BGH: Ein Geschmacksmuster kann auch erteilt werden, wenn bereits ein Patent für das Erzeugnis erteilt worden ist

veröffentlicht am 18. Januar 2021

BGH, Urteil vom 07.10.2020, Az. I ZR 137/19
Art. 8 Abs. 1 EU-VO Nr. 6/2002 Art. 8 Abs. 1

Der BGH hat entschieden, dass ein (Gemeinschafts-) Geschmacksmuster auch dann erteilt werden kann, wenn für das gleiche Erzeugnis bereits ein technisches Schutzrecht (hier: Patent) beantragt oder erteilt wurde. Allerdings könne die sog. Patentoffenlegungsschrift Aufschluss darüber geben, welche Merkmale des Erzeugnisses die dem Patent zugrundeliegende technische Lehre verwirklichen und daher zumindest auch technisch bedingt seien. Sind Gestaltungen objektiv durch eine technische Funktion bedingt, besteht keine Schutzfähigkeit für ein Geschmacksmuster (EuGH, Urteil vom 08.03.2018, Az. C-395/16). Zum Volltext der Entscheidung (BGH: Ein Geschmacksmuster kann auch erteilt werden, wenn bereits ein Patent für das Erzeugnis erteilt worden ist):


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Bundesgerichtshof

Urteil

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 07.10.2020 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27.06.2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:

Die Parteien vertreiben Verpackungspapiere mit dazu passenden Spendern, die zugleich als Halterung für die eingelegte Papierrolle dienen.

Die Klägerin ist Marktführerin hinsichtlich manuell betriebener Füllsysteme mit einem Marktanteil von annähernd 90% in Deutschland und von 70% in Europa. Sie ist unter anderem Inhaberin des Gemeinschaftsgeschmacksmusters Nr. 001344022-0006 (nachfolgend: Klagemuster) mit den nachfolgend eingeblendeten drei Ansichten und des Europäischen Patents Nr. 2 897 793 für einen solchen Spender. Sie vertreibt das nach dem Klagemuster gefertigte Produkt „S. „:

Die Beklagte vertrieb ein Konkurrenzprodukt unter dem Namen „C. „. Die Klägerin hat die Beklagte deswegen aus dem Klagemuster auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Beklagte hat widerklagend beantragt, das Klagemuster für nichtig zu erklären. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Beklagte den Unterlassungsanspruch der Klägerin anerkannt. Durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die gegen den streitigen Teil des landgerichtlichen Urteils gerichtete Berufung der Beklagten hat das  Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage im Umfang der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzli-chen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet und die Widerklage als begründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt, das Klagemuster, auf das die Klägerin ihre Ansprüche stütze, sei für nichtig zu erklären. Es sei durch sechs Merkmale geprägt, die alle ausschließlich technisch bedingt seien. Durch die Darstellung des Papierspenders in der Werbung ergebe sich keine andere Bewertung. Unerheblich sei auch, dass es gangbare Formalternativen gebe. Da das Klagemuster nichtig sei, stünden der Klägerin die in der Berufungsinstanz mit der Klage noch geltend gemachten Folgeansprüche unabhängig davon nicht zu, ob diese sich nach deutschem oder niederländischem Recht richteten.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die auch unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, folgt jedenfalls aus Art. 82 Abs. 4 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) in Verbindung mit Art. 68 Abs. 2, Art. 26 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO), weil sich die Beklagte auf das Verfahren vor den deutschen Gerichten rügelos eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 – I ZR 226/14, GRUR 2018, 1246 Rn. 20 und 24 f. = WRP 2019, 82 – Kraftfahrzeugfelgen II).

II. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Klagemuster die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden.

1. Ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster besteht nach Art. 8 Abs. 1 GGV nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses, die ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind. Erfüllt das Gemeinschaftsgeschmacksmuster die Voraussetzungen der Art. 4 bis 9 GGV nicht, kann es gemäß Art. 24 Abs. 1 Fall 2, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b GGV auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt werden. Mit Blick auf den Schutzausschlussgrund des Art. 8 Abs. 1 GGV setzt dies voraus, dass alle für den Gesamteindruck des Erzeugnisses bedeutsamen Erscheinungsmerkmale ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind (vgl. BeckOK.Designrecht/Thiele, 5. Edition [Stand 15. August 2020], Art. 8 GGV Rn. 31; Ruhl in Ruhl/Tolkmitt, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 3. Aufl., Art. 8 Rn. 37 und 81; zu § 3 Nr. 1 DesignG vgl. Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser, DesignG GGV, 6. Aufl., § 3 DesignG Rn. 7).

