BGH, Urteil vom 19.07.2012, Az. I ZR 105/11
§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG
Der BGH hat entschieden, dass die Klage der Wettbewerbszentrale gegen einen Haftpflichtversicherer, mit welcher diesem untersagt werden sollte, im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Hinweis auf pauschale Vergütungssätze zu kürzen, auf Grund mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. Der Senat führt dazu aus, dass einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis fehle, um einen solchen Verfahrensbeteiligten nicht durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit einzuengen. Dies gelte auch für die Abrechnungspraxis der Beklagten. Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2012 durch … für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg 3. Zivilsenat vom 17. Mai 2011 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage mit dem Antrag zu II nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird.
Tatbestand
Die Beklagte ist ein Kraftfahrzeugversicherer. Bei der Regulierung von Unfallschäden in der Haftpflichtversicherung erstattet sie die geltend gemachten Sachverständigenkosten nach pauschalen Vergütungssätzen, die nach der Höhe des Unfallschadens gestaffelt sind. Die Vergütungssätze entsprechen dem Ergebnis von Gesprächen mit dem Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK). Übersteigen die vom Geschädigten bei der Abwicklung von Unfallschäden geltend gemachten Sachverständigenkosten die pauschalen Vergütungssätze, kürzt die Beklagte ohne weitere Prüfung im Einzelfall die Sachverständigenkosten auf den jeweiligen pauschalen Vergütungssatz und erläutert dies dem Geschädigten mit folgendem Formularschreiben:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
die Rechnung für das Gutachten haben wir mit … Euro ausgeglichen. Wir erachten ein Sachverständigenhonorar in dieser Höhe für üblich und angemessen. Es stellt nach unserer Auffassung den „erforderlichen“ Aufwand zur Schadensbeseitigung gemäß § 249 BGB dar.
Hierbei sind wir den Empfehlungen 2007 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. (BVSK) gefolgt und haben das Gesprächsergebnis BVSK-Versicherungen (HUK) zugrunde gelegt.
Soweit unsere Zahlung nicht als ausreichend angesehen wird, legen Sie bitte die für die Sachverständigenleistung übliche Vergütung dar. Wir nehmen insofern Bezug auf die Entscheidung des BGH vom 4.4.2006 X ZR 80/05 und X ZR 122/05.“
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält die Vorgehensweise der Beklagten für wettbewerbsrechtlich unlauter. Durch die Honorarkürzungen ohne Einzelfallprüfung setze die Beklagte die Tätigkeiten und geschäftlichen Verhältnisse der Sachverständigen herab, deren Rechnungen gekürzt würden. Die Geschädigten würden unangemessen unsachlich beeinflusst und getäuscht. Durch das von der Beklagten verwandte Formularschreiben entstehe beim Adressaten der Eindruck, der Sachverständige halte sich nicht an verbindliche Standards. Die Geschädigten, die Sachverständige beauftragten, die sich nicht an die von der Beklagten verwendete Kostentabelle hielten, müssten mit Schwierigkeiten bei der Schadensabwicklung rechnen, weil sie einem Gebührenanspruch des Sachverständigen ausgesetzt seien, den sie bei der Versicherung nicht in voller Höhe realisieren könnten. Dies führe letztlich dazu, dass nur Sachverständige beauftragt würden, die sich an die Gebührensätze der Beklagten hielten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
I. es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd Kürzungen bei Honoraren von Sachverständigen im Rahmen der Regulierung von Kfz-Haftpflichtschäden selbst oder durch Dritte vorzunehmen und/oder vornehmen zu lassen, ohne die dem Geschädigten gegenüber bestehende zivilrechtliche Ersatzpflicht des vollständigen vom Sachverständigen angesetzten Honorars zuvor in jedem Einzelfall zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen und die Kürzungen anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu begründen bzw. begründen zu lassen,
insbesondere die Kürzung eines Sachverständigenhonorars allein damit zu begründen bzw. begründen zu lassen, dass das angesetzte Entgelt den Betrag nach dem Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg übersteige,
und/oder
insbesondere damit, dass grundsätzlich nur der Betrag nach dem Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg üblich und/oder angemessen sei und/oder dem zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwand entspreche;
II. an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. April 2010 zu zahlen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin zusätzlich hilfsweise zum Klageantrag zu I beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd Kürzungen bei Honoraren von Sachverständigen im Rahmen der Regulierung von Kfz-Haftpflichtschäden selbst oder durch Dritte vorzunehmen und/oder vornehmen zu lassen, soweit die jeweilige Kürzung allein wörtlich oder inhaltsgleich mit dem oben wiedergegebenen Formularschreiben begründet wird.
Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen und hierzu ausgeführt:
Einer Klage auf Unterlassung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienten, fehle regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis. Auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens könne grundsätzlich nicht dadurch Einfluss genommen werden, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt werde. Diese Grundsätze seien auch bei der Beurteilung der beanstandeten Abrechnungspraxis der Beklagten heranzuziehen. In diesem Zusammenhang sei nicht zwischen vorgerichtlicher und gerichtlicher Verteidigung der Beklagten zu differenzieren. Ein Fall, in dem ausnahmsweise etwas anderes gelten müsse, liege nicht vor. Die Abrechnungspraxis der Beklagten sei nicht auf der Hand liegend falsch und stelle keine unzulässige Schmähung der Sachverständigen dar, die höhere als die von der Beklagten anerkannten Vergütungssätze abrechneten.
II.
Die Revision ist unbegründet. Die Unterlassungsanträge zu I (Haupt- und Hilfsantrag) sind unzulässig (dazu II 1 und 2). Der Zahlungsantrag zu II ist unbegründet (dazu II 3).
1.
Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Unterlassungshauptantrags verneint hat.
a)
Mit dem in erster Linie verfolgten Unterlassungsantrag beanstandet die Klägerin von der Beklagten vorgenommene Kürzungen des Sachverständigenhonorars bei der Regulierung von Kraftfahrzeughaftpflichtschäden in Fällen, in denen die Beklagte keine auf den jeweiligen Einzelfall zugeschnittene Prüfung vorgenommen und keine entsprechende Begründung abgegeben hat. Dabei richtet sich der Unterlassungsantrag vor allem gegen Honorarkürzungen, die die Beklagte damit begründet, dass das beanspruchte Sachverständigenhonorar das Ergebnis des Gesprächs mit dem BVSK übersteigt. Ziel des Unterlassungsantrags ist danach eine Änderung der Regulierungspraxis der Beklagten. Dabei erfasst der Antrag nicht nur das von der Klägerin beanstandete außergerichtliche Regulierungsverhalten der Beklagten, sondern auch ihre Rechtsverteidigung im Prozess. Im Falle der Verurteilung wäre die Beklagte gehindert, die Angemessenheit des Sachverständigenhonorars allein mit einer Überschreitung der Gebührensätze des Gesprächsergebnisses mit dem BVSK zu begründen.
b)
Der Verbotsantrag, mit dem auf das beanstandete außergerichtliche Regulierungsverhalten der Beklagten und ihre Rechtsverteidigung im Prozess eingewirkt werden soll, ist unzulässig.
aa)
Einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geregelten Verfahrens nicht dadurch Einfluss genommen werden und seinem Ergebnis nicht dadurch vorgegriffen werden soll, dass ein an diesem Verfahren Beteiligter durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit eingeengt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geklärt werden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 I ZR 177/95, GRUR 1998, 587, 589 = WRP 1998, 512 Bilanzanalyse Pro 7; Urteil vom 10. Dezember 2009 I ZR 46/07, BGHZ 183, 309 Rn. 14 Fischdosendeckel).
bb)
Dies gilt grundsätzlich auch bei Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren, durch die Rechte von am Verfahren beteiligten Dritten betroffen werden, wenn die Äußerungen in einem engen Bezug zum Verfahren stehen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1972 VI ZR 102/71, GRUR 1973, 550, 551 halbseiden).
