OLG Hamburg, Urteil vom 08.10.2008, Az. 5 U 147/07
§§ 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 5 MarkenG
Das OLG Hamburg hatte über die Benutzung einer eingetragenen Farbmarke durch ein drittes Unternehmen zu befinden. Es handelte sich um die Farbmarke „Magenta“, die von der Klägerin, einer bekannten deutschen Telekommunikationsanbieterin, als Farbmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen ist. Die Beklagte verwendete eine sehr ähnliche, fast gleiche Farbe in der Bewerbung eines Fotodruckers. Das Gericht lehnte Ansprüche auf Grund einer Markenverletzung ab. Es führte zur Begründung aus, dass eine Identität zur Farbmarke nicht vorliege, da nur eine sehr ähnliche Farbe verwendet wurde. Bei nicht identischer Farbe seien zudem hohe Anforderungen an die Kennzeichnungskraft der Farbmarke zu stellen, d.h. der Verkehr müsse die von der Beklagten verwendete Hintergrundfarbe als Zeichen der betrieblichen Herkunft des beworbenen Gerätes verstehen. Dies wurde im verhandelten Sachverhalt abgelehnt. Gerade bei der Kennzeichnungskraft konturloser Farben seien besondere Anforderungen zu stellen, da der Verbraucher nicht gewöhnt sei, aus einer Farbe auf die Herkunft einer Ware zu schließen, ohne das weitere grafische oder wörtliche Elemente hinzukämen. Wäre in der streitgegenständlichen Anzeige für Telefondienstleistungen geworben worden, hätte nach Ansicht des Gerichts und nach Interpretation der BGH-Entscheidung „Farbmarkenverletzung“ (BGH I ZR 23/01 vom 04.09.2003) eine Markenverletzung bejaht werden können. Da aber die Beklagte das beworbene Gerät gerade hinsichtlich seiner Eigenschaft als Fotodrucker anpries, entschied das OLG, dass die Kennzeichnungskraft der Marke auf diesen Bereich nicht ausstrahle und somit eine Markenverletzung nicht vorläge.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 12 – vom 07.08.2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verletzung ihrer konturlosen Farbmarken „Magenta“ auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.
Die Klägerin besitzt zwei konturlose deutsche Farbmarken ( Anlagen K 6 und K 7 ). Beide Marken sind u.a. eingetragen für die Dienstleistung „Telekommunikation“. Die ältere Marke Nr.39552630.2 ist außerdem eingetragen für die Ware „Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bilder oder Daten für die Telekommunikation“. Die jüngere Marke Nr.39864846.8 ist u.a. eingetragen für die Waren „ Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bilder oder Daten“ und „Datenverarbeitungsgeräte und Computer“.
Die Beklagte warb im Jahr 2005 in einer Zeitungsanzeige für ein Gerät zum Drucken, Scannen, Kopieren und Faxen. Die magenta-ähnliche Hintergrundfarbe dieser Anzeige verstößt nach Auffassung der Klägerin gegen ihre Markenrechte und gegen Wettbewerbsrecht.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt
1.
die Beklagte zu verurteilten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Farbe Magenta zur Kennzeichnung von Werbematerialien für Computerdrucker, Faxgeräte, Scanner und Kopierer zu benutzen, wenn dies geschieht wie nachfolgend bildlich wiedergegeben:
2.
der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot in Ziffer 1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren anzudrohen;
3.
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchen Umfang sie die unter Ziffer 1 genannten Werbematerialien entsprechend dem Klageantrag unter Ziffer 1 hat durch Angabe von Auflagenhöhe, Verbreitungsgebiet und Verbreitungszeit;
4.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der unter Ziffer 1 genannten Handlung bereits entstanden ist oder noch entsteht;
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Klaganträge weiter. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend legt sie weiteres Material vor, aus dem die Benutzung der Farbe „Magenta“ durch die Klägerin ersichtlich ist ( Bl.172, Anlagen BK 2-14 )
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und reicht ebenfalls zusätzliches Werbematerial der Klägerin ein ( Anlagen B 28, 29 ).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1.
