OLG Hamburg: Textform und Wertersatz bei eBay

veröffentlicht am 29. Juni 2007

OLG Hamburg, Beschluss vom 19.06.2007, Az. 5 W 92/07
§§ 312c Abs. 1, 2, 357 Abs. 3 S. 1 BGB, §§ 1 Abs. 1 Nr. 10, 1 Abs. 4 Nr. 1 BGB-InfoV, § 3, 4 Nr. 11 UWG

Nach Rechtsauffassung des des OLG Hamburg genügt eine Widerrufsbelehrung, die im Rahmen einer eBay-Auktion in die Artikelbeschreibung eingestellt wird, nicht dem Formerfordernis der Textform gemäß § 126b BGB. Weiterhin ist das OLG Hamburg der Rechtsauffassung, dass der Verkäufer sich im Rahmen der Widerrufsbelehrung Wertersatz für eine Verschlechterung auf Grund bestimmungsgemäßen Gebrauch vorbehalten kann, wenn er eine entsprechend formulierte Widerrufsbelehrung in der Artikelbeschreibung aufführt und diese spätestens bis zur Lieferung der Ware dem Verbraucher in Textform zukommen lässt. § 312 c Abs. 2 Nr. 2 BGB gehe § 357 Abs. 3 als Spezialvorschrift vor.

Hanseatisches Oberlandesgericht

Beschluss

In dem Rechtsstreit

Antragsteller und Beschwerdeführer

gegen

Antragsgegner und Beschwerdegegner

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5 Zivilsenat, am 19.06.2007 durch … :

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg – Kammer 7 für Handelssachen – vom 06.06.2007 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 1.250,00 EUR zu tragen.

Begründung

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht den Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt, soweit dem Antragsgegner verboten werden soll, bei der Tätigkeit im Fernabsatz Verbrauchern über den Online-Markt eBay Audio-/Hifi-Artikel anzubieten oder zu verkaufen, wenn und soweit im Zusammenhang mit der Information zum fernabsatzrechtlichen Widerrufs- bzw. Rückgaberecht darauf hingewiesen wird, es könne eine Wertersatzpflicht vermieden werden, indem die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch genommen werde. Ein Wettbewerbsverstoß gemäß $ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 312 c Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV wegen fehlerhafter Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs bzw. der Rückgabe ist zu vermeiden. In § 357 Abs. 3 S. 1 BGB heißt es, dass der Verbraucher abweichend von § 346 Abs. 2 S.1 Nr. 3 BGB Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten hat, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden.

Die angegriffene Widerrufsbelehrung des Antragsgegners zum Wertersatz, von der die Antragstellerin lediglich den letzten Satz beanstandet – eigentlich besteht die Belehrung aus drei Sätzen beginnend mit „Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren…“ – erfolgt in Anwendung dieser Bestimmung und entspricht fast wörtlich der empfohlenen Widerrufsbelehrung aus Anlage 2 zu § 14 BGB InfoV. Allerdings erfolgt die Belehrung wohl nicht bereits in Textform bei Vertragsschluss, wie es § 357 Abs. 3 S. 1 BGB verlangt. Denn eine im Zusammenhang mit Online-Auktionen bei eBay in das Internet eingestellte Belehrung genügt nach der Rechtsprechung des 3. Zivilsenats des HansOLG, der sich der erkennende 5. Zivilsenat anschließt, nicht dem Formerfordernis der Textform gemäß § 126b BGB. Dieses wird nur dadurch erfüllt, dass die Belehrung in dauerhaft verkörperter Form an den Verbraucher gelangt, z.B. auf Papier, Diskette, CD-Rom, e-mail oder Computerfax (HansOLG MMR 06, 675, 676; ebenso KG MMR 06, 678). Der Kaufvertrag bei eBay-Auktionen kommt aber bereits mit dem Ende der Auktion zwischen dem Verkäufer und dem Höchstbietenden zustande (s. dazu im Einzelnen Anm. Hoffmann zu HansOLG MMR 06, 675).

Eine erst anschließend erfolgte Übersendung der Widerrufsbelehrung in Textform – z.B. per e-mail – könnte als nicht mehr „bei Vertragsschluss“ erfolgt im Sinne des § 357 Abs. 3 S. 1 BGB anzusehen sein. Indessen enthalten die §§ 355 ff. BGB nur allgemeine Vorschriften für alle Gesetze, nach denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt ist. Speziell für den Fernabsatz ist in § 312 c BGB näher festgelegt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die Widerrufsbelehrung mit dem in § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB InfoV niedergelegten Inhalt zu erfolgen hat. Dazu gehört auch die Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs. Die Frage des Wertersatzes bei Verschlechterung des Kaufgegenstandes ist eine solche Rechtsfolge. Wie das Kammergericht in der oben bereits zitierten Entscheidung im Einzelnen herausgearbeitet hat, ist zu unterscheiden zwischen den Informationspflichten nach § 312 c Abs. 1 BGB und denjenigen nach § 312 c Abs. 2 BGB.

Erstere müssen rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise „klar und verständlich“ erfolgen, aber nicht notwendigerweise in der Textform des § 126b BGB. Diese Informationspflichten können also auch durch die Bereitstellung der Widerrufsbelehrung im Internet innerhalb des jeweiligen Auktionsangebotes erfüllt werden, wie es der Antragsgegner getan hat. Die Erfüllung der Informationspflichten nach § 312c BGB hat hingegen in Textform zu erfolgen, und zwar bei Waren – darum geht es hier – spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher (§ 312c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB).

Diese Regelungen zur Widerrufsbelehrung im Fernabsatz sind als Spezialregelungen zum Zeitpunkt und zur Art und Weise der Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs anzusehen und gehen in ihrem Anwendungsbereich § 357 Abs. 3 S. 1 BGB vor (so auch LG Flensburg MMR 06, 686, 687). Somit kann der Antragsgegner sich die Haftung des Käufers für Verschlechterungen in der Weise erhalten, dass er innerhalb der Online-Auktion entsprechend der Anlage 2 zu § 14 BGB InfoV über die Rechtsfolgen des Widerrufs informiert, sofern er noch spätestens bis zur Lieferung der Ware dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform zukommen lässt. Dass er dies nicht tut, trägt die Antragstellerin nicht vor und dies ist auch nicht Gegenstand ihres Antrags. Da die Belehrung des Antragsgegners bezüglich des Wertersatzes bei Verschlechterung der Ware somit nicht gegen Informationspflichten des Fernabsatzrechts verstößt, liegt insoweit auch kein Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 11 UWG vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO analog.

Vorinstanz: LG Hamburg, Entscheidung vom 05.06.2007, Az. 407 O 145/07

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