BGH: Grammatisch männliche Personenbezeichnung umfasst jedes natürliche Geschlecht / Gendersprache

veröffentlicht am 28. Mai 2021

BGH, Urteil vom 13.03.2018, Az. VI ZR 143/17
§ 823 Abs. 2 BGB, § 1004 BGB, § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AGG, § 19 Abs. 1 AGG, § 21 Abs. 1 AGG; Art. 1 Abs. 3 GG, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG , Art. 3 GG 

Der BGH hat entschieden, dass es keinen gesetzlichen Anspruch darauf gibt, in Vordrucken und Formularen nicht mit Personenbezeichnungen erfasst zu werden, deren grammatisches Geschlecht vom eigenen natürlichen Geschlecht abweicht. Nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis könne der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung, so der Senat, vielmehr jedes natürliche Geschlecht umfassen („generisches Maskulinum“). Die Klägerin, eine Kundin der Sparkasse, die diese im Wege der Klage verpflichten wollte, im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint, habe diesbezüglich weder Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), noch aus dem Saarländischen Gleichstellungsgesetz (§ 28 LGG Saarland), auch nicht in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB als Schutzgesetz. Was hiervon zu halten ist? In einem Kommentar des aktuellen Newsletters der Zeitschrift „Betriebs Berater“ (28.05.2021) bemerkte RA Prof. Dr. Jens Schmittmannm unter Verlinkung eines Artikels der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), dass die Mehrheit der Deutschen Formulierungen wie „Zuhörende“ statt „Zuhörer“ und die Nutzung des großen Binnen-I („WählerInnen“) in der Schriftsprache (wohl) ebenso ablehne wie eine Pause vor der zweiten Worthälfte („Pendler_innen“) in der gesprochenen Sprache. Schmittmann: „Wir brauchen weder eine Kunstsprache noch Sprach-Jakobiner, sondern verständliche Kommunikation.“ Der Kollege kommentiert ein seit Jahren diskutiertes und heikles Thema treffend. Wer im Übrigen eine diskriminierungsfreie, geschlechtergerechte Anpassung der Sprache verlangt, muss konsequent sein, da in einer nur selektiven Erweiterung (z.B. auf das weibliche Geschlecht, wie vorliegend) eine Diskriminierung der nicht genannten, von Teilen der Gesellschaft geforderten weiteren Geschlechter zu sehen ist. Für denjenigen, der gendergerecht adressieren will, stellt sich aus Praktikabilitätsgründen die Frage, wo er im Alltag Grenzen ziehen will. Zu welchen sprachlichen Auswüchsen eine konsequent gendergerechte Sprache nämlich führt, zeigte eine (polemisch-populistische und vom Landtagspräsidenten unterbrochene) über zweiminütige (!) gendergerechte Adressierung der im Potsdamer Landtag Anwesenden durch den AfD-Abgeordneten Steffen Königer im Juni 2016, an welche sich seine nur wenige Sekunden dauernde Ablehnung eines fraktionsübergreifenden Antrags der SPD, Linke und Grüne („Aktionsplan zur Akzeptanz sexueller Vielfalt“) anschloss. Offenheit, Toleranz und Gleichberechtigung sollten im tatsächlichen Umgang mit dem Menschen zum Ausdruck kommen. Eine in jeder Hinsicht gendergerechte Adressierung dürfte schon formell jede wünschenswerte Diskussion verhindern. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.02.2018 durch … für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 10.03.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der beklagten Sparkasse, im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint.