Gegenstand des von der Klägerin verfolgten Unterlassungsantrags ist das Verbot, im geschäftlichen Verkehr die Farbe Magenta zur Kennzeichnung von Werbematerialien für Computerdrucker, Faxgeräte, Scanner und Kopierer zu benutzen, wenn dies wie in der in den Antrag aufgenommenen Werbeanzeige geschieht. Gegenstand des Verbots ist damit eine Werbung für einen Computerdrucker mit Fax-, Scan- und Kopierfunktion in dieser konkreten Verletzungsform. Der Senat geht aufgrund der Verwendung des Wortes „und“ ( statt „oder“ ) in der Aufzählung der Geräte in dem verallgemeinerten Teil des Unterlassungsantrags davon aus, dass nur Kombinationsgeräte, also nicht z.B. ein reines Druckgerät, von dem Verbot erfasst sein sollen.
2.
Die Klägerin kann ihren Unterlassungsanspruch nicht auf Vorschriften des Markengesetzes stützen. Damit sind auch die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung zu verneinen. Im Einzelnen :
a)
Die Klägerin besitzt zwei eingetragene Farbmarken, an die der Senat als Verletzungsgericht gebunden ist. Die gegen beide Marken von dritter Seite angestrengten Löschungsverfahren haben bislang nicht zu einer Löschung oder Teillöschung der Marken geführt, so dass der Entscheidung weiterhin das Bestehen des Farbmarkenschutzes zugrunde zu legen ist. Auch die Beklagte geht in der Berufungsinstanz hiervon aus und hat ihren noch in erster Instanz gestellten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Löschungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten.
b)
Ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr.1, Abs. 5 MarkenG steht der Klägerin schon nach ihrem eigenen Vortrag nicht zu. Denn diese Anspruchsgrundlage kann nach der Rechtsprechung des BGH nur dann eingreifen, wenn zwischen der Farbmarke und dem Verletzungszeichen völlige Farbidentität besteht ( GRUR 2004, 151, 153 – Farbmarkenverletzung I ). Dies wird auch von der Klägerin nicht behauptet, sondern nur, dass die Farben „nahezu“ identisch seien ( S.14 des Schriftsatzes vom 26.6.2008, Bl.246, dort auch Einblendung eines direkten Farbvergleichs ).
c)
Ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs.2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG wegen Verwechslungsgefahr ist ebenfalls zu verneinen. Denn dieser Anspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung des EUGH und des BGH voraus, dass die magenta-ähnliche Hintergrundfarbe der Werbeanzeige, die nach Auffassung der Klägerin eine Markenverletzung darstellt, von der Beklagten kennzeichenmäßig verwendet wird, d.h. vom Verkehr als Zeichen für die betriebliche Herkunft des beworbenen Geräts verstanden wird. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
aa)
Für die kennzeichnende Verwendung konturloser Farben gelten besondere Rechtsgrundsätze. Nach der Rechtsprechung des EUGH und des BGH ist es der Verbraucher nicht gewohnt, der Verwendung einer Farbe in der Werbung ohne Hinzutreten von grafischen Elementen oder Wortelementen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, da eine Farbe als solche – zumindest bisher – in der Regel nicht zur Kennzeichnung der Herkunft aus einem Unternehmen verwendet wird (EUGH GRUR 2003,604, 606, 608 – Libertel; BGH GRUR 2004, 151,154 – Farbmarkenverletzung I; GRUR 2005, 427, 428 – Lila-Schokolade). Nur ausnahmsweise kann angenommen werden, dass der Verkehr eine Farbe in einer Anzeige nicht als Gestaltungsmittel, sondern als Herkunftshinweis auffasst. Dazu ist es erforderlich, dass die Farbe als solche im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass sie als selbständiges Kennzeichnungsmittel verstanden wird (BGH GRUR 2004, 151,154 – Farbmarkenverletzung I). Je höher der durch Benutzung erworbene Grad der Kennzeichnungskraft der Farbmarke ist, umso eher wird die Verwendung der Farbe in einer Anzeige als Herkunftshinweis verstanden und ihr auch eine selbständig kennzeichnende Funktion beigemessen werden (5.Leitsatz der Entscheidung „Farbmarkenverletzung I“). Für Telefondienstleistungen hat der BGH in der genannten Entscheidung selbst festgestellt, dass der Verkehr daran gewöhnt sei, in Magenta einen Herkunftshinweis zu sehen (a.a.O., S.154). Für ein kennzeichnendes Verständnis spricht auch, wenn eine markenrechtlich geschützte Farbe in einer Werbung signalhaft eingesetzt wird (BGH GRUR 04, 151, 154 – Farbmarkenverletzung I). Soweit eine Farbe als Teil einer Gesamtaufmachung aus Farbe, Zeichen, Bildern usw. benutzt wird, kommt es für ein herkunftshinweisendes Verständnis ferner darauf an, ob die Farbe in der angegriffenen Verwendungsform nicht durch herkömmliche Herkunftshinweise – insbesondere Wort- oder Bildmarken – in den Hintergrund gedrängt wird (BGH GRUR 2005, 427 – Lila Schokolade : für die Hintergrundfarbe einer Kekspackung, auf der sich nur eine unauffällige Bildmarke und dekorative Elemente befanden).
