BGH, Urteil vom 30.11.2011, Az. I ZR 8/11
§ 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG; § 1 Abs. 4a S: 2 DiätV
Der BGH hat entschieden, dass für den Vertrieb eines Nahrungsergänzungsmittels als sog. bilanzierte Diät im Sinne der DiätV die dort festgelegten Anforderungen erfüllt sein müssen, anderenfalls ein Wettbewerbsverstoß vorliegt. Voraussetzung für die Einordnung eines Mittels als bilanzierte Diät sei, dass für die diätetische Behandlung der Patienten, deren Ernährung es diene, weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreiche. Bei der Beurteilung dieser Frage seien auch auf dem Markt vorhandene Nahrungsergänzungsmittel zu berücksichtigen. Bilanzierte Diäten dienten der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit beeinträchtigter Fähigkeit zur Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Stoffe oder sonstigem medizinisch bedingtem Nährstoffbedarf. Diese Voraussetzungen träfen auf das Produkt der Beklagten nicht zu. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2011 durch … für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 30. Dezember 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist pharmazeutische Unternehmerin und vertreibt das Arzneimittel „D. “ mit dem Wirkstoff Glucosaminsulfat zur Linderung von Symptomen leichter bis mittelschwerer Arthrose des Kniegelenks mit einer empfohlenen Tagesdosis von 1.500 mg. Sie wendet sich dagegen, dass die Beklagte ihr Produkt „Glucosamin Naturell forte“ mit einer empfohlenen Tagesdosis von 1.000 mg Glucosaminsulfat als ergänzende bilanzierte Diät zur diätetischen Behandlung von ungenügender Knorpelbildung in den Gelenken vertreibt.
Die Klägerin hält das Mittel der Beklagten mangels Wirksamkeitsnachweises sowie im Hinblick darauf für nicht verkehrsfähig, dass es mehrere Nahrungsergänzungsmittel mit Glucosaminsulfat und Verzehrempfehlungen gibt, die der von der Beklagten für das beanstandete Mittel gegebenen Empfehlung entsprechen. Ihrer Klage, mit der sie die Unterlassung des Vertriebs dieses Mittels, Auskunftserteilung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt, hat das Landgericht im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4a und § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV bejaht und hierzu ausgeführt:
Es sei nicht erwiesen, dass das Mittel der Beklagten mit seinem Gehalt an Glucosaminsulfat wirksam sei in dem Sinne, dass es den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen entspreche, für die es bestimmt sei. Der Beweis für die Wirksamkeit des Mittels durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 99/21/EG über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke könne zwar auch mit wissenschaftlichen Fachgutachten und sonstiger wissenschaftlicher Literatur geführt werden, die nicht unbedingt den höchsten Evidenzgrad einer randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie mit adäquater statistischer Auswertung erfüllten. Von den seitens der Beklagten zitierten Studien und sonstigen Fundstellen behandle allein das Gutachten von Prof. B. die Frage, ob das von der Beklagten vertriebene Glucosaminsulfat bei einer Tagesdosis von 1.000 mg den besonderen Ernährungserfordernissen eines Patienten mit ungenügender Gelenkknorpelbildung entspreche. Nach den Ausführungen von Prof. A. und Prof. Sch. müsse feststehen, dass das Produkt der Beklagten Glucosaminsulfat mit dem ADME-Profil des Stoffes der R. research/ enthalte. Hierzu habe die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.
Auf der Grundlage der Auffassung von Prof. B., der das Produkt der Beklagten mit einer Tagesdosis von 1.000 mg Glucosaminsulfat als für die besonderen Ernährungserfordernisse von Patienten mit arthritischen Gelenkveränderungen geeignet ansehe, stünde der Verkehrsfähigkeit des Produkts als diätetisches Lebensmittel für eine bilanzierte Diät die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV entgegen. Nach der von der Beklagten vorgelegten „NEM-Liste 2007“ gebe es auf dem Markt diverse Nahrungsergänzungsmittel mit einer Verzehrempfehlung von 1.000 mg Glucosaminsulfat pro Tag. Die Ergänzung der normalen Ernährung mit Nahrungsergänzungsmitteln stelle eine Modifizierung der normalen Ernährung im Sinne von § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV dar.
