AG Tempelhof-Kreuzberg: Sieht ein Mobilfunkvertrag für „0,00-EUR“ eine „Befreiung“ von der Grundgebühr vor, entsteht keine Zahlungspflicht

veröffentlicht am 23. Januar 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 28.12.2012, Az. 24 C 166/12
§ 305c Abs. 2 BGB

Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat entschieden, dass ein Mobilfunkvertrag, der die Angabe „0,00 Paketpreis“ sowie den Zusatz „wird für komplett 24 Monate erstattet/befreit“ enthält, keine Zahlungspflicht des Kunden für eine monatliche Grundgebühr auslöst. Selbst wenn man von einem wirksamen Vertragsschluss ausginge – der vorliegend ebenfalls nicht nachgewiesen werden konnte – sei das Wort „befreit“ so auszulegen, dass eine Zahlungspflicht gar nicht erst entstehe. Bei „erstattet“ wäre dies zwar der Fall, doch sei immer die kundenfreundlichste Auslegung zu Grunde zu legen. Zum Volltext der Entscheidung:

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg

Urteil

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Abfassung des Tatbestandes wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der in Rechnung gestellten monatlichen Grundgebühr sowie auf Zahlung von Schadensersatz, denn ein Vertrag zwischen den Parteien über die kostenpflichtige Zurverfügungstellung von Mobilfunkdienstleistungen kann nicht festgestellt werden.

Die für den Vertragsschluss darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat – trotz entsprechender ausdrücklicher Auflage des Gerichts – nicht hinreichend nachvollziehbar vorgetragen, dass sich die Beklagte gegenüber der Klägerin vertraglich verpflichtet hat, einen monatlichen Preis von 14,95 € für die Bereitstellung von Mobilfunkdiensten zu entrichten.

Ein von der Klägerin behaupteter Vertragsschluss am 21.10.2010 kann nicht festgestellt werden. Das von ihr mit der Klageschrift eingereichte und als „Auftrag“ bezeichnete Dokument gibt den wesentlichen Inhalt eines Vertrages – also Vertragsgegenstand und Preis – nicht wieder. Das Dokument vom 21.10.2010 (Bl. 14 d.A.) ist bereits lediglich eine Mitteilung über eine durchgeführte Aktivierung am 21.10.2010, nicht hingegen der Nachweis für zwei sich entsprechende Willenserklärungen der Parteien. Auf der Folgeseite dieser Anlage findet sich augenscheinlich lediglich der Auszug eines anderen Dokuments. Hier hatte, die Beklagte am 6.10.2010 persönliche Angaben (u.a. Name, Anschritt, Geburtsdatum, Bankverbindung) gemacht. Eine Willenserklärung des Inhalts, dass sie sich verpflichtet, für von der Klägerin bereit zu stellende Dienstleistungen ein monatliches Entgelt zu entrichten, kann dieser Unterlage nicht entnommen werden. Auch soweit dem Feld „V… Tarif (Mindestvertragslaufzeit 24 Monate)“ ein nicht entzifferbarer handschriftlicher Text eingesetzt ist, stellt dies keine zum Vertragsschluss führende Willenserklärung der Beklagten dar.

Auch das von der Beklagten eingereichten Dokument („verbindliche Bestellung“, Bl. 60 d.A) kann die Klageforderung nicht stützen. Danach hat die Beklagte gegenüber der C… P… GmbH das sog. „Top-Paket“ gewählt, wo es heißt, dass weder eine Grundgebühr, noch ein Mindestumsatz, noch eine Anschlussqebühr für die Beklagte anfalle. Dass die Beklagte hier einen Vertrag mit der Klägerin abgeschlossen habe, ist dem Dokument nicht zu entnehmen. Soweit die Klägerin behauptet, ein Vertrag mit ihr sei durch die Vermittlung der Firma R… Promotion, so hat sie auch diesen Vortrag nicht hinreichend plausibel begründet. Von der Vermittlung ist auf dem Formular an keiner Stelle die Rede. Sofern sich die Klägerin auf Allgemeine Geschäftsbedingungen beruft, sind diese sowie deren wirksame Einbeziehung in einen Vertrag dem Gericht nicht bekannt. Nachdem das Gericht der Klägerin mit Beschluss vom 5.11.2011 ausdrücklich aufgegeben hat, zum Vertragsschluss substantiiert und unter Vorlage von Unterlagen vorzutragen, bedurfte es keines weiteren Hinweises mehr an die anwaltlich vertretene Klägerin.

Soweit sich die Klägerin schließlich darauf beruft, dass die Beklagte unterzeichnet habe, dass ihr ein Paketpreis von 14,95 € erstattet werde, sie aber die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe, fehlt es zum einen auch hier an der Vorlage der behaupteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, zum anderen ist nach der Auslegungsregel des § 305 c Abs. 28GB von einer Unwirksamkeit der Regelung wegen eines mehrdeutigen Regelungsgehalts auszugehen. Denn unter der Angabe „0,00 Paketpreis“ findet sich im kleingedruckten Klammerzusatz „wird für komplett 24 Monate erstattet/befreit“. Dabei ist zwar bei einer Erstattung von einer zunächst bestehenden Zahlungspflicht auszugehen, bei einer Befreiung hingegen nicht. Diese Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten der Klägerin.

Ohne einen Vertragsschluss ist eine Zahlungspflicht er Beklagten nicht entstanden. Bereicherungsrechtliche Ansprüche sind ebenfalls nicht ersichtlich da die Beklagte unstreitig keine Mobilfunkleistungen der Klägerin in Anspruch genommen hat. Dass die Beklagte die ihr zur Verfügung gestellten Mobiltelefone durch eine Leistung der Klägerin erhalten habe, nicht ersichtlich.

Mangels Hauptforderung kann die Klägerin auch keinen Verzugsschaden geltend machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Auf das Urteil hingewiesen hat openjur.de (hier).

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