AG Düsseldorf, Urteil vom 04.04.2013, Az. 57 C 12732/12
§ 105 UrhG i.V.m. § 2 KonzentrationsVO NRW, § 313 Abs. 3 S. 2 BGB, § 15 Abs. 3 UrhG
Das AG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Zahnarzt den für die Abspielung von Musik in seinem Wartezimmer mit der GEMA geschlossenen Lizenzvertrag fristlos kündigen durfte, nachdem der EuGH entschieden hatte, dass diese Nutzungsform keine öffentliche Wiedergabe im urheberrechtlichen Sinne sei. Die Berufung wurde zugelassen. Zum Volltext der Entscheidung:
Amtsgericht Düsseldorf
Urteil
…
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 61,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2012 und 8,00 EUR vorgerichtliche Kosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des von der anderen Partei aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, ein wirtschaftlicher Verein kraft staatlicher Verleihung, ist die einzige in Deutschland bestehende Wahrnehmungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Sie verwaltet aufgrund umfassender Ermächtigungen nahezu das gesamte Weltrepertoire an geschützter Musik. Aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit den inländischen Verwertungsgesellschaften Wort, Bild-Kunst, GÜFA, VGF, GWFF sowie GVL ist die Klägerin auch zur Wahrnehmung der Rechte der Urheber- und Leistungsschutzberechtigten befugt, die von diesen Verwertungsgesellschaften vertreten werden.
Der Beklagte betreibt eine Zahnarztpraxis in X. Im Wartebereich für seine Patienten wird Hintergrundmusik in Gestalt von Hörfunksendungen übertragen.
Der Beklagte schloss mit der Klägerin am 06.08.2003 einen Vertrag, in welchem ihm Nutzungsrechte zur Wiedergabe von Hörfunk/Ladenfunk in seiner Praxis eingeräumt wurden. Der Vertrag lief zunächst vom 01.06.2003 bis zum 31.05.2004 und verlängerte sich jeweils um ein weiteres Jahr, solange nicht einen Monat vor Ende des Vertragsjahres eine schriftliche Kündigung erfolgte. Weitere Einzelheiten können der Ablichtung (Bl. 10 f. d. A.) entnommen werden.
Gemäß Änderungsmitteilung vom 21.04.2012 (Bl. 12 d. A.) betrug der Lizenzbetrag für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.06.2012 bis 31.05.2013 insgesamt 113,57 EUR. Der Beklagte zahlte diesen Betrag nicht. Mit Schreiben vom 12.06., 22.06., 02.07. & 12.07.2012 wurde er seitens der Klägerin erfolglos gemahnt.
Mit Schriftsatz vom 06.12.2012 (Bl. 18 ff. d. A.), beim Klägervertreter zugestellt am 17.12.2012, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Anfechtung sowie die Kündigung mit sofortiger Wirkung, hilfsweise mit Wirkung zum nächstzulässigen Zeitpunkt. Dabei berief er sich auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15.03.2012, Aktenzeichen C-135/10, wonach die Musikwiedergabe im Wartebereich einer Zahnarztpraxis keine öffentliche Wiedergabe darstellen.
Die Klägerin ist der Ansicht, der vertraglich vereinbarte Betrag sei weiterhin geschuldet. Das Urteil des EuGH betreffe nicht – wie hier – urheberrechtliche Wiedergaberechte, sondern vielmehr Vergütungsansprüche auf die Nutzung von Leistungsschutzrechten. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe sei in den beiden betroffenen europäischen Richtlinien individuell auszulegen, je nachdem, ob Urheber- oder Leistungsschutzrechte betroffen seien. Das Urteil sei daher auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen.
Sie beantragt daher, den Beklagten zu verurteilen, an sie 113,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 08.09.2012 und 8,- € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach sei das Urteil sehr wohl auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Entscheidend für die Frage, ob eine öffentliche Wiedergabe vorliegt, sei unter anderem, ob sie Erwerbszwecken diene. Es gebe auch keine unterschiedliche Definition dieses Begriffs.
Bezüglich des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der vorbereitend eingereichten Schriftsätze sowie der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angerufene Gericht örtlich zuständig, da sich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten in X und damit im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf befindet; hierfür ist gemäß § 105 UrhG i.V.m. § 2 KonzentrationsVO NRW das angerufene Gericht zuständig.
II.
Die Klage ist teilweise begründet.