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichthofs der Europäischen Union ist für die bei Anwendung des Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmende Beurteilung, ob Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, zu ermitteln, ob diese Funktion der einzige diese Merkmale bestimmende Faktor ist (EuGH, Urteil vom 8. März 2018 – C-395/16, GRUR 2018, 612 Rn. 32 = WRP 2018, 546 – DOCERAM). Die Vorschrift schließt den geschmacksmusterrechtlichen Schutz für Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses aus, wenn Erwägungen anderer Art als das Erfordernis, dass dieses Erzeugnis seine technische Funktion erfüllt, insbesondere solche, die mit der visuellen Erscheinung zusammenhängen, bei der Entscheidung für diese Merkmale keine Rolle gespielt haben, und zwar auch dann, wenn es andere Geschmacksmuster gibt, mit denen sich dieselbe Funktion erfüllen lässt (EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 31 – DOCERAM). Genügte bereits die Existenz solcher alternativer Geschmacksmuster, um einen Schutzausschluss nach Art. 8 Abs. 1 GGV zu verneinen, könnte ein Wirtschaftsteilnehmer mehrere denkbare Formen eines Erzeugnisses, das ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingte Erscheinungsmerkmale aufweist, als Gemeinschaftsgeschmacksmuster eintragen lassen und von einem aus praktischer Sicht ausschließlichen Schutz, der einem Patentschutz gleichkäme, profitieren, ohne den für die Erlangung eines Patents geltenden Voraussetzungen zu unterliegen. Zudem könnte dies Konkurrenten daran hindern, ein Erzeugnis mit bestimmten funktionellen Merkmalen anzubieten, oder würde die möglichen technischen Lösungen einschränken (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 30 – DOCERAM unter Bezugnahme auf die Schlussanträge des Generalanwalts, BeckRS 2017, 128452 Rn. 40 f. – DOCERAM).

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat darüber hinaus entschieden, dass das nationale Gericht für die Beurteilung der Frage, ob die fraglichen Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, alle objektiven maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu würdigen hat, und es insoweit nicht auf die Sicht eines „objektiven Beobachters“ ankommt (EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 38 – DOCERAM). Die Beurteilung ist insbesondere mit Blick auf das fragliche Geschmacksmuster, auf die objektiven Umstände, aus denen die Motive für die Wahl der Erscheinungsmerkmale des betreffenden Erzeugnisses deutlich werden, auf Informationen über dessen Verwendung oder auch auf das Bestehen alternativer Geschmacksmuster, mit denen sich dieselbe technische Funktion erfüllen lässt, vorzunehmen, soweit für diese Umstände, Informationen oder Alternativen tragfähige Beweise vorliegen (EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 37 – DOCERAM unter Bezugnahme auf die Schlussanträge des Generalanwalts, BeckRS 2017, 128452 Rn. 66 f. – DOCERAM).

b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgegangen, hat aber ergänzend ausgeführt, es komme darauf an, ob die Erscheinungsmerkmale des fraglichen Erzeugnisses bei objektiver Beurteilung nur mit dem Ziel gewählt worden seien, dass dieses Erzeugnis eine bestimmte technische Funktion erfüllen solle, oder ob ihnen ein „ästhetischer Überschuss“ zukomme (ähnlich schon OLG Frankfurt, GRUR 2019, 67 [juris Rn. 80]). Insoweit ist klarzustellen, dass auf einen „ästhetischen Überschuss“ schon deswegen nicht abgestellt werden kann, weil ein ästhetischer Gehalt nicht zu den Schutzvoraussetzungen eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters gehört (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 37 – DOCERAM unter Bezugnahme auf Erwägungsgrund 10 Satz 2 GGV; ebenso Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 34). Nach dem genannten Maßstab kommt es lediglich darauf an, ob Erwägungen anderer Art als das Erfordernis, dass das Erzeugnis seine technische Funktion erfüllt, insbesondere solche, die mit der visuellen Erscheinung zusammenhängen, bei der Entscheidung für die Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses keine Rolle gespielt haben.

