AG Reinbek: Wenn die Abwehr der Filesharing-Abmahnung zur Kostenfalle wird / Streitwert für Bearbeitung einer Filesharing-Abmahnung liegt bei „nur“ 10.000,00 EUR

veröffentlicht am 23. Dezember 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtAG Reinbek in seinem Urteil vom 21.12.2011, Az. 5 C 523/11 – nicht rechtskräftig
§ 3 ZPO, § 97 UrhG

Die Republik wird seit Jahren mit sog. Filesharing-Abmahnungen überzogen, also kostenpflichtigen Unterlassungsaufforderungen nach angeblich illegalem Download eines Musiktitels, eines Videofilms oder – wie hier eines Naturfilms (vulgo Porno). In vielen Fällen sucht sich der Abgemahnte – zu Recht – einen Rechtsanwalt. In zahlreichen Kanzleien ist die Abwehr von Filesharing-Abmahnungen zu einer Schwerpunkttätigkeit geworden, so dass mittlerweile mit Bearbeitungspauschalen zwischen 200,00 – 400,00 EUR zzgl. MwSt. gearbeitet wird. Schlecht trifft es nunmehr diejenigen, die sich von einem Rechtsanwalt beraten lassen und dabei darauf verzichten, eine schriftliche Kostenpauschale zu vereinbaren. Wird beispielsweise eine „1,5-fache Geschäftsgebühr bei einem Streitwert von 50.000,00 EUR“ vereinbart, so bedeutet dies für den Abgemahnten, dass er an seinen eigenen Rechtsanwalt im Klartext 1.890,91 EUR zahlen darf, häufig deutlich mehr als die von der Gegenseite angebotene Vergleichssumme.

Ein Rechtsanwalt trat nunmehr seine Forderung an eine Verrechnungsstelle ab und diese klagte die Summe beim AG Reinbek ein. Der Richter wollte sich jedoch mit dem vom Kollegen festgesetzten Streitwert nicht anfreunden. Statt 50.000,00 EUR seien 10.000,00 EUR angemessen. Es dürfe als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, so das Gericht, dass in den letzten Jahren die Preise für Kaufvideos im Erotikbereich aufgrund des deutlich gestiegenen Angebots und des freien Internetangebots stark gesunken seien. Darüber hinaus seien Pornofilme aufgrund der eingeschränkten Handlung sehr schnell veraltet, so dass Gewinne im Vergleich mit Filmproduktionen aus anderen Themenbereichen nur für sehr kurze Zeit erzielt werden könnten. Da zudem angenommen werden könne, dass pro Film eine Lizenzgebühr von max. 20,00 EUR habe erzielt werden können und der Film maximal eine Downloadanzahl von 500 hätte erreicht können, sei der Gegenstandswert auf 10.000 EUR zu schätzen. Das übliche Argument, man habe nur den vom Rechteinhaber vorgegebenen Streitwert übernomme, wies das AG Reinbek zurück: „Die Schätzung des Rechteinhabers und der Zedentin halten sich hier nicht mehr im objektiv vertretbaren Rahmen und stellen kein Indiz für den Gegenstandswert dar.“

Vgl. zu diesem Thema auch AG Leipzig, Urteil vom 13.04.2011, Az. 109 C 6853/10 (hier), AG Aachen, Urteil vom 16.07.2010, Az. 115 C 77/10 (hier) und AG Elmshorn, Urteil vom 19.01.2011, Az. 49 C 57/10 (hier).

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