BGH: Wie weit geht die Ausnahme vom Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz nach Art. 110 EU-VO 6/2002?

veröffentlicht am 5. August 2016

BGH, Beschluss vom 02.06.2016, Az. I ZR 226/14
Art. 110 Abs. 1 EU-VO Nr. 6/2002

Der BGH hat dem EuGH u.a. die Frage vorgelegt, ob die Schutzausnahmen nach Art. 110 Abs. 1 EU-VO Nr. 6/2002 („Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu dieser Verordnung in Kraft treten, besteht für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster„) auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt ist, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht – wie etwa Felgen von Kraftfahrzeugen – frei wählbar ist. Gegebenenfalls will der BGH wissen, ob die Ausnahmebestimmung allein auf das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden Erzeugnissen beschränkt ist. Zum Volltext des Beschlusses:


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Bundesgerichtshof

Beschluss

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2016 durch … beschlossen:

I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.
Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht – wie etwa Felgen von Kraftfahrzeugen – frei wählbar ist?

2.
Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Ist die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 allein auf das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalerzeugnissen entsprechenden Erzeugnissen beschränkt?

3.
Für den Fall, dass die Frage 1 verneint wird:

Greift die Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses nur dann ein, wenn dieser Anbieter objektiv sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann?

4.
Falls die Frage 3 bejaht wird:

Welche Maßnahmen muss der Anbieter eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses ergreifen, um objektiv sicherzustellen, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder der Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann? Reicht es aus,
a) dass der Anbieter in den Verkaufsprospekt einen Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherzustellen oder
b) ist es erforderlich, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis nur zu Reparaturzwecken zu verwenden?

Gründe

A.
Die Klägerin ist die Herstellerin der Porsche-Fahrzeuge. Sie ist Inhaberin der Gemeinschaftsgeschmacksmuster Nr. 000290770 (angemeldet und eingetragen am 4. Februar 2005, bekanntgemacht am 5. April 2005), Nr. 000267505 (angemeldet und eingetragen am 13. Dezember 2004, bekanntgemacht am 22. Februar 2005), Nr. 000917588 (angemeldet und eingetragen am 15. April 2008, bekanntgemacht am 8. Januar 2010) und Nr. 000167796 (angemeldet und eingetragen am 19. April 2004, bekanntgemacht am 13. Juli 2004), die Räder für Fahrzeuge zeigen.

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, produziert Felgen für Personenkraftwagen verschiedener Automobilhersteller. Zu ihrem Sortiment zählen die Leichtmetallfelgen „W1050 Philadelphia“, „W1051 Tornado Silver“, „W1054 Saturn“ und „W1053 Helios Silver“, die die oben genannten Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin nachbilden. Auf den Felgen der Beklagten zu 1 sind deren Marke „WSP Italy“ und der Hinweis „Not O.E.M.“ angebracht.

Die Beklagte zu 1 bietet ihre Leichtmetallräder auf ihrer in Deutschland in deutscher Sprache abrufbaren Internetseite „www.wspitaly.com“ an. Über die an Endverbraucher gerichtete Internetseite können die Felgen einzeln oder zu mehreren erworben werden. Auf dieser Internetseite findet sich der englischsprachige Hinweis, dass es sich um nachgebaute oder ähnlich gebaute Nachrüsträder handele, die vollständig kompatibel zu den angegebenen Fahrzeugen und ausschließlich zu deren Reparatur bestimmt seien, um ihr ursprüngliches Erscheinungsbild wiederherzustellen. Bei den für Fahrzeuge der Klägerin bestimmten Leichtmetallrädern gibt die Beklagte zu 1 an, es handele sich um Ersatzfelgen, die nur für Porsche verwendbar seien.

Die Klägerin sieht in den Leichtmetallrädern „W1050 Philadelphia“, „W1051 Tornado Silver“, „W1054 Saturn“ und „W1053 Helios Silver“ Verletzungen ihrer Gemeinschaftsgeschmacksmuster (im Folgenden Klagemuster). Sie hat behaupet, die Beklagte zu 1 biete die fraglichen Felgen auch in Farben und Radgrößen an, die nicht den Originalprodukten entsprächen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Kraftfahrzeugräder gemäß den nachfolgenden Abbildungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu bewerben, abzubilden oder in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder sonstwie in den Verkehr zu bringen:

Ferner hat die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt und sie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, bei den angegriffenen Leichtmetallrädern handele es sich um Ersatzteile, die der Reparatur von beschädigten Porsche-Fahrzeugen dienten und deshalb nach Art. 110 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (nachfolgend: GGV) nicht vom Schutz der Klagemuster erfasst seien.

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (vgl. OLG Stuttgart, GRUR 2015, 380). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren auf Abweisung der Klage gerichteten Antrag weiter.

B.
Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 110 Abs. 1 GGV ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.