1.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 61,64 EUR.
a)
Unstreitig ist dieser Anspruch ursprünglich in Höhe von 113,57 EUR entstanden. Die Parteien haben die entsprechende Zahlung vertraglich vereinbart. Soweit sich der zugrunde liegende Tarif R geändert hat, sind die jeweils aktuellen Vergütungssätze im Bundesanzeiger veröffentlicht worden, was gemäß Absatz B der Allgemeinen Bedingungen zum Vertrag auch die entsprechende Änderung des vertraglich geschuldeten Betrages zur Folge hatte. Eine ordentliche Kündigung vor Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums ist nicht erklärt worden, so dass die Vertragspauschale zunächst einmal fällig geworden ist.
b)
Der Vertrag ist auch nicht durch die Anfechtungserklärung des Beklagten vom 06.12.2012 ex tunc unwirksam geworden mit der Folge, dass keinerlei Vergütung geschuldet wäre. Es fehlt an einem Anfechtungsgrund, insbesondere an einem Erklärungs- oder Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 BGB. Beide Parteien waren sich bewusst, eine Willenserklärung genau mit dem Inhalt abzugeben, der nunmehr auch zum Vertragsgegenstand geworden ist. Selbst wenn sie dabei übereinstimmend davon ausgingen, dass es sich bei der zugrunde liegenden Musiknutzung nach damaliger Rechtslage um eine öffentliche Wiedergabe handelte und diese Rechtsansicht möglicherweise unzutreffend war, würde es sich um einen Motivirrtum, also einen Irrtum im Beweggrund handeln, der nicht zur Anfechtung berechtigt (Palandt/Ellenberger, § 119 Rn. 29).
Soweit bei einem gemeinschaftlichen Irrtum beider Vertragspartner die Grundsätze des Fehlens der Geschäftsgrundlage heranzuziehen sind (Palandt a.a.O., Rn. 30), können diese zwar nach § 313 Abs. 3 BGB eine Vertragsauflösung rechtfertigen, gewähren aber bei Dauerschuldverhältnissen ein Recht zur Kündigung, die nur Wirkung ab entsprechender Erklärung entfaltet.
c)
Der Vertrag zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 06.12.2012 mit ihrem Zugang beim Klägervertreter am 17.12.2012 beendet worden. Dem Beklagten stand ein solches Kündigungsrecht gemäß § 313 Abs. 3 S. 2 BGB zu.
aa)
Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages zwischen den Parteien war die Annahme, dass es sich bei einer Wiedergabe von Hörfunksendungen im Wartebereich einer Zahnarztpraxis um eine öffentliche Wiedergabe (§ 15 Abs. 3 UrhG) von urheberrechtlich geschützten Werken aus dem Repertoire der Klägerin handelt.
Nach dieser Vorschrift in der aktuellen Fassung ist die Wiedergabe öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist; zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Entscheidend ist demnach nach Rechtsprechung und Literatur, ob zwischen diesen Personen ein enger gegenseitiger Kontakt besteht (Dreier/Schulze, § 15 UrhG Rn. 43 f.; Schricker/Loewenheim, § 15 UrhG Rn. 66 ff.). Alleine die Zugehörigkeit aller Anwesenden zu einer Gruppe reicht nicht; es kommt vielmehr darauf an, ob in der Gesamtschau die Veranstaltung, in deren Rahmen die Wiedergabe erfolgt ist, als privat anzusehen ist (Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 15 UrhG Rn. 18 m.w.N.). Eine Differenzierung danach, ob mit der Wiedergabe in irgendeiner Form ein Erwerbszweck verfolgt wird oder nicht, wird bisher gerade nicht vorgenommen (Schricker/Loewenheim, § 15 UrhG Rn. 62; vgl. auch die jeweils aufgezählten Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift bei Dreier/Schulze, §15 UrhG Rn. 39 ff. und Wandtke/Bullinger, § 15 UrhG Rn. 18 ff.).
Auch die Heranziehung von § 15 Abs. 3 UrhG in der bis zum 12.09.2003, also zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, geltenden Fassung ändert daran nichts. Danach war die Wiedergabe eines Werkes öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es sei denn, dass der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind. Auch hier wird keine Abgrenzung nach der Frage eines Erwerbszweckes vorgenommen.
