BGH, Urteil vom 20.01.2011, Az. I ZR 78/08
§ 32 Abs. 1 Satz 2 UrhG
Der BGH hat entschieden, dass bei einer unzureichenden Vergütungsvereinbarung für die Übersetzung eines Buchtitels ein Anspruch auf Anpassung des Vertrages besteht. Dabei könne der Übersetzer ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises bei Hardcover- und Trade-Paperback-Ausgaben und in Höhe von 0,4% des Nettoladenverkaufspreises bei Taschenbuchausgaben beanspruchen, jeweils soweit die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare 5.000 Exemplare übersteige. Die Höhe dieser Beteiligung hatte der BGH bereits zuvor in einem Urteil zur Übersetzervergütung festgelegt (s. hier). Zum Volltext der Entscheidung:
Bundesgerichtshof
Urteil
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2010 durch … für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. April 2008 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte auf den Hilfsantrag zu I zur Einwilligung in die vom Berufungsgericht formulierte Änderung des Übersetzungsvertrages verurteilt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Landgerichts München I vom 27. September 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, über das Werk mit dem Originaltitel „Shopaholic ties the Knot“ von Sophie Kinsella vom 8. Dezember 2002 dahingehend einzuwilligen, dass § 6 folgende Fassung erhält:
6.1 (bleibt unverändert)
6.2 Absatzvergütung
6.2.1 Übersteigt die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare im Hardcover/Trade Paperback 5.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises). Elektronische Ausgaben werden in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare einbezogen.
6.2.2 Übersteigt die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare im Taschenbuch 5.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,4% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises). Elektronische Ausgaben werden in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare einbezogen.
6.3. Erlösbeteiligung
6.3.1 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils an den Erlösen, die der Verlag durch die eigene Verwertung des übersetzten Werkes in Form von nicht der Buchpreisbindung unterliegenden Produkten erzielt; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer;
6.3.2 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils an den Erlösen, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer.
Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Die Kosten der Rechtsmittel werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Die Klägerin ist Übersetzerin; die Beklagte ist eine Verlagsgruppe. Die Parteien schlossen am 26. Juni/8. Dezember 2002 einen Vertrag, mit dem sich die Klägerin zur Übersetzung des Romans „Shopaholic ties the Knot“ von Sophie Kinsella verpflichtete. In dem Vertrag ist unter anderem bestimmt:
§ 4 Rechteeinräumung
Die Übersetzung wird zu dem Zweck erstellt, den Verlag zu ihrer umfassenden und ausschließlichen Nutzung in allen sich bietenden Verwertungsarten in Stand zu setzen. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass diesem Zweck einer umfassenden und koordinierten Verwertung des Werks nur durch eine umfassende Einräumung der Nutzungsrechte für alle bekannten Nutzungsarten und Verwendungsformen gedient werden kann. Alle diese Nutzungsrechte sowie alle sonstigen aus dem Urheberrecht an dem Werk und seinen Bearbeitungen fließenden Rechte und Ansprüche werden dem Verlag deshalb räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkt zur gewerbsmäßigen Auswertung und treuhänderischen Verwaltung und Wahrnehmung eingeräumt.
Der Verlag ist zur Auswertung der nachfolgend genannten Nutzungsrechte und zur Wahrnehmung der hierfür im Gesetz festgelegten Vergütungsansprüche im eigenen Verlag oder durch Übertragung ausschließlicher oder einfacher Nutzungsrechte an fremde Unternehmen, auch durch Beauftragung von Verwer-tungsgesellschaften und Agenturen, berechtigt aber nicht verpflichtet. […]
Zu den dem Verlag eingeräumten Nutzungsrechten rechnen insbesondere die folgenden Rechte […]
§ 6 Honorar
6.1 Die Übersetzerin erhält für ihre Tätigkeit und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 4 als Gegenleistung ein Honorar von 18 € pro Normseite (30 Zeilen à 60 Anschläge) des übersetzten Textes, zahlbar bei Manuskriptabnahme durch den Verlag, vorbehaltlich der Rechte aus § 9.1.
