AG Wismar: Zur fristlosen Kündigung eines Telefonvertrags bei Umzug

veröffentlicht am 24. Januar 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Wismar, Urteil vom 10.12.2012, Az. 2 C 371/11
§ 314 BGB

Das AG Wismar hat entschieden, dass die fristlose Kündigung eines (Festnetz-)Telefonvertrages seitens des Kunden zulässig ist, wenn dieser umzieht und der Telefonanbieter an dem neuen Wohnort keine Leistungen erbringen kann oder will. Ein Festhalten an dem bestehenden Vertrag sei dem Kunden unter diesen Umständen nicht zumutbar. Der BGH hat dies in einer ähnlichen Situation allerdings anders gesehen (hier). Zum Volltext der Entscheidung:

Amtsgericht Wismar

Urteil

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Kla?gerin tra?gt die Kosten des Rechtsstreits.

3.
Das Urteil ist vorla?ufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird abgesehen gema?ß § 313 a Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

Die Kla?gerin hat keinen Zahlungsanspruch aus einem Telefondienstvertrag fu?r den Rechnungszeitraum ab 10.11.2008, denn der Beklagte hat wirksam mit Schreiben vom 10.10.2008 das Vertragsverha?ltnis fristlos geku?ndigt.

Der Beklagte war bei dem gegebenen Dauerschuldverha?ltnis jedenfalls gema?ß § 314 BGB zur fristlosen Ku?ndigung berechtigt, denn infolge des Umzuges war ihm ein Festhalten am bestehenden Vertrag nicht zuzumuten. Hinzu kommt, dass die darlegungsbelastete Kla?gerin – auch auf richterlichen Hinweis hin – nicht hinreichend dargelegt hat, dass sie auch am neuen Wohnort tatsa?chlich in der Lage gewesen ist, jedenfalls „normale“ Telefondienstleistungen zur Verfu?gung zu stellen, was unter den Parteien streitig ist. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob der Beklagte rechtzeitig Einwendungen gegen mo?gliche Rechnungen vorgetragen hat oder nicht, denn auch ohne Pru?fung dieser Einwendungen ist es der Kla?gerin mo?glich, darzulegen und ggfs. zu beweisen, dass sie prinzipiell, also auch dem Grunde nach, bereit war, am neuen Wohnort Telefondienstleistungen – in welcher Form auch immer – zu erbringen. Entgegen der Rechtsauffassung der Kla?gerin kann na?mlich auch ein Umzug dann einen wichtigen Ku?ndigungsgrund darstellen, wenn die Kla?gerin als Anbieter nicht in der Lage oder willens ist, Leistungen am neuen Umzugsort zu erbringen. Wichtigere Gru?nde als derjenige eines Umzugs sind im U?brigen kaum vorstellbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Annahme eines Ku?ndigungsgrundes in dieser Form berechtigte Interessen der Kla?gerin an einer Fortsetzung des Vertragsverha?ltnisses nicht hinreichend beru?cksichtigt, denn der Kla?gerin ist es an sich mo?glich, auch am neuen Wohnort unter Aba?nderung des Altvertrages ihre Leistungen zu erbringen und Gegenleistungen einzufordern. Die wohl nur ausnahmsweise gegebene Situation, dass Telefondienstleistungen, die nicht unbedingt in der Bereitstellung eines DSL-Anschlusses liegen mu?ssen, am neuen Umzugsort nicht erbringbar sind, ist nur ausnahmsweise denkbar. Kommt unter diesen Gesichtspunkten eine fristlose Ku?ndigung in Betracht, sind hierbei u?berwiegende, entgegenstehende Interessen der Kla?gerin als Großanbieter nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung und die Entscheidung u?ber die vorla?ufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Auf das Urteil hingewiesen hat openjur.de (hier).

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