Nach diesen Grundsätzen richtet sich die Musikwiedergabe im Wartezimmer eines (Zahn-)Arztes an eine Öffentlichkeit im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG. So sind die Patienten mit ihrem Arzt nicht persönlich verbunden. An familiären oder freundschaftlichen Beziehungen wird es fast immer fehlen; aber auch eine hinreichend persönliche Beziehung, die unter dem Arzt und seinen Patienten das Bewusstsein hervorruft, persönlich miteinander verbunden zu sein (BGH GRUR 1984, 734 – Vollzugsanstalten; BGH GRUR 1996, 875 – Zweibettzimmer im Krankenhaus), wird bis auf Einzelfälle auszuschließen sein.
Zur rechtmäßigen Nutzung dieser Werke war der Beklagte aufgrund der damaligen Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Literatur darauf angewiesen, seitens der Klägerin die entsprechenden Nutzungsrechte gegen Zahlung des einschlägigen Tarifbetrages eingeräumt zu bekommen, also den Vertrag mit ihr zu schließen.
bb)
Diese Grundlage ist aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entfallen.
Eine Änderung der Rechtsprechung kann grundsätzlich eine schwerwiegende Änderung von Umständen, die Vertragsgrundlage geworden sind, und damit eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB darstellen (Palandt/Grüneberg, § 313 Rn. 34).
Bei der Frage, wie der Begriff der „Öffentlichkeit“ nun auszulegen ist, ist unter anderem das Recht der Europäischen Gemeinschaft zu berücksichtigen. Die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind (vgl. unter anderem EuGH, Slg. 2000, I-9265 Rdnr. 26 – Yiadom; Slg. 2003, I-1251 = EuZW 2003, 211 Rdnr. 23 – SENA; GRUR 2007, 225 Rdnr. 31 – SGAE/Rafael). Die nationalen Gerichte müssen daher unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit einer Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt; der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung fordert sogar, das nationale Recht gegebenenfalls entsprechend fortzubilden (vgl. Schricker/Loewenheim, § 15 Rn. 40 m.w.N.). Hieraus folgt, dass der hier entscheidende Begriff „öffentlich“ in § 15 Abs. 3 UrhG in Einklang stehen muss mit der Auslegung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne des Art. 3 der Informationsgesellschafts-Richtlinie (Richtlinie …/EG vom 22.05.2001).
Das Urteil des Gerichtshofs vom 15.03.2012 (Az. C-135/10) ist dahingehend zu verstehen, dass eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 der Richtlinie …/EG und damit auch von § 15 Abs. 3 UrhG unter anderem voraussetzt, dass sie Erwerbszwecken dient.
Zwar sind die Ausführungen des Gerichtshofs in diesem Punkt zunächst widersprüchlich. In Rdnr. 88 führt er aus, er habe im Urteil Football Association Premier League u.a. entschieden, dass es auch nicht unerheblich ist, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie Erwerbszwecken dient. An der angeführten Stelle des zitierten Urteils (C-403/08 und C-429/08 Rdnr. 204) findet sich dagegen lediglich ein knapper Verweis auf das oben schon genannte Urteil SGAE/Rafael (GRUR 2007, 225 Rdnr. 44) ohne eigenständige Begründung. Die dortigen Ausführungen wiederum versteht das hiesige Gericht (ebenso wie Schricker/Loewenheim, § 15 Rn. 62) aber so, dass die Frage des Erwerbszweckes gerade offengelassen werden konnte. Immerhin wird der entgegenstehenden Ansicht der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, dass die Gewinnerzielungsabsicht keine zwingende Voraussetzung sei, nicht mit Argumenten entgegengetreten; vielmehr wird betont, dass im dortigen Verfahren [ohnehin] der Nachweis erbracht worden sei, dass die Wiedergabe unter den Umständen des dortigen Ausgangsverfahrens Erwerbszwecken diente. Zumindest bei alleiniger Heranziehung der vorgenannten früheren Entscheidungen kann also nicht von einer klaren europäischen Rechtsprechung betreffend das Erfordernis eines Erwerbszweckes ausgegangen werden.
Diese Klarstellung ist jedoch nunmehr in der Entscheidung vom 15.03.2012 (Az. C-135/10) erfolgt. In der bereits genannten Rdnr. 88 wird unmissverständlich ausgeführt, dass es nicht unerheblich – demnach also gerade erheblich – ist, ob eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie …/EG Erwerbszwecken dient. Im Folgenden wird im Einzelnen herausgestellt, weshalb ein solcher Erwerbszweck bei einer Wiedergabe im Wartebereich einer Zahnarztpraxis zu verneinen ist; da diese Auslegung im vorliegenden konkreten Einzelfall von den Parteien nicht angegriffen worden ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen lediglich auf die Rdnr. 97 ff. des Urteils Bezug genommen. Ob die streitgegenständliche Wiedergabe zusätzlich auch das vom Gerichtshof aufgestellte Kriterium der „Personen allgemein“ nicht erfüllen könnte (vgl. a.a.O. Rdnr. 85, 95, 96), kann demnach dahinstehen.