Die Klägerin ist Kundin der Beklagten. Diese verwendet im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke, die neben grammatisch männlichen Personenbezeichnungen wie etwa „Kontoinhaber“ keine grammatisch weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede „Frau […]“. Durch Schreiben ihrer Rechtsanwältin forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form („Kontoinhaberin“) vorsehen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin keine Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) herleiten, da sie nicht nachvollziehbar dargelegt habe, dass und in welcher Form sie als Kundin von der Beklagten ungünstiger behandelt werde als männliche Kunden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz begründe keine generelle Verpflichtung zur durchgehend geschlechtsneutralen Formulierung im Wirtschafts- und Rechtsverkehr. Bei § 28 Saarländisches Gleichstellungsgesetz (LGG Saarland) handle es sich nicht um eine drittschützende Norm, die einen Individualanspruch begründe. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht könne die Klägerin keinen Anspruch herleiten. Die Annahme der Klägerin, sie werde durch die Ansprache in ausschließlich männlicher Form als Frau totgeschwiegen, ihrer weiblichen Existenz beraubt und sozusagen geschlechtsumgewandelt, sei unzutreffend. Die Verwendung von Begriffen wie „Kontoinhaber“ oder „Sparer“ in Formularvordrucken könne nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht in dem Sinne verstanden werden, dass sie das natürliche Geschlecht einer Person bezeichneten. In der konkreten Verwendung im Rahmen von Formularvordrucken könnten die Begriffe ausschließlich als generisches Maskulinum verallgemeinernd geschlechtsneutral verstanden werden. Es sei für den Verwender von Formularvordrucken nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ohne weiteres ersichtlich, dass mit der Verwendung der Begriffe keine Bezeichnung nach dem natürlichen Geschlecht einer Person einhergehe. Außerdem könne bei der Verwendung des generischen Maskulinums nicht ohne weiteres diskriminierende Absicht unterstellt werden. Jedenfalls fehle es an der Rechtswidrigkeit einer Verletzungshandlung, da die Verwendung von allgemein gehaltenen Formularen, die sich nicht individuell und individualisiert an eine bestimmte Person richteten, allenfalls einen geringen Eingriff darstelle und die von der Klägerin geforderte Verwendung männlicher und weiblicher Bezeichnungen für die Beklagte mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden wäre. Aus diesen Gründen könne die Klägerin auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 GG nicht die Verwendung von Formularen und Vordrucken in der von ihr gewünschten Art verlangen.

II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der von ihr gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch, nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst zu werden (1.), folgt weder aus § 28 Satz 1 LGG Saarland (2.), auch nicht in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB (3.), noch aus § 21 AGG (4.), aus Grundrechten (5.) oder aus Vertrag (6.). Abweichendes ergibt sich nicht aus supranationalem Recht (7.). Deshalb kann die Klägerin auch keine Erstattung von Kosten für das Aufforderungsschreiben ihrer Rechtsanwältin verlangen (8.).

1. Der Klageantrag ist auslegungsbedürftig.

a) Die Klägerin hat zuletzt beantragt, „die Beklagte zu verpflichten, im Geschäftsverkehr mit ihr Vordrucke zu verwenden, in denen sie als weibliche Person erscheint“. Dieses Rechtsschutzbegehren richtet sich weder auf die Untersagung noch auf die Verwendung konkreter Begriffe oder Formulierungen und bedarf daher der Klärung.

aa) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Für das Verständnis eines Klageantrags ist nicht am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers ent-spricht (Senat, Urteil vom 6. Juni 2000 – VI ZR 172/99, NJW 2000, 3287, 3289; BGH, Urteil vom 14. März 2008 – V ZR 16/07, BGHZ 176, 35 Rn. 7 jeweils mwN).

bb) Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der Beklagten verlangt, im Geschäftsverkehr mit ihr generell Vordrucke zu verwenden, in denen sie nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst wird.

Die Formulierung „als weibliche Person erscheint“ deutet schon bei isolierter Betrachtung darauf hin, dass sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf grammatisch weibliche Personenbezeichnungen (z.B. „Kontoinhaberin“) richtet. Dies deckt sich mit der vorprozessualen Aufforderung der Klägerin an die Beklagte, „ihre Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form vorsehen“. Dafür spricht weiter der vom Berufungsgericht wiedergegebene Vortrag der Klägerin, eine Hälfte der Formulare könne in weiblicher Ansprache gedruckt oder abgeändert werden. Zudem hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung eine Anmerkung übergeben, wonach Formulare und Vordrucke in weiblicher sowie männlicher Form zu drucken seien und die bereits gedruckten maskulinen Vorlagen für die männlichen Kunden verwendet werden könnten. Schließlich hat die Klägerin dieses Verständnis ihres Klageantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt.

b) Mit diesem Inhalt ist der Klageantrag hinreichend bestimmt.

aa) Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt jedoch auch von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen (Senat, Urteil vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 19; BGH, Urteile vom 24. November 1993 – XII ZR 51/92, BGHZ 124, 173, 175 f.; vom 18. Dezember 2015 – V ZR 160/14, NJW 2016, 863 Rn. 9 jeweils mwN). Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung ist nur hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (BGH, Urteile vom 26. Juni 2013 – IV ZR 39/10, VersR 2013, 1381 Rn. 20; vom 4. November 2010 – I ZR 118/09, WM 2011, 1772 Rn. 13; vom 22. November 2007 – I ZR 12/05, MDR 2008, 525, 526).

bb) So liegt es hier. Denn die Differenzierung und Einordnung von Personenbezeichnungen allein nach dem grammatischen Geschlecht können entsprechend den allgemein anerkannten Grammatikregeln (Artikel „der“, „die“, „das“) erfolgen (siehe unten II.4.a.bb.).