6.2 ErfolgsbeteiIigung
6.2.1 Ersterscheinen als HC oder Trade Paperback-Ausgabe mit anschließendem TB bei der [Beklagten]
Übersteigt die Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare im Hardcover/Trade Paperback 30.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,5% des Nettoladenpreises. Übersteigt die Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare im Taschenbuch 150.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Pauschalhonorar in Höhe von 50% des Normseitenhonorars. Das Gleiche gilt fortlaufend in Schritten von jeweils weiteren 150.000 verkauften und bezahlten Exemplaren. […] Elektronische Ausgaben werden in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare derjenigen Buchausgabe einbezogen, die zuletzt vor Erscheinen der elektronischen Ausgabe veröffentlicht wurde.
6.2.2 Ersterscheinen als Taschenbuch
Übersteigt die Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare im ersterscheinenden Taschenbuch 100.000 Exemplare, erhält die Übersetzerin ein zusätzliches Pauschalhonorar in Höhe von 50% des Normseitenhonorars. Das Gleiche gilt fortlaufend in Schritten von jeweils weiteren 100.000 verkauften und bezahlten Exemplaren. […] Elektronische Ausgaben werden in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare einbezogen.
§ 7 Abrechnung
[…]
7.2 Der Verlag rechnet in jedem Jahr zum 30. Juni und zum 31. Dezember ab. Abrechnung und Zahlung erfolgen innerhalb von zwei Monaten nach diesen Terminen. […]
7.3 Der Verlag ist verpflichtet zur Überprüfung der Honorarabrechnungen, einen von der Übersetzerin beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchsachverständigen, Einsicht in die für die Honorarabrechnung relevanten Bücher und Unterlagen zu gewähren. Die hierdurch anfallenden Kosten trägt der Verlag, wenn sich die Abrechnungen als fehlerhaft erweisen und die Differenz zu Lasten der Übersetzerin größer ist als 5% des Abrechnungsvolumens des letzten geprüften Abrechnungszeitraums.
Die Klägerin ist der Ansicht, die vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen. Sie verlangt von der Beklagten die Einwilligung in die Änderung des Vertrages, durch die ihr die angemessene Vergütung gewährt wird.
Die Klägerin hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen
I. in die Abänderung des mit ihr bestehenden Übersetzungsvertrages vom 28. Dezember 2002 über das Werk mit dem Originaltitel „Shopaholic ties the Knot“ von Sophie Kinsella mit folgender Fassung des § 6 einzuwilligen:
6.2. Die Übersetzerin erhält für ihre Tätigkeit und für die Übertragung sämtlicher Rechte als Gegenleistung zusätzlich zu dem Normseitenhonorar in Ziffer 6.1 eine Absatzvergütung in Höhe von 1% des Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar in einer Hardcoverausgabe bis 20.000 Exemplare und 2% ab dem 20.001. Exemplar, sowie 0,5% des Nettoladenverkaufspreises für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar in der Taschenbuchausga-be bis 20.000 Exemplare, 1% ab dem 20.001. Exemplar, 1,5% ab dem 40.000. Exemplar und 2% ab dem 100.000. Exemplar. Erscheint das Werk zunächst oder nur in einer Taschenbuchausgabe, so erhö-hen sich die Prozentsätze für alle Exemplare, die vor dem etwaigen späteren Erscheinen einer Hardcover-Ausgabe verkauft werden, um jeweils 0,25%.
6.3. Von jeder weiteren Nutzung der Übersetzung (§ 4.1 bis 4.10) in zur [Beklagten] gehörenden Unternehmen erhält die Übersetzerin 2% vom Endabgabepreis.
6.4. Von sämtlichen Nettoerlösen, die beim Verlag insgesamt durch Einräumung von Lizenzen in Ausübung der in § 4.1 bis 4.10 eingeräumten Rechte eingehen, erhält die Übersetzerin 25%.
In § 7.3 Satz 2 wird nach dem Passus „wenn sich die Abrechnungen als fehlerhaft erweisen“ ein Punkt eingefügt und der anschließende Passus „und die Differenz“ bis „Abrechnungszeitraum“ ersatzlos gestrichen.