II.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der von der Klägerin beanstandete Vertrieb des Mittels der Beklagten als bilanzierte Diät deshalb unzulässig ist, weil das Mittel nicht die dafür gemäß § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV bestehende Voraussetzung erfüllt, dass für die diätetische Behandlung der Patienten, deren Ernährung es dient, weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreichen.
1.
Diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) sind gemäß § 1 Abs. 4a Satz 1 DiätV Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen nach § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit beeinträchtigter Fähigkeit zur Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Stoffe oder sonstigem medizinisch bedingtem Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreichen. Ein Nährstoffbedarf ist, wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 3 DiätV ergibt, medizinisch bedingt, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen einen besonderen Ernährungsbedarf zur Folge haben. Der besondere Ernährungsbedarf kann auf der Unterernährung der Patienten infolge der Beschwerden, Krankheiten oder Störungen oder darauf beruhen, dass den bei ihnen aus diesen Gründen bestehenden besonderen Ernährungserfordernissen mit einer daran angepassten Nährstoffformulierung entsprochen werden kann, was auch dann der Fall sein kann, wenn die Patienten aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe einen besonderen Nutzen ziehen können (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 I ZR 220/05, GRUR 2008, 1118 Rn. 16 = WRP 2008, 1513 MobilPlus-Kapseln).
2.
Ein nach diesen Grundsätzen zulässiger Vertrieb einer bilanzierten Diät setzt danach gemäß § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV insbesondere voraus, dass für die diätetische Behandlung der Patienten weder eine Modifizierung der normalen Ernährung noch andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung noch auch eine Kombination aus beidem ausreichen. Diese Vorschrift setzt den insoweit wörtlich mit ihr übereinstimmenden Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Satz 2 RL 99/21/EG ins deutsche Recht um. Sie bezieht mögliche alternative Ernährungsformen ein, sofern die für sie benötigten Lebensmittel auf dem Markt für die normale Ernährung einschließlich der diätetischen Lebensmittel erworben werden können und die durch sie bewirkte Modifizierung der normalen Ernährung im Rahmen des üblichen Ernährungsverhaltens liegt (vgl. Rathke/Gründig in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 140, Lief. März 2011, § 1 DiätV Rn. 90 f.; Herrmann, Rechtliche Problemstellungen bei ergänzenden bilanzierten Diäten in arzneitypischer Darreichungsform, 2008, S. 120 bis 123 mwN). Unter einer normalen Ernährung ist dabei eine Ernährung zu verstehen, die insbesondere hinsichtlich der Art und der Eigenschaften der verzehrten Lebensmittel sowie des Umfangs und der Dauer des Verzehrs im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Patientenkreises liegt. Eine Modifizierung der normalen Ernährung reicht zur diätetischen Behandlung nicht aus, wenn sich mit ihr die besonderen medizinischen Zwecke nicht oder nicht sicher erreichen lassen oder die Modifizierung nicht praktikabel oder für die Patienten unzumutbar ist (BGH, GRUR 2008, 1118 Rn. 29 MobilPlus-Kapseln; BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 I ZR 100/06, GRUR 2009, 413 Rn. 25 = WRP 2009, 300 Erfokol-Kapseln, jeweils mwN).
3.