2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus § 28 Satz 1 LGG Saarland. Der Senat hat insoweit den beschrittenen Rechtsweg nicht zu prüfen (§ 17a Abs. 5 GVG).

Nach § 28 Satz 1 LGG Saarland haben „Dienststellen“ unter anderem „bei der Gestaltung von Vordrucken […] dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Frauen und Männern dadurch Rechnung zu tragen, dass geschlechtsneutrale Bezeichnungen gewählt werden, hilfsweise die weibliche und die männliche Form verwendet wird.“

a) Zwar ist die Beklagte eine Dienstelle im Sinne von § 28 Satz 1 LGG Saarland. Das Landesgleichstellungsgesetz Saarland gilt gemäß dessen § 2 unter anderem für die Anstalten des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen. Dazu gehört gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 Sparkassengesetz Saarland (SparkG Saarland) auch die Beklagte als Sparkasse, deren Träger ein Zweckverband von ausschließlich kommunalen Gebietskörperschaften ist (Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 2 Rn. 2.1; siehe weiter zur Einbeziehung der Sparkassen im Gesetzgebungsverfahren LT-Drucks. 11/267, Begründung S. 4; LT-Plenarprotokolle 11/9 vom 10. Mai 1995 S. 412, 417; 11/23 vom 24. April 1996 S. 1154, 1161). Als innerhalb des Verwaltungsaufbaus organisatorisch eigenständige Stelle ist die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 LGG Saarland eine Dienststelle.

b) Allerdings ergibt sich aus § 28 Satz 1 LGG Saarland kein Anspruch der Klägerin.

aa) Es existiert kein allgemeiner Anspruch auf den Vollzug öffentlich-rechtlicher Normen. Subjektive Rechte vermitteln nur Rechtsvorschriften, die nicht ausschließlich der Durchsetzung von Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Schutz individueller Rechte dienen. Das gilt für Normen, die das geschützte Recht sowie einen bestimmten und abgrenzbaren Kreis der hierdurch Berechtigten erkennen lassen („Schutznormtheorie“, BVerwGE 156, 180 Rn. 27; 131, 129 Rn. 19; 111, 276, 280; 98, 118, 120; Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, GG [September 2017], Art. 19 Abs. 4 Rn. 136 ff. mwN; verfassungsrechtlich unbedenklich: vgl. etwa BVerfGK 18, 74, 80 ff.; Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, GG [September 2017], Art. 19 Abs. 4 Rn. 127 ff. mwN).
bb) Danach begründet § 28 Satz 1 LGG Saarland keine Ansprüche.

Der Wortlaut dieser Vorschrift sieht ausschließlich eine Verpflichtung von Dienststellen und keinen korrespondierenden Anspruch Dritter vor. Darüberhinausgehendes ergibt sich nicht aus der Definition des Regelungsziels und der allgemeinen Grundsätze in § 1 LGG Saarland. Dies gilt auch für die Begründung zu den gleichlautenden Vorschriften im Gesetzesentwurf der Landesregierung (vgl. LT-Drucks. 11/267, Begründung S. 3 f., 10; Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 1 Rn. 1.2).

Die Gesetzessystematik spricht gegen die Begründung eines Anspruchs durch § 28 Satz 1 LGG Saarland. Einzelne Vorschriften des Gesetzes enthalten ausdrückliche Regelungen zu Rechtspositionen oder deren Durchsetzung wie etwa § 14 LGG Saarland (Beweislast), § 17 Abs. 5 LGG Saarland (Anspruch auf Vollzeitstelle) oder § 23 ff. LGG Saarland (Aufgaben und Rechte der Frauenbeauftragten, Widerspruchs- und Schlichtungsverfahren, gerichtliches Verfahren). Dies deutet im Umkehrschluss darauf hin, dass ohne eine solche spezielle Regelung ausschließlich die Dienststelle verpflichtet werden soll (siehe weiter Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 15 Rn. 15.1, § 17 Rn. 17.1).