I.
Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig und die gegen die Beklagten geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Auskunftserteilung für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:

Die deutschen Gerichte seien international zuständig. Der Verletzungsort liege in Deutschland, weil die Internetseite der Beklagten zu 1 auf die Wahrnehmung ihres werblichen Verhaltens in Deutschland ausgerichtet sei. Der Zulässigkeit der Klage stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Beklagten auch vor anderen Gerichten wegen Geschmacksmusterverletzungen in Anspruch nehme. Dieses Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Die mit den Klagemustern optisch übereinstimmenden Felgen der Beklagten zu 1 verletzten die Geschmacksmusterrechte der Klägerin. Ihr Vertrieb sei nicht nach der sogenannten Reparaturklausel des Art. 110 GGV privilegiert.

Ein Leichtmetallrad eines Kraftfahrzeugs falle ohnehin nicht unter die eng auszulegende Ausnahmevorschrift des Art. 110 GGV. Die dort geregelte Reparaturklausel erfasse nur Bauelemente, die untrennbarer Bestandteil des Erscheinungsbilds eines Kraftfahrzeugs seien. Leichtmetallräder seien für das Gesamterscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs nicht konstitutiv, sondern als Variante der individuellen Anmutung eines Fahrzeugs frei wählbar und jederzeit austauschbar und stellten daher ein eigenständiges Gestaltungsmerkmal dar. Das Erscheinungsbild eines Fahrzeugs müsse daher im Schadensfall nicht notwendigerweise durch die Verwendung optisch identischer Felgen wiederhergestellt werden. Die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung, die Regelung Nr. 124 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) oder die gegenüber dem deutschen Gesetzgeber gegebene Zusicherung des deutschen Automobilherstellerverbands, Geschmacksmuster für Einzelteile einer Fahrzeugkarosserie nicht gegen Ersatzteilehersteller einzusetzen, ließen ebenfalls kein für die Beklagten günstigeres Ergebnis zu.

Im Streitfall fehle es außerdem an der weiteren Voraussetzung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV, wonach das Muster mit dem Ziel verwendet werden müsse, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen. Die Beklagten hätten nicht nachgewiesen, sichergestellt zu haben, dass ihre Kunden die Leichtmetallräder ausschließlich zu Reparaturzwecken einsetzten.

II.
Die Revision der Beklagten ist uneingeschränkt zulässig. Der Senat nimmt außerdem an, dass die Klage zulässig ist. Das Berufungsgericht ist weiter rechtsfehlerfrei von der Schutzfähigkeit der Klagemuster ausgegangen und hat zutreffend angenommen, dass die angegriffenen Felgen die Geschmacksmuster der Klägerin gemäß Art. 10 und 19 GGV verletzen, weil sie in ihrer Gestaltung und damit in ihrem Gesamteindruck mit den Klagemustern übereinstimmen.

III.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt deshalb davon ab, ob sich die Beklagten auf die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV berufen können. Insoweit stellen sich klärungsbedürftige Auslegungsfragen.

Gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem auf Vorschlag der Kommission Änderungen zu der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 in Kraft treten, für ein Muster, das als Bauelement eines komplexen Erzeugnisses im Sinne des Artikels 19 Abs. 1 GGV mit dem Ziel verwendet wird, die Reparatur dieses komplexen Erzeugnisses zu ermöglichen, um diesem wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen, kein Schutz als Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Bei der Auslegung dieser Vorschrift bestehen ungeklärte Fragen, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV notwendig machen. Es ist zu klären, ob die Anwendung der sogenannten „Reparaturklausel“ im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV von vornherein auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt ist, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt und damit vom Kunden nicht frei wählbar ist (dazu unter B. III. 1). Für den Fall, dass die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 nicht auf formgebundene Teile beschränkt ist und daher grundsätzlich auch Felgen von Kraftfahrzeugen unter diese Bestimmung fallen können, stellt sich weiter die Frage, ob allein das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalrädern entsprechenden Felgen privilegiert ist (dazu unter B. III. 2). Außerdem stellt sich die weitere Frage, ob die Schutzschranke nur dann zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses eingreift, wenn dieser Anbieter sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung oder Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann (dazu B. III. 3).

1.
Es ist ungeklärt, ob die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV von vornherein auf formgebundene, das heißt solche Teile beschränkt ist, deren Form durch das Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses prinzipiell unveränderlich festgelegt ist, und deshalb nicht vom Kunden frei gewählt werden kann.

a)
Nach der in Deutschland in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Auffassung ist der Anwendungsbereich der Reparaturklausel gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV auf solche Bauelemente beschränkt, deren originalgetreues Erscheinungsbild zur Reparatur objektiv notwendig ist („must match“). Für Teile, die – wie Felgen und Radkappen für Kraftfahrzeuge – über eine eigenständige und unabhängige Stilfunktion verfügen, die das Ergebnis einer Wahl des Designs darstellt und vom Design des übrigen Erzeugnisses unbeeinträchtigt bleibt, kommt nach dieser Ansicht eine Privilegierung dagegen nicht in Frage (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 30. April 2015 – 14c O 183/13, juris Rn. 66; LG Hamburg, Urteil vom 18. September 2015 – 308 O 143/14, juris Rn. 71 ff.; Ruhl, GGV, 2. Aufl., Art. 110 Rn. 29; Ebert-Weidenfeller, GRUR-Prax 2014, 56 und GRUR-Prax 2015, 12; Hackbarth, GRUR-Prax 2015, 481; Würtenberger/Loschelder, GRUR 2015, 348, 349; Ruhl, GRUR 2015, 753, 754; Kur, GRUR 2016, 20, 22). Diese Einschätzung teilen zahlreiche Gerichte anderer Mitgliedstaaten (vgl. die angeführten Entscheidungen bei Würtenberger/Loschelder, GRUR 2015, 348, 349; Ruhl, GRUR 2015, 753, 754 Fn. 8).