Kann sich der Dritte in dem betreffenden Verfahren nicht gegen die Äußerungen wehren, ist bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen allerdings besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Dritte die Äußerung hinnehmen muss (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2007 VI ZR 14/07, WRP 2008, 359 Rn. 15 = NJW 2008, 996; BGHZ 183, 309 Fischdosendeckel).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ungehinderte Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der daran Beteiligten, aber auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert werden darf. Die Verfahrensbeteiligten müssen, soweit nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen, vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Dabei müssen, wenn dies der Verfahrensgegenstand rechtfertigt, auch Tatsachenbehauptungen und bewertungen mit Bezug auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte zum Inhalt des Vorbringens gemacht werden können. Es ist dann allein Aufgabe des mit der Entscheidung in dem betreffenden Verfahren befassten Organs, die Erheblichkeit und Richtigkeit des jeweiligen Vorbringens für seine Entscheidung zu beurteilen. Nur so ist eine rechtsstaatliche Verfahrensführung gewährleistet. Es geht nicht an, dass diese mehr als unabdingbar notwendig von außen beeinflusst wird, indem Dritte durch gerichtliche, an einen Verfahrensbeteiligten gerichtete Unterlassungsgebote außerhalb des Ausgangsverfahrens vorgeben, was in diesem vorgetragen und damit zum Gegenstand der betreffenden Entscheidung gemacht werden darf (vgl. BGH, WRP 2008, 359 Rn. 16; BGHZ 183, 309 Rn. 16 Fischdosendeckel).
Die Durchsetzung individueller Ansprüche Dritter auf Schutz ihrer durch das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten betroffenen Rechte ist damit nicht generell ausgeschlossen. Ist etwa ein Bezug der den Dritten betreffenden Äußerungen zum Ausgangsverfahren nicht erkennbar, sind diese auf der Hand liegend falsch oder stellen sie sich als unzulässige Schmähung dar, bei der nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Dritten im Vordergrund steht, kann eine gesonderte Klage auf Unterlassung oder Widerruf ausnahmsweise zulässig sein (BGH, WRP 2008, 359 Rn. 17; vgl. ferner BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. September 2006 1 BvR 1898/03, NJWRR 2007, 840, 841).
c)
Nach diesen Maßstäben fehlt der Klägerin für den in erster Linie verfolgten Unterlassungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis.
aa)
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, es zu unterlassen, in einem Haftpflichtprozess über den Ersatz der Sachverständigenkosten die Kürzung des Sachverständigenhonorars ohne eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Berufung auf das Ergebnis des BVSK-Gesprächs vorzunehmen. Dadurch würde auf die Rechtsverteidigung der Beklagten in einem gerichtlichen Verfahren eingewirkt werden, was grundsätzlich unzulässig ist.
bb)
Entgegen der Ansicht der Revision ist der Unterlassungsantrag aber auch insoweit unzulässig, als er das außergerichtliche Regulierungsverhalten der Beklagten betrifft.
(1)
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage nicht nur in Fällen fehlt, in denen Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren untersagt werden sollen. Privilegiert sind grundsätzlich auch Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder verteidigung in einem behördlichen Verfahren dienen oder die im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1977 VI ZR 111/75, GRUR 1977, 745, 747 = NJW 1977, 1681, insoweit nicht in BGHZ 69, 181; Urteil vom 5. Mai 1981 VI ZR 184/79, GRUR 1981, 616 f. = NJW 1981, 2117; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. November 2004 VI ZR 298/03, WRP 2005, 236, 237 = NJW 2005, 279).
(2)
Danach fehlt auch einer Unterlassungsklage das Rechtsschutzbedürfnis, mit der auf die Beklagte als Haftpflichtversicherer eingewirkt werden soll, um sie daran zu hindern, im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung Sachverständigenhonorare ohne auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung allein unter Berufung auf das BVSK-Gesprächsergebnis zu kürzen. Denn die Begründung für die Kürzung von Schadenspositionen im Rahmen der außergerichtlichen Schadensregulierung einer Haftpflichtversicherung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung im Prozess. Dies ergibt sich insbesondere aus § 100 VVG. Danach ist der Versicherer bei der Haftpflichtversicherung verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten aufgrund der Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren. Diese Verpflichtung umfasst die außergerichtliche und gerichtliche Abwehr von Ansprüchen Dritter (vgl. Lücke in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 100 VVG Rn. 10). Die Abwehr unbegründeter Ansprüche Dritter durch den Haftpflichtversicherer bildet daher eine Einheit und kann nicht in eine außergerichtliche Abwehr unbegründeter Ansprüche und eine Abwehr von Ansprüchen in einem gerichtlichen Verfahren durch den Haftpflichtversicherer aufgespaltet werden.