bb)
Ein kennzeichnendes Verständnis könnte nach der vorgenannten Entscheidung „Farbmarkenverletzung I“ des BGH naheliegen, wenn in der angegriffenen Anzeige für Telefondienstleistungen geworben würde. Das ist aber nun gerade nicht der Fall. Ein Bezug zu Waren und Dienstleistungen der Telekommunikation besteht nur insoweit, als mit dem beworbenen Gerät auch gefaxt werden kann. Beworben wird in der streitgegenständlichen Werbung allerdings die besondere Qualität des Geräts als Fotodrucker. Diese Funktion wird in dem hervorgehobenen Werbespruch : „Brillant : In 14 Sekunden vom PC zum Foto mit dem neuen HP all- in- one“ angepriesen. Auch die Abbildung der Geräte – das beworbene Gerät „spuckt“ gerade das Foto aus, das auf dem Bildschirm des mit ihm verbundenen Notebooks erscheint – und der weitere, kleingedruckte Text der Anzeige beschäftigen sich nur mit dieser Funktion.
cc)
Nach den unter Ziff.aa dargestellten Rechtsgrundsätzen kommt es für das kennzeichende Verständnis einer Farbe als Teil einer Gesamtaufmachung u.a. auf die Kennzeichnungskraft der geschützten Farbe an. Die Kennzeichnungskraft einer Marke, auch einer kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke, hat das Verletzungsgericht selbständig zu bestimmen. Bei einer kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke kann regelmäßig von einer – mindestens – durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden (BGH GRUR 2007, 780, 784 – Pralinenform m.w.N.). Der Grad der Kennzeichnungskraft ist unter Heranziehung aller relevanten Umstände zu beurteilen, insbesondere der Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, des Marktanteils der mit der Marke versehenen Waren, der Intensität, geografischen Ausdehnung und Dauer ihrer Benutzung sowie des Werbeaufwands (BGH a.a.O. m.w.N.). Eine erhöhte Kennzeichnungskraft gilt nur für den jeweiligen Produktbereich, wo sie festgestellt ist, allenfalls noch für eng benachbarte Gebiete (Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2.Aufl., § 14 Rn.394 m.w.N.).
Der Senat geht davon aus, dass beide Magenta-Marken für Dienstleistungen im Bereich Telekommunikation (Telefon und Internet) und für Telekommunikationshardware – z.B. Mobiltelefone, DSL-Modems – eine erhöhte Kennzeichnungskraft besitzen. Wie schon der BGH in der Entscheidung „Farbmarkenverletzung I“ festgestellt hat, handelt es sich um eine ungewöhnliche Farbe für einen technisch geprägten Lebensbereich, der im Wesentlichen nur von der Klägerin benutzt wird. Ihre intensive Werbung mit dieser Farbe hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren umfangreich belegt. Sie ist im Übrigen gerichtsbekannt. Auch die beiden Umfragegutachten von 1999 und 2006 bestätigen die erhöhte Kennzeichnungskraft von Magenta für den Bereich Telekommunikation (Anlagen K 8 und 37). Die Umfrage von 1999 (betr. „Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet rund ums Telefon oder ums Telefonieren“) ergab eine Verkehrsgeltung von 70,1 % für Magenta und die Umfrage von 2006 (betr. „Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation rund ums Telefon, Telefonieren und Internet“) von 69,5 %. Schließlich hat auch der 3.Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in seiner Entscheidung vom 11.3.2004 betreffend ein Verbot des sog. centrino-Logos für Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation angenommen, dass die Farbmarke Magenta eine weit überdurchschnittliche große Kennzeichnungskraft besitze (Aktz. 3 U 137/03, Anlage K 14, S. 11).