Ein abgrenzbarer Kreis geschützter Personen ist angesichts des weiten Anwendungsbereichs der Vorschrift und der unüberschaubaren Anzahl potentiell Betroffener nicht erkennbar. Gemäß § 2 LGG Saarland gilt § 28 Satz 1 LGG Saarland für die Verwaltung des Landes, der Gemeinden, der Landkreise, des Regionalverbandes Saarbrücken sowie der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, für die Gerichte und Staatsanwaltschaften und vom Landtag zu wählende Gremien. Der Anwendungsbereich des § 28 Satz 1 LGG Saarland umfasst den Erlass von Rechtsvorschriften, die Gestaltung von Vordrucken, amtliche Schreiben, die Öffentlichkeitsarbeit, das Marketing und die Stellenausschreibung. Danach beschränkt sich die Vorschrift insbesondere nicht auf eine bestimmte Bezeichnung von Personen, die an einem Verwaltungs oder Geschäftsvorgang unmittelbar beteiligt sind. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nur in bestimmten Konstellationen – etwa abhängig von einer stimmten der erfassten Tätigkeiten oder von Art und Ausmaß der Betroffenheit – ein der Verpflichtung einer Dienststelle korrespondierender Anspruch besteht. Eine Verletzung von § 28 LGG Saarland soll auch nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen, die durch den entsprechenden Text niedergelegt ist (Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn. 28.2).

c) Daher ist keine Entscheidung erforderlich, welche Begriffe und Formulierungen „geschlechtsneutrale Bezeichnungen“ im Sinne von § 28 Satz 1 LGG Saarland sind (vgl. dazu Diewald/Steinhauer, Duden Richtig gendern [2017], S. 53 ff.; Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn. 28.1). Zudem kann offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen „hilfsweise“ die weibliche und die männliche Form verwendet darf oder muss (vgl. dazu Ory/Ory, LGG Text und Erläuterungen [1997], § 28 Rn. 28.1).

d) Es bedarf weiter keiner Klärung, ob § 28 Satz 1 LGG Saarland verfassungsgemäß ist. Dies betrifft zunächst die Frage, inwieweit der Sprachgebrauch einer staatlichen Regelung zugänglich ist. Der Umstand, dass Sprache nicht aus einer staatlichen Quelle fließt und sich im gesellschaftlichen Gebrauch von selbst entwickelt, steht einer staatlichen Regelung nicht grundsätzlich entgegen. Der Staat kann die Sprache deswegen aber nicht beliebig regeln. Begrenzende Wirkungen ergeben sich aus der Eigenart der Sprache für Art und Ausmaß einer Regelung (BVerfGE 98, 218, 246).

Klärungsbedürftig ist auch nicht, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen (verfassungskonforme Auslegung) oder mit welchen Rechtsfolgen (Teilnichtigkeit) § 28 Satz 1 LGG Saarland unvereinbar mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (siehe weiter Art. 12 Abs. 3 Saarländische Verfassung) ist, weil neben der hilfsweisen Verwendung nur der weiblichen und der männlichen Form nicht auch die Existenz von Personen berücksichtigt wird, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen (siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16, NJW 2017, 3643, insbesondere Rn. 44 ff., 50, 56 ff.; Helms, FamRZ 2017, 2054).

3. Es besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus § 28 Satz 1 LGG Saarland in Verbindung mit § 823 Abs. 2, § 1004 BGB. Bei § 28 Satz 1 LGG Saarland handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

a) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist eine Rechtsnorm, die nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (Senat, Urteil vom 14. Mai 2013 – VI ZR 255/11, BGHZ 197, 225 Rn. 7; BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 – XI ZR 51/10, BGHZ 192, 90 Rn. 21 jeweils mwN).

b) Auf einen solchen Individualschutz ist § 28 Satz 1 LGG Saarland nach Inhalt und Zweck nicht ausgerichtet (siehe oben II.2.b.bb.).

4. Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht auf § 21 Abs. 1 AGG stützen. Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ergibt sich keine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Begründung oder Durchführung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse mit der Beklagten (§ 19 Abs. 1 AGG).

a) Die Klägerin erfährt allein dadurch, dass die Beklagte ihr gegenüber Vordrucke verwendet, in denen sie mit grammatisch männlichen Personenbezeichnungen (z.B. „Kontoinhaber“) und nicht (auch) mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen (z.B. „Kontoinhaberin“) erfasst wird, keine weniger günstige Behandlung als eine Person mit natürlichem männlichen Geschlecht erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG).

aa) Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfährt als die Vergleichsperson, ist die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person (BeckOK-ArbeitsR/Roloff [Dezember 2017], § 3 AGG Rn. 3 mwN; Palandt/Ellenberger, BGB 77. Aufl., § 3 AGG Rn. 2; Staudinger/Serr [2018], § 3 AGG Rn. 7).

Das Verständnis des von der Klägerin beanstandeten Sprachgebrauchs in von der Beklagten ihr gegenüber verwendeten Formularen und Vordrucken unterliegt uneingeschränkter revisionsrechtlicher Prüfung. Dies entspricht der Auslegung typischer Willenserklärungen, Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder veröffentlichter Stellenanzeigen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 504/16, VersR 2018, 114 Rn. 22; BGH, Urteile vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 20; vom 9. April 2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 25; BAG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 8 AZR 402/15, NZA 2018, 33; BAGE 157, 296 Rn. 29 jeweils mwN; siehe weiter zur revisionsrechtlichen Nachprüfung der Sinndeutung von Äußerungen Senat, Urteile vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 22; vom 27. September 2016 – VI ZR 250/13, NJW 2017, 482 Rn. 12 jeweils mwN).

Begriffe und Formulierungen in Vordrucken sowie Formularen sind grundsätzlich nach ihrem typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen, normalerweise beteiligten Verkehrskreisen verstanden werden. Dies entspricht der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und typischen Willenserklärungen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 504/16, VersR 2018, 114 Rn. 22; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2017 – VIII ZR 2/17, juris Rn. 31 f.; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 29 f.; Erman/Roloff, BGB 15. Aufl., § 305c Rn. 20 jeweils mwN).

Dabei ist allgemeinkundig, ob eine Formulierung dem üblichen deut-schen Sprachgebrauch entspricht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1995 – 7 B 39/95, juris Rn. 2).

bb) Grammatisch männliche Personenbezeichnungen können nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis auch Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.

Bei Personenbezeichnungen muss zwischen dem Genus (grammatisches Geschlecht) sowie dem gemeinten natürlichen und dem realen natürlichen Geschlecht unterschieden werden. Substantive können sich unabhängig von ihrem weiblichen, männlichen oder neutralen Genus auf Personen jeden natürlichen Geschlechts beziehen (Götze/Hess-Lüttich, Wahrig Grammatik der deutschen Sprache 3. Aufl., S. 189 ff.; Duden, Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236, allerdings beschränkt auf „Personen beiderlei natürlichen Geschlechts“; z.B. die Person, der Mensch, das Kind). Danach kann der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natürliche Geschlecht umfassen („generisches Maskulinum“; Götze/Hess-Lüttich, Wahrig Grammatik der deutschen Sprache 3. Aufl., S. 191; Duden, Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236).

Dieser Sprachgebrauch und dieses Sprachverständnis sind nach wie vor allgemein üblich (vgl. beispielsweise zuletzt Oberthür, NJW 2017, 2228 f.; Pick, AnwBl 2017, 266 Fn. 1). Dabei verkennt der Senat nicht, dass grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, vor dem Hintergrund der seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsys-tem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert und teilweise nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden werden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag (vgl. dazu Götze/Hess-Lüttich, Wahrig Grammatik der deutschen Sprache 3. Aufl., S. 191; Duden, Band 4 Die Grammatik, 8. Aufl., Rn. 236; Meinunger/Baumann [Hrsg.], Die Teufelin steckt im Detail [2017]; Diewald/Steinhauer, Duden Richtig gendern [2017], S. 26 ff., 116 ff.).