Hilfsweise:
in die Abänderung des § 6 des Übersetzervertrages vom 26. Juni/8. Dezember 2002 zur Anpassung dahingehend einzuwilligen, dass ihr eine vom Gericht im Wege der freien Schätzung festzusetzende, angemessene Vergütung für die Übertragung der Urhebernutzungsrechte an ihrer Übersetzung des Werkes „Shopaholic ties the Knot“ von Sophie Kinsella gewährt wird, die über das Honorar in § 6 des Übersetzervertrages vom 26. Juni/8. Dezember 2002 hinausgeht, wobei das Gericht gebeten wird, die Änderung entsprechend zu formulieren.
II. die aus der Abänderung und nach Auskunfts- und Rechnungslegung gemäß § 7.2 des Übersetzervertrages einschließlich der Abrechnung der Nettoerlöse gemäß Klageantrag I 6.3. und 6.4. in den Zeiträumen des § 7.2 sich ergebenden Beträge nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung an sie zu bezahlen (2. Stufe der Stufenklage).
Das Landgericht hat dem Hauptantrag durch Teilurteil stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Teilurteil des Landgerichts unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt,
in eine Abänderung des zwischen den Parteien geschlossenen Übersetzervertrages über das Werk mit dem Originaltitel „Shopaholic ties the Knot“ von Sophie Kinsella vom 8. Dezember 2002 dahingehend einzuwilligen, dass § 6 folgende Fassung erhält:
6.1 (bleibt unverändert)
6.2.1 Die Übersetzerin erhält zum Normseitenhonorar gemäß Ziffer 6.1 eine Absatzvergütung in Höhe von 1,5% des jeweiligen Nettoladenverkaufspreises (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte, bezahlte und nicht remittierte Exemplar. Elektronische Ausgaben werden in die Verrechnung der Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare einbezogen. Dies gilt auch für Print- und elektronische Ausgaben von zur [Beklagten] gehörenden Unternehmen.
6.2.2 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Absatzvergütung in Höhe von 1,5% des jeweiligen Händlerabgabepreises für die Verwertung von Nebenrechten (§ 4) in Form von nicht der Buchpreisbindung unterliegenden Produkten, sofern die Verwertung durch den Verlag selbst oder durch zur [Beklagten] gehörende Unternehmen erfolgt, wenn und soweit damit die von ihr gefertigte Übersetzung benutzt wird.
6.2.3 Die Übersetzerin erhält des Weiteren eine Beteiligung von 10% an den Nettoerlösen, die beim Verlag für die Einräumung von Nebenrechten (§ 4) eingehen, wenn und soweit die vergebenen Nebenrechte die Benutzung der von ihr gefertigten Übersetzung mit umfassen.
6.2.4 Das Normseitenhonorar nach Ziffer 6.1 ist auf die Absatzvergütung sowie gegebenenfalls noch auf die Beteiligung an den Nettoerlösen aus der Vergabe von Nebenrechten anzurechnen.
Dagegen haben beide Parteien die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Die Klägerin erstrebt die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte verfolgt ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Parteien beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A.