Dagegen hat sich die Corte di Appello di Napoli im Interesse der Wettbewerbsfreiheit gegen eine enge Auslegung der Schutzschranke im Sinne einer Beschränkung auf formgebundene Teile ausgesprochen und will die Reparaturklausel auch auf Felgen von Kraftfahrzeugen anwenden (vgl. Entscheidung vom 25. September 2013, Nr. 3678/13, Register-Nr. 3300/201). In der Literatur wird teilweise ebenfalls vertreten, dass Felgen grundsätzlich unter die Privilegierung der Schutzschranke fallen können, sofern es um eine Benutzung zum Zwecke der Reparatur und nicht um eine Handlung zu anderen, etwa Tuningzwecken, geht (vgl. Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, Designgesetz, 5. Aufl., § 73 Rn. 4).

b)
Im Streitfall kommt es auf die Klärung der Frage an, ob die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV von vornherein auf formgebundene Teile beschränkt ist, die nicht vom Kunden frei wählbar sind.

aa)
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die nach den Klagemustern gestalteten Felgen keine Teile in dem Sinne, dass deren Form durch das Erscheinungsbild des Kraftfahrzeugs als Gesamterzeugnis prinzipiell unabänderlich festgelegt ist. Für das Erscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs seien Felgen der in Rede stehenden Art nicht konstitutiv, weil sie bei der Erstausstattung frei wählbar und im Zuge der Umrüstung des Fahrzeugs willkürlich durch anders gestaltete Felgen auswechselbar seien. Durch den Austausch der Felgen gegen solche in einem anderen Design werde die vom Erwerber individuell geschaffene ästhetische Anmutung seines Fahrzeugs variiert, aber seine Grundentscheidung für den gewählten Fahrzeugtyp nicht verändert. Die Felgen bildeten daher keinen untrennbaren Bestandteil des Erscheinungsbilds eines Porsche-Fahrzeugs, sondern seien im Gesamterscheinungsbild des Fahrzeugs ein eigenständiges Gestaltungsmerkmal. Da sie nicht fester Bestandteil der äußeren Gestaltung eines beschädigten Fahrzeugs seien, müssten Felgen nicht notwendigerweise im vorherigen Design wieder angebracht werden.

bb)
Diese tatrichterliche Beurteilung ist im Streitfall der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.

Die Revision wendet dagegen vergeblich ein, bei den Fahrzeugen der Klägerin handele es sich um Luxusgüter, bei denen der Verbraucher Wert darauf lege, dass sie mit auf das Karosseriedesign abgestimmten Felgen der Klägerin und nicht mit erkennbar von anderen Anbietern stammenden Felgen ausgestattet würden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gehören die nach den Klagemustern gestalteten Felgen nicht zur Standardausstattung der Fahrzeuge der Klägerin. Vielmehr könnten die Erwerber bei der Erstausstattung ihres Porsche-Fahrzeugs zwischen Felgen der Klägerin und Felgen unabhängiger Hersteller in unterschiedlicher Gestaltung wählen. Das Angebot von Tuningunternehmen und unabhängigen Felgenherstellern zeige, dass Erwerber von Porsche-Fahrzeugen auch auf nicht von der Klägerin stammende Felgen zurückgriffen. Diese tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und ist daher für die rechtliche Prüfung im Streitfall maßgeblich. Ein Porsche-Fahrzeug weist demnach hinsichtlich seiner Felgen kein von vornherein feststehendes Erscheinungsbild auf, das im Reparaturfall möglichst genau wiederhergestellt werden muss.

c)
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu der vorliegend relevanten Frage noch nicht Stellung genommen. In seiner Entscheidung „Ford Motor Company/Wheeltrims srl“ ist er davon ausgegangen, dass Art. 110 GGV einen Hersteller von Kraftfahrzeugersatzteilen und -zubehör wie Radkappen nicht berechtigt, auf seinen Waren ein mit der Marke des Kraftfahrzeugherstellers identisches Zeichen anzubringen, weil sich Art. 110 GGV nicht auf den Markenschutz bezieht (Beschluss vom 6. Oktober 2015 – C-500/14, GRUR 2016, 77 Rn. 45 – Ford Motor Company/Wheeltrims srl). Diese Entscheidung lässt nicht erkennen, dass der Gerichtshof davon ausgegangen ist, eine einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster nachgebildete und als Ersatzteil vertriebene Radkappe werde grundsätzlich von Art. 110 GGV erfasst (Kur, GRUR 2016, 20, 22; aA Grabrucker, jurisPR-WettbR 1/2016 Anm. 4 unter E).

d)
Der Senat neigt der Ansicht zu, dass nicht formgebundene Bauteile wie die im Streitfall in Rede stehenden Felgen nicht in den Anwendungsbereich der Schutzschranke gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV fallen.

aa)
Nach dem Wortlaut des Art. 110 Abs. 1 GGV erfasst die dort geregelte Privilegierung nicht jede Ersetzung eines geschmacksmusterrechtlich geschützten Fahrzeugteils durch ein formidentisches Nachahmungsprodukt. Die Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 GGV betrifft vielmehr nur die Verwendung solcher Bauelemente, die eine Reparatur des komplexen Erzeugnisses mit dem Ziel der Verleihung des ursprünglichen Erscheinungsbildes ermöglichen. Diese im Wortlaut des Art. 110 Abs. 1 GGV durch das Merkmal der Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes angelegte Differenzierung liefe leer, wenn auch solche Bauteile privilegiert wären, die zwar äußerlich sichtbar, aber nicht fester Bestandteil des ursprünglichen Erscheinungsbildes sind (vgl. Würtenberger/Loschelder, GRUR 2015, 348, 349). Von einer Verwendung mit dem Ziel, ein komplexes Erzeugnis zu reparieren, um diesem sein ursprüngliches Erscheinungsbild wieder zu verleihen, kann nur gesprochen werden, wenn die Reparatur unter Verwendung eines abweichend gestalteten Ersatzteils nicht möglich wäre (vgl. Ruhl aaO Art. 110 Rn. 29). Davon kann mit Blick auf Felgen für Kraftfahrzeuge, die in einer Vielzahl von unterschiedlichen Designs sowohl von Originalherstellern als auch von herstellerunabhängigen Unternehmen angeboten und an demselben Fahrzeugmodell angebracht werden, nicht ausgegangen werden (vgl. Ruhl, GRUR 2015, 753, 754).

bb)
Sinn und Zweck des Art. 110 Abs. 1 GGV sprechen ebenfalls dagegen, nicht formgebundene, sondern frei wählbare Bauteile wie Felgen als vom Geschmacksmusterschutz ausgenommene Bauelemente eines Fahrzeugs anzusehen.

Der Sinn und Zweck der Reparaturklausel, im Interesse der Wettbewerbsfreiheit das Angebot von Ersatzteilen zu privilegieren und eine Monopolisierung des Sekundärmarktes für die Reparatur und Wartung durch den Hersteller des komplexen Erzeugnisses als Schutzrechtsinhaber zu verhindern (vgl. den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 98/71/EG vom 14. September 2004, S. 3 f.; Riehle, GRUR Int. 1993, 49, 62), kommt im Hinblick auf Teile, die über eine eigenständige und vom ursprünglichen Erscheinungsbild des Erzeugnisses unabhängige ästhetische Funktion verfügen, nicht zum Tragen (Kur, GRUR 2016, 20, 22). Der Schutz der streitgegenständlichen Geschmacksmuster hindert Hersteller von Zubehörprodukten nicht daran, Aluminiumräder für Porschefahrzeuge auf den Markt zu bringen, die sich im Gesamteindruck von den Klagemustern hinreichend unterscheiden. Der Wettbewerb auf dem Markt der Felgen für die Fahrzeuge der Klägerin bleibt bestehen, und Wettbewerbern der Klägerin werden nicht der Anreiz und die Möglichkeit genommen, neue Felgengestaltungen zu entwickeln (vgl. Riehle, GRUR Int. 1993, 49, 62).

cc)
Für eine enge Auslegung der Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 GGV spricht ferner, dass Art. 26 Abs. 2 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) Ausnahmen vom Schutz gewerblicher Muster und Modelle nur in begrenzten Ausnahmefällen zulässt. Solche Ausnahmen dürfen nicht unangemessen im Widerspruch zur normalen Verwertung geschützter gewerblicher Muster oder Modelle stehen und die berechtigten Interessen des Inhabers des geschützten Musters oder Modells nicht unangemessen beeinträchtigen, wobei auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen sind.

dd)
Bei der Auslegung des Art. 110 Abs. 1 GGV ist ferner darauf zu achten, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch die Unionsrechtsordnung geschützten anwendbaren Grundrechten besteht und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 – C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 46 = WRP 2014, 540 – UPC Telekabel).

(1)
Die vermögenswerten Aspekte des Geschmacksmusterrechts sind Teil des geistigen Eigentums und genießen den Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta. Zum spezifischen Gegenstand eines Geschmacksmusters gehört der Schutz für Ersatzteile (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 1988 53/87, Slg. 1988, 6039 = GRUR Int. 1990, 140 Rn. 11 CICRA/Régie Renault; Urteil vom 5. Oktober 1988 – 238/87, Slg. 1988, 6211 = GRUR Int. 1990, 141 Rn. 8 – Volvo/Veng).

(2)
Der Ausschluss von Geschmacksmusterrechten an als Ersatzteile vorgesehenen Felgen ist nicht durch die berechtigten Interessen von unabhängigen Felgenherstellern oder der Verbraucher gerechtfertigt.