Die Ausführungen des EuGH betreffen auch nicht nur die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG. Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass im dortigen Fall eine italienische Verwertungsgesellschaft Vergütungsansprüche geltend gemacht hat, welche auf dem Entschädigungsanspruch von Tonträgerherstellern und nicht auf dem vorbeugenden Untersagungsrecht der Urheber beruhen; dementsprechend hat der EuGH auch die Vorlagefrage betreffend Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie …/EG umgedeutet in eine Frage betreffend Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG (a.a.O. Rdnr. 64). Des Weiteren ist den Ausführungen des Gerichtshofs zu entnehmen, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe in diesen beiden Bestimmungen in Zusammenhängen verwendet wird, die nicht gleich sind, und [der Begriff der öffentlichen Wiedergabe] zwar ähnliche, aber gleichwohl teilweise unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt (a.a.O. Rdnr. 74 f.). Er betont, dass das Recht [der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller, welches Entschädigungscharakter hat, vgl. Rdnr. 75], auf welches Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG abstellt, im Wesentlichen wirtschaftlich ist. Bei der sich dann anschließenden Aufstellung der Kriterien für eine öffentliche Wiedergabe bezieht er sich dann aber ausdrücklich auf die Kriterien, die er bereits im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie …/EG aufgestellt hat (a.a.O. Rdnr. 81 ff.). Der Gerichtshof zieht dabei sowohl inhaltlich als auch ausdrücklich (a.a.O. Rdnr. 89; so auch nochmals EuGH, Urt. v. 15.03.2012, Az. C-162/10 – Phonographic Performance (Ireland), Rdnr. 36) einen Erst-Recht-Schluss: Wenn bereits bei der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie …/EG eine Erheblichkeit der Frage des Erwerbszweckes zu bejahen ist, muss dies erst Recht bei Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG, der einen wirtschaftlicheren Hintergrund hat, gelten. Dass das Kriterium des Erwerbszwecks bei Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie …/EG nicht (mehr) herangezogen werden soll, ist den Ausführungen dagegen gerade nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt die gesamte Entwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs erkennen, dass er die Reichweite der urheberrechtlichen Verwertungsrechte – gerade im Vergleich zur bisherigen deutschen Rechtspraxis – deutlich beschränkt (von Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 576, 582), weil er bei der Prüfung, ob das Recht der öffentlichen Wiedergabe eingreift, von der zentralen Rolle des Nutzers ausgeht und daher auch dessen Motive und Absichten zu berücksichtigen sind, insbesondere, ob er Erwerbszwecke verfolgt (von Ungern-Sternberg, GRUR 2012, 1198, 1200).
cc)
Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führte auf Seiten des Beklagten zu einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages und begründete daher ein Recht zur fristlosen Kündigung. Eine Anpassung an die veränderten Umstände ist ausgeschlossen, nachdem mit der Öffentlichkeit der erfolgten Wiedergabe eine Kerngrundlage eines Vergütungsanspruchs der Klägerin entfallen ist und eine Lizenzeinräumung für die gewünschte Wiedergabe erkennbar sinnlos wurde. Die Kündigung konnte zudem fristlos erfolgen, da eine Grundlagenstörung im Sinne des § 313 BGB bei Dauerschuldverhältnissen auch einen wichtigen Grund im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB darstellt (vgl. zur Konkurrenz der beiden Vorschriften Münchener Kommentar zum BGB, § 313 Rn. 168).
d)
Die Vertragsbeendigung zum 17.12.2012 führt dazu, dass der Beklagte anteilig 61,64 € zu zahlen hat. Dem Jahresbetrag von 113,57 € entsprechen 9,46 € monatlich, so dass für die Monate Juni bis November 2012 56,76 € offen sind. Hinzu kommen 4,88 € für 16 von 31 Tagen im Dezember 2012.
2.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB, nachdem der Beklagte unstreitig zuvor mehrfach gemahnt worden war. Die weiter zugesprochenen Mahnkosten, deren Höhe nach § 287 ZPO zu schätzen war, sind ebenfalls wegen Verzuges nach den §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB zu erstatten.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV.
Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen.