AGH Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.10.2016, Az. IV AG 10/16
§ 43a BRAO
Der Anwaltsgerichtshof Frankfurt a.M. hat entschieden, dass bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen mehreren Beteiligten, in denen die beiderseitige Kommunikation von Polemik gekennzeichnet ist, unter Umständen auch ehrrührige Behauptungen aufgestellt werden können. Anmerkung: Im vorliegenden Fall hatte ein Rechtsanwalt erklärt, dass er den Eindruck habe, ein ihm vorgelegter Schriftsatz sei vom abgelehnten Richter und dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten möglicherweise anlässlich einer Skatrunde verfasst worden. Tatsächlich spielten die beiden Juristen zusammen in einer Skatrunde, waren beide im FDP-Ortsverband und duzten sich. Vorher hatte der Richter (!) dem betreffenden Rechtsanwalt in seinen Entscheidungen „nicht untypische Schlampereien“, „gröbste Fehler“ und das Fehlen von juristischem Wissen eines „Jurastudenten … in den mittleren Semestern“ vorgeworfen. Zum Volltext der Entscheidung:
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Anwaltsgerichtshof Frankfurt am Main
Beschluss
Aus den Gründen:
Im vorliegenden Fall ist die Auseinandersetzung zwischen dem Kammermitglied, dem Beschwerdeführer und dem im Zivilprozess zuständigen Richter, auch unter Berücksichtigung früherer Verfahren, durch eine gegenseitige, sehr polemische Kommunikation gekennzeichnet. Die Beteiligten bringen dies auch deutlich in den Stellungnahmen in diesem Verfahren zum Ausdruck. Es wird zwar konkludent, aber in deutlicher Weise zum Ausdruck gebracht, dass das Verhältnis nicht von Sympathie füreinander gekennzeichnet ist. Das Kammermitglied hat in seinem Schriftsatz an das Anwaltsgericht vom 07.04.2016 Äußerungen des Richters Dr. X wiedergegeben, die u. a, über ihn folgenden Inhalt haben:
Urteil vom 09.02.2015:
„Es würde aber gegen den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch der Kläger auf Justizgewährung verstoßen, wollte man ihre Klage aufgrund derartiger, beim Klägervertreter nicht untypischer Schlampereien als unzulässig abweisen.“
In einem Beschluss vom 02.03.2016 heißt es:
„Die Antragsteller haben als unterlegene Partei gem. §§ 91 S. 3, 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zivilprozessordnung sieht auch bei gröbsten Fehlern der Verfahrensbevollmächtigten deren unmittelbare Kostenbelastung nicht vor.“
Darüber hinaus ist in diesem Beschluss von einem versuchten Betrug die Rede.
Im Beschluss vom 05.08.2015 formuliert Richter Dr. X
„Es fehlt an einem tauglichen Titel. Ein solcher muss, wie jedem Jurastudenten spätestens in den mittleren Semestern bekannt ist, gem. §§ 795 S. 1, 750 Abs. 1 S. 1 ZPO den Zwangsvollstreckungsgläubiger namentlich bezeichnen.“
Mit diesen Äußerungen beschränkt sich Richter Dr. X nicht lediglich auf die rechtliche Beurteilung und Lösung der betreffenden Rechtsfrage, sondern verbindet dies damit, das Kammermitglied als juristisch wenig fähigen Rechtsanwalt darzustellen. Zwingend notwendig wäre dies bei der Abfassung der Entscheidung nicht gewesen.
Darüber hinaus ergibt sich aus den Akten, dass Richter Dr. X und der Beschwerdeführer zusammen Skat in einer Skatrunde spielen, Mitglied der gleichen Partei, nämlich des FDP Ortsverbandes… sind und sich darüber hinaus duzen, wobei letzteres auch während einer Gerichtsverhandlung erfolgt ist.
Vor diesem Hintergrund sind Betrachtungen dahingehend, dass der Richter Dr. X nicht mehr unparteiisch ist, nicht völlig fernliegend. Ebenso ist es auch nicht völlig fernliegend, dass Personen, die sich auf diesen Ebenen privat kennen, auch über diese gerichtlichen Vorgänge sprechen. Die abqualifizierenden Äußerungen des Richters Dr. X über das Kammermitglied – seien sie inhaltlich gerechtfertigt oder nicht – verstärken diesen Eindruck beim Kammermitglied naturgemäß.
Dieser Befund wird auch durch die dienstliche Äußerung des Richters Dr. X vom 15.02.2016 belegt. In dieser Äußerung wird gerade nicht vorgetragen, dass auf privater Ebene niemals ein Gespräch zwischen ihm und den Beschwerdeführer über diese gerichtlichen Vorgänge erfolgt ist. Der Richter führt lediglich aus, dass er zu keinem Zeitpunkt behauptet habe, dass er den Beschwerdeführer lediglich vom Skatspielen kenne, oder außerhalb des Gerichtssaals niemals sehe. Der Hinweis in der dienstlichen Stellungnahme, dass der Richter es geradezu für seine Pflicht und Ausdruck seiner Neutralität hält, der unterliegenden Partei mitzuteilen, dass sie ihren Prozess möglicherweise nur aufgrund der inadäquaten Sachbehandlung durch ihren Prozessbevollmächtigten verloren hat, belegt eine etwas eigenartige Auffassung von der Richtertätigkeit, da diese sicherlich nicht darin besteht, Parteien Rechtsberatung zu erteilen.