AG Lahr, Urteil vom 10.12.2010, Az. 5 C 121/10
§§ 611 ff., 626, 242 BGB
Das AG Lahr hat entschieden, dass Kunden eines Telefonunternehmens grundsätzlich einen Anspruch darauf haben, bei einem Umzug ihren Festnetzanschluss mitzunehmen. Die Beklagten waren in der 24-monatigen Vertragslaufzeit innerhalb ihres bisherigen Wohnortes umgezogen und baten um Weiterführung des vereinbarten Tarifs auch am neuen Wohnsitz. Dies lehnte das klagende Telekommunikationsunternehmen ab und bot den Abschluss eines neuen Vertrags mit geänderten Konditionen und Neubeginn der Laufzeit an. Daraufhin kündigten die Beklagten den Vertrag fristlos. Die Klägerin verlangte eine Nachzahlung von ca. 250,00 EUR. Das Amtsgericht wies die Klage ab und stellte fest, dass, sofern die technische Möglichkeit bestehe, der Kunde Anspruch auf die Fortführung des abgeschlossenen Vertrages habe. Lediglich Kosten, die durch die Änderung des Anschlusses entstehen, könnten dem Kunden auferlegt werden. Zur Verpflichtung des Dienstleisters führte das Gericht aus:
Zitat:
„Die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung der Schaltung des Anschlusses in der neuen Wohnung ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach § 242 BGB.
Die Parteien haben für den Fall des Umzugs mit der Möglichkeit, den Vertrag an dem neuen Ort fortzusetzen, keine Regelung getroffen. Dabei handelt es sich um eine Vertragslücke, da der Kunde eines Dienstvertrages ohne entsprechende Hinweise in dem Vertrag nicht damit rechnen muss, dass er den Vertrag bei technischer Möglichkeit nicht in der neuen Wohnung fortsetzen kann.
Es besteht ein schützenswertes Interesse des Kunden daran, nicht auf einen neuen Vertrag mit einer neu beginnenden Laufzeit verwiesen zu werden, wenn der Vertrag nach den alten Bedingungen erfüllt werden kann. Die Klägerin erklärt zwar, dass sie im Rahmen von Neuverträgen den bisherigen Tarif nicht mehr anbietet. Allerdings erfolgten die Leistungen der Klägerin in der alten Wohnung nach dem alten Vertrag, so dass nicht nachvollziehbar erscheint, dass entsprechende Leistungen bei einer Vertragsfortsetzung nicht auch in der neuen Wohnung möglich sein sollten.
Die Klägerin hat wiederum ein Interesse daran, dass ihr der Aufwand erstattet wird, der für sie durch die Änderung des Anschlusses entsteht. Hierzu wird man aus dem Preis- und Leistungskatalog der Klägerin das Entgelt für die Schaltung eines Neuanschlusses heranziehen können. Bei einer Abdeckung dieser Kosten ist ein weitergehendes schützenswertes Interesse der Klägerin, das bei der Schließung der Regelungslücke des Vertrages zu berücksichtigen wäre, nicht ersichtlich.
Die Fälle, in denen dem Kunden eine Kündigung kompensationlos verwehrt wird, betreffen Sachverhalte, in denen die bisherigen Leistungen am neuen Ort aus technischen Gründen nicht zu erbringen sind. Hier wird der Anbieter nach § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit, da ihm durch den Umzug der Kunden die Leistungserbringung unmöglich gemacht wurde. Vorliegend besteht aber die technische Möglichkeit der weiteren Leistungserbringung in der neuen Wohnung, so dass der Vertrag fortgesetzt werden kann.“
Auf das Urteil hingewiesen hat die Kanzlei Hild & Kollegen.