BGH: Das Namensrecht an einer Bezeichnung führt nicht automatisch zu einer markenrechtlichen Schutzfähigkeit

veröffentlicht am 3. August 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBGH, Beschluss vom 17.08.2011, Az. I ZB 70/10
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

Der BGH hat entschieden, dass das Namensrecht an einer Bezeichnung (hier: „Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.“) nicht automatisch zu einer markenrechtlichen Schutzfähigkeit führt. Vorliegend sei der Vereinsname in den Bereichen „Druckereierzeugnisse, betriebswirt-schaftliche Beratung, Marketing und finanzielle Beratung“ freihaltebedürftig. Die Wortfolge besitze lediglich einen beschreibenden Inhalt. Zwar genüge sie den Anforderungen, die an einen originär unterscheidungskräftigen Vereinsnamen zu stellen seien, dies sei jedoch nicht auf das Markenrecht übertragbar, dessen Schutzvoraussetzungen unabhängig davon zu prüfen seien. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Beschluss

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch … beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 21. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Anmelder das Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortfolge

Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.

als Marke für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:

Klasse 16
Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Kataloge; Bücher;

Klasse 35
Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachten; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handelsund Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Personal/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im Internet, Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 36
Finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, Investmentgeschäfte, Vermögensmanagement für Dritte.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

Die gegen die Entscheidung des Deutschen Patentund Markenamts gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschluss vom 21. Juli 2010 29 W (pat) 102/10, juris). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Anmelder sein Eintragungsbegehren weiter.

II.
Das Bundespatentgericht hat angenommen, der Eintragung der Marke stehe ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Es hat hierzu ausgeführt:

Die Wortfolge sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend. Sie setze sich sprachüblich aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammen. Die Wortfolge gehe auch in ihrer Gesamtheit nicht über den Bedeutungsgehalt der Summe der Einzelbestandteile hinaus. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Wortfolge als beschreibende Angabe einer juristischen Person des Privatrechts, die in einer bestimmten oder für eine bestimmte Region die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für ihre Mitglieder bereitstelle oder nachfrage. Die Wortfolge erschöpfe sich in der beschreibenden Angabe des Erbringers, Anbieters oder Adressaten sowie der Bezeichnung des Gegenstands, Inhalts oder der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Der Annahme einer beschreibenden Angabe stehe auch nicht eine gewisse inhaltliche Unbestimmtheit der Wortfolge entgegen.

Soweit sich der Anmelder auf Voreintragungen der vorliegenden Markenanmeldung entsprechender Wortfolgen berufen habe, seien diese entweder bereits gelöscht oder mit der angemeldeten Marke nicht vergleichbar.

III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bejaht.

1.
Nach dieser Vorschrift sind unter anderem Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2004 C-363/99, Slg. 2004, I1619 = GRUR 2004, 674 Rn. 95 bis 97 Postkantoor; BGH, Beschluss vom 13. März 2008 I ZB 53/05, GRUR 2008, 900 Rn. 12 = WRP 2008, 1338 SPA II; Beschluss vom 20. Mai 2009 I ZB 107/08, GRUR 2009, 994 Rn. 14 = WRP 2009, 1102 Vierlinden).

2.
Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, dass sämtliche Wörter der angemeldeten Wortfolge beschreibend sind. Der Begriff „Institut“ bezeichne eine Lehr- oder Forschungseinrichtung oder eine kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation. Auch ein Gebäude, in dem eine entsprechende Einrichtung oder Organisation untergebracht sei, werde als Institut bezeichnet. Unter „Wirtschaft“ werde die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen zur Produktion und zum Konsum von Wirtschaftsgütern verstanden. Der Bestandteil „Norddeutschen“ der angemeldeten Wortfolge beschreibe ein geographisch nicht genau umrissenes Gebiet innerhalb Deutschlands, das sich vor allem nördlich der „Uerdinger Linie“ erstrecke und in dem auch niederdeutsche Dialekte gesprochen würden und das aus den nördlichen Regionen Deutschlands gebildet werde. Der Zeichenbestandteil „e.V.“ sei die Abkürzung für die Rechtsform des eingetragenen Vereins. Die Wortfolge werde das angesprochene Publikum als den Namen eines eingetragenen Vereins auffassen, der aus dem Einzugsgebiet seiner Mitglieder und seinem Betätigungsfeld zusammengesetzt sei, der in einer bestimmten Region oder für ein bestimmtes Gebiet die beanspruchten Waren und Dienstleistungen für seine Mitglieder bereitstelle oder benötige. Die angemeldeten Waren könnten von einer mit der angemeldeten Marke bezeichneten Einrichtung herausgegeben werden und sich mit deren Tätigkeitsbereich und damit mit wirtschaftlichen Themen und Fragestellungen des norddeutschen Raums befassen. Die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36, für die die Marke angemeldet sei, könnten von einem mit der Marke bezeichneten Institut erbracht werden und seien dazu bestimmt, über den norddeutschen Raum zu informieren und Mitgliedern aus diesem Gebiet Hilfestellungen bei wirtschaftlichen Fragen zu leisten.

3.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde weist die Wortfolge „Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.“ im Zusammenhang mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen keinen mehrdeutigen Begriffsinhalt auf. Vielmehr verfügt die angemeldete Wortfolge über den vom Bundespatentgericht angenommenen, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Inhalt, der ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Den beschreibenden Sinngehalt erkennt der Verkehr unmittelbar und eindeutig, ohne dass es darauf ankommt, ob das mit Norddeutschland bezeichnete geographische Gebiet genau umrissen und der Gegenstand der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit der Wortfolge inhaltlich exakt bezeichnet ist.