Für den hier streitgegenständlichen Warenbereich eines Computerdruckers mit Fax-, Scan- und Kopierfunktion ist die Kennzeichnungskraft von Magenta nach Auffassung des Senats – jedenfalls in der konkreten Verletzungsform der streitgegenständlichen Anzeige – lediglich als durchschnittlich, mindestens aber deutlich geringer als für „reine“ Waren und Dienstleistungen der Telekommunikation zu bewerten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass immer mehr technische Geräte Funktionen der Telekommunikation mit anderen Funktionen vereinen. Neben Geräten wie dem vorliegenden seien z.B. Mobiltelefone genannt, mit denen fotografiert und navigiert werden kann. Dies könnte dafür sprechen, das hier beworbene Gerät in einen „eng benachbarten“ Produktbereich zu Waren der Telekommunikation einzuordnen, auf den die hohe Kennzeichnungskraft von Magenta ausstrahlt.
Indessen kann die erhöhte Kennzeichnungskraft einer abstrakten Farbmarke für bestimmte Waren- und Dienstleistungen auf benachbarte Waren – und Dienstleistungsbereiche – auch wenn sie für diese ebenfalls geschützt ist – wegen des anerkannt hohen Freihaltebedürfnisses von Farben nach Auffassung des Senats nur sehr zurückhaltend ausgedehnt werden ( vgl. zum Allgemeininteresse an der freien Benutzung von Farben : EUGH GRUR 2003, 604, 608 Ziff.60 – Libertel ). Zumindest kommt dies im vorliegenden Fall nicht in Betracht, in dem es um das kennzeichende Verständnis einer Anzeige geht, welche ein Kombinationsgerät in Hinblick auf seine Druck-, nicht seine Faxfunktion bewirbt.
Nach dem klägerischen Sachvortrag gibt es keine ausreichenden Anhalts-punkte dafür, dass die Farbe Magenta unabhängig von einer Ausstrahlung ihrer Kennzeichnungskraft im Telekommunikationsbereich eine erhöhte Kennzeichnungskraft auch für Computerdrucker mit Faxfunktion besitzt. Die Klägerin bietet zwar mittlerweile – unstreitig – komplette IT-Lösungen einschließlich entsprechender Hardware an, zu der auch Computerdrucker mit Faxfunktion gehören. Allerdings betrifft das hierzu vorgelegte Werbematerial fast ausschließlich Geräte von namhaften Drittherstellern, darunter der Beklagten, die unter ihrer Herstellermarke vertrieben werden (Anlagen K 5, 32, BK 8). Auch in ihrer Selbstdarstellung positioniert die Klägerin sich mit Markenprodukten von Drittherstellern (Anlage K 3, Presseerklärung vom 16.3.2004 : „Die IT-Business Lösungen von T-Com basieren auf Qualitätsprodukten von Markenherstellern“). Dies reicht noch nicht aus, um eine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer eigenen Farbmarke Magenta als Herkunftshinweis für diesen Warenbereich zu belegen, selbst wenn die Markenprodukte in magenta-farbenen Werbematerialien angeboten werden. Der Verkehr nimmt Magenta bei diesen Angeboten lediglich als Kennzeichen der Klägerin als Verkäuferin wahr und ordnet die Geräte selbst den Originalherstellern zu. Im Übrigen ist auch nicht vorgetragen, welche Marktstellung die Klägerin im Bereich von Computerdruckern besitzt, insbesondere welche Umsätze sie insoweit erzielt, welche Werbeaufwendungen insoweit getätigt werden und wie hoch ihr Marktanteil ist.
