich, dass die Vertragsstrafe nicht bei jeder einzelnen Verletzungshandlung unbeschadet dieser verbindenden Umständen geschuldet sein sollte. Weder steht das Sicherungsbedürfnis des Klägers einer solchen Zusammenfassung entgegen, noch besteht angesichts des geringen Preises eines einzelnen Kopfhörers die Wahrscheinlichkeit, dass dem Kläger bereits durch einen einmalig festgestellten Verstoß ein entsprechender Schaden entstehen könnte. Schließlich sind sämtliche Verstöße nur fahrlässig begangen worden, da die Beklagte – auch in Kenntnis der abweichenden Rechtsauffassung des Klägers – darauf vertraute, die Kennzeichnungen in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Elektrogesetzes vorgenommen zu haben. Schließlich hätte es der Kläger in der Hand gehabt, durch eine entsprechend hohe Zahl von Testkäufen in einem engen Zeitraum, bei denen vorauszusehen war, dass sie sich auf Kopfhörer ein- und derselben Charge mit entsprechend jeweils vergleichbarer Kennzeichnung bezogen, einen exorbitant hohen Vertragsstrafenanspruch zu begründen, sofern eine solche Zusammenfassung gleichartiger Verletzungshandlungen nicht vorgenommen würde.

7.
Dem Kläger steht darüber hinaus ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Testkäufe – Zug um Zug gegen Herausgabe der gekauften Kopfhörer – aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Diese Testkäufe waren zur Vorbereitung der schließlich vorgenommenen Abmahnung erforderlich. Zwar ist nicht zu verkennen, dass eine Abmahnung auch bereits bei einem einfachen Verstoß gerechtfertigt gewesen wäre. Dennoch waren alle drei Testkäufe noch erforderlich. Der Kläger hatte die Abmahnung erst nach dem dritten Testkauf vorgenommen. Es bleibt ihm unbenommen, einen einzelnen Wettbewerbsverstoß hinzunehmen und erst bei einem wiederholten Verstoß rechtliche Schritte vorzunehmen. Wenn er sich in diesem Sinne zugunsten des Schuldners zurückhält, ist aber auch ein weiterer Testkauf zur Feststellung, ob ein solcher wiederholter Verstoß vorliegt, noch erforderlich und im Übrigen auch angemessen.

8.
Die jeweils ausgeurteilten Zinsansprüche folgen aus §§ 286, 288, 291 BGB.

III.
Der Schriftsatz des Klägers vom 14.11.2013 gibt dem Senat nach pflichtgemäßem Ermessen keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung erneut zu eröffnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO für die Beklagte zuzulassen. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der „dauerhaften Kennzeichnung“ im Sinne des § 7 Satz 1 ElektroG hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

Der Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren liegt die Angabe des Streitwertes in der Klageschrift zugrunde, die das Interesse des Klägers angemessen berücksichtigt. Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG erfolgt allerdings eine Streitwerterhöhung um 5.100,00 EUR, da der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe in zwei Fällen hilfsweise auf die am 05.12.2012 begangene Verletzungshandlung gestützt hat. Dieser hilfsweise geltend gemachte Anspruch stellt einen eigenen Streitgegenstand dar. Der Senat hat über diesen Hilfsantrag entschieden.

I