Die durch Art. 16 EU-Grundrechtecharta geschützte unternehmerische Freiheit der unabhängigen Felgenhersteller gebietet keinen Ausschluss der Geschmacksmusterrechte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts können die Wettbewerber Felgen in anderen auf Porsche-Fahrzeuge abgestimmten Designs vertreiben, die bei der Erstausstattung oder Umrüstung angebracht und als Ersatzteile bezogen werden. Die Beklagte zu 1 erhielte unangemessene Vorteile, wenn sie sich die gestalterischen Entwicklungsleistungen der Klägerin für eigene geschäftliche Zwecke ohne eigene Investitionen zunutze machen könnte. Das Berufungsgericht hat – insoweit von der Revision unbeanstandet – festgestellt, dass die niedrigeren Preise der Felgen der Beklagten zu 1 unter anderem auf die Einsparung der von der Klägerin aufgewendeten Entwicklungskosten zurückzuführen sind.

Das Interesse des Verbrauchers, bei der Beschädigung einer einzelnen Felge ein identisch gestaltetes Produkt als preisgünstiges Ersatzteil zu erwerben, gebietet ebenfalls nicht die Zulassung eines Preiswettbewerbs zwischen den nach dem Klagemuster gestalteten Felgen der Klägerin und identischen Konkurrenzprodukten. Der Verbraucher wird durch die Bindung an die Klägerin im Fall des Ersatzbedarfs nicht unangemessen benachteiligt. Sein Bedürfnis, eine Ersatzfelge in einer bestimmten Gestaltung bei der Klägerin zu erwerben, ist keine notwendige Folge des Erwerbs eines Porsche-Fahrzeugs. Es beruht auf der Entscheidung des Verbrauchers, das Fahrzeug mit den geschmacksmusterrechtlich geschützten Felgen der Klägerin und nicht mit abweichend gestalteten Felgen eines anderen Herstellers auszustatten.

Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Ersatzteilbedarf ihrer Kunden durch ungebührlich hohe Preise für ihre Felgen ausnutzt. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen muss sich die Klägerin bei der Erstausstattung dem Preiswettbewerb mit unabhängigen Felgenherstellern stellen, welcher im Fall der Ersatzbeschaffung fortwirkt. Dabei schlägt sich in den höheren Preisen der Felgen der Klägerin die Wertschätzung der Fahrzeuge als Luxusgüter nieder. Die im Verhältnis zu den Felgen der Beklagten zu 1 höheren Preise folgen daraus, dass die vom Verbraucher gewählten Felgen der Klägerin ohnehin teurer als diejenigen von unabhängigen Felgenherstellern sind. Soweit die Revision die von der Klägerin (auch) im Reparaturfall verlangten Felgenpreise für monopolistisch überhöht hält, ersetzt sie in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beurteilung durch ihre eigene Sichtweise, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

ee)
Nach Ansicht des Senats gebietet der Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nicht, den Vertrieb identisch nachgebauter Felgen zu Reparaturzwecken gemäß Art. 110 Abs. 1 GGV vom Geschmacksmusterschutz auszunehmen. Nach Art. 36 AEUV kann der freie Warenverkehr beschränkt werden, wenn die beeinträchtigende Maßnahme zur Wahrung der Rechte erforderlich ist, die den spezifischen Gegenstand des gewerblichen Eigentums ausmachen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 C10/89, Slg. 1990, I-3711 = GRUR Int. 1990, 960 Rn. 12 – HAG II; Kingreen in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl., Art. 36 AEUV Rn. 208; Leible/Streinz in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Januar 2015, Art. 36 AEUV Rn. 35). Das Geschmacksmusterrecht zählt zum gewerblichen Eigentum (vgl. EuGH, Urteil vom 14. September 1982 – Rs. 144/81, Slg. 1982, I-2853 = BeckEuRS 1982, 97926 Rn. 14 – Keurkoop/Nany Kean Gifts). Zu seiner Substanz gehört die Befugnis des Inhabers des Geschmacksmusters, die Einfuhr von Erzeugnissen, die das Muster verkörpern, durch Dritte zwecks Verkaufs auf dem Binnenmarkt zu verhindern. Die Bestimmungen über den freien Warenverkehr stehen daher der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften nicht entgegen, nach denen der Hersteller von Kraftfahrzeugen als Inhaber eines Geschmacksmusterrechts an Ersatzteilen für die von ihm hergestellten Fahrzeuge befugt ist, Dritten die Einfuhr geschützter Teile aus anderen Mitgliedstaaten, die dort ohne seine Erlaubnis hergestellt wurden, und den Verkauf im Inland zu untersagen (vgl. EuGH, GRUR Int. 1990, 140 Rn. 11 und 13 CICRA/Régie Renault). Diese Grundsätze sind auf die Rechte aus einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster übertragbar.

