AG Köln: Zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten bei unberechtigter Geltendmachung von Ansprüchen

veröffentlicht am 9. März 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtAG Köln, Urteil vom 08.06.2011, Az. 119 C 57/11
§ 276 BGB, § 280 BGB

Das AG Köln hat entschieden, dass im Falle einer unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nicht automatisch die zur Abwehr erforderlichen Rechtsanwaltskosten erstattet werden müssen. Eine Ersatzpflicht bestehe insbesondere nicht, wenn der Anspruchsberühmung eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt, also eine sogenannte Plausibilitätskontrolle erfolgt sei. Auch müsse die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Abwehr der Ansprüche erforderlich und zweckmäßig gewesen sein. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Köln

Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Beklagte ist Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft C. Allee 26 in Köln. Die Kläger waren ebenfalls Wohnungseigentümer dieser Wohnungseigentumsgemeinschaft bis zur Veräußerung ihrer Wohnung durch notariellen Kaufvertrag vom 20. Mai 2009 an die Erwerberin N. Gräfin von L. . Aufgrund der Bewilligung im notariellen Kaufvertrag wurde für diese am 5. Juni 2009 eine Eigentumsübertragungsvormerkung im Grundbuch eingetragen, eingetragen als Eigentümerin im Grundbuch wurde sie am 29. Oktober 2009.

Die Kläger hatten bzw. der Beklagte hat an der Gartenfläche der Wohnungseigentumsimmobilie jeweils ein Sondernutzungsrecht. Mit Schreiben vom 10. November 2009 wandten sich die Prozessbevollmächtigten des Beklagten an die Kläger, indem sie darauf hinwiesen, dass die Erwerberin der Eigentumswohnung Veränderungen im Sondernutzungsrecht vorgenommen habe, indem sie die im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Gartenfläche eigenmächtig umgestaltet habe. Die Kläger wurden zur Wiederherstellung des früheren Zustandes aufgefordert. Des Weiteren wurden sie zur Zahlung eines Betrages i. H. v. 1.250,58 € an die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgefordert, ferner zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten an den Beklagten i. H. v. 546,69 €. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 5 – 8 d. A. verwiesen.

Am 12. November 2009 rief der klägerische Ehemann in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Beklagten an und ließ sich die Sach- und Rechtslage darlegen. Am 16. November 2009 folgte ein Telefongespräch der klägerischen Ehefrau mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25. November 2009 wiesen die Kläger die geltend gemachten Ansprüche unter Hinweis darauf zurück, dass die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch auf die Erwerberin am 29. Oktober 2009 erfolgt sei. Falls Ansprüche beständen, seien diese gegen die Erwerberin geltend zu machen. Im Übrigen verlangten die Kläger vom Beklagten die Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren i. H. v. 667,35 €.

Diese sind nun teilweise Gegenstand der Klage.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 610,35 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2010 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, eine Ersatzpflicht bestehe nicht, weil auf seiner Seite keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgelegen habe. Auch sei die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten auf Seiten der Kläger nicht erforderlich gewesen.

In einem am 27. Oktober 2009 eingeholten Grundbuchauszug seien die Kläger noch als Eigentümer der Wohnung im Grundbuch eingetragen gewesen. Hierauf sei auch in den Telefongesprächen der Kläger mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten hingewiesen worden. Hätten die Kläger bereits in diesen Telefonaten ihrerseits darauf hingewiesen, dass die Erwerberin am 29. Oktober 2009 als neue Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden sei, wäre der Anspruch vom Beklagten nicht weiter verfolgt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch steht den Klägern gegenüber dem Beklagten nicht zu.

Die Geltendmachung unbegründeter Ansprüche begründet nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Ersatz der zur außergerichtlichen Abwehr des Anspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten. Eine Ersatzpflicht besteht insbesondere nicht, wenn der Anspruchsberühmung eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt, sogenannte Plausibilitätskontrolle (vgl. Palandt/Grüneberg, 70. Auflage, § 280, Randziffer 27 mit Rechtsprechungsnachweisen, BGH).

Eine Ersatzpflicht bzgl. Rechtsanwaltskosten setzt im Übrigen voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war. Das trifft in einfach gelagerten Fällen nur zu, wenn der „Geschädigte“ geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (Palandt, a. a. O., § 249, Randziffer 57).

Vor diesem Hintergrund ist ein Erstattungsanspruch der Kläger zu verneinen.

Zum einen bestand auf Seiten des Beklagten keine schuldhafte Pflichtverletzung i. S. d. § 280, 276 BGB. Anhand des Grundbuchauszuges vom 27. Oktober 2009 durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Kläger noch Eigentümer des Grundbesitzes waren.

Insoweit hätten die Kläger auch bei ihren Telefonaten mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12. November und 16. November 2009 darauf hinweisen können, dass zwischenzeitlich der Eigentumsübergang an die Erwerberin durch Eintragung im Grundbuch stattgefunden hatte. Insoweit ist davon auszugehen, dass dann auch der Anspruch von Beklagtenseite nicht mehr weiterverfolgt worden wäre. Andererseits wäre dann die außergerichtliche Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht mehr erforderlich gewesen.

Die Klage konnte danach keinen Erfolg haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Streitwert: 610,35 €.

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