Diese Grundsätze gelten entgegen einer in der Rechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt a.M., MD 2009, 146, 148) und insbesondere im Schrifttum (vgl. Kügel, ZLR 2003, 265, 273; ders., ZLR 2010, 92, 96; v. Jagow, ZLR 2003, 118, 119; Pfortner, LMuR 2005, 59, 61 f.; Hagenmeyer/Hahn, StoffR 2007, 2, 12; Herrmann aaO S. 112 bis 118 mwN) vertretenen Ansicht auch in Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel (vgl. OLG München, ZLR 2003, 114, 116; OLG Düsseldorf, ZLR 2010, 87, 92; KG, MD 2010, 284, 285; Rathke/Gründig in Zipfel/Rathke aaO § 1 DiätV Rn. 91; Fezer/Meyer/Reinhart, UWG, 2. Aufl., § 4S4 Rn. 57; Großklaus, LMuR 2003, 151, 157 f.; Klaus, Der gemeinschaftsrechtliche Lebensmittelbegriff, 2005, S. 83 f.). Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, der es rechtfertigte, bei der Beurteilung der Frage, ob alternative Ernährungsmöglichkeiten bestehen, Nahrungsergänzungsmittel im Gegensatz zu angereicherten und funktionellen Lebensmitteln (vgl. dazu BGH, GRUR 2009, 413 Rn. 23 bis 25 Erfokol-Kapseln), zu neuartigen Lebensmitteln (vgl. dazu Herrmann aaO S. 118 bis 120) sowie auch zu diätetischen Lebensmitteln und Kombinationen aus modifizierter normaler Ernährung mit anderen diätetischen Lebensmitteln von vornherein unberücksichtigt zu lassen.
Eine hinreichende und dabei auch den Umständen des jeweiligen Einzelfalls angemessen Rechnung tragende Korrektur der Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 4a Satz 2 aE DiätV erfolgt bereits durch die oben in Randnummer 9 genannten Erfordernisse der Verfügbarkeit der alternativen Mittel und der Zumutbarkeit ihrer Verwendung (vgl. Klaus aaO S. 84). Eine solche Zumutbarkeit wird regelmäßig dann zu verneinen sein, wenn auf dem Markt erhältliche Nahrungsergänzungsmittel überdosiert werden müssen (vgl. Fezer/Meyer/Reinhart aaO § 4S4 Rn. 57). Dies ist bei den als Alternative zum beanstandeten Mittel der Beklagten zur Verfügung stehenden Nahrungsergänzungsmitteln jedoch nicht der Fall.
Nicht zu überzeugen vermag im Ergebnis auch die von den Vertretern der gegenteiligen Ansicht angestellte Erwägung, eine weite Auslegung der Subsidiaritätsklausel, die die Nahrungsergänzungsmittel einbeziehe, könne zu einem Wettlauf zwischen Unternehmen führen, bei dem der Sieg davon abhänge, ob inhaltsidentische Produkte als Nahrungsergänzungsmittel oder als bilanzierte Diät auf den Markt gebracht würden; der erste Anbieter könne durch die Markteinführung eines Nahrungsergänzungsmittels den Vertrieb des Mittels als bilanzierte Diät sperren und noch bedenklicher eine am Markt bereits platzierte bilanzierte Diät durch ein nachfolgend eingeführtes Nahrungsergänzungsmittel verdrängen (vgl. Herrmann aaO S. 124 f. mwN). Dabei bleibt unberücksichtigt, dass bilanzierte Diäten jedenfalls dann, wenn sie der in § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV an sie gestellten Wirksamkeitsanforderungen entsprechen, vielfach, wenn nicht regelmäßig auch eine krankheitsheilende oder immerhin krankheitslindernde, zumindest aber krankheitsverhindernde Wirkung aufweisen (vgl. OLG Hamburg, ZLR 2005, 266, 274; Rathke/Gründig in Zipfel/Rathke aaO § 1 DiätV Rn. 86 mwN). Da die Richtlinie 99/21/EG für die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln gegenüber der insoweit generell einschlägigen Regelung in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zwar die ältere, aber weiterhin die speziellere Regelung darstellt, kann ein solches Mittel zwar auf der Grundlage der Richtlinie 99/21/EG als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, ansonsten aber nur als Arzneimittel in Verkehr gebracht werden (vgl. Rathke/Gründig in Zipfel/Rathke aaO).
4.