ff)
Der Senat sieht auch nicht, dass der Verordnungsgeber eine allgemeine Freigabe der Benutzung von geschmacksmusterrechtlich geschützten Bauelementen bei der Reparatur komplexer Erzeugnisse angestrebt hat. Die Reparaturklausel im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV bezieht sich vielmehr nur auf solche Ersatzteile, die mit dem Originalteil identisch sind („must-match“-Ersatzteile), wobei im Kraftfahrzeugsektor insbesondere sogenannte „body parts“ oder „crash parts“ wie Karosseriebleche, Glasscheiben und Beleuchtungsteile betroffen sein sollen (vgl. den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 98/71/EG vom 14. September 2004, S. 3 f., 6 f.; Würtenberger/Loschelder, GRUR 2015, 348, 349; Ruhl, GRUR 2015, 753, 754). Damit sind vom Verbraucher frei wähl- und austauschbare Bauteile wie Felgen nicht vergleichbar.

gg)
Anders als die Revision meint, hält der Senat eine Auslegung des Art. 110 GGV, nach der als Ersatzteile angebotene Felgen Bauelemente zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds eines Kraftfahrzeugs seien, auch nicht mit Blick auf die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung oder die Regelung Nr. 124 UN/ECE für geboten.

(1)
Die Revision macht geltend, die mit der Verordnung (EU) Nr. 461/2010 (Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung) bezweckte Freigabe des Angebots von Ersatzteilen – wozu nach deren Artikel 1 Absatz 1 Buchst. h Felgen zählten – durch unabhängige Händler und Hersteller würde unterlaufen, wenn Automobilhersteller mithilfe von Geschmacksmustern den Wettbewerb auf dem Kfz-Ersatzteilemarkt einschränken oder verhindern könnten. Dieser Sichtweise der Revision möchte sich der Senat nicht anschließen.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass einem Gleichlauf der Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung und des Art. 110 Abs. 1 GGV – auch in Ansehung des übereinstimmenden Ziels der Liberalisierung des Ersatzteilemarkts – die unterschiedlichen Regelungsbereiche und Tatbestandsvoraussetzungen der Bestimmungen entgegenstehen. Die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung untersagt nach ihrem Erwägungsgrund 17 und ihrem Artikel 5 im Interesse eines wirksamen Wettbewerbs auf den Instandsetzungsmärkten vertikale Vereinbarungen, die die Möglichkeiten eines Ersatzteileherstellers beschränken, solche Teile an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen. Sie trifft keine Regelung zu Ersatzteilen, die als Bauelemente von Kraftfahrzeugen geschmacksmusterrechtlich geschützt sind. Für solche Bauelemente sieht Art. 110 Abs. 1 GGV eine Liberalisierung des Ersatzteilemarkts im Hinblick auf das Schutzrecht des Inhabers des Geschmacksmusters nur unter der zusätzlichen – vorliegend nach Ansicht des Senats nicht gegebenen – Voraussetzung vor, dass das Bauelement die Reparatur des Fahrzeugs ermöglichen soll, um ihm wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.

(2)
Entgegen der Ansicht der Revision spricht für eine Erstreckung des Art. 110 Abs. 1 GGV auf die angegriffenen Felgen ferner nicht, dass die Leichtmetallräder der Beklagten zu 1 über eine EU-Typgenehmigung als Nachrüsträder verfügen.

Die Vorschriften der Richtlinie 2007/46/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge vom 5. September 2007 und die Bestimmungen der Nr. 124 UN/ECE regeln nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/EG und den Ziffern 4.1 und 6 UN/ECE die technischen Anforderungen an den zulässigen Vertrieb von Nachrüsträdern. Der Umstand, dass die streitbefangenen Leichtmetallräder die technischen Voraussetzungen als Ersatzteile zu den Leichtmetallrädern der Klägerin erfüllen, besagt nicht, dass die optisch-ästhetischen Voraussetzungen für ein Bauelement zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds eines Porsche-Fahrzeugs im Sinne des Art. 110 Abs. 1 GGV vorliegen. Die EU-Typgenehmigungen enthalten keine Entscheidungen über die geschmacksmusterrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs der Leichtmetallräder und entfalten insoweit keine Legalisierungswirkung.

Der Senat möchte sich auch nicht der Meinung der Revision anschließen, wonach die vom Gesetzgeber angenommene Regelung zu Nachrüsträdern in Ziffer 2.4 der Nr. 124 UN/ECE zeige, dass er Räder, die den Originalrädern entsprächen, in den Anwendungsbereich des Art. 110 Abs. 1 GGV habe aufnehmen wollen, weil andernfalls die Regelungen zur EU-Typgenehmigung für Nachrüsträder wegen des weit verbreiteten Designschutzes für Felgen weitgehend leerlaufen würden. Der Schutz eines nachgebauten Leichtmetallrads als Geschmacksmuster ist weder rechtlich zwingend noch tatsächlich in jedem Fall gegeben. Dass alle namhaften Automobilhersteller ihre Felgen als Geschmacksmuster haben schützen lassen und dies dem Unionsgesetzgeber bei der Annahme der Regelungen Nr. 124 UN/ECE zur EU-Typgenehmigung von Nachrüsträdern bekannt gewesen ist, macht auch die Revision nicht geltend.

