OLG Schleswig: Eine AGB-Klausel, nach welcher für die Bearbeitung von Rücklastschriften eine pauschale Gebühr von 10,00 EUR anfällt, ist unwirksam

veröffentlicht am 3. April 2013

OLG Schleswig, Urteil vom 26.03.2013, Az. 2 U 7/12
§ 309 Nr. 5a BGB
, § 10 UWG

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass ein Anbieter von Mobilfunkleistungen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) keine Schadenspauschale in Höhe von 10,00 EUR für Rücklastschriften verlangen darf. Der Mobilfunkanbieter habe nicht dargelegt, dass ihm über die Mindestbankgebühren von 3,00 EUR für eine nicht eingelöste oder stornierte Rücklastschrift hinaus durchschnittlich höhere Bankgebühren entstünden. Äußerstenfalls könne ein linearer Mittelwert zwischen den Mindestbankgebühren von 3,00 EUR und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 Euro zugrunde gelegt werden, d.h. in Höhe von 5,87 EUR. Hinzu kämen die Benachrichtigungskosten, die vom Mobilfunkanbieter selbst mit 0,40 EUR kalkuliert seien, so dass sich allenfalls ein durchschnittlicher Schaden in Höhe von 6,27 EUR ergebe. Zur Pressemitteilung 6/2013 des Senats vom 28.03.2013:

„Ein Anbieter von Mobilfunkleistungen darf nicht in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eine Schadenspauschale in Höhe von 10 Euro für Rücklastschriften verlangen. Der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes untersagte die Verwendung der AGB-Klausel auf die Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V.

Zum Sachverhalt: Der klagende Verbraucherschutzverein forderte den Mobilfunkanbieter mit Sitz in Schleswig-Holstein auf, Klauseln in seinen AGB zu unterlassen, die für Rücklastschriften eine Schadenspauschale in Höhe von 10,00 EUR und höher festlegten. Der Mobilfunkanbieter hatte zunächst in seinen AGB für eine „Rücklastschrift (die vom Kunden zu vertreten ist)“eine Schadenspauschale in Höhe von 20,95 Euro verlangt. Der Anbieter setzte im Anschluss an die Abmahnung in zwei Schritten die Schadenspauschale zunächst auf 14,95 EUR und dann auf 10,00 EUR herab. Der Verbraucherschutzverein verlangte vor Gericht die Unterlassung der Klausel und die Zahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel erzielt hatte.

Aus den Gründen: Die beanstandete Klausel in den AGB ist unwirksam, weil die Rücklastschriftpauschale von 10,00 EUR den nach dem „gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden“ übersteigt (§ 309 Nr.5a BGB). Die ursprünglich festgelegte Pauschale von 20,95 EUR überstieg seinerzeit die Pauschalen sämtlicher Konkurrenten des Mobilfunkanbieters. Auch die derzeit festgelegte Pauschale von 10,00 EUR ist im Vergleich zu den aktuellen Pauschalen für Rücklastschriften, die einige andere große Mobilfunkanbieter erheben, noch immer ungewöhnlich hoch. Der beklagte Mobilfunkanbieter hat nicht schlüssig dargelegt, dass die jetzige Rücklastschriftpauschale von 10,00 EUR dem branchentypischen Schaden entspricht, der durch eine Rücklastschrift entsteht. Der Verwender von AGB – und nicht der Kunde – muss darlegen und beweisen, dass die Pauschale im Rahmen des gewöhnlich zu erwartenden Schadens liegt.“Wollte man dem Kunden die Darlegungs- und Beweislast auferlegen, so würde er dadurch in eine praktisch aussichtlose Beweislast gedrängt, weil er in der Regel auch nicht ansatzweise die ganz in der Sphäre des Verwenders liegenden Kalkulationsprinzipien und -faktoren kennen kann.“

Der Mobilfunkanbieter hat nicht dargelegt, dass ihm über die Mindestbankgebühren von 3,00 EUR für eine nicht eingelöste oder stornierte Rücklastschrift hinaus durchschnittlich höhere Bankgebühren entstehen. Äußerstenfalls kann ein linearer Mittelwert zwischen den Mindestbankgebühren von 3,00 EUR und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 Euro zugrundegelegt werden, d.h. in Höhe von 5,87 EUR. Hinzu kommen die Benachrichtigungskosten, die vom Mobilfunkanbieter selbst mit 0,40 EUR kalkuliert sind, so dass sich allenfalls ein durchschnittlicher Schaden in Höhe von 6,27 EUR ergibt.

Die vom Mobilfunkanbieter angesetzten Personalkosten und IT-Kosten für die Software, die zur Bearbeitung der Rücklastschriften erforderlich ist, dürfen nicht in die Schadenspauschale eingerechnet werden. Im vertraglichen Schadensersatzrecht gilt der Grundsatz, dass Personalkosten und systembedingte allgemeine Kosten nicht erstattungsfähig sind, die zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrags aufgewendet werden. Geltend gemachte Refinanzierungskosten und entgangener Gewinn sind nicht durch die jeweilige Rücklastschrift verursacht, sondern durch einen Zahlungsverzug des Kunden und die unternehmerische Entscheidung, im eigenen Interesse den Kunden nach einer Rücklastschrift zu sperren und so von weiteren Umsätzen auszuschließen.

Der Senat sieht einen Gewinnabschöpfungsanspruch zu Gunsten des Bundeshaushalts (§ 10 UWG) für den Zeitraum vom 10.10.2011 bis zum 27.06.2012 (nur dieser Zeitraum wurde vom Verbraucherschutzverein geltend gemacht) als gegeben an, weil der Mobilfunkanbieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt hat. Das vorsätzliche Handeln (Eventualvorsatz) ergibt sich unter anderem daraus, dass der Mobilfunkanbieter unzulässig hohe Schadenspauschalen nach der Abmahnung und auch nach Zustellung der Entscheidung im vorangegangenen Eilverfahren verlangt hat. Der Mobilfunkanbieter muss nun zunächst Auskunft über die Höhe der erzielten Gewinne durch die unzulässige Schadenspauschale erteilen.“

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