Dies vorausgeschickt ist bei Äußerungen staatlicher oder staatlich kontrollierter Stellen dennoch weiterhin grundsätzlich vom allgemein üblichen Sprachgebrauch, der das sogenannte generische Maskulinum umfasst, auszugehen. Denn so ist auch die Gesetzessprache angelegt. Zwar wird im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG) auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen (so für das Saarland § 28 LGG [siehe oben II.2.]; Gemeinsame Geschäftsordnung der obersten Landesbehörden [GGO] vom 16. Oktober 2001, GMBl. S. 374, Teil B Anlage 1 1.1; für den Bund § 4 Abs. 3 Bundesgleichstellungsgesetz; § 42 Abs. 5, § 62 Abs. 2 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien vom 26. Juli 2000, GMBl. S. 526). Gleichwohl werden in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet. Dies gilt insbesondere für das Grundgesetz (siehe etwa Art. 7 Abs. 3 Satz 3, Art. 13 Abs. 2 und 3 Satz 3, Art. 16 Abs. 2 Satz 1, Art. 16a Abs. 3 Satz 2, Art. 34 Satz 1, Art. 36, Art. 40 GG; siehe weiter Art. 13 Abs. 2 Satz 1, Art. 27 Abs. 6 Satz 2, Art. 47 Satz 1 und 2, Art. 48 Abs. 2, Art. 52 Abs. 2 Satz 4 Saarländische Verfassung). Dazu gehören weiter Normen, die für Bankgeschäfte relevant sind (vgl. etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: „Kontoinhaber“; § 13 BGB: „Verbraucher“, §§ 488 ff. BGB „Darlehensnehmer“; siehe weiter § 675 f Abs. 1 BGB: „Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt [Zahlungsdienstnutzer]“). Auch in den Strafgesetzen werden trotz der sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden erhöhten Bestimmtheitsanforderungen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe z.B. Strafgesetzbuch, Allgemeiner Teil, Erster Abschnitt, Zweiter Titel Sprachgebrauch, § 11; vgl. MüKo-StGB/Schmitz, 3. Aufl., § 1 StGB Rn. 45; Foth, JR 2007, 410). Dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers ist zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis. Der Senat kann daher allein durch die Verwendung von Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums keine Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG feststellen.

cc) Konkrete Personenbezeichnungen, Formulierungen, Vordrucke oder Formulare hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Der Bedeutungsgehalt einer bestimmten Personenbezeichnung oder Formulierung kann aber nur im Einzelfall festgestellt werden. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist vom Wortlaut der Äußerung auszugehen. Dieser legt ihren Sinn aber nicht abschließend fest. Er wird vielmehr auch von dem sprachlichen Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht und von den erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie fällt, bestimmt. Die Äußerung darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. zur Presseberichterstattung Senat, Urteile vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 22; vom 27. September 2016 – VI ZR 250/13, NJW 2017, 482 Rn. 12 jeweils mwN; vgl. etwa zu Stellenausschreibungen LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4. Mai 2016 – 6 Sa 419/15, juris Rn. 75; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. September 2011 – 17 U 99/10, NZA-RR 2011, 1147 Rn. 32; LAG Berlin, Urteil vom 16. Mai 2001 – 13 Sa 393/01, juris Rn. 27; Bettinghausen, BB 2018, 372; MüKo-BGB/Thüsing, 7. Aufl., § 11 AGG Rn. 5; Beck-OGK/Block [November 2017], § 3 AGG Rn. 49.2; Staudinger/Serr [2018], § 11 AGG Rn. 13).

b) Aus diesem Grund ergibt sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch keine mittelbare Benachteiligung (§ 3 Abs. 2 AGG) oder Belästigung im Sinn von § 3 Abs. 3 AGG. Der allgemein übliche Sprachgebrauch bringt keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4. Mai 2016 – 6 Sa 419/15, juris Rn. 75; Beck-OGK/Block [November 2017], § 3 AGG Rn. 49.2).

c) Somit bedarf es keiner Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche Arten von Bankgeschäften in den Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 AGG fallen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 Rn. 23; Looschelders, JZ 2012, 106, 108; Palandt/Grüneberg, BGB 77. Aufl., § 19 AGG Rn. 3; MüKo-BGB/Thüsing, 7. Aufl., § 19 AGG Rn. 24 ff.).