2.
Für den Fall, dass die Anwendung der Schutzschranke im Sinne von Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 nicht auf formgebundene Teile beschränkt ist und daher grundsätzlich auch Felgen von Kraftfahrzeugen unter diese Bestimmung fallen können, stellt sich weiter die Frage, ob allein das Angebot von identisch gestalteten, also auch farblich und in der Größe den Originalrädern entsprechenden Felgen privilegiert ist.

Der Senat ist der Auffassung, dass angesichts der vorstehenden Erwägungen eine Anwendung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 jedenfalls auf Erzeugnisse beschränkt ist, die den Originalerzeugnissen in Farbe und Größe entsprechen. Die Frage ist entscheidungserheblich, weil die Beklagte zu 1 nach Darstellung der Klägerin die Felgen auch in anderen Farben und Größen als die Originalfelgen anbietet und von diesem Vortrag mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren auszugehen ist.

3.
Für den Fall, dass die Frage zu 1 verneint wird, stellt sich weiter die Frage, ob die Schutzschranke im Einzelfall nur dann zugunsten des Anbieters eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses eingreift, wenn dieser Anbieter sicherstellt, dass sein Erzeugnis ausschließlich zu Reparaturzwecken und nicht auch zu anderen Zwecken, etwa der Aufrüstung und Individualisierung des Gesamterzeugnisses erworben werden kann.

a)
Das Berufungsgericht hat die Anwendung der Schutzschranke im Streitfall nicht nur mit der Begründung verneint, dass nicht formgebundene, frei wählbare Bauteile wie Felgen von vornherein nicht von der Privilegierung des Art. 110 Abs. 1 GGV erfasst sind. Es hat außerdem angenommen, die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien auch deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte zu 1 nicht sichergestellt habe, dass die streitbefangenen Felgen ausschließlich mit dem Ziel vertrieben würden, die Reparatur von Porsche-Fahrzeugen zu ermöglichen.

b)
Hintergrund der Beurteilung des Berufungsgerichts ist der Umstand, dass die Nachfrage nach Felgen für Kraftfahrzeuge auf dem Sekundärmarkt in mehrerlei Weise besteht. Zum einen kommt ein Ersatzbedarf in Betracht, wenn eine oder mehrere Felgen beschädigt worden oder – etwa durch Diebstahl – abhandengekommen sind. Zum anderen besteht ein Nachrüstbedarf im Hinblick auf den zusätzlichen Erwerb von Sommer- oder Winterreifen. Schließlich werden Autofelgen aus ästhetischen Gründen, etwa zum Zwecke des „Tuning“ eines Fahrzeugs, erworben. Im Hinblick auf Bauteile, die nicht nur zu Reparaturzwecken, sondern auch aus anderen Gründen nachgefragt werden, stellt sich deshalb die Frage, ob es für die Anwendung der Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV ausreicht, dass der Anbieter des Ersatzteils subjektiv zu dem Zweck handelt, die Reparatur eines komplexen Erzeugnisse zu ermöglichen, oder ob der Anbieter außerdem objektiv sicherstellen muss, dass das Ersatzteil vom Erwerber ausschließlich zu Reparaturzwecken verwendet wird, um dem Kraftfahrzeug wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen.

c)
Dazu wird angenommen, dass dem Hersteller von Ersatzteilen enge Schranken auferlegt werden müssen, um jede zusätzliche Gefährdung des Schutzrechtsinhabers zu vermeiden. Der Hersteller von Ersatzteilen dürfe deshalb ausschließlich solche Abnehmer beliefern, bei denen sichergestellt sei, dass sie das Teil nur als Austauschteil zur Reparatur verwendeten. Der Hersteller könne deshalb selbst Reparaturdienstleistungen anbieten und das jeweilige Teil selbst einbauen. Er könne außerdem an Reparaturbetriebe liefern, soweit von diesen sichergestellt werde, dass die Ersatzteile nur zu Reparaturzwecken verwendet werden. Eine Auslieferung in unüblichen großen Mengen komme dagegen nicht in Betracht, weil dies für eine bezweckte Weiterveräußerung spreche. Eine Auslieferung an Wiederverkäufer scheide von vornherein aus (vgl. Ruhl aaO Art. 110 Rn. 32).

Nach dieser Auffassung, der sich das Landgericht und das Berufungsgericht angeschlossen haben, reicht es für die Anwendung des Art. 110 Abs. 1 GGV nicht aus, dass der Hersteller zu dem Zweck handelt, eine Reparatur zu ermöglichen. Zusätzlich zu diesem ausdrücklich geregelten subjektiven Merkmal sei erforderlich, dass die Einhaltung des Reparaturzwecks durch die Begrenzung des Abnehmerkreises auch objektiv sichergestellt werde.

d)
Es ist ungeklärt, ob über den Wortlaut der Bestimmung des Art. 110 Abs. 1 GGV hinaus die objektive Sicherstellung der Einhaltung des subjektiven Reparaturzwecks gefordert werden kann.