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Klagemuster sei durch sechs Merkmale geprägt, und zwar

(1) eine teilzylindrisch geformte Papieraufnahmeschale,

(2) die jeweils in der Mitte der Längskanten über einen geschwungenen Absatz verfüge;

(3) an die Papieraufnahmeschale schließe sich – verbunden über zwei Bajonettverschlüsse – ein kegelstumpfförmiger Haltetrichter an;(4) der kegelstumpfförmige Haltetrichter definiere an seinem schmalen Ende eine runde Abgabeöffnung, an die sich ein sehr kurzes Rohrstück wie ein Flansch anschließe;

(5) an der Außenseite der Papieraufnahmeschale befinde sich ein Montageflansch, bestehend aus einem an der Aufnahmeschale angebrachten, trapezförmigen Verbindungsstück und einem Gegenstück in der Form eines dreieckigen Prismas;

(6) einen hochgezogenen Rand am hinteren Ende der Papieraufnahmeschale.

Der Gesamteindruck des Klagemusters werde durch die Kombination dieser Merkmale bestimmt, die indes sämtlich als ausschließlich technisch bedingt zu beurteilen seien.

Ein Indiz hierfür sei bereits, dass die Merkmale zugleich Bestandteile des von der Klägerin beanspruchten Europäischen Patents Nr. 2 897 793 seien; sie würden aus den Zeichnungen der Patentschrift ersichtlich und hinsichtlich ihrer technischen Funktion in der Beschreibung erläutert. Gemäß der Offenlegungsschrift biete die teilzylindrisch geformte Papieraufnahmeschale (Merkmal 1) der Papierrolle optimalen Halt und ermögliche ein unkompliziertes Befüllen. Der geschwungene Absatz (Merkmal 2) sei ebenfalls ausschließlich technisch bedingt; er diene dazu, die Rolle beim Einlegen besser greifen zu können. Gleiches gelte für den kegelstumpfförmigen Haltetrichter mit seiner runden Ausgabeöffnung (Merkmal 3 und 4): Die Kegelform sei nach den Angaben in der Offenlegungsschrift besonders einfach herzustellen und ermögliche eine Führung der Materialbahn zur Ausgabeöffnung. Die kreisrunde Ausgabeöffnung erlaube ein Abreißen in jede Richtung. Die Gestaltung solle zudem die Verletzungsgefahr verringern. Die Verbindung des kegelstumpfförmigen Haltetrichters mit der Aufnahmeschale über Bajonettverschlüsse habe – was auf der Hand liege – ausschließlich technische Gründe. Dasselbe gelte für den Montageflansch (Merkmal 5), der ausschließlich die Funktion habe, den Dispenser an einer Aufhängevorrichtung zu befestigen und drehen zu können; eine ästhetische Wirkung sei nicht ersichtlich. Schließlich habe auch der hochgezogene Rand am hinteren Ende der Papieraufnahmeschale (Merkmal 6) ausweislich der Offenlegungsschrift ausschließlich eine technische Funktion; er diene dazu, die eingelegte Papierrolle am Herausrutschen zu hindern, wenn die Vorrichtung über den Montageflansch in eine rückwärtige Position verkippt werde.

Keine andere Bewertung ergebe sich durch die Darstellung des Papierspenders in der Werbung. Es liege bereits fern, dass die Abnehmer der Klägerin an einer ästhetisch anspruchsvollen Gestaltung der Packplätze interessiert seien. Die technische Funktionalität komme auch in den von der Klägerin vorgelegten Werbeprospekten zum Ausdruck, die nicht auf eine ansprechende Gestaltung Bezug nähmen, sondern sich allein mit den technischen Vorteilen befassten.

Unerheblich sei auch, dass es gangbare Formalternativen gebe. Soweit sie die gleiche technische Lösung verfolgten, sei festzuhalten, dass sich die Klägerin eine Vielzahl von denkbaren Gestaltungsformen als Muster habe schützen lassen. Ein derartiges Vorgehen sei Veranlassung für den Gerichtshof der Europäischen Union gewesen, das Vorhandensein von Gestaltungsalternativen allein als nicht ausreichend zu betrachten. Soweit die Klägerin auf Produkte von Mitbewerbern verweise, könne nicht festgestellt werden, dass diese die gleiche technische Lösung verwirklichten.

3. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den für den Gesamteindruck bedeutsamen Erscheinungsmerkmalen des Klagemusters, die im Wesentlichen auf dem Vortrag der Klägerin beruhen, lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision auch nicht angegriffen.

b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Gesamtwürdigung des Berufungsgerichts, mit der es einen Schutzausschluss nach Art. 8 Abs. 1 GGV für alle von ihm festgestellten Erscheinungsmerkmale des Klagemusters bejaht hat. Das Berufungsgericht hat der Patentoffenlegungsschrift ein zu großes indizielles Gewicht beigemessen, die weiteren von ihm herangezogenen Umstände teilweise rechtsfehlerhaft gewürdigt und darüber hinaus nicht sämtliche erheblichen Gesichtspunkte in den Blick genommen.

aa) Bei der nach Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmenden Beurteilung, ob Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses nach den für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umständen ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, handelt es sich um eine tatgerichtliche Würdigung. Sie ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob das Tatgericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze oder die Denkgesetze verstoßen und keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. zum Markenrecht BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 I ZB 3/17, GRUR 2018, 411 Rn. 27 = WRP 2018, 445 – Traubenzuckertäfelchen).

bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die Übereinstimmung der von ihm herausgearbeiteten Erscheinungsmerkmale mit den Angaben in der Offenlegungsschrift zu dem Europäischen Patent Nr. 2 897 793 der Klägerin nicht als Indiz in die bei der Anwendung des Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmende Gesamtwürdigung zu der Frage einstellen dürfen, ob Erscheinungsmerkmale des Erzeugnisses der Klägerin ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind.

(1) Die Revision macht geltend, die Irrelevanz der Patentoffenlegungsschrift folge bereits daraus, dass ein technisches Schutzrecht nur für eine technische Funktion gewährt werden könne, nicht aber für eine ästhetische Wirkung. Werde die Ansicht eines Geschmacksmusters als Zeichnung in eine technische Schutzschrift übernommen, erlaube das Fehlen ästhetischer Überlegungen in der technischen Schutzschrift nicht den Schluss, solche hätten bei der Gestaltung des Geschmacksmusters keine Rolle gespielt. Bei Zeichnungen in technischen Schutzschriften handele es sich regelmäßig um bloße Ausführungsbeispiele, die nicht einmal zwingend als allgemeinste Gestaltungsform der jeweiligen technischen Lehre anzusehen seien, sondern lediglich – gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene – Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigten. Ein und dasselbe Erzeugnis könne ohne Weiteres zugleich Gegenstand eines technischen Schutzrechts und eines Geschmacksmusters sein. Die meisten Erscheinungsmerkmale, denen eine technische Funktion zukomme, sprächen auch das geschmackliche Empfinden des Betrachters an.

(2) Mit diesen allgemeinen Ausführungen zum Verhältnis zwischen Patent und Geschmacksmuster zeigt die Revision keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts auf. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass es der Schutzfähigkeit eines Erzeugnisses als Geschmacksmuster nicht entgegensteht, dass für dasselbe Erzeugnis ein technisches Schutzrecht beantragt oder erteilt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1966 – Ib ZR 13/64, GRUR 1966, 681, 683 [juris Rn. 31] – Laternenflasche; Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 54 f.; Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 8 GGV Rn. 6; Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Teil A Rn. 76 und § 3 DesignG Rn. 8 f.; BeckOK.Designrecht/Thiele aaO Art. 8 GGV Rn. 6). Davon ist allerdings auch das Berufungsgericht nicht ausgegangen. Es hat nicht abstrakt aus dem Vorliegen eines technischen Schutzrechts auf die technische Bedingtheit von Erscheinungsmerkmalen des dem Geschmacksmuster zugrundeliegenden Erzeugnisses geschlossen, sondern die sechs von ihm festgestellten Erscheinungsmerkmale konkret mit den Ansprüchen, Beschreibungen und Zeichnungen der Offenlegungsschrift für das Patent der Klägerin verglichen.