5. Schließlich ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder aus Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG.

a) Die Beklagte ist unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte die vollziehende Gewalt als unmittelbar geltendes Recht. Dies gilt für die öffentliche Hand auch, wenn sie öffentliche Aufgaben wie die Daseinsvorsorge in privatrechtlichen Rechtsformen wahrnimmt (BGH, Urteil vom 11. März 2003 – XI ZR 403/01, BGHZ 154, 146, 150 f. mwN). Die Beklagte ist als Sparkasse eine Anstalt des öffentlichen Rechts (siehe oben II.2.a.). Ihr Auftrag zur Daseinsvorsorge ergibt sich aus § 2 Abs. 1 SparkG Saarland. Danach haben Sparkassen die Aufgabe, auf der Grundlage der Markt- und Wettbewerbserfordernisse vorrangig in ihrem Geschäftsgebiet den Wettbewerb zu stärken und die angemessene und ausreichende Versorgung aller Bevölkerungsschichten und der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen auch in der Fläche sicherzustellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SparkG Saarland). Mit der Erfüllung dieser Aufgabe dienen sie dem Gemeinwohl (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SparkG Saarland).

b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verpflichtet die Beklagte nicht generell, die Klägerin in Vordrucken und Formularen mit einer grammatisch weiblichen Personenbezeichnung zu erfassen.

aa) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität, die regelmäßig ein konstituierender Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16, NJW 2017, 3643 Rn. 36 ff. mwN). Die Geschlechtszugehörigkeit bestimmt weithin, wie Menschen angesprochen werden (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16, NJW 2017, 3643 Rn. 39).

Jedermann kann daher von den staatlichen Organen die Achtung dieses Bereichs verlangen. Eine Person darf deshalb nicht entgegen ihrem Rollenverständnis angeredet und angeschrieben werden (BVerfG [K], Beschlüsse vom 15. August 1996 – 2 BvR 1833/95, NJW 1997, 1632 Rn. 8, 11, 13; vom 27. Oktober 2011 – 1 BvR 2027/11, NJW 2012, 600 Rn. 12 f.). Maßgeblich ist insoweit der allgemeine deutsche Sprachgebrauch (BVerfG, Beschluss vom 20. Juli 1981 – 1 BvR 1417/80, NJW 1981, 2178). Demgegenüber ist die Wahrung der Persönlichkeit nicht spezifisch gefährdet, wenn die Geschlechtszugehörigkeit nicht angegeben oder bezeichnet wird und die konkrete Geschlechtszugehörigkeit einer Person keinen Niederschlag findet (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16, NJW 2017, 3643 Rn. 46, 50).

bb) Danach liegt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede „Frau […]“. Durch die Verwendung von Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums in Vordrucken und Formularen erfolgt kein Eingriff in den Schutzbereich (siehe oben II.4.a.bb.).

c) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich nicht aus Art. 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 GG.

Angesichts des üblichen Sprachgebrauchs und Sprachverständnisses (siehe oben II.4.a.bb.) behandelt die Beklagte Personen männlichen Geschlechts sowie die Klägerin nicht ungleich (Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG) und benachteiligt die Klägerin nicht wegen ihres Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG).

Aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG können Ansprüche auf ein konkretes Verhalten oder Maßnahmen nicht hergeleitet werden. Der sich aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergebende Verfassungsauftrag zur Förderung der Gleichberechtigung verfolgt das Ziel, tradierte Rollenverteilungen zu überwinden. Dieser Verfassungsauftrag will nicht nur Rechtsnormen beseitigen, die Vor- oder Nachteile an Geschlechtsmerkmale anknüpfen, sondern für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchsetzen. Die Art und Weise, wie der Staat seine Verpflichtung erfüllt, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, obliegen der gesetzgeberischen Ausgestaltungsbefugnis (BVerfG [K], Beschluss vom 26. Oktober 2011 – 1 BvR 2075/11, NJW 2012, 216 Rn. 6 mwN).

6. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus Vertrag. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Ohne Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen gehen die Rücksichtnahmepflichten und die korrespondierenden Ansprüche nicht über das hinaus, was sich bereits aus grundrechtlichen Gewährleistungen und gesetzlichen Regelungen ergibt. Solche Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht vorgetragen.

7. Abweichendes ergibt sich nicht aus Art. 20 f., 23 EU-GRCharta, Art. 14 EMRK oder anderem zwischenstaatlichem und supranationalem Recht.

8. Da der von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch nicht besteht, kann sie auch nicht die Erstattung von Kosten für das vorprozessuale Aufforderungsschreiben ihrer Rechtsanwältin verlangen.

Vorinstanzen:
AG Saarbrücken, Urteil vom 12.02.2016, Az. 36 C 300/15 (12)
LG Saarbrücken, Urteil vom 10.03.2017, Az. 1 S 4/16

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