Das Berufungsgericht hat angenommen, es bestehe ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Hierzu hat es ausgeführt:
Angesichts der Übertragung sämtlicher Rechte an den urheberrechtlich geschützten Übersetzungen des Romans für die gesamte Dauer der Schutzfrist könne das gewählte Vergütungssystem, das sich trotz der vorgesehenen Erfolgsbeteiligung im Wesentlichen in dem vereinbarten Pauschalhonorar von 18 € pro Normseite erschöpfe, eine angemessene Vergütung des Urhebers über die gesamte Laufzeit des Vertrages nicht sicherstellen. Die Redlichkeit erfordere grundsätzlich ein nach dem Maßstab von Dauer, Umfang und Intensität der durch die Rechtseinräumung ermöglichten Nutzungshandlungen ermitteltes Absatzhonorar. Danach sei ohne Unterscheidung nach Hardcover- und Taschenbuchausgabe eine Absatzbeteiligung in Höhe von 1,5% des Nettoladenverkaufspreises für jedes verkaufte, bezahlte und nicht remittierte Buchexemplar angemessen. Dieselbe Beteiligung gebühre der Klägerin auch hinsichtlich der weiteren Produkte, die – wie elektronische Ausgaben oder E-Books – der Buchpreisbindung unterlägen. Für Produkte, die – wie Hörbücher – nicht der Buchpreisbindung unterlägen, biete sich der Händlerabgabepreis als Bemessungsgrundlage an, der im Gegensatz zum Endabgabepreis leicht feststellbar und überprüfbar sei. Für Hörbücher sei angesichts eines Autorenanteils von 8% ein Übersetzeranteil von 1,5% angemessen. Darüber hinaus sei der Klägerin ein Anteil von 10% an den Nettoerlösen zuzusprechen, die die Beklagte aus der Vergabe von Nebenrechten erziele. Das Normseitenhonorar sei auf die Absatzvergütung und die Nebenrechtserlösbeteiligung anzurechnen. Für die von der Klägerin erstrebte Verpflichtung der Beklagten, die Kosten einer Bucheinsicht auch dann zu tragen, wenn diese eine Differenz von weniger als 5% des Abrechnungsvolumens ergebe (§ 7.3 Satz 2 des Vertrages), biete § 32 UrhG keine Grundlage.
B.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Klägerin kann von der Beklagten zwar entsprechend dem Hilfsantrag zu I die Einwilligung in eine Vertragsänderung verlangen, die zu einer angemessenen Vergütung in Form einer Absatzvergütung und einer Beteiligung an den Erlösen aus der Vergabe von Rechten an Dritte führt. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Bestimmung der Vergütung ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
I.
Der Hilfsantrag zu I ist hinreichend bestimmt und damit zulässig. Zwar verlangt § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO grundsätzlich eine Bezifferung des Klageantrags. Beansprucht aber ein Urheber – wie hier – die Änderung einer Vereinbarung über den Betrag einer Urhebervergütung, durch die ihm die angemessene Vergütung gewährt wird, ist es zulässig, von einer Bezifferung abzusehen, weil ein solcher Klageantrag auf eine Abänderung des Vertrages nach richterlichem Ermessen entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO abzielt. In diesem Fall reicht es aus, die Grundlagen für die Ermessensausübung und eine Größenordnung des Anspruchs anzugeben (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 38/07, BGHZ 182, 337 Rn. 13 – Talking to Addison, mwN). Die Klägerin hat die Grundlagen für eine Ermessensausübung vorgetragen und mit dem Hauptantrag zu II eine Größenordnung seiner Vorstellung genannt.
II.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG die Einwilligung in die Änderung des Übersetzungsvertrages beanspruchen kann. Nach dieser Bestimmung kann der Urheber von seinem Vertragspartner, soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber eine angemessene Vergütung gewährt wird.
1.
Die in ihrer derzeit geltenden Fassung am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Bestimmung des § 32 UrhG ist auf den am 26. Juni/8. Dezember 2002 geschlossenen Übersetzungsvertrag anzuwenden.
2.
Die Übersetzungen der Klägerin stellen, wie das Berufungsgericht von der Revision der Beklagten unbeanstandet angenommen hat, persönliche geistige Schöpfungen dar, die nach § 2 Abs. 2, § 3 Satz 1 UrhG Urheberrechtsschutz genießen (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1999 – I ZR 57/97, GRUR 2000, 144 f. – Comic-Übersetzungen II, mwN).
3.
Die von den Parteien vereinbarte Vergütung ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht angenommen hat, nicht angemessen.
a)
Unter welchen Voraussetzungen eine Vergütung angemessen ist, ist in § 32 Abs. 2 UrhG bestimmt. Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG ist eine nach gemeinsamen Vergütungsregeln (§ 36 UrhG) ermittelte Vergütung angemessen. Gibt es – wie im Streitfall – keine solche von Vereinigungen von Urhebern und Werknutzern aufgestellten gemeinsamen Vergütungsregeln, ist eine Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG).