Dieses Vorgehen des Berufungsgerichts steht grundsätzlich in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der alle für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umstände zu würdigen sind, um zu klären, ob die Erscheinungsmerkmale eines Erzeugnisses unter Art. 8 Abs. 1 GGV fallen. Hierzu gehören auch die objektiven Umstände, aus denen die Motive für die Wahl der Erscheinungsmerkmale des betreffenden Erzeugnisses deutlich werden (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 36 f. – DOCERAM; BeckOK.Designrecht/Thiele aaO Art. 8 GGV Rn. 13). Es geht insoweit nicht um die Feststellung des subjektiven Entwerferwillens (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts, BeckRS 2017, 128452 Rn. 52 f. – DOCERAM; Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 23 f.), sondern um die Feststellung von Umständen, in denen sich dieser nach außen erkennbar manifestiert hat. Die Ansprüche, Beschreibungen und Zeichnungen einer Offenlegungsschrift sind als objektive Umstände in diesem Sinne grundsätzlich geeignet, weil sie Aufschluss darüber geben können, welche Merkmale die dem Patent zugrundeliegende technische Lehre verwirklichen und daher zumindest auch technisch bedingt sind (ebenso Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 8 GGV Rn. 10; Hackbarth, GRUR 2018, 614, 615; Brancusi in Hasselblatt, Community Design Regulation, 2. Aufl., Art. 8 Rn. 55; aA Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 54 f.; zu § 3 Nr. 1 DesignG vgl. auch Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO § 3 DesignG Rn. 13; vgl. zum Urheberrecht auch EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 – C-833/18, GRUR 2020, 736 Rn. 36 = WRP 2020, 1006 – Brompton).

cc) Zu Recht beanstandet die Revision allerdings, dass das Berufungsgericht der Patentoffenlegung ein zu großes Gewicht beigemessen hat.

(1) Die Darlegungs- und Beweislast für einen Schutzausschluss nach Art. 8 Abs. 1 GGV obliegt der Partei, die sich darauf beruft (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts, BeckRS 2017, 128452 Fn. 81; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2019, 211 [juris Rn. 102]; Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 8 GGV Rn. 10; Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 40 und 80; Hackbarth, GRUR 2018, 614, 615; zu § 3 Nr. 1 DesignG vgl. Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO § 3 DesignG Rn. 13; aA wohl BeckOK.Designrecht/Thiele aaO Art. 8 GGV Rn. 13b). Dies ergibt sich – anders als die Revision meint – nicht bereits aus der Vermutung des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 GGV, weil der hierin geregelte Grundsatz, dass die Gerichte im Verfahren der Verletzungsklage von der Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters auszugehen haben, durch die nach Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GGV eröffnete Nichtigkeitswiderklage durchbrochen wird (vgl. Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 85 GGV Rn. 2; aA Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 40 und Art. 85 Rn. 3). So verhält es sich im Streitfall. Ungeachtet dessen folgt die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten und Widerklägerin für einen Schutzausschluss nach Art. 8 Abs. 1 GGV aus den allgemeinen Grundsätzen.

Es besteht weder ein Erfahrungssatz des Inhalts noch eine tatsächliche Vermutung dafür, dass mit der visuellen Erscheinung eines Erzeugnisses zusammenhängende Erwägungen keine Rolle bei der Entscheidung für ein Erscheinungsmerkmal gespielt haben, das ausweislich einer Patentoffenlegungsschrift für dessen technische Funktion erforderlich ist. Dies zu beurteilen ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls. Angesichts der Aufgabe der Patentanmeldung, die technische Funktion des Erzeugnisses zu erläutern, sind Erwägungen, die mit der visuellen Erscheinung einzelner Erscheinungsmerkmale zusammenhängen, in einer Patentoffenlegungsschrift weder notwendig noch per se ausgeschlossen (vgl. hierzu auch LG Hamburg, Urteil vom 19. Dezember 2018 – 308 O 120/17, juris Rn. 112). Daher erlaubt das Fehlen von Erwägungen zur visuellen Erscheinung des Erzeugnisses in einer Patentoffenlegungsschrift für sich genommen genauso wenig den Schluss auf die ausschließlich technische Bedingtheit eines Erscheinungsmerkmals wie das Vorhandensein von Erwägungen zu dessen technischer Funktion. Vielmehr ist in beiden Fällen zu prüfen, ob außerhalb der Patentoffenlegungsschrift liegende objektive Umstände auf eine visuelle Bedingtheit des betreffenden Erscheinungsmerkmals hindeuten. Insoweit kommt eine sekundäre Darlegungslast des Designinhabers für in seiner Sphäre liegende Umstände in Betracht (vgl. allgemein zu deren Voraussetzungen BGH, Urteil vom 19. Mai 2020 – KZR 8/18, juris Rn. 53 – Schienenkartell IV).