Der von der Revision zur Klärung der Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/46/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel vom Begriff der normalen Ernährung oder deren Modifizierung erfasst werden, angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht, weil in dieser Hinsicht keine ernsthaften Zweifel bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2008 C-428-434/06, Slg. 2008, I-6747 = EuZW 2008, 758 Rn. 42 UGT-Rioja, mwN).
a)
In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Begriff „Nahrungsergänzungsmittel“ im Unionsrecht erstmals in Art. 2 Buchst. a RL 2002/46/EG definiert worden ist; zuvor war er vom Unionsgesetzgeber nur in einigen wenigen und zudem weithin oder sogar gänzlich unspezifischen Vorschriften verwendet worden (vgl. Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 96/83/EG zur Änderung der Richtlinie 94/35/EG über Süßungsmittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen; Erwägungsgründe 1.2 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif; Anhang I Teil II Kapitel 30 Anmerkung 1. a der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 zur Änderung der Anlage I VO (EWG) Nr. 2658/87). Es erscheint daher als ausgeschlossen, dass der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie 99/21/EG am 25. März 1999 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kommission noch nicht einmal die Vorlage eines Vorschlags über eine Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Nahrungsergänzungen angekündigt hatte (vgl. Kügel/Hahn/Delewski, NemV, Einf Rn. 1-4), Nahrungsergänzungsmittel von der Anwendung der Subsidiaritätsklausel des Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Satz 2 RL 99/21/EG hat ausnehmen wollen. Eine solche Regelung hätte auch dem mit der Richtlinie 99/21/EG nach ihrem Erwägungsgrund 10 Satz 1 verfolgten grundlegenden Ziel widersprochen, zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, Regeln über Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke festzulegen.
b)
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Unionsgesetzgeber diese in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b Satz 2 RL 99/21/EG getroffene Regelung der Subsidiarität mit dem Erlass der Richtlinie 2002/46/EG ändern wollte. Die Richtlinie 2002/46/EG spricht zwar ihr Verhältnis zu anderen Richtlinien und zu sonstigen Rechtsakten der Union an verschiedenen Stellen an (vgl. Erwägungsgründe 17, 18 und 20; Art. 1 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 und 3, Art. 13 RL 2002/46/EG). Die Regelung in Art. 1 Abs. 2 des ursprünglichen Entwurfs dieser Richtlinie, nach der sie außer für Arzneimittel ausdrücklich auch für Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, nicht gelten sollte (vgl. BR-Drucks. 368/00, S. 9), ist nicht in ihre Endfassung übernommen worden. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Regelungen in den Richtlinien 99/21/EG einerseits und 2002/46/EG andererseits unabhängig voneinander gelten sollten.
c)
Nichts Abweichendes gilt auch im Blick auf die inzwischen vorgenommenen Änderungen der Richtlinien 99/21/EG und 2002/46/EG. Diese Änderungen betreffen nicht die für den jeweiligen Anwendungsbereich der beiden Richtlinien maßgeblichen Bestimmungen.
5.
Die Vorschriften in § 1 Abs. 4a Satz 1 und 2 DiätV über die Abgrenzung der Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke von anderen Stoffen dienen der Herstellung transparenter Verhältnisse auf dem Markt für Gesundheitsprodukte. Sie stellen daher Vertriebsbestimmungen, die dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher zumindest mittelbar dienen, und damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 I ZR 51/06, GRUR 2009, 75 Rn. 30 = WRP 2009, 51 Priorin, zu § 1 Abs. 4a Satz 3 Nr. 2 DiätV). Ihre Verletzung ist auch geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 UWG 2004, § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG 2008 zu beeinträchtigen (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Januar 2011 I ZR 22/09, GRUR 2011, 246 Rn. 12 = WRP 2011, 344 Gurktaler Kräuterlikör, zu Art. 4 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwertund gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel mwN).
III.
Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.10.2008, Az. 407 O 78/08
OLG Hamburg, Entscheidung vom 30.12.2010, Az. 3 U 14/09