Soweit die Klägerin Werbungen für „eigen gebrandete“ Computerdrucker mit Faxfunktion vorgelegt hat, nämlich für die Geräte „T-Fax 7960″ (Anlage K 2) und „Multifax 700″ bzw. „Multifax 510″ (Anlagen K 31, 33), ist nicht vorgetragen, in welchem Umfang diese Geräte neben den Geräten von Drittherstellern vertrieben und beworben worden sind bzw. werden. Außerdem werden diese Drucker – wie schon ihr Name zeigt – hauptsächlich als Faxgeräte beworben, während die hier streitgegenständliche Werbung die Druckfunktion, insbesondere die Qualität als Fotodrucker betrifft.
dd)
Wie ausgeführt, kann eine Hintergrundfarbe in einer Gesamtaufmachung ausnahmsweise als eigenständiges Kennzeichnungsmittel verstanden werden, wenn sie signalhaft eingesetzt wird. Insoweit liegt der vorliegende Fall jedoch anders als bei den Werbeanzeigen , die der BGH in seinen Entscheidungen „Farbmarkenverletzung I und II“ zu beurteilen hatte. Dort wurde ein magenta-ähnlicher Farbton als einzige Farbe neben Schwarz- und Weißtönen verwendet.
Zwar weist der untere Teil der Anzeige eine Hintergrundfarbe auf, die Magenta sehr ähnlich ist. Sie ist allerdings nicht eintönig, sondern changiert von links nach rechts von einem eher lila-farbenen Bereich über ca 1/3 zu einem deutlich rötlicheren Ton über ca 2/3 der Anzeigenbreite. In der Reihe der kleinen Bilder im oberen Teil der Anzeige taucht eine magenta-ähnliche Farbe einmal als Hintergrundfarbe und im Übrigen in verschiedenen Elementen – Kleidung der abgebildeten Personen, geometrische Figuren – wieder auf. Eine Ausnahme bildet insoweit nur das von links gesehen vierte Bild in der zweiten Reihe.
Neben diesem Farbton wird der Gesamteindruck der Anzeige sehr stark von Violett oder Lila in verschiedenen Schattierungen geprägt. Dies hat das Landgericht im Zusammenhang mit der Zeichenähnlichkeit zutreffend ausgeführt („aufdringliche Magenta-violett-Färbung“, S.7 Mitte des landgerichtlichen Urteils). Hier sind einmal die beiden abgebildeten Geräte selbst zu nennen, die lila oder violett „angestrahlt“ erscheinen, und zum anderen das mittlere – also am ehesten wahrnehmbare – kleinere Bild in der unteren Reihe, das einen rein lila-farbenen Hintergrund besitzt. Außerdem befindet sich gerade auf diesem Bild der Slogan „You + hp“, der von der Klägerin wegführt und auf die Beklagte hinweist.
Eine vergleichbare Form des Farbeinsatzes ist der Verkehr von der Klägerin nicht gewohnt. Dieser schon vom Landgericht unter dem Stichwort „Farbverwendungsähnlichkeit“ festgehaltene Befund ist jedenfalls für die Frage des kennzeichenmäßigen Verständnisses der angegriffenen Werbeanzeige von Bedeutung. Zwar hat die Klägerin schon in erster Instanz nachgewiesen, dass sie Magenta ebenfalls großflächig, als Hintergrundfarbe und in Kombination mit anderen Farben verwendet ( z.B. Anlage K 43 ). Die gegenteilige Annahme des Landgerichts rügt die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung zu Recht. Das umfangreich eingereichte Werbematerial zeigt jedoch fast ausschließlich eine eintönige Verwendung von Magenta, soweit es flächig zum Einsatz kommt. Die Klägerin hat zwar einige wenige Werbebeispiele eingereicht, in denen Magenta changierend benutzt wird ( z.B. Anlagen BK 11-13 ). Der Eindruck einer eintönigen Verwendung in der Fläche überwiegt jedoch bei weitem und entspricht auch der Erfahrung der Senatsmitglieder, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.