Der Senat hat – nach Erlass des Berufungsurteils – entschieden, welche Vergütung danach für Übersetzer von belletristischen Werken (BGHZ 182, 337 – Talking to Addison) und von Sachbüchern (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 230/06, ZUM-RD 2010, 16) angemessen ist. Er ist dabei von dem Grundsatz ausgegangen, dass eine Vergütung regelmäßig nur dann angemessen ist, wenn sie den Urheber an jeder wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes angemessen beteiligt. Nutzt ein Verwerter das Werk fortlaufend durch den Vertrieb von Vervielfältigungsstücken, entspricht es dem Beteiligungsgrundsatz am ehesten, die Vergütung des Urhebers an die Zahl und den Preis der verkauften Exemplare zu binden, da die Leistung des Urhebers durch den Verkauf eines jeden einzelnen Exemplars wirtschaftlich genutzt wird. Erzielt ein Verwerter dadurch Erlöse, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des Werkes einräumt, gebietet es das Prinzip der Teilhabe des Urhebers an den Nutzungen seines Werkes, dem Urheber auch einen Anteil an diesen Erlösen zu gewähren. Zur näheren Bestimmung der danach angemessenen Vergütung von Übersetzern hat der Senat die „Gemeinsamen Vergütungsregeln für Autoren belletristischer Werke in deutscher Sprache“ als Orientierungshilfe herangezogen.
Der Senat hat entschieden, dass Übersetzer von belletristischen Werken und von Sachbüchern danach als angemessene Vergütung grundsätzlich eine Absatzvergütung in Höhe von 2% des Nettoladenverkaufspreises bei Hardcover-Ausgaben und in Höhe von 1% des Nettoladenverkaufspreises bei Taschenbuchausgaben beanspruchen können, die dann, wenn Übersetzern ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar erhalten und keine besonderen Umstände vorliegen, für Hardcover-Ausgaben auf 0,8% des Nettoladenverkaufspreises und für Taschenbuchausgaben auf 0,4% des Nettoladenverkaufspreises herabzusetzen und jeweils ab dem 5.000sten Exemplar zu zahlen ist (BGHZ 182, 337 Rn. 36 – Talking to Addison; BGH, ZUM-RD 2010, 16 Rn. 36). Daran hält der Senat – wie er in der ebenfalls heute verkündeten Entscheidung „Destructive Emotions“ näher ausgeführt hat (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 19/09 Rn. 20 bis 31) – auch unter Berücksichtigung der dagegen vorgebrachten Einwände fest.
Der Senat hat weiterhin bereits entschieden, dass den Übersetzern darüber hinaus als angemessene Vergütung grundsätzlich die Hälfte des Nettoerlöses zusteht, den der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt. Dabei ist unter Nettoerlös der Betrag zu verstehen, der nach Abzug der Vergütungen weiterer Rechtsinhaber verbleibt und auf die Verwertung der Übersetzung entfällt. Gegen diese Beurteilung sind Bedenken erhoben worden, die es angebracht erscheinen lassen, die Beteiligung des Übersetzers an solchen Erlösen genauer zu bestimmen und sie zu diesem Zweck auf andere Weise zu berechnen. Der Senat hat in der heute verkündeten Entscheidung „Destructive Emotions“ im Einzelnen ausgeführt (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 – I ZR 19/09 Rn. 32 bis 43), dass die angemessene Beteiligung des Übersetzers an Erlösen, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt, danach grundsätzlich ein Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes beträgt. Der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf allerdings den Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt, nicht übersteigen. Soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend zu verringern.
b)
Nach diesen Maßstäben ist die vereinbarte Vergütung keine angemessene Vergütung.
aa)
Die Klägerin kann für die Einräumung der räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte an ihren Übersetzungen des Romans als angemessene Vergütung grundsätzlich eine Absatzvergütung in Höhe von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises bei Hardcover-Ausgaben und in Höhe von 0,4% des Nettoladenverkaufspreises bei Taschenbuchausgaben beanspruchen, die jeweils ab dem 5.000sten Exemplar zu zahlen ist, soweit das als Garantiehonorar vereinbarte Seitenhonorar von 18 € pro Normseite für sich genommen üblich und angemessen ist und auch sonst keine besonderen Umstände für eine Erhöhung oder Verringerung der Vergütungssätze vorliegen. Darüber hinaus steht ihm als angemessene Vergütung grundsätzlich eine Beteiligung an sämtlichen Erlösen aus der Vergabe von Rechten an Dritte in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils zu.