Dem geschädigten Dritten, der mit den Sachverständigenkosten belastet ist, und dem Sachverständigen stehen ausreichende Rechtsschutzgarantien zur Verfügung, um die Berechtigung der Anspruchskürzung überprüfen zu lassen. Der geschädigte Dritte kann die Beklagte als Haftpflichtversicherer im Umfang der Anspruchskürzung verklagen; der Sachverständige kann erforderlichenfalls seinen Auftraggeber auf Zahlung der (ungekürzten) Sachverständigenkosten gerichtlich in Anspruch nehmen, der der Beklagten als Haftpflichtversicherer im Honorarprozess den Streit verkünden kann (§§ 72, 73 ZPO). Die vorliegende Fallkonstellation ist entgegen der Ansicht der Revision nicht mit Äußerungen vergleichbar, die in einem Erstbericht eines Konkursverwalters an die Gläubigerversammlung enthalten sind, deren Wahrheitsgehalt im Konkursverfahren nicht rechtsverbindlich überprüft werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Okto-ber 1994 VI ZR 74/94, GRUR 1995, 66, 67 = NJW 1995, 397).
(3)
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es gehe vorliegend nicht in erster Linie um konkrete Äußerungen der Beklagten, sondern um ihre Regulierungspraxis, Sachverständigenhonorare ohne eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung und Begründung zu kürzen. Die Begründung der Beklagten, mit der sie die pauschalen Honorarkürzungen unter Hinweis auf das BVSK-Gesprächsergebnis vornimmt, lässt sich nicht von der von ihr vertretenen Ansicht trennen, nicht verpflichtet zu sein, eine einzelfallbezogene Prüfung und Begründung vorzunehmen.
cc)
Nach Ansicht des Berufungsgerichts liegt keine Konstellation vor, in der die Durchsetzung individueller Ansprüche Dritter auf Schutz ihrer durch das Vorbringen der Beklagten betroffenen Rechte ausnahmsweise Vorrang haben muss. Diese Annahme lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Begründung, mit der die Beklagte die Honorare kürzt, keinen Bezug zur Regulierung des Haftpflichtschadens hat, auf der Hand liegend falsch ist oder eine unzulässige Schmähung der Sachverständigen darstellt, bei der nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Dritten im Vordergrund steht.
2.
Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des hilfsweise verfolgten Unterlassungsantrags als unzulässig richtet.
a)
Mit diesem Unterlassungsantrag wendet sich die Klägerin gegen die mit dem beanstandeten Formularschreiben vorgenommene Kürzung der Sachverständigenhonorare.
b)
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auch für den Unterlassungshilfsantrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen zur Unzulässigkeit des Unterlassungshauptantrags im Hinblick auf das Verbot von Äußerungen der Beklagten im Rahmen des außergerichtlichen Regulierungsverhaltens entsprechend (dazu Rn. 17 bis 24).
3.
Das Berufungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht auch hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung der Abmahnkosten abgewiesen (Klageantrag II). Der Klageantrag zu II ist zwar nicht unzulässig, wie das Berufungsgericht, das zwischen den beiden Klageanträgen nicht unterschieden hat, offenbar angenommen hat; der Zahlungsklage fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klage ist jedoch insofern unbegründet. Die Klägerin kann ihre Abmahnkosten nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ersetzt verlangen, weil ihr der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zusteht. Sie kann von der Beklagten kein Verbot der beanstandeten Äußerungen beanspruchen.
Die Revision ist danach mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage mit dem Klageantrag zu II nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen wird. Das Verbot der reformatio in peius steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1999 I ZR 33/97, GRUR 1999, 936, 938 = WRP 1999, 918 Hypotonietee; Urteil vom 23. Februar 2006 I ZR 164/03, GRUR 2006, 517 Rn. 13 = WRP 2006, 747 Blutdruckmessungen).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG Regensburg, Entscheidung vom 24.08.2010, Az. 1 HKO 549/10
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 17.05.2011, Az. 3 U 1916/10