Schließlich wird der Gesamteindruck der Anzeige stark durch die beiden Reihen bunter Bilder in ihrem oberen Drittel geprägt. Die Farbbrillanz des beworbenen Druckers stellt inhaltlich die wesentliche Werbeaussage der Anzeige dar. Diese Werbeaussage wird durch die verschiedenen Personenaufnahmen von Kindern und Erwachsenen illustriert, die wie Schnappschüsse von Familienangehörigen erscheinen. Trotz vorherrschender magenta-farbener und violetter Farbgebung des Hintergrundes ist die Anzeige damit in ihrer Gesamtwirkung ausgesprochen bunt. Der Farbeinsatz erscheint dekorativ zur Unterstreichung der Werbeaussage, nicht aber als Herkunftshinweis.
ee)
Einem kennzeichenmäßigen Verständnis steht ferner entgegen, dass Magenta eine bekannte Druckfarbe ist. Wird ein Druckgerät mit dieser Farbe beworben, liegt ein beschreibendes Verständnis sehr viel näher als ein kennzeichnendes Verständnis.
ff)
Endgültig in den Hintergrund gedrängt im Sinne der Rechtsprechung wird ein etwaiges kennzeichenmäßiges Verständnis der magenta-ähnlichen Farbgebung der Anzeige durch die deutlich angebrachten herkömmlichen Kennzeichnungsmittel, nämlich das Wort/Bildzeichen „hp“ nach Art eines Logos im weißen Rahmen und das Wort/Bildzeichen „intel inside/ centrino“. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass Magenta durch die Einbeziehung in die Innenfläche des weißen hp-Logos kennzeichenmäßig eingesetzt werde, erscheint dem Senat diese Deutung gekünstelt. Der Verkehr nimmt den magenta-ähnlichen Farbton auch innerhalb des Logos als Teil des Hintergrundes wahr und sieht nur die weißen Elemente, die sich hiervon abheben, als Kennzeichnungsmittel an.
Für diese Wertung kommt auch zum Tragen, dass es sich bei der Beklagten um einen der bekanntesten Hersteller von Druckern und bei dem beworbenen Gerät um ein solches aus ihrer Kernkompetenz handelt. Das Kürzel „hp“ taucht auch in dem mittleren Bild der unteren Reihe in dem Slogan „hp + you“ auf. Diese herkömmlichen Kennzeichnungsmittel sind – anders als etwa in dem Fall „Lila Schokolade“ des BGH – deutlich sichtbar innerhalb der Anzeige angebracht. Sie überlagern eine etwaige Vorstellung des Verkehrs, dass auch die Hintergrundfarbe etwas über die Herkunft des Geräts aussagen könnte.
Unter Berücksichtigung aller Umstände, wie sie in den Ziffern bb) – ff) erörtert worden sind, hält der Senat daher ein kennzeichenmäßiges Verständnis der Farbgebung der angegriffenen Werbeanzeige für erfahrungswidrig. Da seine Mitglieder zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören, kann er dies aus eigenem Wissen beurteilen.
d)
Die Klägerin kann ihren Unterlassungsanspruch auch nicht auf § 14 Abs.2 Nr.3, Abs.5 MarkenG stützen. Nach dieser Vorschrift ist es Dritten untersagt, ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
aa)
Zugunsten der Klägerin kann angenommen werden, dass es sich bei Magenta jedenfalls im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen der Telekommunikation um eine bekannte Marke handelt. Die Anwendung des § 14 Abs.2 Nr.3 MarkenG scheitert auch nicht daran, dass es sich bei dem beworbenen Gerät entgegen den Gesetzeswortlaut um eine identische bzw. hochgradig ähnliche Ware handelt, auf die sich der Schutz der Marken erstreckt. Für diese Fälle gilt die Bestimmung entsprechend (BGH GRUR 2004,235 – Davidoff II).
bb)
Nach der Rechtsprechung des EUGH ist es für § 14 Abs.2 Nr.3 MarkenG nicht zwingend erforderlich, dass der Verletzer ein identisches oder ähnliches Zeichen selbst kennzeichenmäßig benutzt. Es reicht aus, wenn das Zeichen wegen der hochgradigen Ähnlichkeit gedanklich mit der bekannten Marke verknüpft wird (EUGH GRUR 2004, 58, 60 – Adidas/Fitnessworld; BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte). Der Senat hat bereits Zweifel, ob hier eine hochgradige Ähnlichkeit im Sinne dieser Rechtsprechung besteht. Denn wie schon ausgeführt, wird der Gesamteindruck der Werbeanzeige auch sehr stark von Violetttönen und der Buntfarbigkeit der kleinen Bilder im oberen Bereich der Anzeige geprägt.
