OLG Karlsruhe: Eine falsche Rechtsmittelbelehrung führt bei Fristversäumnis nicht automatisch zur Wiedereinsetzung

veröffentlicht am 24. Juli 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammOLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 18 WF 324/13
§ 569 Abs. 1 ZPO

Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung bezüglich der Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels bei Fristversäumnis nicht zwangsläufig zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt. Vorliegend war eine Beschwerdefrist fälschlich mit einem Monat statt zwei Wochen angegeben. Die Beschwerde wurde allerdings erst mehr als einen Monat nach Zustellung des Beschlusses eingelegt. Die Fristversäumnis beruhte also nicht auf der fehlerhaften Belehrung, denn auch bei Zugrundelegung dieser wäre die Beschwerde zu spät eingelegt gewesen. Wiedereinsetzung wurde nicht gewährt. Zum Volltext der Entscheidung:


Oberlandesgericht Karlsruhe

Beschluss

1.
Die sofortige die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Freiburg vom 11.11.2013 wird verworfen.

2.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3.
Der Verfahrenswert wird auf 500 € festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Freiburg vom 11.11.2013, mit welchem ihr Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes zurückgewiesen wurde.

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingereicht wurde.

Gemäß § 87 Abs. 4 FamFG ist ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 ff. ZPO anfechtbar. Nach § 569 Abs. 1 ZPO beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen ab Zustellung der Entscheidung. Der angefochtene Beschluss wurde der Antragstellerin ausweislich der in der Akte befindlichen Zustellungsurkunde am 13.11.2013 zugestellt. Die Beschwerdefrist endete damit am 27.11.2013. Die auf 15.12.2013 datierte Beschwerdeschrift enthält als Sendedatum des Faxgerätes der Postagentur Badenweiler den 16.12.2013. Da zu diesem Zeitpunkt die Beschwerdefrist längst abgelaufen war, ist die Beschwerde unzulässig.

Der Umstand, dass in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses eine Beschwerdefrist von einem Monat angegeben ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung bewirkt weder eine Verlängerung der zweiwöchigen Beschwerdefrist (BGH NJW-RR 2004, 408 [BGH 16.10.2003 – IX ZB 36/03]), noch hat sie Auswirkungen auf den Bestand des Beschlusses. Sie kann jedoch zur Wiedereinsetzung wegen schuldloser Fristversäumnis berechtigten, wenn die Belehrung einen unvermeidbaren oder zumindest entschuldbaren Rechtsirrtum auf Seiten des Beteiligten hervorruft und die Fristversäumnis darauf beruht (BGH NJW-RR 2004, 408 [BGH 16.10.2003 – IX ZB 36/03]). Dabei besteht gemäß § 17 Abs. 2 FamFG die Vermutung, dass die Fristversäumung unverschuldet war, denn der betroffene Beteiligte darf grundsätzlich – selbst wenn er anwaltlich vertreten ist – auf die Richtigkeit der gerichtlichen Belehrungen vertrauen (BGH FamRZ 2012; 1287). Ein Verschulden des Beteiligten ist daher dann regelmäßig zu verneinen, wenn gerade die Befolgung der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung die Fristversäumnis herbeigeführt hat (BVerwG NJW 2013, 1617 [BVerwG 17.04.2013 – BVerwG 6 P 9.12]).

Vorliegend kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung nicht in Betracht, denn die Fristversäumung ist nicht unverschuldet. Die sich aus § 17 Abs. 2 FamFG ergebende Vermutung fehlenden Verschuldens reicht nicht weiter als der durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung geschaffene Vertrauenstatbestand. Dieser erschöpft sich hier darin, dass die Beschwerdefrist nicht zwei Wochen, sondern einen Monat beträgt. Die Antragstellerin durfte folglich zwar davon ausgehen, dass ihre Beschwerde auch dann noch rechtzeitig eingelegt ist, wenn sie bis spätestens 13.12.2013, einem Freitag, eingeht. Ein Rechtsschein dahingehend, dass eine nach Ablauf der Monatsfrist eingelegte Beschwerde ebenfalls noch fristgerecht ist, wurde demgegenüber durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung nicht erzeugt. Die tatsächlich erst nach Ablauf des 13.12.2013 erfolgte Beschwerdeeinlegung beruht daher nicht auf dem durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung geschaffenen Vertrauenstatbestand, sodass die Vermutung des § 17 Abs. 2 FamFG nicht eingreift.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 84 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswerts hat ihre Grundlage in § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 FamGKG.

Vorinstanz:
AG Freiburg, Az. 48 F 1600/13

I