Die einzelfallbezogene Sichtweise deckt sich auch mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit eines Erzeugnisses. Nach dieser kann das Vorhandensein eines Patents sowie die Wirksamkeit der Form zur Erreichung des technischen Ergebnisses (nur) dann berücksichtigt werden, wenn es möglich ist, aufgrund dieser Aspekte die Erwägungen zu Tage zu fördern, die in die Wahl der Form des betreffenden Erzeugnisses eingeflossen sind. Unabhängig davon ist es Aufgabe des Gerichts, alle einschlägigen Aspekte zu berücksichtigen, wie sie bei der Ausgestaltung des Gegenstands vorlagen (vgl. EuGH, GRUR 2020, 736 Rn. 36 f. – Brompton).

(2) Das Berufungsgericht hat unter Verweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (GRUR 2019, 67 [juris Rn. 80]) ausgeführt, es liege schon fern, dass bei einer Zeichnung, mit der in dieser Weise die technische Bedeutung einer Vorrichtung und ihrer Merkmale beschrieben werde, ein „ästhetischer Überschuss“ vorliege. Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aufgrund der Darstellung des Papierspenders in der Werbung; das Bestehen gangbarer Formalternativen sei unerheblich. Danach ist das Berufungsgericht unzutreffend von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis dergestalt ausgegangen, dass aus der in einer Patentoffenlegungsschrift enthaltenen technischen Begründung für ein Erscheinungsmerkmal ein durch andere Umstände zu entkräftendes Indiz für die ausschließliche technische Bedingtheit des Erscheinungsmerkmals folge.

(3) Zudem hat das Berufungsgericht die ausschließlich technische Bedingtheit der sechs von ihm für relevant erachteten Erscheinungsmerkmale rechtsfehlerhaft bereits aufgrund der Angaben in der Patentoffenlegungsschrift zu dem streitgegenständlichen Erzeugnis bejaht. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen zwar die Annahme, diese Erscheinungsmerkmale seien durch dessen technische Funktion bedingt, nicht aber die Annahme, sie seien ausschließlich dadurch bedingt. Dies zu prüfen bleibt auch dann Aufgabe des Gerichts, wenn ein Erscheinungsmerkmal zur Erreichung eines technischen Ergebnisses eines Erzeugnisses erforderlich ist (vgl. zum Urheberrecht EuGH, GRUR 2020, 736 Rn. 29 f. – Brompton).

Mit der Möglichkeit, dass einzelne Erscheinungsmerkmale des streitgegenständlichen Erzeugnisses auch visuell bedingt sein könnten, hat sich das Berufungsgericht jedoch nicht hinreichend auseinandergesetzt. Das folgt schon daraus, dass sich die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts auf das dem Klagemuster zugrundeliegende Erzeugnis als Ganzes und nicht auf einzelne Erscheinungsmerkmale desselben beziehen. Der Nichtigerklärung steht es bereits entgegen, wenn ein schutzfähiges Erscheinungsmerkmal verbleibt. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht nicht im gebotenen Maße auch außerhalb der Patentoffenlegungsschrift liegende objektive Umstände herangezogen. Insbesondere hätte es prüfen müssen, ob für die in Erscheinungsmerkmal (3) beschriebene Ausprägung der Papieraufnahmeschale und des kegelstumpfförmigen Haltetrichters als separate, durch zwei Bajonettverschlüsse verbundene Bauteile auch visuelle Erwägungen eine Rolle gespielt haben, weil sie die im Produkt „S. “ der Klägerin realisierte zweifarbige Gestaltung ermöglicht. Zudem rügt die Revision mit Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin, die Ansprüche ihres Patents ließen weitgehend offen, wie der sich zur Ausgabeöffnung hin verjüngende Innenwandabschnitt, die Ausgabeöffnung, der Befestigungskragen, der Stütz- und der Halteabschnitt sowie der Montageflansch gestaltet, angeordnet und proportioniert werden, nicht bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat.

dd) Entgegen der Auffassung der Revision lässt die Würdigung der im Rechtsstreit vorgelegten Werbung für das Produkt „S. “ durch das Berufungsgericht keinen Rechtsfehler erkennen.