aa)
Für ein solches, neben die Reparaturabsicht tretendes zusätzliches objektives Erfordernis spricht, dass die Schutzschranke des Art. 110 Abs. 1 GGV eine Privilegierung allein für die Verwendung eines Musters zu Reparaturzwecken vorsieht und im Interesse des Schutzes des Inhabers des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein Bedürfnis besteht, die Einhaltung der Voraussetzungen der Schutzschranke sicherzustellen. Es liegt im Interesse des Schutzrechtsinhabers, eine Umgehung des Reparaturzwecks zu verhindern, die etwa durch die nicht ernstgemeinte schlichte Äußerung des Anbieters droht, er verkaufe lediglich zu Reparaturzwecken.

bb)
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Forderung eines zusätzlichen – nach den herkömmlichen Grundsätzen vom Anbieter des Ersatzteils darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden – Tatbestandsmerkmals der Sicherstellung des Reparaturzwecks in dem Sinne, dass der Anbieter von Ersatzteilen einen Einsatz außerhalb des Reparaturzwecks objektiv auszuschließen hat, in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen und die Interessen des Anbieters von Ersatzteilen sowie das Allgemeininteresse an der Gewährleistung eines freien Wettbewerbs auf dem Sekundärmarkt für Erzeugnisse im Sinne von Art. 110 Abs. 1 GGV erheblich beeinträchtigen kann. Dies gilt insbesondere im Bereich des auch im Streitfall in Rede stehenden Internethandels, bei dem eine Überprüfung der Angaben des Käufers zu dem von ihm verfolgten Erwerbszweck durch die besondere Anonymität des Onlinekontakts erschwert wird. Diese Schwierigkeiten könnten dafür sprechen, kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der objektiven Sicherstellung der Einhaltung des Reparaturzwecks zu verlangen, sondern es ausreichen zu lassen, dass der Anbieter des Ersatzteils in einem Streitfall darlegt und gegebenenfalls beweist, dass seine Absicht auf ein Angebot ausschließlich zu Reparaturzwecken gerichtet war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Schutzrechtsinhaber die Möglichkeit offensteht, im Einzelfall durch entsprechend gestaltete Testkäufe nachzuweisen, dass der Hersteller Felgen wissentlich in nicht unerheblichem Umfang objektiv auch außerhalb eines Reparaturbedarfs vertreibt und deshalb Zweifel an dem Angebot der Felgen ausschließlich zu Reparaturzwecken bestehen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts dürfte insoweit allerdings der nachgewiesene Vertrieb eines kompletten Rädersatzes nicht ausreichen. Zwar kommt bei der Lieferung von vier Felgen ein Erwerb zum Zwecke des Tunings oder der Aufrüstung mit Sommer- oder Winterreifen in Betracht. Ein Reparaturbedarf kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es liegt auf der Hand, dass sich im Falle eines Unfalls oder eines Diebstahls ein Reparaturbedarf auch auf alle vier Räder eines Kraftfahrzeugs beziehen kann.

e)
Für den Fall, dass der Anbieter eines grundsätzlich das Klagemuster verletzenden Erzeugnisses sicherzustellen hat, dass sein Produkt ausschließlich zu Reparaturzwecken erworben werden kann, stellt sich die weitere Frage, welche Maßnahmen er insoweit ergreifen muss. Insbesondere ist fraglich, ob es ausreicht, dass er – wie im Streitfall – in seinem Verkaufsprospekt den Hinweis aufnimmt, dass ein Verkauf ausschließlich zu Reparaturzwecken erfolgt, um das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gesamterzeugnisses wiederherzustellen. In Betracht kommt ferner, dass der Anbieter eine Belieferung davon abhängig macht, dass der Abnehmer (Händler und Verbraucher) schriftlich erklärt, das angebotene Erzeugnis nur zu Reparaturzwecken zu verwenden.

4.
Die aufgeworfenen Fragen sind im Streitfall entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die Beklagte zu 1 habe nicht nachgewiesen, dass sie die streitgegenständlichen Felgen ausschließlich im freigestellten Segment des Vertriebs zu Reparaturzwecken veräußert habe. Der Hinweis in ihrem Internetauftritt, es handele sich um kompatible Nachrüsträder für ein konkretes Fahrzeug, für dessen Reparatur sie ausschließlich bestimmt seien, vermöge nicht sicherzustellen, dass sich die Kunden an diese Vorgabe hielten. Der Vortrag der Beklagten zu 1, sie verwende ab August 2013 ein Kontrollsystem, bei dem Bezieher der Felgen – Händler wie Endabnehmer und Verbraucher – schriftlich erklären müssten, die Felgen nur zu Reparaturzwecken zu verwenden, und sie anderenfalls Garantieansprüche verlören, stehe einem Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Eine bloße Aufgabe der bisherigen Geschäftstätigkeit lasse eine Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Erforderlich sei vielmehr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Es könne deshalb offenbleiben, ob das behauptete Kontrollsystem überhaupt tauglich sei, einen Vertrieb ausschließlich in der Schutzrechtsfreizone zu gewährleisten.

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Urteil vom 15.10.2013, Az. 17 O 1140/12
OLG Stuttgart, Urteil vom 11.09.2014, Az. 2 U 46/14

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