OLG Hamburg: Abmahnung wegen einer unzureichenden Garantieerläuterung unzulässig

veröffentlicht am 21. September 2009

OLG Hamburg, Beschluss vom 09.07.2009, Az. 3 U 23/09
§§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG, § 477 BGB

Das OLG Hamburg hat in einem – mittlerweile revidierten – Hinweisbeschluss entschieden, dass die Werbung mit einer Garantie – ohne zu den Garantiebedingungen auszuführen – nicht im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG in Verbindung mit § 477 BGB wettbewerbswidrig ist. Es könne dahinstehen, ob § 477 BGB eine das Marktverhalten regelnde Norm im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sei. Denn die beanstandete Werbung mit einer „Garantiezeit von 5 Jahren“ beinhalte keinen Verstoß gegen § 477 BGB.

Schon nach dem Wortlaut unterfalle die Werbung mit einer Garantie nicht dem Anwendungsbereich des § 477 BGB. Diese Vorschrift verlange ihrem Wortlaut nach nicht einen werblichen Hinweis auf den Inhalt der Garantie, sondern bestimme inhaltliche Anforderungen an die „Garantieerklärung“. Diese „Garantieerklärung“ sei die zum Abschluss des Kaufvertrags bzw. (bei eigenständiger Garantie) des Garantievertrags führende Willenserklärung des Verkäufers (Lorenz, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 3, 5. Aufl. 2008, § 477 Rz. 3). Werbliche Angaben, die (allenfalls) eine invitatio ad offerendum des Verkäufers beinhalten würden, seien mithin nach dem Wortlaut nicht Regelungsgegenstand.

Eine Erstreckung der Informationserfordernisse des § 477 BGB auf eine der vertraglichen Willenserklärung des Verkäufers vorausgehende Werbung sei auch im Wege richtlinienkonformer Auslegung nicht zu begründen. Dies komme schon im Ansatz deshalb nicht in Betracht, weil die „Richtlinie zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter“ vom 25.5.1999 (RL 1999/44/EG), deren Umsetzung § 477 BGB diene, materielles Kaufrecht, nicht aber auf Werbung bezogenes Lauterkeitsrecht beinhalte. In Erwägungsgrund 4 heiße es u.a.

„(…) Ohne eine Mindestharmonisierung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf könnte die Weiterentwicklung des Warenkaufs mit Hilfe der neuen Fernkommunikationstechniken behindert werden.“

Erwägungsgrund 6 laute auszugsweise:

„Schwierigkeiten der Verbraucher und Konflikte mit den Verkäufern haben ihre Ursache vor allem in der Vertragswidrigkeit von Warne. Infolgedessen erweist sich eine Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Verbrauchsgüterkauf in dieser Hinsicht als geboten. (…)“

Auch hinsichtlich des Regelungsbereichs „Garantien“ im Besonderen sei der Richtlinie eine Erstreckung auf Werbung nicht zu entnehmen. Erwägungsgrund 21 der Richtlinie laute:

„Bei bestimmten Warengattungen ist es üblich, daß die Verkäufer oder Hersteller auf ihre Erzeugnisse Garantien gewähren, die die Verbraucher gegen alle Mängel absichern, die innerhalb einer bestimmten Frist offenbar werden können. Diese Praxis kann zu mehr Wettbewerb am Markt führen. Solche Garantien stellen zwar rechtmäßige Marketinginstrumente dar, sollten jedoch den Verbraucher nicht irreführen. Um sicherzustellen, daß der Verbraucher nicht irregeführt wird, sollten Garantien bestimmte Informationen enthalten, unter anderem eine Erklärung, daß die Garantie nicht die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers berührt.“

In Art. 6 Abs. 2 der RL – inhaltsgleich umgesetzt durch § 477 Abs. 1 S. 2 BGB – würden sodann die in eine Garantie aufzunehmenden Informationen genannt. Hieraus werde deutlich, dass der mit § 477 BGB bezweckte Schutz vor Irreführung nicht dahin ziele, den Verbraucher vor Vertragsschluss über den Inhalt der Garantie und ihre Konkurrenz mit gesetzlichen Ansprüchen aufzuklären, dass also diese Vorschrift nicht das „Marketing“ regele. Vielmehr diene sie dem Zweck zu verhindern, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss aufgrund einer unklaren Fassung der Garantieerklärung davon abgehalten werde, die ihm zustehenden gesetzlichen Rechte geltend zu machen (s. Begründung des Gesetzentwurfs zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drs. 14/6040 v. 14.5.2001, S. 246; Lorenz, a.a.O., Rz. 6). Diese auf das Vertragsstadium zielende Schutzrichtung lasse den vorvertraglichen Charakter der in § 477 BGB geregelten Hinweispflichten unberührt, der daraus folge, dass er Anforderungen an den Inhalt der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung des Verkäufers stelle. Dass also die Verletzung der in § 477 BGB geregelten Informationserfordernisse Sekundäransprüche wegen vorvertraglichen Verschuldens gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB nach sich ziehen könne (Lorenz, a.a.O. Rz. 13; Staudinger/Matusche-Beckmann, Buch 2, Neubearb. 2004, § 477 Rz. 38), folge ggf. aus der pflichtwidrigen Gestaltung der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung des Verkäufers, sage jedoch – entgegen der Ansicht des Landgerichts – nichts über einen über den eigentlichen Regelungsgegenstand der Vorschrift hinausgehenden Schutzzweck aus.

Auf die Entscheidung hingewiesen hat RA Johannes Richard.

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