(1) Die Werbung für das Erzeugnis stellt grundsätzlich einen im Rahmen der Gesamtwürdigung nach Art. 8 Abs. 1 GGV berücksichtigungsfähigen Umstand dar (ebenso Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO Art. 8 GGV Rn. 10; Hackbarth, GRUR 2018, 614, 615; zu § 3 Nr. 1 DesignG vgl. Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO § 3 DesignG Rn. 13). Ebenso können die Markterwartungen für das Erzeugnis einbezogen werden (vgl. Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 34), wenn sich hierüber objektivierbare Feststellungen treffen lassen.

(2) Die Revision hat insoweit keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufgezeigt.

Zwar kommt es – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – nicht darauf an, ob die Abnehmer der Klägerin an einer ästhetisch anspruchsvollen Gestaltung der Packplätze interessiert sind (vgl. hierzu bereits Rn. 12). Die Revision macht jedoch nicht konkret geltend, dass das Berufungsgericht die Schutzfähigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin von einem ästhetischen Gehalt ihres Erzeugnisses abhängig gemacht und hierfür auf die Sicht ihrer Abnehmer abgestellt habe.

Mit ihrem Vorbringen, die in der Werbung mit dem Slogan „Verwandeln Sie Ihren Packplatz in eine Wohlfühloase“ verbundene Bildsprache solle ersichtlich auch den ästhetisch-geschmacklichen Sinn des Betrachters ansprechen, dringt die Revision nicht durch. Hiermit versucht sie lediglich, die Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin bewerbe ihre Produktgestaltung ausschließlich mit deren technischen Vorteilen, in revisionsrechtlich unzulässiger Weise durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

ee) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht das Bestehen alternativer Gestaltungsformen, mit denen sich dieselbe technische Funktion erfüllen lässt wie mit nach dem Klagemuster ausgeführten Erzeugnissen, nicht zu Gunsten der Klägerin in der Gesamtwürdigung berücksichtigt hat, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

(1) Das Bestehen alternativer Geschmacksmuster, mit denen sich dieselbe technische Funktion erfüllen lässt, stellt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich einen berücksichtigungsfähigen Umstand im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 1 GGV vorzunehmenden Gesamtabwägung dar (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 37 – DOCERAM). Lediglich für sich genommen reicht die Existenz alternativer Geschmacksmuster nicht aus, um die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 GGV auszuschließen (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 30 – DOCERAM). Danach durfte das Berufungsgericht den Umstand, dass die Klägerin über eine Reihe von Mustern für alternative Gestaltungsformen verfügt, mit denen sich dieselbe technische Funktion verfolgen lässt wie mit einem nach dem Klagemuster ausgeführten Erzeugnis, nicht außer Betracht lassen.

(2) Ebenfalls rechtsfehlerhaft ist die Begründung, mit der das Berufungsgericht die von der Klägerin dargelegten Produkte von Mitbewerbern nicht in die Gesamtwürdigung einbezogen hat. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass diese nicht „die gleiche technische Lösung“ verwirklichten; dagegen spre-che auch, dass in diesem Fall für eine Patentierung kein Raum gewesen wäre. Eine Bestimmung der technischen Funktion, die sich mit nach dem Klagemuster gestalteten Gegenständen erfüllen lässt, hat das Berufungsgericht in diesem Rahmen jedoch nicht vorgenommen. Der Begriff der technischen Funktion eines Erzeugnisses im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GGV ist tendenziell weit zu verstehen und nicht notwendigerweise deckungsgleich mit der durch ein Patent geschütz-ten technischen Lehre (vgl. Ruhl in Ruhl/Tolkmitt aaO Art. 8 Rn. 19; allgemein zum Begriff „technische Funktion“ auch Brancusi in Hasselblatt aaO Art. 8 Rn. 18 bis 25; Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser aaO § 3 DesignG Rn. 13).

III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 – Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 – C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 – Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Die Feststellung und Würdigung der tatsächlichen Umstände, die für die Prüfung des Schutzausschlusses nach Art. 8 Abs. 1 GGV bedeutsam sind, obliegt den nationalen Gerichten (vgl. EuGH, GRUR 2018, 612 Rn. 36 – DOCERAM).

C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht die im Rahmen des Art. 8 Abs. 1 GGV gebotene Gesamtwürdigung, ob die Erscheinungsmerkmale des dem Klagemuster zugrundeliegenden Erzeugnisses ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind, für jedes der von ihm festgestellten Erscheinungsmerkmale unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen neu vorzunehmen haben.

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.2017, Az. 37 O 79/16 (Kart.)
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2019, Az. I-20 U 98/17

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