Eine beschreibende Benutzung der Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung über feste begriffliche Konturen verfügt (vgl. BGH, GRUR 2008, 900 Rn. 15 SPA II). Der Inhalt der Druckereierzeugnisse und der Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen brauchen daher durch die Wortfolge thematisch nicht genau konkretisiert zu sein. Von einer beschreibenden Angabe ist auch bei einer sehr allgemein gehaltenen Aussage auszugehen, die ein umfangreiches Themengebiet der Druckereierzeugnisse und der Gegenstände, auf die sich die Dienstleistungen beziehen, beschreibt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2000 I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 = WRP 2000, 1140 Bücher für eine bessere Welt).

b)
Der Rechtsbeschwerde verhilft auch die Rüge nicht zum Erfolg, die angemeldete Wortfolge sei in ihrer Gesamtheit nicht beschreibend, weil sie als Unternehmensbezeichnung von Haus aus unterscheidungskräftig sei und eine Unternehmensbezeichnung mittelbar auch die Herkunft der aus dem Betrieb stammenden Waren und Dienstleistungen kennzeichne. Für die Frage, ob eine Wortfolge für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr als beschreibend aufgefasst wird, ist es ohne Bedeutung, ob die Wortfolge zur Bezeichnung eines Vereins über originäre Kennzeichnungskraft verfügt.

Bei Verbandsnamen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass an die Anforderungen für die Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, dass diese Bezeichnungen aus einem Sachbegriff gebildet sind, der an den jeweiligen Tätigkeitsbereich angelehnt ist und der häufig mit einer geographischen Angabe kombiniert wird (vgl. BGH, Urteil vom 31. Juli 2008 I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rn. 33 f. = WRP 2008, 1537 Haus & Grund III; Urteil vom 31. März 2010 I ZR 36/08, GRUR 2010, 1020 Rn. 17 = WRP 2010, 1397 Verbraucherzentrale). Der Verkehr entnimmt derartigen Bezeichnungen, die an das Tätigkeitsgebiet des Vereins angelehnt sind, ohne dieses so konkret wie in der Vereinssatzung zu beschreiben, häufig einen Herkunftshinweis.

So mag es sich auch bei der Bezeichnung „Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.“ als Vereinsnamen verhalten, dem der Verkehr nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts zwar einen Hinweis auf das Einzugsgebiet seiner Mitglieder und auf das Betätigungsfeld des Vereins entnimmt. Daraus ergibt sich aber nicht zwangsläufig eine Beschreibung der Mitgliederstruktur und des Tätigkeitsbereichs, die so konkret ist, dass die Gesamtbezeichnung nicht die geringen Voraussetzungen erfüllt, die an einen derartigen Vereinsnamen zu stellen sind. Der Senat braucht die Frage, ob der Vereinsname des Anmelders originär kennzeichnungskräftig ist, jedoch nicht abschließend zu entscheiden.

Unterstellt, die Wortfolge genügt den Anforderungen, die an einen originär unterscheidungskräftigen Vereinsnamen zu stellen sind, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibend ist. Diese Frage richtet sich nach allgemeinen markenrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den Maßstäben des Schutzes von Vereinsnamen, bei denen eine Kombination einer geographischen Angabe verbunden mit einer schlagwortartigen Bezeichnung des Tätigkeitsgebiets für eine originäre Kennzeichnungskraft genügen kann.

c)
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, der Annahme des Eintragungshindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe der Umstand entgegen, dass Dritte an der freien Verwendung der Wortfolge kein Interesse haben könnten, weil der Anmelder diese Verwendung aufgrund seines gleichlautenden Vereinsnamens untersagen könnte. Allerdings verfolgt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Das bedeutet aber nicht, dass es für das Vorliegen dieses Schutzhindernisses von maßgeblicher Bedeutung wäre, ob der Anmelder bereits über Namens- oder Kennzeichenschutz verfügt, der es ihm gestattet, Dritte an der Verwendung einer entsprechenden Angabe im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu hindern. Die Voraussetzungen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind losgelöst von der Person des Anmelders zu prüfen, weil dieser mit der Eintragung des angemeldeten Zeichens ein (weiteres) Recht erwirbt, das vom Fortbestehen seines Namensoder Kennzeichenrechts unabhängig ist und das er auf einen Dritten übertragen kann (vgl. auch BGH, Beschluss vom 3. November 2005 I ZB 14/05, GRUR 2006, 503 Rn. 10 = WRP 2006, 475 Casino Bremen).

d)
Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch angenommen, dass die von dem Anmelder angeführten Voreintragungen zu keinem anderen Ergebnis führen. Etwaige Entscheidungen über ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 C39 und 43/08, Slg. 2009, I20 = GRUR 2009, 667 Rn. 17 und 19 Bild digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart). Da das Bundespatentgericht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667 Rn. 18 Bild digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart; BGH, Beschluss vom 17. August 2010 I ZB 59/09, GRUR 2011, 230 Rn. 12 = WRP 2011, 347 SUPERgirl; Beschluss vom 17. August 2010 I ZB 61/09, WRP 2011, 349 Rn. 12 = MarkenR 2011, 66 FREIZEIT Rätsel Woche).

Vorinstanz:
BPatG, Entscheidung vom 21.07.2010, Az. 29 W(pat) 102/10

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