cc)
Durch die Verwendung des magenta-ähnliche Farbtons findet aber jedenfalls keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der Farbmarken der Klägerin statt. Eine Ausnutzung der Wertschätzung liegt vor, wenn Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den Waren oder Dienstleistungen der Klägerin verbindet, von der Beklagten ausgenutzt würden (BGH GRUR 2005, 583, 584 – Lila Postkarte m.w.N.). Dafür gibt es nach dem Klägervortrag keine Anhaltspunkte. Die Beklagte ist ein bekannter und renommierter Anbieter von Computerhardware, insbesondere Druckern. Unstreitig vertreibt die Klägerin selbst deren Produkte unter ihrem Kennzeichen, was sie kaum täte, wenn sie diese qualitativ für minderwertig hielte.
Erst recht ist eine Beeinträchtigung der Wertschätzung von Magenta nicht ersichtlich.
dd)
Auch eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft der Farbe Magenta in dem Sinne, dass die Beklagte durch die gewählte Farbgebung ihrer Werbung die Aufmerksamkeit der bekannten Marke Magenta für sich ausnutzen will, ist in Anbetracht der Gesamtumstände zu verneinen. Die Beklagte ist – wie ausgeführt – eine renommierte Herstellerin und hat die Werbung an mehreren Stellen deutlich mit ihrem Firmenkennzeichen bzw. ihrer Marke gekennzeichnet. Durch die changierende Hintergrundfarbe von Lila nach Magenta-ähnlich und die ansonsten mehrfarbige Gestaltung hat sie sich zwar in die Nähe des für die Klägerin geschützten Farbtons begeben, aber insgesamt doch einen gewissen Abstand gewahrt. Schließlich werden in der Anzeige die Qualitäten des Geräts als Drucker, insbesondere Fotodrucker beworben. Eine unlautere Ausnutzung von Magenta als bekannte Marke im Bereich Telekommunikation vermag der Senat daher nicht zu erkennen.
ee)
Auch eine Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der klägerischen Marken liegt nicht vor. Damit ist die Verwässerung bekannter Kennzeichen durch identische oder fast identische Zeichen gemeint (Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2.Aufl., § 14 Rn.866). Zu verlangen ist eine „greifbare Beeinträchtigung“, die über die bloße Verwechslungsgefahr hinaus geht (Ingerl-Rohnke, a.a.O. Rn .864). Aus den bereits in der vorstehenden Ziffer genannten Gründen ist auch diese Tatbestandsalternative nicht erfüllt.
e)
Soweit die Klägerin ihre Ansprüche hilfsweise auf eine Benutzungsfarbmarke Magenta stützt (§ 4 Nr.2 MarkenG), geschieht dies nach dem Verständnis des Senats nur für den Fall, dass eine Verurteilung an der Löschungsreife ihrer eingetragenen Farbmarken scheitern sollte bzw. der Senat das Verfahren ansonsten aussetzen würde. Dieser Fall ist jedoch nicht eingetreten, da der Senat die Ansprüche der Klägerin unabhängig von dem (Fort)bestehen ihres Farbmarkenschutzes verneint. Im Übrigen wären Ansprüche aus einer Benutzungsfarbmarke Magenta aus denselben Gründen zu verneinen wie aus den eingetragenen Farbmarken.
3.
Die Klage ist auch nicht aus Wettbewerbsrecht begründet. Ein Unterlassungsanspruch aus der Vorschrift des § 5 UWG , die die Klägerin anführt, ist zu verneinen. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Markenrecht als Spezialgesetz vorrangig. Spezifisch wettbewerbsrechtlich zu erfassende Verhaltensweisen sind nicht erkennbar.
Aus den unterschiedlichen Werbungen der Beklagten in der Vergangenheit, die die Klägerin beanstandet hat, kann auch keine planmäßige Annäherung an die Klägerin im Sinne einer Behinderung hergeleitet werden (§ 4 Nr.10 UWG). Dazu sind diese Werbungen ist schon viel zu unterschiedlich gestaltet. Für die Annahme eines gezielten Vorgehens der Beklagten gegen die Klägerin, wie § 4 Nr.10 UWG es erfordert, reicht dieser Sachverhalt nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs.2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um die Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur konturlosen Farbmarke in einem eng begrenzten Einzelfall.