bb)
Nach dem Übersetzungsvertrag erhält die Klägerin bei einem Ersterscheinen des Werkes als Hardcover- oder Trade Paperback-Ausgabe ab dem 30.000sten Exemplar ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,5% des Nettoverkaufsladenpreises (§ 6.2.1 des Vertrages) und bei einem Ersterscheinen als Taschenbuch ab dem 100.000sten Exemplar ein zusätzliches Pauschalhonorar in Höhe von 50% des Normseitenhonorars (§ 6.2.2 des Vertrages). Der vereinbarte Vergütungssatz liegt damit erheblich unter dem angemessenen Vergütungssatz von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises für Hardcover-Ausgaben und 0,5% des Nettoladenverkaufspreises für Taschenbuchausgaben. Zudem ist die vereinbarte Vergütung erst ab dem 30.000sten Hardcover-Exemplar bzw. dem 100.000sten Taschenbuch-Exemplar und nicht jeweils bereits ab dem 5.000sten Exemplar zu zahlen. Der Übersetzungsvertrag sieht ferner keine Beteiligung der Klägerin an den Erlösen aus der Verwertung von Nebenrechten vor.
cc)
Es kann nicht angenommen werden, das als Garantiehonorar vereinbarte Seitenhonorar von 18 € pro Normseite überschreite den Rahmen des für die Tätigkeit der Klägerin üblichen und angemessenen Seitenhonorars, so dass eine Verringerung der normalerweise angemessenen Absatzvergütung oder Nebenrechtserlösbeteiligung gerechtfertigt wäre. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass das vereinbarte Seitenhonorar über dem für die Tätigkeit der Klägerin üblichen und angemessenen Seitenhonorar liegt.
Die Revisionserwiderung der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, die mit der Klägerin vereinbarte Vergütung habe weit über dem Branchendurchschnitt gelegen, weil es sich um eine leichte, keine besonderen Anforderungen stellende Übersetzung gehandelt habe, die keine Recherchen erfordert habe. Selbst wenn der Schwierigkeitsgrad der Übersetzung im Streitfall lediglich durchschnittlich gewesen sein sollte, könnte die vereinbarte Normseitenvergütung von 18 € zwar möglicherweise als überdurchschnittlich, aber nicht als unangemessen hoch angesehen werden.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass andere besondere Umstände vorliegen, die eine niedrigere als die normalerweise angemessene Absatzvergütung rechtfertigen könnten. Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und die Beklagte auch nicht geltend gemacht.
4.
Da die vereinbarte Vergütung im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG nicht angemessen ist, kann die Klägerin von der Beklagten verlangen, in eine Änderung der Verträge einzuwilligen, die zu einer angemessenen Vergütung der Klägerin führt. Die vom Berufungsgericht zuerkannte Vergütung ist allerdings gleichfalls nicht angemessen. Das Berufungsurteil kann daher insoweit keinen Bestand haben.
III.
Auf den Hilfsantrag zu I ist der Vertrag auch in weiteren Punkten anzupassen.
1.
Soweit das Berufungsgericht eine Vertragsänderung abgelehnt hat, mit der eine Verpflichtung der Beklagten begründet wird, die Kosten einer Bucheinsicht auch dann zu tragen, wenn diese eine Differenz zu Lasten der Übersetzerin von weniger als 5% des Abrechnungsvolumens ergibt (§ 7.3 Satz 2 des Vertrages), ist kein Rechtsfehler zu erkennen. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass § 32 UrhG keine Grundlage für einen solchen Anspruch bietet. Die Gerichte haben im Falle der Unangemessenheit einer Vergütungsvereinbarung den Vertrag nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG allein hinsichtlich der Höhe der Vergütung und nicht etwa in allen Gesichtspunkten anzupassen.
2.
Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin einen Anspruch auf Einwilligung in eine Regelung hat, die sie an sämtlichen Nutzungen des übersetzten Werkes durch die Beklagte selbst beteiligt, die nicht der Preisbindung unterliegen. Die im Rahmen des Hilfsantrags vorgenommene Vertragsänderung muss sich auf sämtliche eingeräumten Rechte beziehen und daher etwa den Fall erfassen, dass der Verlag ein Hörbuch herausgibt. Auch für eine solche Eigenverwertung des übersetzten Werkes durch den Verlag ist dem Übersetzer nach dem Grundsatz, dass der Urheber an jeder wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes angemessen zu beteiligen ist, eine absatzbezogene Vergütung zu zahlen. Als Vergütungssatz erscheint – wie bei der Verwertung von Nebenrechten durch Dritte – grundsätzlich eine Beteiligung des Übersetzers in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors angemessen. Auch hier gilt, dass der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, nicht höher sein darf, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt, und dass die Beteiligung des Übersetzers entsprechend herabzusetzen ist, soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird.
3.
Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Einwilligung in eine Regelung hat, die sie an den Erlösen der Beklagten aus einer Übertragung von Nutzungsrechten auf Dritte beteiligt (vgl. § 4 Abs. 2 des Vertrages). Aufgrund einer Übertragung der Nutzungsrechte auf Dritte wird ihre Übersetzung nicht weniger intensiv genutzt als aufgrund einer Einräumung der Nutzungsrechte an Dritte. Auch insoweit ist es daher angemessen, dem Übersetzer eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors an den Erlösen zu gewähren, die allerdings den Erlösanteil nicht übersteigen darf, der dem Verlag verbleibt, und herabzusetzen ist, soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird.
C.
Das Berufungsurteil ist danach auf die Revisionen der Parteien unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel aufzuheben, soweit das Berufungsgericht den Hilfsantrag zu I auf Verurteilung zur Einwilligung in eine vom Gericht formulierte Änderung des Übersetzungsvertrages abgewiesen hat. Im Umfang der Aufhebung kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG verlangen, in eine Änderung der Verträge einzuwilligen, die zu einer angemessenen Vergütung der Klägerin führt.
Danach kann die Klägerin beanspruchen, dass die Beklagte in die Abänderung von § 6 des Übersetzungsvertrages einwilligt, durch die sie ein zusätzliches Honorar in Höhe von 0,8% des Nettoladenverkaufspreises bei Hardcover- und Trade-Paperback-Ausgaben und in Höhe von 0,4% des Nettoladenverkaufspreises bei Taschenbuchausgaben erhält, jeweils soweit die Anzahl der verkauften, bezahlten und nicht remittierten Exemplare 5.000 Exemplare übersteigt. Elektronische Ausgaben werden dabei – wie von den Parteien vereinbart – in die Berechnung der Anzahl der verkauften und bezahlten Exemplare einbezogen.
Die Klägerin kann ferner verlangen, dass die Beklagte in die Abänderung von § 6 des Übersetzungsvertrages einwilligt, durch die sie eine Beteiligung an den Erlösen in Höhe von einem Fünftel des Autorenanteils erhält, die der Verlag dadurch erzielt, dass sie das übersetzte Werk selbst in Form von nicht der Buchpreisbindung unterliegenden Produkten verwertet oder Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt.
Es kann nicht angenommen werden, dass das vereinbarte Normseitenhonorar von 18 € unterhalb des für die Tätigkeit des Klägers üblichen und angemessenen Normseitenhonorars liegt und daher eine Erhöhung der Absatzvergütung oder Erlösbeteiligung veranlasst ist. Es sind auch keine anderen besonderen Umstände vorgetragen oder ersichtlich, die eine Erhöhung der normalerweise angemessenen Absatzvergütung geboten erscheinen lassen. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass das vereinbarte Garantiehonorar von 18 € pro Normseite über dem für die Tätigkeit der Klägerin üblichen und angemessenen Seitenhonorar liegt. Die Revision der Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb im Streitfall – wie von ihr geltend gemacht – eine leichte Erhöhung der Absatzbeteiligung auf einen Vergütungssatz von 0,5% bei Taschenbuchausgaben gerechtfertigt sein soll.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 27.09.2006, Az. 21 O 25003/05
OLG München, Entscheidung vom 24.04.2008, Az. 6 U 1552/07